Mal ein paar Fakten, die man bitte nur zur Verdeutlichung eines Phänomens zur Kenntnis nehmen möge. Es geht nicht um ein Plädoyer für oder gegen die Trinität, sondern nur um Wirkmechanismen von Übersetzungen, die ich hiermit auch nicht be- oder verurteilen will. Keiner Übersetzung mache ich einen Vorwurf, jeder billige ich guten Willen zu. Für die Unterschiede gibt es unterschiedliche und nachvollziehbare Gründe. Diese will ich hier gar nicht thematisieren.
Der ursprüngliche Wortsinn des hebräischen „maschiach“ ist „Gesalbter“ und der des hebräischen „maschach“ ist „salben“. Eine Salbung macht das Gesalbte heilig und ist die äußerliche Zeichenhandlung dafür, dass das Gesalbte in Verbindung zu Gott steht bzw. eine besondere Beziehung zu Gott hat. Das kann sich auf alles Mögliche beziehen, in den meisten Fällen sind es Kultgegenstände und Menschen. Alle Übersetzer sind einer Meinung, dass im AT nach dem Wortsinn zu übersetzen sei.
Gen 31,13 hat geschrieben:Ich bin der Gott von Bet-El, wo du das Steinmal gesalbt und mir ein Gelübde gemacht hast. Jetzt auf, zieh fort aus diesem Land und kehr in deine Heimat zurück!
Ex 29,36 hat geschrieben:Bereite täglich einen Sündopferstier für die Entsühnung zu und entsündige den Altar, indem du ihn entsühnst. Salb ihn, um ihn zu weihen.
Ex 30,26 hat geschrieben:Damit salbe das Offenbarungszelt und die Lade der Bundesurkunde,
Ex 30,30 hat geschrieben:Auch Aaron und seine Söhne sollst du salben und sie weihen, damit sie mir als Priester dienen.
1.Sam 24,6-7 hat geschrieben:Hinterher aber schlug David das Gewissen, weil er einen Zipfel vom Mantel Sauls abgeschnitten hatte. Er sagte zu seinen Männern: Der Herr bewahre mich davor, meinem Gebieter, dem Gesalbten des Herrn, so etwas anzutun und Hand an ihn zu legen; denn er ist der Gesalbte des Herrn.
1.Kön 19,13-16 hat geschrieben:Als Elija es hörte, hüllte er sein Gesicht in den Mantel, trat hinaus und stellte sich an den Eingang der Höhle. Da vernahm er eine Stimme, die ihm zurief: Was willst du hier, Elija? Er antwortete: Mit Leidenschaft bin ich für den Herrn, den Gott der Heere, eingetreten, weil die Israeliten deinen Bund verlassen, deine Altäre zerstört und deine Propheten mit dem Schwert getötet haben. Ich allein bin übrig geblieben und nun trachten sie auch mir nach dem Leben. Der Herr antwortete ihm: Geh deinen Weg durch die Wüste zurück und begib dich nach Damaskus! Bist du dort angekommen, salbe Hasaël zum König über Aram! Jehu, den Sohn Nimschis, sollst du zum König von Israel salben und Elischa, den Sohn Schafats aus Abel-Mehola, salbe zum Propheten an deiner Stelle.
Jes 45,1 hat geschrieben:So spricht der Herr zu Kyrus, seinem Gesalbten, den er an der rechten Hand gefasst hat, um ihm die Völker zu unterwerfen, um die Könige zu entwaffnen, um ihm die Türen zu öffnen und kein Tor verschlossen zu halten:
Das sind nur ein paar wenige Beispiele von sehr, sehr vielen. Ein Messias ist im AT also keine Seltenheit sondern eine häufige Erscheinung. All die Könige, Priester und Propheten des auserwählten Volkes wurden Messias genannt. Gott erwählte sich manchmal sogar einen Messias außerhalb Israels. Im hebräischen AT wimmelt es geradezu von „Messiassen“. Bemerkenswert ist nun folgendes.
Häufigkeit des Wortes „Messias“ im Bibeltext der deutschen Übersetzungen aus dem hebräischen AT:
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0 Luther 84
0 Elberfelder 2006
0 Menge
0 Zürcher 2007
0 Einheitsübersetzung
0 Neue Genfer Übersetzung
1 Neue Evangelistische Übersetzung
Neue Evangelistische Übersetzung
Ps 2,2 hat geschrieben:Die Großen der Welt lehnen sich auf. / Sie tun sich zusammen gegen Jahwe. / Gegen seinen Messias gehen sie an:
Das ist die einzige, mir bekannte Ausnahme.
Die Folge ist, dass es im reinen Bibeltext aller deutschen Übersetzungen des AT keinen der unzähligen „Messiasse“ mehr gibt. Sie sind von den Übersetzern kategorisch aus dem Bewusstsein der Leser verbannt und in „Gesalbte“ übersetzt worden.
Ganz anders im NT:
Hier gehen die Meinungen der Übersetzer wie zu übersetzen sei auseinander:
Dort kommt das Wort "Messias" in den griechischen Handschriften nur 2x vor (als Übersetzung).
Joh 1,41 hat geschrieben:Dieser findet zuerst seinen eigenen Bruder Simon und spricht zu ihm: Wir haben den Messias gefunden — was übersetzt ist: Christus
Joh 4,25 hat geschrieben:Die Frau spricht zu ihm: Ich weiß, dass der Messias kommt, der Christus genannt wird; wenn jener kommt, wird er uns alles verkündigen.
Die erste Zahl in der Tabelle gibt die Häufigkeit des Wortes „Messias“ im Bibeltext der deutschen Übersetzungen aus dem griechischen NT an.
In Klammern (+ x = Summe ) wobei x die Häufigkeit des Wortes „Messias“ in allen erdenklichen Formen und Wortzusammensetzungen in den Zugaben der deutschen Bibelübersetzungen ist (immer im Bezug auf das NT - nicht das AT). Mit "Zugaben" sind Einleitungen, Kapitelüberschriften, Fußnoten und Anhänge gemeint - also alles, was nicht heilige Schrift ist.
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2 (+ 3 = 5) Luther 84
2 (+ 3 = 5) Elberfelder 2006
7 (+ 83 = 90) Menge
20 (+ 17 = 37) Zürcher 2007
54 (+ 58 = 112) Einheitsübersetzung
67 (+ 36 = 103) Neue Evangelistische Übersetzung
68 (+ 37 = 105) Neue Genfer Übersetzung
Durch das völlige Vermeiden des Wortes „Messias“ in den deutschen Übersetzung des AT, das Austauschen des Wortes „Christus“ durch das Wort „Messias“ in manchen deutschen Übersetzungen des NT und dem häufigen Gebrauch des Wortes „Messias“ in den Bibelzugaben, wird das "Messianische" in der Bibel verändert. Das Resultat war, dass ich lange Zeit ganz "selbstverständlich" glaubte, dass es in der Bibel überhaupt nur einen einzigen Messias gibt.
Ein nicht zu unterschätzender Faktor dafür, dass die meisten Christen an die Trinität glauben, ist vermutlich auch, dass in deutschen Übersetzungen des AT statt JHWH mehrere tausend mal „Herr“ steht und im NT mehrere hundert mal „Herr“ und "Jesus" miteinander verknüpft werden.
Nochmal: Ich bin unschlüssig und unentschieden, was die Trinität angeht. Ich verstehe die Argumente beider Seiten - habe mich aber weder mit der einen noch der anderen Sichtweise einverstanden erklärt. Das darf jeder be- oder verurteilen, wie ihm beliebt. Zwischen den Stühlen zu sitzen, wird nicht gern gesehen. Auch das verstehe ich. Erfahrungsgemäß werde ich deshalb von beiden Seiten ... na, ja. Gott weiß es.