1Johannes4 hat geschrieben:
"Objektiver Zufall" bedeutet aber, dass es keine Ursache gibt. Bereits Bohr und Einstein stritten darüber, ob es einen solchen
Indeterminismus gibt und dergleichen ist lt. Wikipedia auch nicht entschieden - was ich mir dadurch erkläre, dass der Unterschied zwischen einer verborgenen Ursache und keiner Ursache nicht beweisbar sein dürfte.
Der aktuelle Stand des Wissens um die Natur ist, dass Bohr Recht hatte und Einstein nicht.
Einsteins Vermutung von der Existenz "verborgener Parameter" kann man inzwischen als widerlegt ansehen und man muss ziemlich grundlegende Dinge opfern (z.B. die Kausalität), will man den Indeterminismus der Natur noch vermeiden.
Man kann also mit großer Gewissheit sagen, dass der Zufall (die nicht Vorhersagbarkeit der konkreten Zukunft) ein Teil der Schöpfung ist. Da Gott diese Schöpfung bewirkt hat, hat er den Zufall mit erschaffen, es ist Teil seines Plans.
Trotzdem hat er ein Ziel. Die Physik lehrt, wie es sein kann, dass alle Vorgänge zufällig ablaufen und trotzdem ein bestimmtes Ergebnis auftreten muss.
1Johannes4 hat geschrieben:
Die meisten Leute meinen mit Zufall lediglich, dass sie den Ausgang eines Geschehens nicht vorhersagen konnten, was in den meisten Fällen auf unbekannte Ursachen oder ungenaue Kenntnisse zurückzuführen ist.
Es ist noch schlimmer.
Gerade Atheisten erheben "den Zufall" zu einer Art Ersatzgott und schreiben ihm in personalisierter Sprache die Macht Gottes zu.
Das bringt wiederum so manchen Glaubenden dazu, "den Zufall" als Anti-Gott zu identifizieren, wie man an dem Unsinn sieht, den Hemul verfasst.
Beide machen einen fundamentalen Fehler. Die Personalisierung des Indeterminismus ist dieser Fehler. Die einen machen es, um Gott abzuschaffen und handeln sich durch die Hintertür einen Gott ein und die anderen machen es, um Gott zu verteidigen und kämpfen damit gegen eine Strohpuppe.
1Johannes4 hat geschrieben:
Da die Bibel davon spricht, dass in Gott keine Veränderung ist (
Jakobus 1, 17), folgere ich daraus, dass Gott auch keine Erfahrungen macht wie sie Menschen machen. Denn Erfahrungen sind ja wiederum durch eine zeitliche Abfolge von Geschehnissen bedingt. Da könnte ich mir als mögliche Erklärung vorstellen, dass Gott gewissermaßen
all-zeitig ist - also in allen Zeiten gleichzeitig zugegen. Der Unterschied zwischen der "Vorhersehbarkeit" durch Gott und einem "freien Willen" des Menschen läge dann nur in dem Unterschied der Perspektiven von Gott und Mensch, würde sich also nicht gegenseitig ausschließen, was man allerdings meint, wenn alles (und somit auch Gott) dem Lauf der Zeit unterworfen wäre.
In diesem Beitrag von dir sind einige ziemlich schwierige Fragestellungen verborgen, die sich nicht durch einen Satz würdigen lassen. Ich deute mal Stichwortartig an, welche Themen du hier anschneidest.
- Indeterminismus und Freiheit sind nicht dasselbe, aber verwandt. In einem Universum, in dem alles determiniert ist, gibt es keine Freiheit. Indeterminismus ist eine notwendige (aber nicht hinreichende) Bedingung für Freiheit. Insofern ist es gut, dass unser Universum indeterministisch ist.
- Gott verändert sich nicht, ist zeit-los. Aber um zu handeln benötigt man Zeit, immer. Und im Gegensatz zu Gott verändern sich die Menschen. Was ist mit den biblischen Stellen, in denen z.B. Gott seine Meinung ändert?
- Wäre der Mensch nicht wirklich frei (auch Gott weiß nicht, wie sich der Mensch persönlich entscheidet), wäre die Freiheit nur Illusion und eine Strafe ungerecht (würdest du ein Computerprogramm bestrafen, nur weil es das Ergebnis liefert, für das es von dir selbst programmiert wurde?). Das heißt, wenn man annimmt, dass Gott gerecht ist, kann mit dem Bild "Buch des Lebens" NICHT gemeint sein, dass Gott bereits vorher bestimmt hat, wer gerettet ist und wer nicht. Wir können aber annehmen, dass Gott mehr erkennt als wir, also aufgrund der Persönlichkeit eines Menschen schon weiß, mit welcher Wahrscheinlichkeit er sich von Gott abwenden wird.
So bin ich z.B. davon überzeugt, dass Gott zwar vorher wusste, dass Jesus verraten wird (das war schließlich Teil seines Plans), aber nicht, wer es tun würde. Judas hatte also eine Chance.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.