Ist der Mensch im Reich Gottes noch ein Mensch?

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Naqual
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#341 Re: Ist der Mensch im Reich Gottes noch ein Mensch?

Beitrag von Naqual » Di 29. Sep 2015, 16:47

Magdalena61 hat geschrieben:Wenn der Mensch seine Identität als eigenständige Person verlieren würde, nicht mehr sündigen und keine negativen Gefühle mehr empfinden KÖNNTE, dann würde etwas Wesentliches fehlen, das ihn als Individuum kennzeichnet. Er würde sich nicht mehr wiedererkennen.
Deshalb denke ich: Er KANN all das noch, er KANN sündigen oder negative Gefühle hegen, er kann sich auch von Gott abgrenzen, aber er WILL oder BRAUCHT das alles nicht mehr.

Wir sind ja in einem extrem spekulativen Gebiet gelandet. Auch die Bibel redet wenig darüber (1. Joh 3,2: es ist aber noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden).
Das Problem sehe ich darin, dass Du einen für mich durchaus verständlichen Wunsch äußert. Aber was kann man logisch ableiten?

Wenn im Himmel nicht gesündigt werden kann, ist das Hegen von negativen Gefühlen eine Folter.
Also unser persönliches-So-Sein würde verständlicherweise uns automatisch angemessen bestrafen. Da bräuchte man nicht einmal Himmel und Hölle für diesen Mechanismus.

Logisch zwingend halte ich folgendes:
Unsere "Identität" ist so oder so für die Katz. So hart wie's klingt. Wenn wir Trillionen Jahre leben, würde unser "Jetziges Ich" unser "späteres Ich" nicht einmal mehr in Ansätzen wiedererkennen. Mein Ich, das eine Schultüte getragen hat, würde bereits nicht mein "aktuelles Ich" wiedererkennen. Also nicht vom Äußeren, sondern vom "Wesen" her, von der Art her.
(setzt voraus, dass es etwas Zeit-Ähnliches gibt. Wenn nicht, ist aber eh aus mit der "Identität" da diese nur über zeitliche Abläufe bewusst wird.)

Rembremerding
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#342 Re: Ist der Mensch im Reich Gottes noch ein Mensch?

Beitrag von Rembremerding » Di 29. Sep 2015, 17:33

Andreas hat geschrieben: Ich verstehe das so. Was ist daran unlogisch?
Eigentlich alles, denn zu all dem benötigst Du keine Allversöhnung.
Sie ist aber unlogisch hinsichtlich des Missionsauftrags, Gottes Allmächtigkeit, der Ergänzung von Gerechtigkeit und Barmherzigkeit, der Würde des Menschen ....etc.
Aber seis drum, dem Zeitgeist passt die Allversöhnung. Gerade weil Du meinst man ist eng, "mia san mia", wie du sagst :D , wenn man nicht an die AV glaubt, zeigt mir, dass Du lediglich gern an sie glaubst. Oba bast scho!

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Naqual
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#343 Re: Ist der Mensch im Reich Gottes noch ein Mensch?

Beitrag von Naqual » Di 29. Sep 2015, 17:51

Rembremerding hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben: Ich verstehe das so. Was ist daran unlogisch?
Eigentlich alles, denn zu all dem benötigst Du keine Allversöhnung.
Sie ist aber unlogisch hinsichtlich des Missionsauftrags, Gottes Allmächtigkeit, der Ergänzung von Gerechtigkeit und Barmherzigkeit, der Würde des Menschen ....etc.
Aber seis drum, dem Zeitgeist passt die Allversöhnung. Gerade weil Du meinst man ist eng, "mia san mia", wie du sagst :D , wenn man nicht an die AV glaubt, zeigt mir, dass Du lediglich gern an sie glaubst. Oba bast scho!

Gerne an die Allversöhnung glauben? Ich denke, dass es ein viel unangenehmerer Weg ist, als das satte Vorurteil gegen die Allversöhnungslehren.
Es ist eben kein "Schwamm drüber". Überhaupt nicht. Im Gegenteil. Im konkreten Wortsinn ist "Gnade" ein Schwamm drüber. Siehe um die Diskussion der "billigen Gnade", die schon Generationen beschäftigt hat und die dem christlichen Glauben einfach sehr nahe ist in der Natur der Sache.
Allversöhnung geht davon aus, dass der Mensch zu Gott hin wachsen muss - mit Gottes Hilfe und Gnade. Aber muss sich zu Gott hin ändern. Das schafft keine Vergebung, die eh in die Vergangenheit gerichtet ist. Es geht aber um die Zukunft. Und wenn man (der Regelfall) gegen den Willen Gottes agiert, was nützte es einem alles wäre vergeben (z.'B. durch das Kreuz) und man würde sich in einem Reich, in dem alles nach dem Willen Gottes sich orientiert, lebt und man sich dort gar nicht wohlfühlen könnte wegen der inneren Widersprüche, die dabei zum Vorschein kommen würden.
Entweder der Glaube beinhaltet ein aktiv gestaltetes neues Leben, eine völlige Umorientierung des Einzelnen, oder es wird "unlogisch".
Allversöhnung ist auch nicht zwingend "Werksgerechtigkeit" (sie kann so verstanden werden, wie auch der übliche kirchenchristliche Glaube).
Denn alles ist Gnade Gottes. Auch die Möglichkeit zu Selbstveränderung. Diese Möglichkeit wird allerdings in den Allversöhnungslehren nicht mit dem Tod ausgeschlossen als letztes Ultimatum. (Warum sollte die Gnade Gottes begrenzt sein?)
In den Allversöhnungslehren kann es nur sehr lange dauern, Äon über Äon, bis ein ganz Widerspenstiger den rechten Weg findet mit Gottes Hilfe sich selbst zu ändern. Karrikiert könnte man plakativ sagen: der einzige substantielle Unterschied zwischen AV und kirchenchristlicher Lehre ist der Wegfall des "Ultimatums" mit dem Tod. Wobei es nicht leichter sein dürfte nach dem Tod wie vor dem Tod in diesem Leben. Deswegen könnte es sehr, sehr lange dauern mit der "Allversöhnung".
Allerdings sticht sich die Allversöhnung mit DEM Verständnis vom Kreuz, bei dem Jesus stellvertretend für unsere Sünden unsere Strafe auf sich genommen hätte und man damit schlagartig in den Himmel käme. (Es gibt auch andere "Verständnisse"!)
Ich persönlich denke, dass es absolut nicht logisch wäre, das der im Wesen unbegrenzte Gott auf einmal ein Ultimatum setzt, nach dem seine Gnade schlagartig endlich wird. Allerdings gilt auch das Unangenehme in der Allversöhnung: Man erntet, was man vorher gesät hat (soweit nicht durch Gnade Gottes erlassen).

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Andreas
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#344 Re: Ist der Mensch im Reich Gottes noch ein Mensch?

Beitrag von Andreas » Di 29. Sep 2015, 17:59

Rembremerding hat geschrieben:Eigentlich alles ...
Das bringt mich jetzt im Erkennen meiner logischen Fehler nicht viel weiter. Deine Antwort lässt vermuten, dass wenig Interesse besteht das mit Argumenten zu unterfüttern.

Ich hab grad den Allversöhnungsthread gefunden. Der hat immerhin 82 Seiten. Derzeit war ich wohl auf Foren-Urlaub, jedenfalls kann ich mich nicht daran erinnern. Mal sehen, möglicherweise habe ich da selbst mitgeschrieben. Vielleicht finde ich da aufschlussreichere Antworten.

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#345 Re: Ist der Mensch im Reich Gottes noch ein Mensch?

Beitrag von Rembremerding » Di 29. Sep 2015, 18:43

Andreas hat geschrieben: Das bringt mich jetzt im Erkennen meiner logischen Fehler nicht viel weiter. Deine Antwort lässt vermuten, dass wenig Interesse besteht das mit Argumenten zu unterfüttern.

Richtig, ich weiß, es ist auch ein Thema, über das ich nicht mehr mit Christen in Foren diskutiere. Du hast Deinen Weg gefunden, ich den meinen. Du (davon gehe ich aus :) ), wie ich, plappern nicht nach oder wollen uns "wohlfühlen", sondern haben überlegt, meditiert, Gott gefragt, sein Wort gelesen und Antworten bekommen. Danken wir ihm gemeinsam dafür, dass er uns führt und liebt und wir ihn Vater nennen dürfen.
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Andreas
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#346 Re: Ist der Mensch im Reich Gottes noch ein Mensch?

Beitrag von Andreas » Di 29. Sep 2015, 18:50

So machen wirs.

Gottes Segen. :Herz:

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#347 Re: Ist der Mensch im Reich Gottes noch ein Mensch?

Beitrag von Novas » Mi 30. Sep 2015, 04:36

Rembremerding hat geschrieben:Siehst Du, und weil ich daran glaube, deshalb brauche ich keine Allversöhnung. Wozu benötigst sie also Du?

Die entscheidende Frage ist doch: wie kann die vollkommene Liebe irgendjemanden dauerhaft ausschließen? :)

Zum Schluss noch einmal zurück zum "Ochs- oder Esel"-Votum: Ist nicht jeder, der für die Allversöhnung plädiert, deswegen ein Esel, weil er im Grundsatz Gottes letztes Urteil vorwegzunehmen wagt?

Irrtum: Dasselbe Verdikt würde erstens gegenüber den Vertretern der Höllenlehre gelten - sie wä­ren dann wirklich allesamt Ochsen! Und zweitens lässt es sich in einem weiteren Sinn auch auf die Unentschiedenen beziehen: Sie nämlich - so kann man heilsgeschichtlich argumentieren - nehmen ihrerseits Gottes Endurteil nicht ernst, das ja in Person und Werk Jesu Christi längst ergangen ist. Dem dreieinen Gott die Ehre geben heißt von daher: den kommenden Sieg seiner Liebe über alles von ihm Geschaffene annehmen – und ihn verkündigen!

Der Bezeugung des Evangeliums ist es dienlich, den furchtbaren Verdacht theologisch auszuräumen, Gott könne von seinem Wesen her eine Art ewiges "KZ" veranstalten. Welch unsäglichen Folgen für eine verfinsterte Frömmigkeit(s­geschichte) in­des die Annahme einer ewigen Hölle hatte, hat J. Christine Janowski in ihren beiden Bänden Allerlösung. Annäherungen an eine entdualisierte Eschatologie (2000) eindrücklich aufgezeigt. Die Unvereinbarkeit ewiger Höllenqualen mit dem Glauben an den Vater Jesu Christi liegt derart klar am Tage, dass eine schließliche Versöhnung aller Dinge durch und mit Gott nicht nur ohne Scheu zu hoffen, sondern auch zu lehren als Gebot theologischer Vernunft gelten kann. Denn Gott "hat alle beschlossen unter den Unglauben, auf dass er sich aller erbarme" (Römer 11,32).
http://www.zeitzeichen.net/religion-kirche/2010/hoelle/

Novas
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#348 Re: Ist der Mensch im Reich Gottes noch ein Mensch?

Beitrag von Novas » Mi 30. Sep 2015, 07:47

Andreas hat geschrieben:Das bringt mich jetzt im Erkennen meiner logischen Fehler nicht viel weiter

Ist Dir bekannt,dass sogar ein Verdammungsedikt gegen die Vertreter der Apokatastasis (Allversöhnungslehre) erlassen wurde? Oder besser gesagt: man hat einen Bannfluch ausgesprochen.

Novas
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#349 Re: Ist der Mensch im Reich Gottes noch ein Mensch?

Beitrag von Novas » Mi 30. Sep 2015, 08:12

Rembremerding hat geschrieben:Aber seis drum, dem Zeitgeist passt die Allversöhnung.

Oder - eine andere Möglichkeit - die Idee ist wirklich überzeugend.

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Magdalena61
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#350 Re: Ist der Mensch im Reich Gottes noch ein Mensch?

Beitrag von Magdalena61 » Mi 30. Sep 2015, 13:05

Naqual hat geschrieben:
Magdalena61 hat geschrieben:Wenn der Mensch seine Identität als eigenständige Person verlieren würde, nicht mehr sündigen und keine negativen Gefühle mehr empfinden KÖNNTE, dann würde etwas Wesentliches fehlen, das ihn als Individuum kennzeichnet. Er würde sich nicht mehr wiedererkennen.
Deshalb denke ich: Er KANN all das noch, er KANN sündigen oder negative Gefühle hegen, er kann sich auch von Gott abgrenzen, aber er WILL oder BRAUCHT das alles nicht mehr.

Wir sind ja in einem extrem spekulativen Gebiet gelandet. Auch die Bibel redet wenig darüber (1. Joh 3,2: es ist aber noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden).
Das Problem sehe ich darin, dass Du einen für mich durchaus verständlichen Wunsch äußert.
Wunschdenken möchte ich eigentlich nicht praktizieren. Meine Gedanken sind der Versuch, die mich umgebende Realität der Welt mit den Fragmenten, die man in der Bibel über das Jenseits findet, irgendwie auf vernünftige Weise zu kombinieren.

Dieser krasse Schnitt, der allgemein geglaubt wird: "Auf Erden bin und bleibe ich- unfreiwillig- Sünder, genüge absolut nicht den Maßstäben eines heiligen Gottes, deswegen kann ich Ihn auch nicht sehen und nur inkognito, also in Christus Jesus, Kontakt haben zum Vater" und dann: "Nach Tod und Auferstehung soll ich plötzlich so eine Art fehlerlose Heilige sein, geschlechtsneutral, immer gut drauf, so eine Art Marionette ohne eigene Interessen, also: eine völlig andere Person", und dazu die Menge der Unerlösten: "Verachtet, verdammt, immer noch Sünder, irreversibel und zwanghaft, da nicht mehr veränderungsfähig, von Gott verlassen, einander ausgeliefert, Heulen und Zähneklappern"--- ?

Das ist eine sehr einfache Illustration, die mehr Fragen aufwirft als sie Antworten enthält. Und WO sollen die dann alle sein, physisch?

Die Bildersprache kann ich leider nicht zufriedenstellend entschlüsseln.

Eine Stadt des Friedens für die Glücklichen, und direkt davor eine endlose Wüste der Verzweiflung für die Pechvögel oder: Ab ins Krematorium, weg damit!... (und das auch noch, nachdem das Erste vergangen ist und kein Leid und kein Geschrei mehr sein soll, aber in Offb. 22 stehen sie VOR den Stadttoren und dürfen nicht rein Offb. 22, 14-15)?

Eine solche Anordnung wie oben beschrieben kann ich mir aber wirklich nicht vorstellen. Was soll das für eine "Freude" sein, wenn die Erlösten die Qual der Unerlösten beobachten müssen? Kein Mensch, der auch nur ein bißchen Herz hat, kann so etwas wollen.

Foertsetzung folgt
God bless you all for what you all have done for me.

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