Die Seele eines Tintenfisches

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NIS
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#41 Re: Die Seele eines Tintenfisches

Beitrag von NIS » Sa 10. Dez 2016, 13:44

Der Verstand setzt Sinnesorgane voraus,
mit deren Hilfe man seine Umwelt erkennen kann und Objekten und Subjekten einen Sinn geben kann.
Das Wort macht erst durch seine Bedeutung für den Menschen Sinn.
Das Wort Gott ist die Wahrheit einer Schöpfung.
Der Heilige Geist (Hauke)

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closs
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#42 Re: Die Seele eines Tintenfisches

Beitrag von closs » Sa 10. Dez 2016, 13:52

Pluto hat geschrieben:Im tierischen Sinn haben Schimpansen, Elephanten, Wale und sogar Hunde sind bewusste Wesen, auch dann nicht wenn sie an Gott glauben.
Ja - weil dies die naturalistische Definition von "Bewusstsein" ist. - Deshalb: Wir haben es hier mit einem Polysem zu tun.

Pluto hat geschrieben:Das ist anmaßend! Es gibt hunderte Beispiele wie Tiere ihre Wünsche und Gefühle ausdrücken.
Das bestreitet doch niemand. - Ich sprach von der anderen Definition des Polysems.

Pluto hat geschrieben:Aber um Gefühle wie Schmerz, Freude oder Liebe zu empfinden braucht es die Interpretation durch das den Geist.
Aber das SIND doch Emotionen - oder nicht?

Dass übrigens "Geist" hier mitspielt, ist ebenfalls unbestritten - die Frage lautet, ob dieser Geist bewusst wahrgenommen wird.

Pluto hat geschrieben:Persönlich meine ich die Selbst-Reflektion ist dem Menschen vorbehalten.Allerdings schließt das nicht aus, dass Tiere Bewusstsein haben.
Also halten wir fest, dass "Selbst-Reflexion" nicht notwendige Eigenschaft von "Bewusstsein" ist. - Gibt es aus Deiner Sicht instinktive Selbst-Reflexion? Man reflektiert, diagnostiert es aber nicht als Reflexion - "es ist halt so". ---???---

Pluto hat geschrieben:Was sind Tiere dann, wenn sie, wie Descartes meinte,nicht denken können?
Heidegger meint sogar, dass Wissenschaftler nicht denken - mit anderen Worten: Was ist damit gemeint? - Ich vermute, dass Descartes damit meint, dass Tiere nicht reflektieren (aber ich weiß es nicht).

Was wären Tiere dann lat. Descartes? Vermutlich Wesen, in denen die Natur tätig wird, ohne dass sie es selber checken. - Ganz einfaches Beispiel, was auch bei Menschen funktioniert: Der Mensch geht aufrecht, weicht aus, greift mit der hoch-komplizierten Hand-Muskulatur ganz genau zu - ohne es (meistens) zu reflektieren.

Pluto hat geschrieben:Im Kant'schen" Sinn ist Verstand die Fähigkeit Begriffe zu bilden und darüber zu urteilen. Und genau diese Fähigkeit besitzen Tiere auch.
Das glaube ich nicht so ohne weiteres - ich würde es eher unter Reiz-Reaktions-Muster subsummieren.

Dass dann - bei entsprechenden Reizen - ein "treuer Hund" herauskommen kann (also ein Hund, der wirklich anhänglich ist), wird man tatsächlich als "Treue" interpretieren dürfen. - Aber auch da ist immer noch nicht geklärt, ob sich etwas im Hund niederschlägt, was der Mensch als Treue empfindet, oder ob der Hund in seiner Sprache zu sich sagen kann "Ich bin ein treuer Hund".

Pluto
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#43 Re: Die Seele eines Tintenfisches

Beitrag von Pluto » Sa 10. Dez 2016, 14:28

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Im tierischen Sinn haben Schimpansen, Elephanten, Wale und sogar Hunde sind bewusste Wesen, auch dann nicht wenn sie an Gott glauben.
Ja - weil dies die naturalistische Definition von "Bewusstsein" ist. - Deshalb: Wir haben es hier mit einem Polysem zu tun.
Ich verstehe nicht, wie du auf Polysem kommst. Der Begriff ist eindeutig und klar! Für dich etwa nicht?

  • Bewusstsein ist im weitesten Sinne das Erleben mentaler Zustände und Prozesse. (Wikipedia)
Warum glaubst du, Tiere könnten das nicht auch?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Aber um Gefühle wie Schmerz, Freude oder Liebe zu empfinden braucht es die Interpretation durch das den Geist.
Aber das SIND doch Emotionen - oder nicht?
Nein. Emotionen sind körperlich. Gefühle sind mentaler Ausdruck körperlicher Emotionen.

closs hat geschrieben:Dass übrigens "Geist" hier mitspielt, ist ebenfalls unbestritten - die Frage lautet, ob dieser Geist bewusst wahrgenommen wird.
Gute Frage.
Geist ist vermutlich das älteste aller mentaler (Gehirn) Prozesse.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Persönlich meine ich die Selbst-Reflektion ist dem Menschen vorbehalten.Allerdings schließt das nicht aus, dass Tiere Bewusstsein haben.
Also halten wir fest, dass "Selbst-Reflexion" nicht notwendige Eigenschaft von "Bewusstsein" ist. - Gibt es aus Deiner Sicht instinktive Selbst-Reflexion? Man reflektiert, diagnostiert es aber nicht als Reflexion - "es ist halt so". ---???---
Nein. Reflektion hat mit geistiger Überlegung zu tun.
Das kann man im Experiment belegen:
Spielt man einer Gruppe Elephanten ein Audio einer Gruppen von Touristen vor, nehmen die Elephanten das wahr, sie reagieren nicht darauf, und grasen oder spielen weiter.
Spielt man ihnen hingegen ein Audio von Elfenbeinjägern auf der Pirsch vor, so reagieren die Elefanten äußerst nervös und sogar aggressiv: Entweder sie stürmen das Gebüsch woher der Ton kommt, oder sie ergreifen die Flucht.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Was sind Tiere dann, wenn sie, wie Descartes meinte,nicht denken können?
Heidegger meint sogar, dass Wissenschaftler nicht denken - mit anderen Worten: Was ist damit gemeint? - Ich vermute, dass Descartes damit meint, dass Tiere nicht reflektieren (aber ich weiß es nicht).
Descartes hat da großen Blödsinn geredet... Irren ist menschlich.
Heidegger ist in diesem Zusammenhang nichts als Ablenkung, deshalb irrelevant.


closs hat geschrieben: Der Mensch geht aufrecht, weicht aus, greift mit der hoch-komplizierten Hand-Muskulatur ganz genau zu - ohne es (meistens) zu reflektieren.
Das ist zwar unbewusstes Handeln (vgl. Freud). Doch irgendwann wurde dieses Handeln bewusst erlernt.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Im Kant'schen" Sinn ist Verstand die Fähigkeit Begriffe zu bilden und darüber zu urteilen. Und genau diese Fähigkeit besitzen Tiere auch.
Das glaube ich nicht so ohne weiteres - ich würde es eher unter Reiz-Reaktions-Muster subsummieren.
Dass du nicht glaubst, weil es nicht zu deinem Bild von Kant passt ist nicht neu.
Schau einfach nach, was Wikipedia zu "Verstand" schreibt!

closs hat geschrieben:Dass dann - bei entsprechenden Reizen - ein "treuer Hund" herauskommen kann (also ein Hund, der wirklich anhänglich ist), wird man tatsächlich als "Treue" interpretieren dürfen. - Aber auch da ist immer noch nicht geklärt, ob sich etwas im Hund niederschlägt, was der Mensch als Treue empfindet, oder ob der Hund in seiner Sprache zu sich sagen kann "Ich bin ein treuer Hund".
Dass Hunde sich nicht artikulieren können wie wir Menschen, ist klar. Aber das ist sehr athropozentrisch gedacht.
Warum sollte ein Hund nicht so was wie Treue, Freundschaft oder Liebe empfinden können?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#44 Re: Die Seele eines Tintenfisches

Beitrag von closs » Sa 10. Dez 2016, 14:51

Pluto hat geschrieben:Bewusstsein ist im weitesten Sinne das Erleben mentaler Zustände und Prozesse. (Wikipedia)
Das ist eine psychologische Definition, die möglicherweise auch biologisch akzeptabel ist. - Damit ist allenfalls gezeigt, dass im allgemeinen Bewusstsein nur noch diese Bedeutung drin ist.

Das ist kein Problem. - Das Problem liegt vielmehr darin, dass man mit dieser Definition bei geistigen Schriften nicht weiterkommt - dort gilt die tradierte Bewusstseins-Bedeutung. - Und nicht deshalb, weil man dort entwicklungsfaul ist, sondern weil man alle Schriften umschreiben müsste, indem man "Geist" und "Bewusstsein" meinetwegen als "x" und "y" bezeichnet - eben weil inzwischen andere Bedeutungs-Besetzungen dominieren.

Pluto hat geschrieben: Emotionen sind körperlich.
"Ich-freue-mich" ist doch eine Emotion - oder?

Pluto hat geschrieben:Reflektion hat mit geistiger Überlegung zu tun.
Moment: Sind für Dich "Reiz-Reaktions-Muster" dasselbe wie "Überlegung"?

Pluto hat geschrieben:Descartes hat da großen Blödsinn geredet... Irren ist menschlich. Heidegger ist in diesem Zusammenhang nichts als Ablenkung, deshalb irrelevant.
Das ist zu wenig - die beiden haben schon was Ernsthaftes gemeint (und sicherlich unterschiedliche Ernsthaftes). - Sie haben sicherlich NICHT in Frage gestellt, dass im Hirn des Betroffenen Aktivitäten ablaufen. - Hier geht es um etwas ganz anderes.

Pluto hat geschrieben:Doch irgendwann wurde dieses Handeln bewusst erlernt.
Nein - Laufen und Greifen lernt man nicht bewusst.

Pluto hat geschrieben:Schau einfach nach, was Wikipedia zu "Verstand" schreibt!
Moment: Es geht nicht um ein Anzweifeln von Kant, sondern um die Anwendung dieser Definition auf Tiere.

Pluto hat geschrieben:Warum sollte ein Hund nicht so was wie Treue, Freundschaft oder Liebe empfinden können?
Das ist genau die Frage: DASS diese Eigenschaften da sind, glaube ich auch. - Aber gibt es eine Bewusstseins-Größe im Hund, wonach der Hund in seiner Weise "sagen" kann: "ICH empfinde Treue, etc."? - Darum geht es.

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#45 Re: Die Seele eines Tintenfisches

Beitrag von Pluto » Sa 10. Dez 2016, 17:42

closs hat geschrieben:Das ist kein Problem. - Das Problem liegt vielmehr darin, dass man mit dieser Definition bei geistigen Schriften nicht weiterkommt - dort gilt die tradierte Bewusstseins-Bedeutung.
Das Problem: Geistige Schriften bringen einen eh nicht wirklich weiter, denn sie handeln von Vermutungen, Mythen und Geboten die mit dem richtigen Leben sehr oft nicht viel zu tun haben.
Nimm doch z.B. das Erste der Zehn Gebote... Es steht im krassen Widerspruch zu unserer Verfassung. Wie will man da weiterkommen?

Descartes hat geschrieben:Der Grund warum Tiere nicht sprechen können wie wir, ist nicht das ihnen der entsprechende Kehlkopf fehlt; vielmehr haben sie keine Gedanken. Wenn sie so denken könnten wie wir, würden sie eine unsterbliche Seele haben.
Hier ist nirgendwo von Bewusstsein die Rede. Wenn man auf den Diskurs zwischen Descartes und Voltaire eingeht, erkennt man dass Descartes hier falsches Wissen vermittelt.


closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Emotionen sind körperlich.
"Ich-freue-mich" ist doch eine Emotion - oder?
Nein. Freude ist ein Gefühl, ausgelöst durch eine Emotion.
Beispiel:
Emotion ist, dass der Hund mit dem Schwanz wedelt. Das bedeutet: Er freut sich sein Herrchen wieder zu sehen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Reflektion hat mit geistiger Überlegung zu tun.
Moment: Sind für Dich "Reiz-Reaktions-Muster" dasselbe wie "Überlegung"?
Reiz-Reaktionen sind zunächst mal körperlich: "Der Hund wedelt mit dem Schwanz". Danach entsteht das Gefühl der Freude in ihm.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Descartes hat da großen Blödsinn geredet... Irren ist menschlich. Heidegger ist in diesem Zusammenhang nichts als Ablenkung, deshalb irrelevant.
Das ist zu wenig - die beiden haben schon was Ernsthaftes gemeint
Sicher hat Descartes es damals ernst gemeint. Das macht doch seinen Irrtum nur noch schlimmer! :thumbdown:
Vergiss Heidegger in diesem Zusammehang. Das war reine Rhetorik und Polemik.

closs hat geschrieben:Sie haben sicherlich NICHT in Frage gestellt, dass im Hirn des Betroffenen Aktivitäten ablaufen.
Doh, genau das tat Descartes. Lies nochmal was er gesagt hat. Er glaubte wirklich, dass Tiere nicht denken können. :roll:

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Doch irgendwann wurde dieses Handeln bewusst erlernt.
Nein - Laufen und Greifen lernt man nicht bewusst.
Bei Tieren ist das instinktiv, aber NICHT so bei Menschen. Je höher die spätere Intelligenz eines Wesens, umso mehr muss es lernen.
Hast du einen Säugling schon gesehen, das laufen konnte? :lol:
Säuglinge brauchen eine lange Zeit des Lernens um einen Gegenstand wie eine Tasse oder ein Glas richtig zu greifen. Als ich unserem Kleinsten(mit Eineinhalb versehenlich ein Glas gab, hat er rein gebissen so dass er aus dem Mund blutete.

Alle Handlungen sind zunächst einmal bewusst, bis sie gelernt wurden, und zu Automatismen werden. Radfahren ist ein gutes Beispiel dafür.
Kinder lernen durch Nachahmung.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Schau einfach nach, was Wikipedia zu "Verstand" schreibt!
Moment: Es geht nicht um ein Anzweifeln von Kant, sondern um die Anwendung dieser Definition auf Tiere.
Wir können bei Tieren natürlich niemals von Gewissheit sprechen. Wir können nur ihr Verhalten wahrnehmen und interpretieren.

Wir beobachten, wie eine Elephantenmutter dafür sorgt, dass ihr Kind immer in ihrer Nähe bleibt. Was sagt uns das, wenn sich ein Elephantenbaby von der Mutter zu weit entfernt, sie ihn ruft und es auf der Stelle angesprungen kommt?
Ich nenne das bewusste Kommunikation und mütterliche Fürsorge. Wie würdest du es nennen?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Warum sollte ein Hund nicht so was wie Treue, Freundschaft oder Liebe empfinden können?
Das ist genau die Frage: DASS diese Eigenschaften da sind, glaube ich auch. - Aber gibt es eine Bewusstseins-Größe im Hund, wonach der Hund in seiner Weise "sagen" kann: "ICH empfinde Treue, etc."? - Darum geht es.
Glaubst du wirklich, dass Hunde keine Treue, Trauer, Liebe oder Wut empfinden?

Nimm das Gefühl der Trauer...
Wie viele Geschichten gibt es, von Hunden die aufhören zu fressen, weil ihr Herrchen verstorben ist? Glaubst du das seien alles nur Märchen?

Um deine Frage zu beantworten: Ja, ich glaube, dass ein Hund, auf seine Art, eine solche Bewusstseins-Größe hat.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#46 Re: Die Seele eines Tintenfisches

Beitrag von closs » Sa 10. Dez 2016, 19:38

Pluto hat geschrieben:Das Problem: Geistige Schriften bringen einen eh nicht wirklich weiter
Das tun sie sehr wohl - nur halt möglicherweise nicht auf materialistischem Terrain.

Pluto hat geschrieben:Hier ist nirgendwo von Bewusstsein die Rede.
Descartes meint es aber insofern so, dass er dem Menschen einen KATEGORIAL anderen Bewusstseins-Status zuspricht - das ist aus geistiger Sicht heute nicht anders.

Pluto hat geschrieben:Nimm doch z.B. das Erste der Zehn Gebote... Es steht im krassen Widerspruch zu unserer Verfassung.
Na ja, in unserem Grundgesetz steht in der Präambel der Satz: "im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen".

Pluto hat geschrieben:Hier ist nirgendwo von Bewusstsein die Rede. Wenn man auf den Diskurs zwischen Descartes und Voltaire eingeht, erkennt man dass Descartes hier falsches Wissen vermittelt.
Er benutzt nicht das Wort "Bewusstsein", sondern (menschlichen) Geist - das ist (in etwa) dasselbe.

Pluto hat geschrieben: Freude ist ein Gefühl, ausgelöst durch eine Emotion.
Wie willst Du das kategorial abgrenzen? Mit wiki ist es mir gerade eben nicht gelungen.

Pluto hat geschrieben:Reiz-Reaktionen sind zunächst mal körperlich: "Der Hund wedelt mit dem Schwanz".
DIese Unterscheidung ist ebenfalls problematisch. - Reiz-Reaktions-Muster können auch sein "Mutter wedelt mit der Rute - Kind hört auch zu diskutieren".

Pluto hat geschrieben:Sicher hat Descartes es damals ernst gemeint. Das macht doch seinen Irrtum nur noch schlimmer!
Das war kein Irrtum - er meint etwas anderes, als Du interpretierst.

Pluto hat geschrieben:Lies nochmal was er gesagt hat. Er glaubte wirklich, dass Tiere nicht denken können.
Glaube ich nicht. - Jetzt müsste man gucken, welches Wort Descartes benutzt hat. - Falls es "Contemplatio" (für "Denken") wäre, wäre der Fall klar und läge auf einer anderen Schiene, als Du denkst. - Leider kenne ich den Text und dessen Kontext nicht.

Pluto hat geschrieben:Hast du einen Säugling schon gesehen, das laufen konnte?
Hast Du ein Vogel gesehen, der gleich fliegen kann? - Das haut nicht hin.

Pluto hat geschrieben:Kinder lernen durch Nachahmung.
Selbst Nachahmung ist unbewusst - man macht in frühesten Jahren einfach nach, was man sieht - ganz ohne bewusste Reflexion.

Pluto hat geschrieben:Ich nenne das bewusste Kommunikation und mütterliche Fürsorge. Wie würdest du es nennen?
Mütterlichen Instinkt/Instinkt zur Erhaltung der Art. - "Bewusst" im traditionell-geistigen Sinne ist das nicht.

"Geistig" ist es insofern, dass in diesem Verhalten der "Geist der mütterlichen Fürsorge" zutage tritt - aber dazu bedarf es nicht notwendigerweise eines Bewusstseins dessen, bei dem es (bzw.: "bei der es" - nämlich der Mutter) zutage tritt. - Insofern ist aus meiner Sicht die Frage immer noch nicht geklärt, ob Emotionen/Gefühle/Verhaltensmuster ein bewusstes Cogito voraussetzen müssen.

Pluto hat geschrieben:Glaubst du wirklich, dass Hunde keine Treue, Trauer, Liebe oder Wut empfinden?
"Es" ist empfunden. - Aber - s.o.: Ich vermute, dass das auch ohne bewusstes Cogito geht. - Wobei wir wieder beim Punkt wären: Wie definieren wir "bewusst".

Pluto hat geschrieben:Um deine Frage zu beantworten: Ja, ich glaube, dass ein Hund, auf seine Art, eine solche Bewusstseins-Größe hat.
Ja - auf seine Art hat er irgend etwas, was ihn uns so erscheinen lassen kann. - Vielleicht lässt sich diese Frage durch die Antwort auf folgende Frage klären:

Menschen in Narkose sind gelegentlich sehr "emotional"/"gefühlsmäßig"/etc. - Oder nimm schwer hirn-geschädigte Menschen: Sie können traurig, freudig, etc. sein - nehmen sie es "bewusst" wahr?

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#47 Re: Die Seele eines Tintenfisches

Beitrag von Tyrion » Sa 10. Dez 2016, 21:11

"Instinktiv" - allein das ist ein überstrapazierter Begriff und wird allzuschnell abwertend gegenüber Tieren im Vergleich zum Menschen verwendet. In der Ethologie ist der Begriff Instinktverhalten sauber definiert und trifft nicht auf das, was hier umgangssprachlich als Instinktiv verwendet wird. Man sollte es eher durch "unbewusst" ersetzen.
Sehr vieles, was wir machen, lernen, tun, machen wir unbewusst. Wir lernen sowohl unbewusst als auch bewusst. Hier ist aber das Problem, was "bewusst" bedeuten soll.
Die "christliche" Definition (nach closs) sagt mir nichts und ich weiß nicht, ob es "die" christliche ist. Unabhängig davon wurde den Tieren immer und immer wieder ein Ich-Bewusstsein - sagen wir mal in naturalistischen Sinn - abgesprochen. Hierbei spielen Argumente keine Rolle, denn es ist rein überheblich anthropozentrisch.

Man muss sich nur erinnern, dass beispielsweise die Briten in Australien die Ureinwohnern zwischenzeitlich als Tiere einstuften und somit auch nach Gutdünken erschossen haben. Es waren ja "nur" Affen, die haben weder Bewusstsein noch seien sie beseelt (usw.).
Auch über die Sklaven in den Amerikas gab es erstaunliche Theorien, was deren geistigen Fähigkeiten angeht. Man musste sich ja das Unrecht an ihnen schönreden.

Allen(!) Tieren das Ich-Bewusstsein abzusprechen ist heutzutage anhand der Faktenlage nicht mehr haltbar. Wer dies tut, hat - sorry - keinerlei vertiefte Kennsnisse in der Ethologie.

Gehen wir zum "christlichen"(?) Ich-Bewusstsein: Transzendenz... Hier ist die Faktenlage dünner. Es gelang zwar bereits, Tieren menschliche Sprache beizubringen (z. B. Englisch bei Graupapageien - nicht Brabbeln, sondern abstraktes Verständnis der Sprache - oder Gebärdensprache bei Schimpansen), aber es wurde nicht über Gott diskutiert. Und hätte man es versucht, so wäre es vermutlich an mangelndem Sprachverständnis gescheitert.
Man muss hier anmerken, dass Tiere unsere Sprache lernen mussten, umgekehrt haben wir das noch nicht hinbekommen.

Mit welchem Recht kann man also nur aufgrund mangelnden Beweises per se Tieren Transzendenz absprechen? Das ist rein anthropozentrische Arroganz bzw. anthropozentrischer Chauvinismus.

Was wäre, wenn morgen Aliens mit einem Raumschiff landen würden (reines Gedankenexperiment) und mit uns kommunizieren wollten. Nach ein paar Jahren gelingt es nun, sich auf sprachlicher Ebene zu treffen. Wir stellen die Frage nach Gott. Die Aliens fragen zurück, was Gott sein soll? Wir erklären es, sie verstehen nicht, was wir meinen. Und was ist die Interpretation? Die Aliens haben also kein Ich-Bewusstsein und handeln rein "instinktiv"?

In dubio pro reo - allgemeines Ich-Bewusstsein kann man extrem plausibel bei Tieren zeigen, man kann es beobachten und belegen. Hierbei ist ein Problem, dass wir trotzdem sehr stark von unserem Ich-Bewusstsein ausgehen (z. B. Erkennen im Spiegel, Eitelkeit - beides gibt es bei anderen Primaten auch). Man kann auch wissen, dass man "ist", wenn man das Spiegelbild nicht erkennt. Trotzdem klappt das Widerlegen ja nichtmal bei unserem Ich-Bewusstsein.
Transzendenz abzusprechen ist aber pure Spekulation und meines Erachtens pure Arroganz.

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#48 Re: Die Seele eines Tintenfisches

Beitrag von Zeus » Sa 10. Dez 2016, 23:01

Haben Hunde ein Ich-Bewusstsein?

"Im Journal „Ethology, Ecology and Evolution“ berichten Roberto Cazzolla Gatti und seine Kollegen, dass sie das Selbstbewusstsein bei Hunden getestet haben. Bei Menschen wird das Selbstbewusstsein in der Regel mit dem Spiegeltest geprüft. Ein Mensch mit Selbstbewusstsein sollte demnach in der Lage sein, einen Punkt, der ihm im Schlaf auf sein Gesicht gemalt worden ist, im Spiegelbild zu erkennen und ihn mit dem Finger im Gesicht zu lokalisieren.

Hunde wiederum erkennen zwar, dass im Spiegel ein Hund zu sehen ist, begrüßen ihn aber mit wedelndem Schwanz oder laut kläffend – als ob sie ihr Spiegelbild für einen fremden Hund halten würden. Nun sind sie keine visuellen Tiere – möglicherweise erkennen sie sich selbst im Spiegel nicht, weil in ihrer Wahrnehmung Geruchsinformationen wesentlich wichtiger sind.

Die Wissenschaftler entwarfen also einen Geruchsspiegeltest. Dazu sammelten sie Urin verschiedener Hunde – und holten dann ein paar Hunde zum Test. Sie ließen sie in Käfige, in denen es Behälter mit den eigenen Geruchsproben und mit denen von anderen Hunden gab. Tatsächlich war es so, dass die Tiere an den fremden Proben immer länger schnupperten als an den eigenen Proben. Je älter die Hunde waren, umso weniger Aufmerksamkeit widmeten sie ihrem eigenen Urin. Das, so die Erklärung der Wissenschaftler, zeige, dass die Tiere sich tatsächlich selbst erkennen."
Bild
e^(i*Pi) + 1 = 0
Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

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#49 Re: Die Seele eines Tintenfisches

Beitrag von Pluto » Sa 10. Dez 2016, 23:29

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Das Problem: Geistige Schriften bringen einen eh nicht wirklich weiter
Das tun sie sehr wohl - nur halt möglicherweise nicht auf materialistischem Terrain.
Ich sehe kein Terrain wo uns Legenden irgendwie weiterbringen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Hier ist nirgendwo von Bewusstsein die Rede.
Descartes meint es aber insofern so, dass er dem Menschen einen KATEGORIAL anderen Bewusstseins-Status zuspricht - das ist aus geistiger Sicht heute nicht anders.
Bewusstsein wird von Descartes überhaupt nicht erwähnt. Er behauptet nur, Tiere könnten nicht denken.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Hier ist nirgendwo von Bewusstsein die Rede. Wenn man auf den Diskurs zwischen Descartes und Voltaire eingeht, erkennt man dass Descartes hier falsches Wissen vermittelt.
Er benutzt nicht das Wort "Bewusstsein", sondern (menschlichen) Geist - das ist (in etwa) dasselbe.
Auch den Geist spricht er nicht an; er spricht den Tieren lediglich die Dekfähigkeit ab.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Freude ist ein Gefühl, ausgelöst durch eine Emotion.
Wie willst Du das kategorial abgrenzen?
Das ist nicht schwer:
Beim Hund ist es der Schwanz den ihn verrät. Beim Menschen ist das subtiler: Da ist es der Gesichtsausdruck.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Reiz-Reaktionen sind zunächst mal körperlich: "Der Hund wedelt mit dem Schwanz".
DIese Unterscheidung ist ebenfalls problematisch. - Reiz-Reaktions-Muster können auch sein "Mutter wedelt mit der Rute - Kind hört auch zu diskutieren".
Das ist keineswegs problematisch. Wenn die Mutter mit der Rute wedelt ist das eine Folgeerscheinung ihrer Wut.
Wut ist ein Gefühl und keine Emotion. Primäre Emotionen von Wut sind z.B. Herzrasen, ein erhöhter Blutdruck oder feuchte Handflächen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Sicher hat Descartes es damals ernst gemeint. Das macht doch seinen Irrtum nur noch schlimmer!
Das war kein Irrtum - er meint etwas anderes, als Du interpretierst.
Geschrieben hat Descartes folgendes:
Der Grund warum Tiere nicht sprechen können wie wir, ist nicht das ihnen der entsprechende Kehlkopf fehlt; vielmehr haben sie keine Gedanken
Was gibt es da, um zu interpretieren?

Pluto hat geschrieben:Hast du einen Säugling schon gesehen, das laufen konnte?
Hast Du ein Vogel gesehen, der gleich fliegen kann? - Das haut nicht hin.[/quote]Im Gegenteil: Es haut sehr gut hin!
Auch Vögel müssen das Fliegen erst erlernen. Das tun sie in dem sie die Eltern versuchen nachahmen. Dass nicht alle Vögel fliegen können, sondern dies erst bewusst erlernen müssen, bezeugen die traurigen Überreste derer, die es nicht geschafft haben.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Kinder lernen durch Nachahmung.
Selbst Nachahmung ist unbewusst...
Wie stellst du dir das vor?

closs hat geschrieben:man macht in frühesten Jahren einfach nach, was man sieht - ganz ohne bewusste Reflexion.
Das geht aber nur bewusst. Beispiel: Radfahren beim Menschen, oder Fliegen bei Vögeln.

closs hat geschrieben:Mütterlichen Instinkt/Instinkt zur Erhaltung der Art. - "Bewusst" im traditionell-geistigen Sinne ist das nicht.
Du meinst also, wie weit sich das Kind entfernt, stellt die Mutter instinktiv fest? Und wenn sie das Kind ruft, warum kommt es dann angerannt? Kann das Erkennen der Stimme der Mutter auch unbewusst erfolgen? Was ist, wenn andere Elephantenkühe rufen?
Erkennen der Stimme der Mutter unter Vielen erfordert eine Entscheidung und ist deshalb immer bewusst.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Glaubst du wirklich, dass Hunde keine Treue, Trauer, Liebe oder Wut empfinden?
"Es" ist empfunden. - Aber - s.o.: Ich vermute, dass das auch ohne bewusstes Cogito geht. - Wobei wir wieder beim Punkt wären: Wie definieren wir "bewusst".
Es geht um die Trauer. Trauert der Hund oder nicht, und kann das bei ihm erkennen.

closs hat geschrieben:Menschen in Narkose sind gelegentlich sehr "emotional"/"gefühlsmäßig"/etc.
Wo hast du das her? (Zitat-Quelle)

closs hat geschrieben:Oder nimm schwer hirn-geschädigte Menschen: Sie können traurig, freudig, etc. sein - nehmen sie es "bewusst" wahr?
Der Punkt hier ist, nicht alle hirn-geschädigten Menschen sind ohne Bewusstsein.
Wenn hirn-geschädigte Menschen auf unterschiedliche Reize unterschiedlich reagieren, dann besitzen sie ein Bewusstsein.

Also meine Gegenfrage, was verstehst du unter "hirn-geschädigt"?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#50 Re: Die Seele eines Tintenfisches

Beitrag von closs » So 11. Dez 2016, 00:08

Pluto hat geschrieben:Ich sehe kein Terrain wo uns Legenden irgendwie weiterbringen.
Nicht alles, was nicht materiell ist, muss "Legende" sein.

Pluto hat geschrieben:Bewusstsein wird von Descartes überhaupt nicht erwähnt. Er behauptet nur, Tiere könnten nicht denken.
Naja - das meint er aber doch in Hinsicht auf sein "Cogito" - und das "Cogito" ist schlechthin die Grundlage des Bewusstseins UND gleichzeitig das Zentrum des Denkens.

Pluto hat geschrieben:Wenn die Mutter mit der Rute wedelt ist das eine Folgeerscheinung ihrer Wut.
Nicht ungedingt. - Es kann genauso eine bewusste Erziehungs-Handlung sein.

Pluto hat geschrieben:Was gibt es da, um zu interpretieren?
Da gibt es erst einmal zu klären, was das lateinische Wort zu "Gedanken" ist (ich meine, er hat auf lateinisch geschrieben). - Du kannst sicher davon ausgehen, dass er damit einen geistigen Vorgang gemeint hat ("Res cogitans").

Pluto hat geschrieben:Dass nicht alle Vögel fliegen können, sondern dies erst bewusst erlernen müssen, bezeugen die traurigen Überreste derer, die es nicht geschafft haben.
Das hat nichts mit "bewusst" zu tun im traditionellen Sinne. - Aus Deinen Äußerungen kann ich lediglich feststellen, dass es eine Definition von "bewusste" gibt, die Deine Argumentationen ermöglicht. - Aber dann haben wir wieder das Problem mit dem Polysem.

Pluto hat geschrieben:Wie stellst du dir das vor?
So wie es halt bei Kleinkindern ist: Sie sehen was und machen es nach - OHNE groß zu reflektieren. - Wobei wir übrigens wieder bei der Genesis wären.

Pluto hat geschrieben:Das geht aber nur bewusst.
Polysem. - Halten wir fest: Man kann es heute "bewusst" nennen, wenn ein Vogel fliegen lernt.

Pluto hat geschrieben:Wo hast du das her?
Von Anästesisten, die mir erzählen, was sie schon so alles im OP-Raum erlebt haben.

Pluto hat geschrieben:Kann das Erkennen der Stimme der Mutter auch unbewusst erfolgen?
Nach meiner Definition von "bewusst" sehr wohl.

Pluto hat geschrieben:Es geht um die Trauer.
Ja - die sieht man beim Hund. - Aber empfindet der Hund diese Trauer im Sinne von "Ich trauere?" - Oder ist es "nur" leidende Natur?

Pluto hat geschrieben:Also meine Gegenfrage, was verstehst du unter "hirn-geschädigt"?
Das ist wirklich ein weites Feld - was soll ich da antworten? - Hier waren schwer-hirngeschädigte Menschen gemeint (egal, ob endogen, exogen oder reaktiv verursacht), die nicht den Eindruck erwecken, gegenüber ihrem Umfeld bewusst wahrzunehmen.

Pluto hat geschrieben:Wenn hirn-geschädigte Menschen auf unterschiedliche Reize unterschiedlich reagieren, dann besitzen sie ein Bewusstsein.
Wenn Du also einen Koma-Patienten zwickst und er reagiert, tut er es in Bewusstsein?

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