Ist der Mensch im Reich Gottes noch ein Mensch?

Nichtchristen sind willkommen, wir bitten aber darum, in diesem Forum keine Bibel- und Glaubenskritik zu üben.
Benutzeravatar
Mez
Beiträge: 330
Registriert: So 9. Mär 2014, 23:25

#81 Re: Ist der Mensch im Reich Gottes noch ein Mensch?

Beitrag von Mez » Sa 19. Sep 2015, 18:54

ThomasM hat geschrieben:
Mez hat geschrieben:
Mez hat geschrieben: Der Wunsch dass es im Jenseits weitergeht ist für viele zwar eine schöne Vorstellung, aber ziemlich warscheinlich wird dies ein frommer Wunsch bleiben.
Ist es denn wahrscheinlich, dass es Gott gibt, wenn du in der Lage bist, mit ihm zu reden und Antworten bekommst?
Der Glaube, dass es Gerechtigkeit gibt, die jenseits der menschlichen Gerechtigkeit liegt. Dass es ein Heil gibt, das jenseits des Heils liegt, das Menschen schaffen können. Und dass es ein Leben gibt, das jenseits des uns bekannten Lebens liegt, all das sind Gegenstände des Glaubens die dann ernsthaft werden, wenn man merkt, dass Gott da ist.
Ich kenne das "Wie" nicht (und ich kenne ziemlich viel über das Wie in unserem Universum), ich verstehe Gott in vielen Details nicht. Aber ich lasse mich gerne und freudig mit der Auferstehung überraschen. Wie sagte ein berühmter Atheist "Wenn die Atheisten Recht haben, werden wir es niemals erfahren"

Mez hat geschrieben: Ach ja noch eine neugierige Frage, warum gerade ohne Sexualorgane? Will man hiermit wieder verdeutlichen, dass Sex nur als reine Fortpflanzung dient und alles was darüber hinaus geht pure Sünde ist?
Nein, ich sehe das als einfache Antwort auf ein logisches Problem.
In unserer Welt gibt es eine Entwicklung, ständige Änderungen, weil durch Geburt ständig junge Menschen entstehen, die Altes in Frage stellen und Neues ausprobieren. Damit so etwas funktioniert, muss es Tod geben, müssen die Alten Platz machen.

In einer Welt, in der es keinen Tod mehr gibt, kann es damit zwangläufig auch keine Geburt mehr geben. Das sagt Jesus in dem zitierten Text.
Aber vielleicht bin ich ja zu pessimistisch. Vielleicht wird es Sex dann doch noch geben. Aber eben nur just for fun.


Hallo Thomas,
erst mal danke für deine Antwort, welche nicht gespickt ist mit unglaubwürdigen Erklärungsversuchen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass es Gott gibt, wenn man wirklich in der Lage ist mit ihm zu kommunizieren ist natürlich gegeben.
Es gibt viele Religionen auf diesen Planeten, wo Menschen mit ihren Gott kommunizieren, dass lässt entwedeer den Schluss zu, dass
es pure Einbildung ist, oder dass es ein Gott ist der konfessionslos ist. Somit sollten alle Religionsgemeinschaften ihr Patent auf den wahren Gott
zurückgeben. Gleichzeitig würden aber alle religiösen Schriften wertlos.
Die Wahrscheinlichkeit dass es Gott nicht gibt, ist unter diesen Umständen welche wir sie heute auf dieser Erde haben ebenfalls gegeben.

LG
Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben.

SilverBullet
Beiträge: 2414
Registriert: Mo 17. Aug 2015, 19:04

#82 Re: Ist der Mensch im Reich Gottes noch ein Mensch?

Beitrag von SilverBullet » Sa 19. Sep 2015, 19:43

ThomasM hat geschrieben:Ist es denn wahrscheinlich, dass es Gott gibt, wenn du in der Lage bist, mit ihm zu reden und Antworten bekommst?
Ich finde es interessant, dass du das so darstellst.

Wenn ich deinen Beitrag richtig deute, bist du in der Lage die Welt aus einer analytischen Sichtweise heraus, möglichst exakt zu beschreiben.

Du sagst, du kennst das „wie“ nicht, wenn es um Vorkommnisse im „Jenseits“ geht.

Das ist kein Problem, mich interessiert die obige Kommunikation, aus der du die Frage nach der Wahrscheinlichkeit ableitest. Ich vermute, du bewertest die Wahrscheinlichkeit mit 100%.

Ich interessiere mich sehr für das Gehirn und das „Bewusstsein“.
Eine derartige Kommunikation, wie du sie andeutest, wäre ein aussergewöhnlicher Bewusstseinsvorgang (sofern es sich rein im Bewusstsein abspielt) – sozusagen eine Kommunikation ohne sensorische Eingangsdaten und ohne Einsatz der Motoneuronen.

Kannst du beschreiben, wie das abläuft und welche Hintergründe/Zusammenhänge du als eindeutig aussagekräftig identifizierst?

(ich werde versuchen, deine Antwort nicht zu beurteilen – ich verstehe, dass dieser Themenabschnitt eine Art „geschützter Bereich“ sein soll)

Rembremerding
Beiträge: 2984
Registriert: So 18. Aug 2013, 16:16

#83 Re: Ist der Mensch im Reich Gottes noch ein Mensch?

Beitrag von Rembremerding » Sa 19. Sep 2015, 20:01

Savonlinna hat geschrieben:
Wenn jemand in einem kranken und vielleicht entstellten und verzweifelten Menschen dessen geistige Kraft, dessen Schönheit plötzlich erkennt, die ganz besondere und individduelle Art der geistigen Kraft dieses Menschen, trotz seiner Misere: dann ist das Eros, der das erkennt. Denn man spürt eben plötzlich eine Begeisterung darüber.
Ich denke, du ziehst hier den philosophischen Bezug des Eros heran, dann hast Du recht. Ich meine jedoch die abendländische Klassifizierung von Liebe, die den Eros als begehren, als sinnlich-erotische Beziehung und als Wunsch des Geliebt-werdens betracht.
Man muss unterscheiden, ob Liebe im Gefühl oder im Geist und damit im Willen und Wollen wirksam ist. Dein oben zitiertes Beispiel zeigt etwas auf, was nicht dem sinnlichen Eros entspricht, sondern eben einer Be-geist-erung. Hier wirkt der Geist im Geist, da mag manchmal das Gefühl nein sagen, aber der Wille stimmt dieser be-geist-erten Liebe zu. Tatsächlich ist diese Auffassung, dass einer Liebe zugestimmt werden kann, und manchmal auch muss, in der heutigen Zeit kaum mehr vorzufinden. Allzu oft wird Liebe ausschließlich im Bereich der Gefühle angesiedelt.
Gottlose wissen hier von einem Altruismus im Sinne Spinozas, der Affekt mithilfe von Vernunft zu beherrschen weiß. Hier ist es also ein intellektueller, aber unbedingter Altruismus.

Dieser Eros im philosophischen Sinn muss aber davon getrennt werden. Eine Leidenschaft nach Erkenntnis und ein "brennen" für den Nächsten und für Gott ist zunächst ein rein geistiges Ergriffen-sein. Dazu muss zuvor die Liebe eine Grundhaltung im Menschen eingenommen haben, Liebe benötigt dann kein Objekt oder Menschen mehr, um wirken zu können. Meister Eckhart spricht deshalb auch von einer objektlosen Liebe. Der Mensch wird offen hin zum universalen (für Gläubige: hin zu Gott). In diesem Kontext dient der Eros (der philosophische Eros) als brennen des menschlichen Geistes für die Liebe (für Gläubige: Gott, hl. Geist). Der Eros ist dann die Flamme, der Geist Gottes jedoch das Feuer, das den menschlichen Geist entzündet.


Servus :wave:
Dieser katholische User ist hier dauerhaft inaktiv

ThomasM
Beiträge: 5866
Registriert: Mo 20. Mai 2013, 19:43

#84 Re: Ist der Mensch im Reich Gottes noch ein Mensch?

Beitrag von ThomasM » Sa 19. Sep 2015, 20:15

Mez hat geschrieben: Es gibt viele Religionen auf diesen Planeten, wo Menschen mit ihren Gott kommunizieren, dass lässt entwedeer den Schluss zu, dass
es pure Einbildung ist, oder dass es ein Gott ist der konfessionslos ist. Somit sollten alle Religionsgemeinschaften ihr Patent auf den wahren Gott
zurückgeben. Gleichzeitig würden aber alle religiösen Schriften wertlos.
Ich sehe das Phänomen der vielen Religionen mit der schlechten Wahrnehmungsfähigkeit der Menschen. Sie sehen Gott nicht klar und mischen zu viel ihres Egoismus herein.

Aber wenn Gott alle erschaffen hat, dann ist er auch der Gott für alle. Dann sollte ihm egal sein, in welcher Form man ihn verehrt. Wichtig sind die Grundprinzipien der Liebe, der Hilfsbereitschaft, der Demut.
Aber wie Menschen eben so sind, ist die Versuchung, sich Gott auf die eigene Seite zu holen, um das zu vertreten, was man selber will, sehr groß. In allen Religionen. Daher ist eine Religion auch immer von allen möglichen kulturellen und gesellschaftlichen Einstellungen durchdrungen. Auch das Christentum. Manches pflege ich selber, weil ich eben im westlichen Umfeld lebe, aber ich halte es nicht für einen entscheidenen Bestandteil des Glaubens.

Die religiösen Schriften sind nicht wertlos. Es sind interessante und wichtige Erkenntnisse unserer Väter, in denen wir viel für uns entdecken können. Falsch liegen nur die, die diese für in irgend einer Weise "heilig" halten. Gott ist heilig, nicht die Schriften.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

ThomasM
Beiträge: 5866
Registriert: Mo 20. Mai 2013, 19:43

#85 Re: Ist der Mensch im Reich Gottes noch ein Mensch?

Beitrag von ThomasM » Sa 19. Sep 2015, 20:39

SilverBullet hat geschrieben: Ich interessiere mich sehr für das Gehirn und das „Bewusstsein“.
Eine derartige Kommunikation, wie du sie andeutest, wäre ein aussergewöhnlicher Bewusstseinsvorgang (sofern es sich rein im Bewusstsein abspielt) – sozusagen eine Kommunikation ohne sensorische Eingangsdaten und ohne Einsatz der Motoneuronen.

Kannst du beschreiben, wie das abläuft und welche Hintergründe/Zusammenhänge du als eindeutig aussagekräftig identifizierst?
Ich komme bei solchen Fragen lieber von der anderen Seite und frage zuerst, was wir denn tatsächlich wissen.

- Wir wissen, dass jeder Denkvorgang, jede Aktivität unseres Bewusstseins oder auch unseres Unterbewusstseins mit Vorgängen im Gehirn verknüpft sind.
- Wir wissen, dass bestimmte Gedanken, Vorgänge oder Aktionen mit besonderen Bereichen im Gehirn verbunden sind.
- Wir kennen viele Beispiele von Reaktionsketten im Gehirn, wo ein initiales Ereignis (z.B. ein sensorischer Input) etwas auslöst.
- Wir kennen aber auch viele Reaktionsketten im Gehirn, in denen es keinen erkennbaren Auslöser gibt (z.B. plötzliche Ideen, Visionen, Träumereien)

Was wir nicht wissen, ist, wie jeder einzelne Gedanke zustande kommt. Manche Reaktionsketten verlieren sich bei dem Versuch, ihren Ursprung festzustellen im statistischen Nichts. Eine klare Zuordnung, was der jeweilige Mensch nun gerade denkt, anhand der Messungen im Gehirn, können wir nicht machen.

So weit der Stand heute.

Wenn man das jetzt auf das projiziert, was möglich ist und was nicht, gehen die Naturalisten davon aus, dass wir mit besseren Messmethoden einstmals jede Kette an ihren Ursprung verfolgen können (und damit wissen, woher Ideen kommen oder so) und auch alleine durch Messungen im Gehirn feststellen können, was jemand denkt/fühlt/vorhat usw.

Ich denke das nicht. Das liegt nicht primär an meinem Glauben, sondern eher an dem, was ich in der Physik gelernt habe. Die Natur ist in ihren Grundfesten statistisch, klare Vorhersagen sind meist nicht möglich. Ich bin sicher, dass das auch für das Gehirn gilt.
Damit "verbirgt" sich das Bewusstsein hinter einem statistischen Schleier. Wir können den Ursprung einer Reaktionskette meist nicht feststellen, das Ablesen von Gedanken wird beschränkt durch statistische Fluktuationen. Nicht nur heute, sondern auch mit beliebig guten Messmethoden.

Das beweist nicht die Existenz eines Jenseits. Aber es öffnet den Glauben an ein Jenseits.
In so einem Glauben würde ich nun die Antwort formulieren:
Wenn Gott mit uns redet, wenn er Einfluss auf uns (oder die Natur) hat, dann geschieht das so, dass wir auf unserer Seite der Gleichung statistische Schwankungen sehen. Und so kann es kommen, dass "zufällig" ein Neuron umkippt, das eine Idee auslöst. Oder eine Aktion oder ein Gefühl oder eine Sicherheit, die man vorher nicht hatte. Oder das Empfinden, einer mächtigen Größe nahe zu sein, die man Gott nennen könnte.
Wie das vor sich geht, weiß ich nicht.
Aber ich weiß, dass es vor sich geht.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

Hemul
Beiträge: 19835
Registriert: So 21. Apr 2013, 11:57

#86 Re: Ist der Mensch im Reich Gottes noch ein Mensch?

Beitrag von Hemul » Sa 19. Sep 2015, 21:01

Samantha hat geschrieben:
Ziska hat geschrieben:Noch ist Zeit.
Apostelgeschichte 3:19 NEÜ "So ändert nun eure Einstellung und kehrt zu ihm um, damit der Herr eure Schuld auslöscht und die Zeit der Erholung anbrechen lässt;"
Die Gerichtsbotschaft wird noch nicht verbreitet...
Wie meinst Du das? Werden dann alle Menschen erfahren: jetzt seid ihr dran? :?
Nachdem die Menschen seit Jahrzehnten vor dem Gerichtstag Gottes gewarnt wurden-sind seine Botschaften mit Sicherheit kurz vor dem Ende noch direkter. Wie aus der Offenbarung ersichtlich werden diese von Gott kommenden Gerichts-Botschaften wie Hagelsteine einschlagen. Wer nicht blind durch die Gegenwart läuft wird zugeben müssen, dass wir gem. den Worten Jesu in Lukas 21:25-28 sehr kurz vor diesen Einschlägen stehen müssen:
Noch taufrisch:
http://www.msn.com/de-de/nachrichten/pa ... &ocid=iehp
25 "Zu dieser Zeit werden Zeichen an Sonne, Mond und Sternen Unheil verkünden. Die Menschen fürchten sich und wissen nicht mehr weiter, weil Sturmfluten und Katastrophen über sie hereinbrechen. 26 Ungewissheit und Angst treiben sie zur Verzweiflung. Sogar die Kräfte des Weltalls geraten durcheinander. 27 Doch dann werden alle Völker sehen, wie der Menschensohn in den Wolken mit großer Macht und Herrlichkeit kommt.
Kurz danach werden leider die meisten Menschen dann zu folgender traurigen Erkenntnis
gelangen-die Gottes Prophet Jeremia wie folgt in Jeremia 8:20 aufzeigt:
20 »Die Ernte ist vorüber, der Sommer ist zu Ende, und wir sind nicht gerettet!
Mögen die Menschen momentan den Gott der Bibel verhöhnen u. seine Zeugen verspotten-er wird sich dann zu ihrem Nachteil vor ihren eigenen Augen gem. Hesekiel 38:23 wie folgt offenbaren:
23 So werde ich vor den Augen vieler Nationen meine Größe und Heiligkeit zeigen, damit sie erkennen, dass ich bin, der ich bin - Jahwe!"
Zuletzt geändert von Hemul am Sa 19. Sep 2015, 23:30, insgesamt 3-mal geändert.
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

Benutzeravatar
Savonlinna
Beiträge: 4300
Registriert: So 2. Nov 2014, 23:19

#87 Re: Ist der Mensch im Reich Gottes noch ein Mensch?

Beitrag von Savonlinna » Sa 19. Sep 2015, 21:47

Rembremerding hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: Wenn jemand in einem kranken und vielleicht entstellten und verzweifelten Menschen dessen geistige Kraft, dessen Schönheit plötzlich erkennt, die ganz besondere und individduelle Art der geistigen Kraft dieses Menschen, trotz seiner Misere: dann ist das Eros, der das erkennt. Denn man spürt eben plötzlich eine Begeisterung darüber.
Ich denke, du ziehst hier den philosophischen Bezug des Eros heran, dann hast Du recht.

Ehrlich gesagt, entspringt das von mir Gesagte eher Selbstbeobachtetem, und mir ist dann ein Begriff vor die Füße geweht worden, der das ausdrückte, eben das Wort "Eros": in Thomas Manns Novelle "Der Tod in Venedig", war es, glaube ich, zuerst. Dort allerdings ist dann auch Plato als Philosoph erwähnt; aber mein Punkt war, durch die Erzählung einiges in mir besser verstehen zu können.


Rembremerding hat geschrieben: Man muss unterscheiden, ob Liebe im Gefühl oder im Geist und damit im Willen und Wollen wirksam ist. Dein oben zitiertes Beispiel zeigt etwas auf, was nicht dem sinnlichen Eros entspricht, sondern eben einer Be-geist-erung.
Ich kann so scharf zwischen Geist und Gefühl nicht trennen wie Du, bzw. wie es aussieht, dass Du es tust.
Eine Begeisterung ist immer auch Gefühl. Geistige Liebe aktiviert immer den ganzen Menschen, und sie kann sogar brennende Leidenschaft wecken.

Aber, und das ist vielleicht schwer zu erklären: die Sehnsucht, die hinter diesem Geschehen steht - und die ich als Eros bezeichne -, zielt nicht eigentlich auf brennende Leidenschaft, auf "Habenwollen", auch wenn es dahin führt oft, so wie auch im "Tod in Venedig".
Aber die Kraft des Eros, die macht, dass einem mit einem Mal die "unantastbare" Schönheit eines Sterbenden entgegenschlägt, in seinem wahrhaftigen Ausdruck, wo keine Gebärde mehr lügen kann - es ist die gleiche, die einen erschrecken lässt, wenn man einem unglaublich schönen Menschengesicht begegnet, und ist auch die gleiche, wenn man sich an ein Foto verliert, wo lauter Mücken über einen Tümpel laufen.

Die Erotik - vielleicht ist das mein Punkt - macht, dass man fast mit dem verschmilzt, was man betrachtet, sich an ihm verliert. Man erweitert sich um das Betrachtete, es ist in mich hineingefallen und bleibt da wahrscheinlich auch bis an mein Lebensende.
Es ist beides, Rem: man lässt es in sich ein, und man gibt sich ihm hin.

Tolkien nennt das "Verzauberung", und das ist wohl das, was ich meine. Nur "Verzauberte" können das "Anderland" betreten, nach Tolkiens mythischer Sprache.


Rembremerding hat geschrieben:Dieser Eros im philosophischen Sinn muss aber davon getrennt werden. Eine Leidenschaft nach Erkenntnis und ein "brennen" für den Nächsten und für Gott ist zunächst ein rein geistiges Ergriffen-sein.

Ich bin mir nicht sicher, ob wir das Gleiche meinen.
Die Schwierigkeit ist, dass dieses Ergriffensein von diesem oder jenem, wenn dieser oder jener ein Mensch ist, sich zu leicht in ein unartikuliertes "Habenwollen" verwandeln kann.

Das ist aber nicht der Kern. Der Kern ist für mich: jeder Mensch strebt, bewusst oder unbewusst, danach, von allem verzaubert zu sein, alles lieben zu können, ohne es zu begehren, ohne es begehren zu müssen.
Das ist ein Blick auf die Welt, der, würde er ausnahmslos gelingen, vermutlich Satori, Erleuchtung, zur Folge hätte.
In christlicher Sprache vermutlich: das Betreten des Reiches Gottes.

Ich glaube, dass dieses Ziel letztlich hinter jedem Begehren steht.
Ich hab mal, weil ich das Meer so leidenschaftlich liebe, als Kind versucht, während ich im Wasser stand, das Meer zu umarmen. Ja, Pustekuchen. Es ließ sich nicht umarmen, ich konnnte das Wasser nicht fassen und an mich ziehen, ich hab praktisch nur mich selbst umarmt.

Diese Ohnmacht dem Geliebten gegenüber, das einem entweicht, wenn man es in seiner Gänze haben möchte, scheint mir zur Grundstruktur der Liebe zu gehören, zu ALLEN Formen der Liebe.

Daraus kann Melancholie entstehen, aber auch der Antrieb, es dann doch voll in sich aufnehmen zu können, wenn man diese Leidenschaft, dessen Ziel letztlich gar nicht klar ist - ich glaube nicht, dass das Ziel die körperliche Liebe selber ist -, endlich einmal in etwas anderes verwandeln kann.
Mit anderen Worten: die Leidenschaft rennt immer ins Vergebliche, selbst wenn man den Gegenstand in den Besitz bekommt.


Rembremerding hat geschrieben:Dazu muss zuvor die Liebe eine Grundhaltung im Menschen eingenommen haben, Liebe benötigt dann kein Objekt oder Menschen mehr, um wirken zu können. Meister Eckhart spricht deshalb auch von einer objektlosen Liebe. Der Mensch wird offen hin zum universalen (für Gläubige: hin zu Gott).

Hier allerdings muss ich aussteigen. Wenn es nicht mehr um Menschen und Dinge und Geschehnisse gibt, bricht für mich der Sinn von Liebe zusammen.

Wozu will ein Gott dermaßen geliebt werden, dass man gar keine Menschen mehr braucht, mit denen man sich austauscht?
Gott als Metapher für alle unterirdisch miteinander verbundenen Menschen, deren Verbundenheit etwas produziert, was der Einzelne nicht erfassen und ausloten, manches aber ahnen kann - das kann ich für mich übersetzen.
Aber jetzt Gott als irgendetwas Universales zu verstehen, wo es dann gar nicht mehr um Mensch und Welt geht, sondern um Anbetung und Niederknieen vor einem Riesen-Über-Ich, wofür man sich an den Menschen mittels Nächstenliebe lediglich vortrainiert:
das ist mir zu abstrus.
Und ich denke, dass nicht jeder Christ so denkt.

SilverBullet
Beiträge: 2414
Registriert: Mo 17. Aug 2015, 19:04

#88 Re: Ist der Mensch im Reich Gottes noch ein Mensch?

Beitrag von SilverBullet » Sa 19. Sep 2015, 22:11

@ThomasM
Ich weiss nicht, wie weit ich darauf eingehen darf (deine Antwort enthält einen sehr starken Bezug zum Gehirn, da juckt es mich sehr).
Wie gesagt, verstehe ich das hier als eine Art besonderer Religions-Bereich (vielleicht könnte ein Moderator diese Unterhaltung verschieben).

Deshalb nur ganz oberflächlich:

Die Beschreibung des heutigen Standes teile ich nicht.
Ich konzentriere mich auf das Wesentliche:
Ideen, Visionen und Träumereien entstehen im gesunden Gehirn nicht aus dem reinen Nichts heraus – mir ist dazu keine Studie/Untersuchung bekannt (für Überraschungen bin ich aber offen – ich würde dies als Verbesserung meiner Wahrnehmung ansehen).

Es wäre fatal, wenn Teile eines neuronalen Netzes plötzlich unkoordiniert aktiv werden würden bzw. vermutlich kennen wir dies in Form von Krankheiten (z.B. wenn die neuronale Umgebung, also die Gliazellen die Neuronen-„Aktivität/Erholung“ nicht ausreichend „formen“).

Du sagst „die Natur ist in ihren Grundfesten statistisch“:
Physikalisch (Quanten) vermutlich ja (da mische ich mich nicht ein), aber Datenvearbeitungstechnisch in der Auflösung von elektrischen Impulsen und dem neuronalen Netz im Gehirn?

Du sagst:
(ich hoffe diese Verkürzung trifft weiterhin den Sinn deines Beitrages)
„Und so kann es kommen, dass "zufällig" ein Neuron umkippt“
„…“
„Wie das vor sich geht, weiß ich nicht.“
„Aber ich weiß, dass es vor sich geht.“

So deutest du den Zusammenhang zu Ideen/Visionen/Träumereien, aber du hast es nie beobachtet und du kennst niemanden der das offiziell nachgewiesen hat?
(Es gibt Lebewesen, die ein, zwei Neuronen als komplettes Sinnesorgan haben. Reagieren diese Lebewesen im gesunden Zustand manchmal ohne Anlass so, als würden sie etwas wahrnehmen?)

Du hast offensichtlich ein physikalisches Verständnis.
Bei deinen Überlegungen geht es um eine unbekannte Form des Abgreifens von elektrischen Impulsen/Aktivität und eine unbekannte Form des Einwirkens auf elektrische Impulse/Aktivität.
Welchen „Grad an Sensation“ hätte der Beweis dieses Umstandes (also in der Grössenordnung eines Neurons) innerhalb der Naturwissenschaft?

Du weisst, dass die „Quantenwelt“ eine andere Dimension betrifft?
(ich habe es so verstanden: das Einwirken von Quantenzusammenhängen auf Neuronenaktivität ist ungefähr so, wie wenn ich mit dem Fuss aufstampfe, um die Erde aus der Bahn zu bringen – ich habe es gerade gemacht)

(schweren Herzens verkneife ich mir die Frage, was „Gott“ sein soll, so dass diese Handlungsvermutungen erfüllt werden können)

Rembremerding
Beiträge: 2984
Registriert: So 18. Aug 2013, 16:16

#89 Re: Ist der Mensch im Reich Gottes noch ein Mensch?

Beitrag von Rembremerding » Sa 19. Sep 2015, 23:16

Savonlinna hat geschrieben: Eine Begeisterung ist immer auch Gefühl. Geistige Liebe aktiviert immer den ganzen Menschen, und sie kann sogar brennende Leidenschaft wecken.
Das Entscheidende hier ist: Was war zuerst da, die Be-geist-erung, die ein Gefühl hervorruft oder das Gefühl, die zur Begeisterung führt? Es geschieht oft, dass man etwas belangloses bei näherer Betrachtung plötzlich als interessant, dann voll Schönheit und Würde erkennt. Hier spreche ich vom Geist, der zum Geist spricht, wenn aus dem Wegschauen Ansehen wird, besonders hin zum Nächsten.
Aber die Kraft des Eros, die macht, dass einem mit einem Mal die "unantastbare" Schönheit eines Sterbenden entgegenschlägt, in seinem wahrhaftigen Ausdruck, wo keine Gebärde mehr lügen kann - es ist die gleiche, die einen erschrecken lässt, wenn man einem unglaublich schönen Menschengesicht begegnet, und ist auch die gleiche, wenn man sich an ein Foto verliert, wo lauter Mücken über einen Tümpel laufen.
Vielleicht ist es dir nicht bewusst, aber du verbleibst im und beschreibst den philosophischen Eros, der in der griechischen Mythologie vom Gott Eros verkörpert und geschenkt wurde. Er war es, der be-geist-erte. Im religiösen Kontext meint es einen motivierenden Faktor bei der Wahrheitssuche. Ich übersetze in christliche Mystik: Im Gesicht eines Sterbenden, eines schönen Menschen, einer schönen Naturimpression, erkennt ein Gläubiger dahinter Gottes Wesen und Liebe (ja, auch bei einem Sterbenden). Gott ist die Wahrheit und die Liebe. Die Sehnsucht zu beiden ist in unser Herz gelegt, so erleben wir eine Leidenschaft, welche eben Leid schafft. Denn genauso erkennen wir unsere Getrenntheit von Wahrheit und Liebe. Und daher:
Die Erotik - vielleicht ist das mein Punkt - macht, dass man fast mit dem verschmilzt, was man betrachtet, sich an ihm verliert. Man erweitert sich um das Betrachtete, es ist in mich hineingefallen und bleibt da wahrscheinlich auch bis an mein Lebensende.
Es ist beides, Rem: man lässt es in sich ein, und man gibt sich ihm hin.
Die Sehnsucht (du gehst hier bis zum Wort Erotik) zur Wahrheit und Liebe lässt in uns diese Verschmelzung wünschen, aber es wird uns nie gelingen. Es bleibt beim "fast". Muss es auch, denn all das kann den Menschen letztendlich doch nicht befriedigen, be-frieden. Könnten wir unsere Sehnsucht in der Welt stillen, dann wäre dies das Ende aller Leidenschaft. Das drückst du damit aus:
Mit anderen Worten: die Leidenschaft rennt immer ins Vergebliche, selbst wenn man den Gegenstand in den Besitz bekommt.

Tolkien nennt das "Verzauberung", und das ist wohl das, was ich meine. Nur "Verzauberte" können das "Anderland" betreten, nach Tolkiens mythischer Sprache.
Um bei Sprache zu bleiben: "zauber" entstammt der indogerm. Wortwurzel *sei für binden (vgl. Zotte, Zopf). Was ist also die Sehnsucht sich binden zu lassen?
Das ist aber nicht der Kern. Der Kern ist für mich: jeder Mensch strebt, bewusst oder unbewusst, danach, von allem verzaubert zu sein, alles lieben zu können, ohne es zu begehren, ohne es begehren zu müssen.
Das ist ein Blick auf die Welt, der, würde er ausnahmslos gelingen, vermutlich Satori, Erleuchtung, zur Folge hätte.
In christlicher Sprache vermutlich: das Betreten des Reiches Gottes.
Und gelingt dies nicht erst dann, wenn man loslässt zu begehren, wie du schreibst? Genau dies ist jene Gelassenheit, die Meister Eckhart beschreibt. Achtsamkeit für alles und den Augenblick, aber zugleich loslassen davon. Deshalb ist das verwunderlich:
Wenn es nicht mehr um Menschen und Dinge und Geschehnisse gibt, bricht für mich der Sinn von Liebe zusammen.
Wozu will ein Gott dermaßen geliebt werden, dass man gar keine Menschen mehr braucht, mit denen man sich austauscht?
Aber jetzt Gott als irgendetwas Universales zu verstehen, wo es dann gar nicht mehr um Mensch und Welt geht, sondern um Anbetung und Niederknieen vor einem Riesen-Über-Ich, wofür man sich an den Menschen mittels Nächstenliebe lediglich vortrainiert:
das ist mir zu abstrus.
Wenn nicht mehr der Mensch, Dinge und Geschehnisse das Ziel der Liebe sind, sondern Gott im Menschen, den Dingen und den Geschehnissen, dann kann man sich doch erst vom Begehren befreien. Damit vergrößert sich aber im Gegenteil die Liebe. Denn sie ist nicht mehr von den Umständen abhängig. Man liebt den Menschen, die Dinge und Geschehnisse auch, obwohl sie aus menschlicher Sicht nicht liebenswert sind. Man steht aber in der Be-geist-erung Gottes, der Liebe in seinem Wesen. Der "Zauber" geht nun von Gott aus und nicht mehr von Anderen, Dingen, Geschehnissen oder einem selbst.
Es ist einfach be-fried-end, wenn man auch für etwas danken kann - und jemanden: als Gläubiger Gott. Das kann auch durch Niederknieen geschehen wegen einer wunderbaren Schönheit, in der sich Gott zeigt.
Dies ist ein Aspekt der christlichen Mystik.

Servus :wave:
Dieser katholische User ist hier dauerhaft inaktiv

Benutzeravatar
Andreas
Beiträge: 5147
Registriert: So 21. Apr 2013, 19:15

#90 Re: Ist der Mensch im Reich Gottes noch ein Mensch?

Beitrag von Andreas » Sa 19. Sep 2015, 23:43

Ich lausche einem sanften Regen auf willigen Blättern, ihr zwei Schönen ...

Antworten