Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

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Münek
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#131 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von Münek » Sa 17. Jan 2015, 01:48

michaelit hat geschrieben:Und wieder eine Sünde mehr auf Hemuls Konto.

Liebe deinen Nächsten wie dich selbst - das heißt, mach ihm keine Angst vor Gott dem Himmlischen Vater und seinem Sohn der lieber am Kreuz starb statt sich Engel zu rufen die die Welt erobern könnten!

Den Zeugen Jehovas ist halt ein zorniger, strafender, unbedingten Gehorsam fordernder Gott
ein ganzes Stück lieber als der seine Geschöpfe liebende, verzeihende Gott.

Die Ursache für dieses Denken mag im verqueren Glauben des Stifters dieser Glaubensgemeinschaft,
Pastor Charles Taze Russell, begründet liegen. Der hat den Sprung aus dem "Alten Testament" ins
"Neue Testament" halt nie richtig geschafft.

Hemul
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#132 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von Hemul » Sa 17. Jan 2015, 01:54

Münek hat geschrieben: Den Zeugen Jehovas ist halt ein zorniger, strafender, unbedingten Gehorsam fordernder Gott
ein ganzes Stück lieber als der seine Geschöpfe liebende, verzeihende Gott.
Hebräer 10:26-31,
26 Denn wenn wir mutwillig sündigen, nachdem wir die Erkenntnis der Wahrheit empfangen haben, bleibt kein Schlachtopfer für Sünden mehr übrig, 27 sondern ein furchtbares Erwarten des Gerichts und der Eifer eines Feuers, das die Widersacher verzehren wird9. 28 Hat jemand das Gesetz Moses verworfen10, stirbt er ohne Barmherzigkeit auf zwei oder drei Zeugen hin. 29 Wie viel schlimmere Strafe, meint ihr, wird der verdienen, der den Sohn Gottes mit Füßen getreten und das Blut des Bundes, durch das er geheiligt wurde, für gemein erachtet und den Geist der Gnade geschmäht hat? 30 Denn wir kennen den, der gesagt hat: "Mein ist die Rache, ich will vergelten"; und wiederum: "Der Herr wird sein Volk richten." 31 Es ist furchtbar, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen!
:wave:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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Halman
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#133 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von Halman » Do 22. Jan 2015, 17:44

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Daher hatte ich in meiner Themeneröffnung auch auf Wikipedia verwiesen, in denen die
- Abdingbare Allmacht
- Essenzielle Allmacht
- Absolute Allmacht
erläutert werden.
Da verstehe ich nicht was in den Wiki Autor gefahren ist als er den Unfug schrieb.
Diese Begriffe sind doch keine wikipedia-interne Privat-Terminologie. Die sind auch in einer Philosophie bei Star Trek bekannt. ;) (Dort geht es um fiktive, omnipotente Wesen.)

Der Wikipedia-Artikel ist allerdings mit einem "Warnhinweis" versehen, da er nicht hinreichend mit Quellen belegt ist. Mal sehen, wie sich der Artikel entwickelt.

Pluto hat geschrieben:Vielleicht sind das ja historisch bedingte Begriffe. :?
Darauf würde ich glatt wetten.

Pluto hat geschrieben:Absolute Allmacht ist eine Tautologie; so als würde ich sagen ein "weißer Schimmel". (verstehst du?)
Die anderen Beiden kann es nicht geben, denn eingeschränkte Allmacht ist keine ALLMACHT.
Anders als beim Schimmel ist die Allmacht [vermutlich] aus historischen Gründen eben mehrdeutig. Das ist ja nicht meine Idee, ich verwende lediglich offizielle Begriffe.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Natürlich kann man nun einfach die absolute Allmacht postulierten und schulderzuckend behaupten, dass Gottes Allmacht nunmal unerforschlich ist und auch gegen die fundamentalen Gesetze der Logik verstoßen darf. Damit wird dieses theologische Konstrukt gegen jedwede Kritik immunisiert und die Diskussion ist am Ende, da sich eine absolute Allmacht im abstrakten Sinne in einem leeren Begriff erschöpft, über den keine vernünftigen Aussagen mehr getätigt werden können.
Ja. Das ist auch clossens Behauptung.
Allerdings geschieht bei einer gedachten Allmacht die über die Logik hinausgeht, etwas merkwürdiges: Alles was wir erkennen wird beliebig, weil dann alles möglich ist, selbst ein Würfel ohne Ecken, oder auch nicht konstante Naturkonstanten.
Dies führt allerdings zur völligen Beliebkeit und so können überhaupt keine sinnvollen Aussagen mehr getätigt werden.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Natürlich hat die pfiffige User-Gemeinde hier längst den Zusammenhang zwischen Allmacht und Allwissenheit erkannt. :thumbup: Denn aus Sicht eines absolut allwissenden Gottes müsste die Welt vollkommen determiniert erscheinen, einschließlich unserer "freien" Willensentscheidungen. Auch wüsste er, wie er künftig reagiert und wäre damit selbst determiniert.
So ist es! :)
Einem "allweisen" (ein besserer Begriff fällt mir einfach nicht ein) Gott wäre dieses philosophische Dilemma sicher bewusst. Vielleicht besteht seine Lösung darin, auf absolutes Allwissen hinsichtlich der Zukunft zu verzichten.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Vermutlich werden wir hier darüber keine Einigung erzielen, denn darin waren sich schon René Descartes und Thomas von Aquin uneinig. So vertrat Descartes die Auffassung, Allmacht schließe die Fähigkeit ein, auch gegen die fundamentalen Gesetze der Logik verstoßen zu können (das Erschaffen eines perfekten, geometrischen Würfels ohne Kanten usw.). Thomas von Aquin hingegen vertrat den Standpunkt, dass Allmacht keineswegs Derartiges zwingend einschließe.
Nee, nee...
Descartes hatte ebenfalls den Gedanken an eine Allmacht über der Logik gehabt. Als er erkannte, dass damit auch sein Hauptsatz, das berühmte "cogito ergo sum" zusammenbrechen würde, hat er die Idee mit der Logik umfassenden Allmacht ganz schnell wieder verworfen.
Danke für diesen Hinweis, Pluto. Dies bestätigt auch Wikipedia ;) :
Zitat aus Definition von Allmacht:
Einige Philosophen wie Descartes sind der Meinung, Allmacht schließe die Fähigkeit ein, logisch Unmögliches zu vollbringen.
Zitat aus Absolute Allmacht:
René Descartes hat dieses Allmachtsverständnis allerdings zumindest angedacht, aber nie wirklich konsequent vertreten (weil dann auch seine idealistische Erkenntnistheorie mit dem cogito als unbezweifelbarem Fixpunkt unmöglich gewesen wäre).

Aber ist denn überhaupt von "Allmacht" in der Bibel die Rede? Der abstrakte Begriff Omnipotenz (Allmacht) steht nicht im biblischen Grundtext, aber es finden sich mehrere Aussagen, die "Allmacht" umschreiben:
- In Gen 18:14 von einem Engel gegenüber Abraham.
- In Hi 42:2 von Hiob.
- In Luk 1:37 von Gabriel (hoher Engel).
- In Mk 10:25-27 von Jesus und die synoptischen Parallelstellen in Mat 19:26 und Luk 18:27.

Verstrickt sich die Bibel hier ins Allmachtsparadoxon? Ich denke nicht, dass dem so ist, denn in all diesen Fällen will die Bibel nach meiner bescheidenen Rezeption keine abstrakten, philosophischen Aussagen tätigen. Vielmehr geht es darum, dass Gott mehr als genug Macht besitzt, Wunder zu wirken und so wunderbare Dinge zu vollbringen, die nach menschlichem Ermessen unmöglich sind. Hierzu verweise ich auf folgendes Buchzitat:
Zitat aus Jan Bauke Ruegg - Die Allmacht Gottes:
Die Entwicklung vom hebräischen pl ', das ursprünglich Ereignisse und Dinge bezeichnet, die für den Menschen (physisch) zu schwer und darum »wunderbar«, überwiegend aber für die Schilderung eines konkreten Rettungshandelns Gottes (Jahwes) ... lateinischen impossibile ist — gesamthafl gesehen und geurteilt — ein großangelegter
Abstraktionsprozeß, in dem die ursprüngliche Situationsbezogenheit des hebräischen Verbs völlig verlorengeht.
Nach meinem verständnis geht es in den oben verlinkten Bibelstellen stehts um konkrete Situationen, in denen Gott durch Wunder sein Rettungshandeln bewirkt. Diese Deutung passt auch zu den ursprünglichen hebräischen Begriffen, wie Jehwáh zevaʼṓth (יְהוָה צְבָאוֹת) - „HERR“ [der] Herrscharen und Él Schaddáj (אל שדי), was vermutlich den Gedanken »Der Gott, der mehr als genug ist« vermittelt. Der griechische Begriff lautet Pantokrátōr (Allherrscher).
Die Bibel verkündet uns einen allgewaltigen und allherrschenden Gott, dessen Überfülle an Macht mehr als genug ist, dessen "Wort" stehts Wirklichkeit ist und in jeder konkreten Situation sein Rettungshandeln bewirken kann.
Dieser biblische "Allmachtsbegriff" wurde durch die Übersetzung des biblischen Grundtextes immer mehr abstrahiert, womit eine Bedeutungsverschiebung einher ging (Ausformung durch augustinische Theologie).

Die in der Bibel beschriebene allgewaltige Macht Gottes steht m. E. im Einklang mit der Logik. Übrigigens, der Logik-Begriff leitet sich ab vom griechischen Lógos (λόγος). Dies ist durchaus in dem Zusammenhang bemerkenswert, da der Lógos-Hymnus, welche ja den Prolog des Johannesevangeliums bildet, mit dem Lógos beginnt.
Das hebräische Wort hierfür lautet דבר (dabar, „Wort“) und ist mehr als ein gesprochendes Wort, sondern auch die geäußerte Sache, das Ereignis bzw. die Tat. Beim allgewaltigen Gott fällt kein dabar dahin, sondern bewirkt gewiss, wozu es bestimmt ist.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

closs
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#134 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von closs » Do 22. Jan 2015, 18:40

Pluto hat geschrieben:Allerdings geschieht bei einer gedachten Allmacht die über die Logik hinausgeht, etwas merkwürdiges: Alles was wir erkennen wird beliebig, weil dann alles möglich ist, selbst ein Würfel ohne Ecken, oder auch nicht konstante Naturkonstanten.
Diese Gefahr kann ich nicht erkennen, da ein Aussetzen der Logik nicht nötig ist, wenn man sich auf "essentielle Macht" konzentriert, dernach nicht-allmachts-immanente Dinge ("Stein schwerer, als dass ihn Gott heben könnte") buchstäblich "Nichts" sind (ein Nihil Negativum), dem lediglich zum Schein ein Wort-Getüm (""Stein schwerer, als dass ihn Gott heben könnte") umgehängt wird, das vortäuscht, es handle sich um ein Sein.

Halman hat geschrieben:Denn aus Sicht eines absolut allwissenden Gottes müsste die Welt vollkommen determiniert erscheinen, einschließlich unserer "freien" Willensentscheidungen.
Das mag aus der Logik unserer Sichtweise so erscheinen - aus über-zeitlicher Sicht Gottes ist die "freie" Willensentscheidung nicht determiniert, sondern Gott weiss "seit den Vortagen" (also vor den Tagen der Schöpfung und somit der Zeit in unserem Verständnis), wie jeder Mensch am Ende seines Lebens in allen Dingen entschieden haben wird. - Ist "Vorher-Wissen" dasselbe wie "determinieren"? Nach meinem Verständnis nein, weil Determination Einflussnahme beinhalten würde - oder nicht?

Halman hat geschrieben:Auch wüsste er, wie er künftig reagiert und wäre damit selbst determiniert.
Es gibt bei Gott kein "zukünftig" oder "vergangen" - für ihn ist alles "gleichzeitig" (egal von 5000 v.Chr. oder 3000 n.Chr.). - Wenn man Gott nicht über die Zeit setzt, dreht jegliche Logik durch. Denn nur so kann man erklären, warum Fügung menschlichen Willen nicht determiniert, sondern umgekehrt der menschliche Wille die Fügung determiniert.

Halman hat geschrieben:Vielleicht besteht seine Lösung darin, auf absolutes Allwissen hinsichtlich der Zukunft zu verzichten.
Muss er gar nicht, weil es für Gott selbst keine Zukunft gibt.

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#135 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von Pluto » Do 22. Jan 2015, 19:04

Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Vielleicht sind das ja historisch bedingte Begriffe. :?
Darauf würde ich glatt wetten.
Ich auch. :lol:

Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Allerdings geschieht bei einer gedachten Allmacht die über die Logik hinausgeht, etwas merkwürdiges: Alles was wir erkennen wird beliebig, weil dann alles möglich ist, selbst ein Würfel ohne Ecken, oder auch nicht konstante Naturkonstanten.
Dies führt allerdings zur völligen Beliebkeit und so können überhaupt keine sinnvollen Aussagen mehr getätigt werden.
Ja. Das sehe ich genauso.

Halman hat geschrieben:Einem "allweisen" (ein besserer Begriff fällt mir einfach nicht ein) Gott wäre dieses philosophische Dilemma sicher bewusst. Vielleicht besteht seine Lösung darin, auf absolutes Allwissen hinsichtlich der Zukunft zu verzichten.
Es ist gut möglich, dass Gott seine Allwissenheit opfert, aber dann kann es keine Fügung (im closs'schen Sinn) geben.

Halman hat geschrieben:Aber ist denn überhaupt von "Allmacht" in der Bibel die Rede?
Ich denke schon. Das bestätigen zumindest einige deiner Bibelstellen, insbesondere Mat 19:26: bei Gott aber sind alle Dinge möglich.
Verstrickt sich die Bibel hier ins Allmachtsparadoxon?
In dem von mir erwähnten Zitat tut sie das allemal (s.o.).
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#136 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von Pluto » Do 22. Jan 2015, 19:30

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Allerdings geschieht bei einer gedachten Allmacht die über die Logik hinausgeht, etwas merkwürdiges: Alles was wir erkennen wird beliebig, weil dann alles möglich ist, selbst ein Würfel ohne Ecken, oder auch nicht konstante Naturkonstanten.
Diese Gefahr kann ich nicht erkennen, da ein Aussetzen der Logik nicht nötig ist, wenn man sich auf "essentielle Macht" konzentriert, dernach nicht-allmachts-immanente Dinge ("Stein schwerer, als dass ihn Gott heben könnte") buchstäblich "Nichts" sind (ein Nihil Negativum), dem lediglich zum Schein ein Wort-Getüm ("Stein schwerer, als dass ihn Gott heben könnte") umgehängt wird, das vortäuscht, es handle sich um ein Sein.
Ja und...?
Fakt ist: Allmacht und Allwissenheit sind menschliche Begriffe die, sich gegenseitig widesprechen und damit unvereinbar sind, es sei denn man verzichtet auf menschliche Logik.

closs hat geschrieben:aus über-zeitlicher Sicht Gottes ist die "freie" Willensentscheidung nicht determiniert
STOPP!
Dein überzeitlicher Gott ist nur möglich, wenn Er auch über der menschlichen Logik steht (s.o.), womit die Zirkelschlüssigkeit deiner Argumentation offengelegt wird.

closs hat geschrieben:Ist "Vorher-Wissen" dasselbe wie "determinieren"? Nach meinem Verständnis nein, weil Determination Einflussnahme beinhalten würde - oder nicht?
Das haben wir an anderer Stelle diskutiert. Jedes Wörterbuch bestätigt dir: gefügt = determiniert.

closs hat geschrieben:Es gibt bei Gott kein "zukünftig" oder "vergangen" - für ihn ist alles "gleichzeitig" (egal von 5000 v.Chr. oder 3000 n.Chr.). - Wenn man Gott nicht über die Zeit setzt, dreht jegliche Logik durch.
Schon wieder? :roll:
Für Menschen gibt es keine Überzeitlichkeit.
Deine Annahme geht NUR dann auf, wenn Gott über der menschlichen Logik steht.

closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Vielleicht besteht seine Lösung darin, auf absolutes Allwissen hinsichtlich der Zukunft zu verzichten.
Muss er gar nicht, weil es für Gott selbst keine Zukunft gibt.
Doch muss er.
Dass Gott über Zeit steht, widerspricht den Regeln menschlicher Logik; etwas was du zu Anfang als überflüssig bezeichnet hattest.
Du verstrickst dich damit in einen "Schwanzbeißer" (aka Zirkelschluss).
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#137 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von Halman » Do 22. Jan 2015, 19:35

closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Denn aus Sicht eines absolut allwissenden Gottes müsste die Welt vollkommen determiniert erscheinen, einschließlich unserer "freien" Willensentscheidungen.
Das mag aus der Logik unserer Sichtweise so erscheinen - aus über-zeitlicher Sicht Gottes ist die "freie" Willensentscheidung nicht determiniert, sondern Gott weiss "seit den Vortagen" (also vor den Tagen der Schöpfung und somit der Zeit in unserem Verständnis), wie jeder Mensch am Ende seines Lebens in allen Dingen entschieden haben wird. - Ist "Vorher-Wissen" dasselbe wie "determinieren"? Nach meinem Verständnis nein, weil Determination Einflussnahme beinhalten würde - oder nicht?
Mag sein, dass der lat. Begriff determinare so einen Gedanken vermittelt, aber meines Wissens meint Determinsmus, dass alles, was geschieht und geschehen wird, durch die Vorbedinungen eindeutig bestimmt ist. Im physikalischen Sinne ist dies durch die in der klassischen Mechanik unpersönlichen Naturgesetze gegeben (die Quantenmechanik ist hingegen interdeterminiert).

closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Auch wüsste er, wie er künftig reagiert und wäre damit selbst determiniert.
Es gibt bei Gott kein "zukünftig" oder "vergangen" - für ihn ist alles "gleichzeitig" (egal von 5000 v.Chr. oder 3000 n.Chr.). - Wenn man Gott nicht über die Zeit setzt, dreht jegliche Logik durch. Denn nur so kann man erklären, warum Fügung menschlichen Willen nicht determiniert, sondern umgekehrt der menschliche Wille die Fügung determiniert.

Halman hat geschrieben:Vielleicht besteht seine Lösung darin, auf absolutes Allwissen hinsichtlich der Zukunft zu verzichten.
Muss er gar nicht, weil es für Gott selbst keine Zukunft gibt.
Dies wäre natürlich eine mögliche Sichtweise, welche m. W. auch so von Prof. Dr. Thomas Schwartz so vertreten wird. Bedeutet dies aber nicht, dass Veränderung eine Illusion ist, da in Wirklichkeit alles bereits festliegt und Teil des unveränderlichen Seienden ist?
In der Physik kann man die Raumzeit in diesem Sinne auffassen. Reduziert man zwecks grafischer Darstellbarkeit den dreidimensionalen Raum auf zwei Dimensionen, so kann man die Zeit als dritte Dimension der Raumzeit grafisch darstellen. Diese Raumzeit lässt sich in beliebig viele Hyperflächen (Schnitte durch die Raumzeit) zerlegen. Dies könnte man mit einem Daumenkino oder Film vergleichen: Jedes Bild entspricht einer Hyperfläche und so wie im Spielfilm oder im Daumenkino bereits alle Bilder Teil der Raumzeit sind und somit als Teil des Seienden vorliegen, so ist jedes Ereeignis (Punkt in der Raumzeit mit raumzeitlichen Koordinaten) Teil der Raumzeit.
In der Grafik ist die Raumzeit in einen Stapel von Hyperflächen zerlegt. Wie sehen das Daumenkino ablaufen, schauen die Illusion der Bewegung des Filmes, doch in Wahrheit - so das Modell - liegt bereits alles als Teil der Raumzeit vor.
Bild
Grafikquelle

Das unten dargestellte Minkowski-Diagramm abstrahiert die dreidimensionale Raumzeit auf eine Dimension (die wagerechte Linie, die mit "-x" und "x" beschriftet ist; für gewöhnlich wird diese Linie, die den dreidimensionalen Raumteil der Raumzeit darstellt, S genannt.).
Die Zeit wird durch die senkrechte Richtung angezeigt und so erhalten wir eine zweidimensionale raumzeitliche Fläche, welche die vierdimensionale Raumzeit darstellen soll. Stellen wir uns vor, dass wir uns mit Sublichtgeschwindigkeit durch den Raum bewegen, so wie in der grünen Linie dargestellt.
Bild
Grafikquelle
Wie nehmen uns als Objekt wahr, welches man als Punkt in jeder beliebigen raumzeitlichen Koordinate im Diagramm einzeichnen könnte. Doch raumzeitlich betrachtet wird aus diesem Punkt eine Linie in der Welt (Weltlinie). Obgleich wir die Illusion von Bewegung wahrnehmen, liegt die Weltlinie unveränderlich als Seiendes in der Raumzeit vor - so "starr" wie die Grafik. Meinst Du es so?
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#138 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von closs » Do 22. Jan 2015, 20:18

Pluto hat geschrieben:Fakt ist: Allmacht und Allwissenheit sind menschliche Begriffe die, sich gegenseitig widesprechen und damit unvereinbar sind, es sei denn man verzichtet auf menschliche Logik.
Habe ich trotz allem immer noch nicht kapiert - mir scheint, dass es nicht gegen Logik verstößt, wenn die Setzungen andere sind.

Pluto hat geschrieben:Dein überzeitlicher Gott ist nur möglich, wenn Er auch über der menschlichen Logik steht (s.o.)
Über menschlichen Setzungen sicherlich - warum es gegen Logik gehen solle, ist mir schleierhaft.

Pluto hat geschrieben: Jedes Wörterbuch bestätigt dir: gefügt = determiniert.
Es geht hier darum, was mit göttlicher Fügung im christlichen Sinn gemeint ist - da bringen Wörterbücher nichts.

Pluto hat geschrieben:Für Menschen gibt es keine Überzeitlichkeit.
Zustimmung.

Pluto hat geschrieben:Deine Annahme geht NUR dann auf, wenn Gott über der menschlichen Logik steht.
S.o. - ich kann es mir übrigens vorstellen.

Pluto hat geschrieben:Dass Gott über Zeit steht, widerspricht den Regeln menschlicher Logik
Vielleicht gibt es ja eine göttliche Logik, von der unsere Logik lediglich eine Ableitung ist.

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#139 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von Pluto » Do 22. Jan 2015, 20:31

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Fakt ist: Allmacht und Allwissenheit sind menschliche Begriffe die, sich gegenseitig widesprechen und damit unvereinbar sind, es sei denn man verzichtet auf menschliche Logik.
Habe ich trotz allem immer noch nicht kapiert - mir scheint, dass es nicht gegen Logik verstößt, wenn die Setzungen andere sind.
Klar. Wenn du anderes setzt, dann sind die Schlussfolgerungen anders.
Ich bin flexibel. Was willst du denn an den Setzungen verändern?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Dein überzeitlicher Gott ist nur möglich, wenn Er auch über der menschlichen Logik steht (s.o.)
Über menschlichen Setzungen sicherlich - warum es gegen Logik gehen solle, ist mir schleierhaft.
Weil es nach menschlichen Regeln keine "Überzeitlichkeit" gibt.
Es mit göttlichen Setzungen zu erklären, scheitert von vorherein weil wie diese nicht kennen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Jedes Wörterbuch bestätigt dir: gefügt = determiniert.
Es geht hier darum, was mit göttlicher Fügung im christlichen Sinn gemeint ist - da bringen Wörterbücher nichts.
Dann zeige mir ein christliches Wörterbich wo was anderes drin steht.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Deine Annahme geht NUR dann auf, wenn Gott über der menschlichen Logik steht.
S.o. - ich kann es mir übrigens vorstellen.
Glaube ich dir, denn das menschliche Vorstellungsvermögen ( = Fantasie) ist schier grenzenlos.

Pluto hat geschrieben:Dass Gott über Zeit steht, widerspricht den Regeln menschlicher Logik
Vielleicht gibt es ja eine göttliche Logik, von der unsere Logik lediglich eine Ableitung ist.[/quote]Das mag sein, aber wir können sie nicht bechreiben. Die Begriffe der Allmacht und Allwissenheit sind menschliche Symbole der Kommunikation in die wir das Göttliche hineinzwängen wollen.

Daraus entstehen die Paradoxien.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#140 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von Halman » Do 22. Jan 2015, 20:52

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Aber ist denn überhaupt von "Allmacht" in der Bibel die Rede?
Ich denke schon. Das bestätigen zumindest einige deiner Bibelstellen, insbesondere Mat 19:26: bei Gott aber sind alle Dinge möglich.
Verstrickt sich die Bibel hier ins Allmachtsparadoxon?
In dem von mir erwähnten Zitat tut sie das allemal (s.o.).
Das mit "möglich" übersetzte Wort lautet im altgriechischem Grundtext δυνατα (dunata) und ist verwandt mit dem Begriff δυνατος (dunatos).
In "Bibelwissenschaft" habe ich folgende Erklärung gefunden:
Zitat aus 5.1. Dynamis als die (All-)Macht Gottes:
Gott ist der Mächtige – Jesus kann den → Gottesnamen, wie im Alten Testament gebräuchlich, als „die Macht“ umschreiben: „und ihr werdet sehen den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft (δύναμις)“ (Mk 14,62; vgl. dazu Friedrich, EWNT, 862). Sein Wirken basiert auf dem Wissen, dass bei Gott alle Dinge möglich sind: „bei den Menschen ist es unmöglich (ἀδύνατον), aber nicht bei Gott; denn alle Dinge sind möglich (δυνατὰ) bei Gott.“ (Mk 10,27 par.; vgl. Mk 14,36). Diese Macht wird ihm auch in der textkritisch wahrscheinlich sekundären Schlussformel des → Vaterunsers zuerkannt (Mt 6,13). Gottes Macht erweist sich letztlich in der endzeitlichen → Auferstehung der Toten (Mk 12,24 par.) und im Kommen des → Gottesreiches (Mk 9,1; Mk 13,26). Das → Lukasevangelium betont die Verlängerung der Kraft Gottes im Wirken des → Heiligen Geistes (z.B. Lk 1,35; Lk 4,14; Lk 24,49; Apg 1,8).
Laut der Intelinear-Übersetzung heißt es im Griechischem Grundtext:
Zitat aus Mat 19,26:
26 εμβλεψας δε ο ιησους ειπεν αυτοις παρα ανθρωποις τουτο αδυνατον εστιν παρα δε θεω παντα δυνατα εστιν
Laut der Elberfelder Bibel lautet die deutsche Übersetzung von Jesu Worten:
Zitat aus Mat 19,26:
... Bei Menschen ist dies unmöglich, bei Gott aber sind alle Dinge möglich.
Wenn ich die obige Erklärung aus "Bibelwissenschaft" berücksichtige, sowie die Übersetzungsvorschläge der Interlinear-Übersetzung, könnte man Jesu Aussage vielleicht auch folgendermaßen wiedergeben: Bei Menschen ist dies kraftlos, bei Gott aber sind alle Dinge kraftvoll.
Dies verstehe ich nicht als philosophisch-abstrakte Aussage, denn im Kontext geht es um Gottes Rettungshandeln, bei dem es möglich ist, dass auch ein reicher Mensch gerettet werden kann, welcher aus eigener Kraft ohne Hoffnung ist. Es geht um [Vertrauens]Glauben in die Macht Gottes, Rettung/Heil zu bewirken (vgl. Luzk 18:27). Es geht nicht um viereckige Kreise, denke ich.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf eine interessante Aussage aus Wikipedia aufmerksam machen:
Zitat aus Kritik am Begriff der Allmacht:
Dies führt allerdings dazu, dass ein solcher Gott nicht mehr (differenziert) erkannt und verstanden werden kann, und sich letztlich in einem leeren Begriff erschöpft, über den keine weiteren vernünftigen Aussagen mehr möglich sind. Aus einem so verstandenen Begriff folgen nicht nur beliebige Möglichkeiten (eine Unmöglichkeit gäbe es nicht mehr); auch die Aussage, dass nichts unmöglich sei, wäre sinnlos, da es sich dabei selbst um eine logische Folgerung handelt (und gerade für die Ungültigkeit der Logik steht ja in diesem Sinne die absolute Allmacht).
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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