ceam hat geschrieben:Ich wollte mal fragen, wieso sagen Physiker, dass wenn zwei Lichtteilchen sich aufeinander zu bewegen, sich nicht mit doppelter Lichtgeschwindigkeit aufeinander zu bewegen, sondern der Raum sich dabei entsprechend verkürzt und die Lichtteilchen weiter nur mit Lichtgeschwindigkeit aufeinander zu bewegen.
So wie ich das verstanden habe, werden Geschwindigkeiten in der Relativitätstheorie immer vom jeweiligen Standpunkt aus definiert. Nimm an, Du befindest dich auf dem Deck eines Schiffes und gehst bei ruhiger See vom Heck Richtung Front, sagen wir mit 3 km/h. Das Schiff fährt meineswegen mit zehn Knoten, also ca. 18 km/h.
Ich sitze am Ufer und beobachte das Schiff und erspähe Dich mit dem Fernglas. Von meinem uferbezogenen Bezugssystem aus betrachtet bewegst Du dich mit 21 km/h, obwohl Du in deinem schiffsbezogenen Bezugssystem lediglich mit 3 km/h über das Deck schlenderst.
Du bleibst nun stehen und erspähst mich ebenfalls mit Deinem Fernglas. Von Deinem Standpunkt aus gleite ich samt dem Ufer mit 18 km/h dahin.
Deine Fragestellung betrifft die
spezielle
Relavititäts
theorie (SRT) und eine Konsequenz der SRT ist, dass es KEIN ausgezeichnetes Bezugssystem gibt.
Ein solches bevorzuges Bezugssystem wäre zum Beispiel ein absoluter Raum, den man durch ein unendliches, kartesisches Koordinatensystem beschreiben könnte, zu dem sich relativ Objekte bewegen. Der Raum wäre sozusagen der starre "Behälter", in Bezug zu dem man Bewegung absolut bestimmen könnte.
Im 19. Jahrhundert nahm man an, dass dieser absolute Raum vom darin ruhenden Äther erfüllt sei, mit dessen Hilfe man die elektromagnetischen Wellen, wie sichtbares Licht, erklären wollte. Das von Janina angeführte Michelson-Morley-Experiment sollte den Nachweis bringen, dass sich Licht als Welle des Äthers bewegt, der quasi ein ausgezeichnetes Bezugssystem sein sollte. Da sich die Erde in ihrer Umlaufbahn um die Sonne durch diesen ruhenden Äther bewegt, müsste man in verschiedenen Richtungen unterschiedliche Lichtgeschwindigkeiten messen, so die Idee von Michelson und Morley. Doch so sehr sie sich auch bemühten, sie maßen IMMER die dieselbe Lichtgeschwindigkeit, völlig unabhängig von der Bewegung ihres erdgebundenen Labors.
Die logische Konsequenz aus diesem experimentellen Befund ist die SRT. Der Äther wurde fallengelassen, ebenso die Vorstellung von einer absoluten Bewegung. Vielmehr Griff Einstein den Ansatz von Ernst Mach auf, gem. dem sich Massen relativ zu anderen Massen bewegen und Bewegung absolut zum Raum gar nicht definierbar ist.
Wenn man also sagt, dass sich ein Lichtstrahl mit Lichtgeschwindigkeit bewegt, so meint man: Ich messe, dass sich das Licht mit Lichtgeschwindigkeit bewegt. Dies gilt auch für zwei Lichtstrahlen: Beide bewegten sich jeweils mit genau Lichtgeschwindigkeit.
Nehmem wir mal an, man würde zwei Laserstrahlen erzeugen, die zwei Lichtsekunden voneinander entfernt sind, so behaupte ich, dass sie sich, wenn sie exakt aufeinander gerichtet sind, in einer Sekunde in der Mitte treffen. Die Laserstrahlen legen dabei eine Lichtsekunde in einer Sekunde zurück.
Nun magst Du einwenden: Wunderbar: Dann bewegen sich der entgegenkommende Laserstrahl vom Standpunkt des anderen Laserstrahls mit doppelter Lichtgeschwindigkeit. Doch Vorsicht: Nun begehen wir den Fehler unseren Beobachtungsstandpunkt mit einem absoluten Standpunkt zu verwechseln. Eine absolute Geschwindigkeit gibt es nicht! Geschwindigkeit kann nur relativ ermittelt werden.
Du fährst Auto und zwar mit einem ganz besonderen, dass in der Lage ist, die Geschwindigkeit Deines Schalls, dass Dein Fahrzeug erzeugt, und des Lichtes zu messen, dass Deine Scheinwerfer abstrahlen.
Ich beobachte Dich sitzend auf einer Bank, ebenfalls mit einer ebenso leistungsfähigigen Messvorrichtung.
Lass uns annehmen, dass Du mit 100 km/h mit gleichförmiger Geschwindigkeit an mir vorüber fährst und wir den Schall messen. So misst Du:
- Relative Geschwindigkeit des Autos zu Dir: 0
- Schall frontal: Schallgeschwindigkeit minus 100 km/h
- Schall Heck: Schallgeschwindigkeit plus 100 km/h
Ich messe:
- Relative Geschwindigkeit des Autos zu mir: 100 km/h
- Schall frontal: Schallgeschwindigkeit
- Schall Heck: Schallgeschwindigkeit
Soweit entspricht dies alles den Bewegungsgesetzen von Galilei und Newton.
Nun zum Lichtexperiment:
Du misst:
- Relative Geschwindigkeit des Autos zu Dir: 0
- Licht frontal: exakt Lichtgeschwindigkeit
- Schall Heck: exakt Lichtgeschwindigkeit
Ich messe:
- Relative Geschwindigkeit des Autos zu mir: 100 km/h
- Licht frontal: exakt Lichtgeschwindigkeit
- Schall Heck: exakt Lichtgeschwindigkeit
Dies entspricht offenkundig NICHT mehr den Bewegungsgesetzen von Galilei und Newton und kann nur über Einsteins SRT erkärt werden. Die Lichtgeschwindigkeit ist eine Konstante, unabhängig vom Bezugssystem!
Hendrik Antoon Lorentz erkannte, dass, wenn die Lichtgeschwindigkeit konstant ist,
Länge und
Zeit variabel sein müsse (Lorentz-Transformation).
In Bewegungsrichtung wird die Längendimension des Raumes kontrahiert und die Zeit wird gedehnt (dilatiert). Diese Zeitdilatation ist bei Licht unendlich, d.h. für ein Photon vergeht überhaupt keine Zeit. Daher spielt es für das Photon keine Rolle, ob ihm ein anderes entgegenkommt. Wenn die Länge zu null kontrahiert ist und die Zeit unendlich dilatiert ist, ist der Kontakt vom Bezugssystem des Photons immer instantan. Dies gilt solange, bis Janina oder Thomas mir widersprechen.
Habe ich Dich nun genug verwirrt, oder darf ich Dich weiter an meiner Verwirrung teilhaben lassen?
ceam hat geschrieben:Die Erklärung verwirrt mich maximal, denn wenn wir das eine Lichtteilchen lokalisieren, welches mit Lichtgeschwindigkeit fliegt, unabhängig vom anderen und danach das andere Lichtteilchen lokalisieren, welches ebenfalls mit Lichtgeschwindigkeit fliegt und dabei zufälligerweise feststellen, dass diese aufeinander zu fliegen aber dann plötzlich sagen müssen, diese beiden Lichtteilchen sind gar nicht da wo wir sie vorher lokalisiert haben, sondern viel näher bei einander, damit wir unsere Theorie mit der Lichtgeschwindigkeit bei behalten können.
Eine solche Erklärung ist mir nicht bekannt.
Nimm einmal an, wir würden, ähnlich wie im SciFi-Film
2001: A Space Odyssey, ein Raumschiff bauen und nennen es
Discovery.
Bildquelle
Lass uns der einfachheithalber setzen, dass unsere Discovery 100 Meter lang ist. Dann wäre sie vom erdgebundenen Bezugssystem aus betrachtet bei etwa neun Zehntel der Lichtgeschwindigkeit nur noch rund 50 Meter lang. An Bord des Schiffes würdest Du von dieser Längenkontratktion nichts bemerken, dass Schiff wäre immer noch 100 Meter lang. Für Dich erscheint die Strecke um die Hälfte verkürzt. Du altest nur ein Jahr, wenn Du 1,8 Lichtjahre zurücklegst, während ich auf der Erde um zwei Jahre altere.
(gerundete Werte)
ceam hat geschrieben:Wie kommt diese mystische Verkürzung des Raums zustande? Wie kann man das experimentel nachweisen?
Janina führte bereits das berühmte Michelson-Morley-Experiment an, welches in verbesserten Folgeexperimeten immer genauer bestätigt wurde. Vielleicht mögen Janina oder Thomas hier noch was beitragen.