Parusieverzögerung

Themen des Neuen Testaments
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sven23
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#1181 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von sven23 » So 10. Mai 2015, 10:08

Also noch mal:
Was hat sich Jesus dabei gedacht, als er folgenden Satz sagte?
Für diejenigen, die nicht glauben, daß der Satz von Jesus stammt: was haben sich die Bibelschreiber dabei gedacht?

(Mt 10,23): "Wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen, bis der Menschensohn kommt."

Dazu ergeben sich folgenden Fragen:

- Wie definiert man in diesem Zusammenhang "zu Ende kommen"?
- ist man bereits mit den Städten Israels zu Ende gekommen?
- wenn nein, wann gedenkt man zu Ende zu kommen?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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Münek
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#1182 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von Münek » So 10. Mai 2015, 10:27

closs hat geschrieben:Es macht einfach keinen Sinn, Zitate ohne eigene geistige Verankerung zu interpretieren.- Sonst kommt irgendein Salat raus - im schlimmsten Fall mit den irrsten Interpretationen. - *ratlos bin*

Widerspruch,

seriöse Exegese sollte sich im Gegenteil tunlichst davor hüten, höchstpersönliche Glaubens- und Wunschvorstellungen
in den auszulegenden Bibeltext "hineinzulesen" (Eisegese).

Dies ist auch ein Gebot der "intellektuellen Redlichkeit" (siehe Prof. Metzinger).

R.F.
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#1183 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von R.F. » So 10. Mai 2015, 10:31

Mal ein kurzer Qualitäts-Vergleich der Vorhersagen des Herrn Darwin und seinen Gläubigen mit denen des Neuen Testaments:

Da alle lebenden Formen die unmittelbaren Nachkommen derjenigen sind, die lange vor der kambrischen Epoche lebten, so können wir sicher sein, dass die regelmäßige Aufeinanderfolge der Geschlechter nie unterbrochen war und dass keine Sintflut die Erde verwüstete. Wir dürfen deshalb auch vertrauensvoll eine Zukunft von riesiger Dauer erhoffen.*)
*) Charles Darwin: Die Entstehung der Arten. Stuttgart 1963, S. 677.

Charly veröffentlichte seine Prophezeiung im Jahre 1859. Als entschiedener Gegner der Schrift konnte der arme Schlucker ja nicht wissen, was der Menschheit bevorsteht. So sahen er und seine intelligenten Mit-Denker denn weder den die Dramen des 20. Jahrhunderts auslösenden 1870/ 1871er-Krieg zwischen Deutschland und Frankreich voraus, und natürlich auch nicht den I. und II. Weltkrieg. Und schon gar nicht den schlimmsten, den dritten Weltkrieg, der einigen Beobachtern zufolge eben in Vorbereitung ist, wenn nicht gar bereits begonnen hat...

Über die drei Vorläufer-Kriege äußerte sich der Messias lediglich pauschal, den dritten Weltkrieg sagte er jedoch deutlich voraus...

closs
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#1184 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von closs » So 10. Mai 2015, 10:32

sven23 hat geschrieben:Wir sprechen hier aber von der Parusie
Eben - und wenn da einmal steht "Ich komme, bevor Ihr alle Städte Israels bereist" habt und woanders steht "Ich komme nicht, bevor alle Völker der Welt das Evangelium kennen", dann sind das zwei Aussagen zur Parusie, die sich zu widersprechen scheinen.

sven23 hat geschrieben:Dann mußt du die ganze Bibel ablehnen, denn sie ist ein einziges großes, oft zusammenhangloses, widersprüchlices Scrabble.
Wenn man damit umgeht, als wäre es Scrabble, dann sollte man sie wirklich besser ablehnen.

sven23 hat geschrieben:Im Grunde sagst du damit: was in der Bibel steht, darf man nicht so ernst nehmen
Nein - ich sage: Was in der Bibel steht, kann man nur ernst nehmen, wie es im gesamten geistigen Kontext angebracht erscheint.

sven23 hat geschrieben:Man darf dann nur das ernst nehmen, was ins eigene ideologische Konzept paßt.
Ergebnisoffenheit im Sinne einer geistigen Bindungslosigkeit ist ebenefalls ein eigenes ideologisches Konzept.

sven23 hat geschrieben: was haben sich die Bibelschreiber dabei gedacht?
Es klingt tatsächlich wie eine Naherwartung - "fangt mal an - ich komme zurück, bevor Ihr fertig seid". - Gedacht hat sich der hier zuständige Bibelschreiber wahrscheinlich, dass Jesus gesagt habe, er würde zu Lebzeiten kommen. (Ob es ganz andere Erklärungen gibt, weiss ich nicht)

Insofern wäre dies ein Indiz für Deine Hypothese, Jesus habe tatsächlich eine Naherwartung gehabt. - Historisch-kritisch gesehen ist das ja ok - es steht an dieser Stelle so da, wie es da steht.

So kann man alle Bibel-Verse durchgehen und müsste dann eigentlich fragen:
"Hm - da gibt es Zitate, die auf eine Wiederkunft Jesu innerhalb von Jahrzehnten hinweisen - andere Zitate beziehen sich auf Verklärung und Auferstehung - wieder andere Zitate sagen umgekehrt, dass viel passieren muss, was viele Völker betrifft, bevor Jesus wiederkommt - es gibt also offene Widersprüche, weil derselbe Jesus ja nicht einmal innerhalb von Jahrzehnten wiederkommen kann und ein andermal erst in fernen Zeiten. - Was hat das zu bedeuten? - Was sind die Kontexte der einzelnen Aussagen? - Was ist geistig gemeint, was ist materiell gemeint? - Haben die Bibelschreiber alles gecheckt, was Jesus gesagt hat? - etc."

Entweder die historisch-kritische Methode kann solche Fragestellungen leisten oder nicht - ich denke, sie kann es schon. - Dann wird sie aber zu differenzierten Urteilen kommen.

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#1185 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von Hemul » So 10. Mai 2015, 10:39

sven23 hat geschrieben:Also noch mal:
Was hat sich Jesus dabei gedacht, als er folgenden Satz sagte?

Für diejenigen, die nicht glauben, daß der Satz von Jesus stammt: was haben sich die Bibelschreiber dabei gedacht?
(Mt 10,23): "Wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen, bis der Menschensohn kommt."
Also noch einmal. Hatte ich Dir aber mit Hinweis auf das was Jesus in diesem Zusammenhang 5 Verse vorher nämlich in Vers 18 gesagt hatte schon aufgezeigt:
18 Man wird euch um meinetwillen vor Machthaber und Könige führen, und ihr sollt vor ihnen und vor allen Völkern meine Zeugen sein. 19 Wenn man euch vor Gericht stell, dann macht euch keine Sorgen, wie ihr reden und was ihr sagen sollt. Denn wenn es so weit ist, wird euch eingegeben, was ihr sagen müsst. 20 Nicht ihr seid es, die dann reden, sondern der Geist eures Vaters wird durch euch reden. 21 Menschen werden ihre nächsten Angehörigen dem Henker ausliefern: der Bruder den Bruder und der Vater sein Kind; und auch Kinder werden sich gegen ihre Eltern stellen und sie töten lassen. 22 Um meines Namens willen werdet ihr von allen Menschen gehasst werden. Wer aber bis ans Ende standhaft bleibt, wird gerettet. 23 Wenn man euch in der einen Stadt verfolgt, dann flieht in eine andere! Ich sage euch: Noch bevor ihr mit den Städten Israels zu Ende seid, wird der Menschensohn kommen.
Jesus dachte hier offensichtlich schon viel, viel weiter in die Zukunft. :wave:
Merke: Ob in Bayern-Schwaben-NRW oder Hessen, man sollte niemals den Kontext vergessen. ;) (oder vorsätzlich außen vor lassen) :thumbdown:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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#1186 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von sven23 » So 10. Mai 2015, 10:53

closs hat geschrieben:Eben - und wenn da einmal steht "Ich komme, bevor Ihr alle Städte Israels bereist" habt und woanders steht "Ich komme nicht, bevor alle Völker der Welt das Evangelium kennen", dann sind das zwei Aussagen zur Parusie, die sich zu widersprechen scheinen.
Nicht nur scheinen. Denn damit sind wir mal wieder endlich beim Thema Parusieverzögerung. Die Städte Israels deuten auf eine hoffnungvolle Naherwartung hin, die ganze Welt wurde dann nachgeschoben, als sich die Hoffnung zerschlagen hat.
Man hat seitens der Bibelschreiber neue, höhere Hürden aufgebaut, um die Suppe am köcheln zu halten.


closs hat geschrieben: Es klingt tatsächlich wie eine Naherwartung - "fangt mal an - ich komme zurück, bevor Ihr fertig seid". - Gedacht hat sich der hier zuständige Bibelschreiber wahrscheinlich, dass Jesus gesagt habe, er würde zu Lebzeiten kommen. (Ob es ganz andere Erklärungen gibt, weiss ich nicht)
Es klingt nicht nur so, es ist auch eine.

closs hat geschrieben: Insofern wäre dies ein Indiz für Deine Hypothese, Jesus habe tatsächlich eine Naherwartung gehabt. - Historisch-kritisch gesehen ist das ja ok - es steht an dieser Stelle so da, wie es da steht.
Richtig, das kann man nicht wegdiskutieren. Und wie schon gesagt, bestätigt Petrus indirekt diese Naherwartung. Das ist einer der stärksten Indizien, mehr noch als die Naherwartung durch Paulus, die er selbst später in die Verzögerung umformte.

closs hat geschrieben: Entweder die historisch-kritische Methode kann solche Fragestellungen leisten oder nicht - ich denke, sie kann es schon. - Dann wird sie aber zu differenzierten Urteilen kommen.
Sicher kann sie das. Deshalb kommt sie ja mehrheitlich zu dem Schluß, daß Jesus eine Naherwartung hatte.
Ideologie darf dabei keine Rolle spielen.
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#1187 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von R.F. » So 10. Mai 2015, 10:53

sven23 hat geschrieben: - - -
(Mt 10,23): "Wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen, bis der Menschensohn kommt."

Dazu ergeben sich folgenden Fragen:

- Wie definiert man in diesem Zusammenhang "zu Ende kommen"?
- ist man bereits mit den Städten Israels zu Ende gekommen?
- wenn nein, wann gedenkt man zu Ende zu kommen?
“Israel” sind nicht allein die “Juden”. Wo die Abkömmlinge der “zehn verlorenen Stämme” überall sitzen, ist nicht mit letzter Sicherheit bekannt.

Zum andern: Nur die Schrift selbst enthält die originäre Botschaft. Sollte diese aber eine Persönlichkeit von Rang und Namen öffentlich vertreten, wäre es um seine Sicherheit geschehen. So können die beiden im 11. Kapitel der Apokalypse vorgestellten Personen den Auftrag, die Menschheit vor den Folgen ihrer massiven Verfehlungen zu warnen, nur dank übernatürlichen Schutzes erfüllen.

Und zum Thema “Ende”empfehle ich: Nachrichten heftig verfolgen! Es soll vorkommen, dass dem einen oder anderen dabei ein Licht aufgeht. Also ran, auch wenn danach die Beinkleider flattern...

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#1188 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von sven23 » So 10. Mai 2015, 10:58

Hemul hat geschrieben:
18 Man wird euch um meinetwillen vor Machthaber und Könige führen, und ihr sollt vor ihnen und vor allen Völkern meine Zeugen sein.
Jesus war zu optimistisch, er dachte wohl, sein Jünger würden das noch zu ihren Lebzeiten schaffen. Er konnte ja nicht wissen, daß es noch Amerika, Australien usw. gab. Du darfst also nicht zu streng mit ihm sein. Irren ist menschlich. :lol:
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#1189 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von sven23 » So 10. Mai 2015, 11:01

R.F. hat geschrieben: Über die drei Vorläufer-Kriege äußerte sich der Messias lediglich pauschal, den dritten Weltkrieg sagte er jedoch deutlich voraus...
Na ja, die Naherwartung war ein Flop. Die Vorhersagequalitäten sind wohl doch nicht so doll.
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#1190 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von sven23 » So 10. Mai 2015, 12:16

del
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