Sprachforschung

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Andreas
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#1 Sprachforschung

Beitrag von Andreas » So 18. Mai 2014, 16:10

Thema abgetrennt aus: Was ist Bewusstsein?


Pluto hat geschrieben: Handeln auf Grund von Erfahrungen, bedeutet gerade das abrufen von früher gelerntem Wissen, oder etwa nicht?
Manchmal, wie bei der Herdplatte schon, weil bei diesem Lernvorgang viel leidvolle Emotion im Spiel war. Man kann Sachen Intuitiv richtig machen aufgrund von Erfahrung - ohne Wissen.
Da gibt es ein nettes Experiment.

Ergänze die fehlenden Wörter (X):
Die Zwerge sitzen beinander und quangen lange. Am nächsten Tag sagt einer von ihnen. Gestern haben wir aber lange X.
Die Zwerge sitzen beieinander und patieren lange. Am nächsten Tag sagt einer von ihnen. Gestern haben wir aber lange X.
Zuletzt geändert von Andreas am So 18. Mai 2014, 17:49, insgesamt 1-mal geändert.

Pluto
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#2 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Pluto » So 18. Mai 2014, 16:18

Andreas hat geschrieben:Man kann sachen Intuitiv richtig machen aufgrund von Erfahrung - ohne Wissen.
Fragt sich nur wie?

Da gibt es ein nettes Experiment.

Ergänze die fehlenden Wörter (X):
Die Zwerge sitzen beinander und quangen lange. Am nächsten Tag sagt einer von ihnen. Gestern haben wir aber lange X.
Die Zwerge sitzen beieinander und patieren lange. Am nächsten Tag sagt einer von ihnen. Gestern haben wir aber lange X.
Das zugrundeliegende Wissen heisst Grammatik der Deutschen Sprache.

Die Quintessenz ist:
Es gibt keine Erfahrung ohne Lerneffekt, und Lernen bedeutet Wissen anhäufen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Andreas
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#3 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Andreas » So 18. Mai 2014, 16:24

Richtig, es geht um Grammatik du Spielverderber. Ich dachte du liebst Experimente. Die Wörter "quangen" und "patieren" sind nicht in deinem Wissensspeicher. Die weißt du also nicht. Die grammatikalische Regel zur richtigen Wortbildung weiß so gut wie niemand. Aber fast alle setzen die richtigen Wortformen ein. Ohne Wissen. Darum gehts.
Vielleicht versucht sich ja jemand anderes daran. Dann zeige ich die grammatische Regel.

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#4 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Pluto » So 18. Mai 2014, 16:48

Wie lernen Menschen die grammatischen Zusammenhänge einer Sprache?
Eine der spannendsten Fragen der Sprachissenschaft, über die sich die Experten immer noch nicht einig sind.
Jedes beliebige (gesunde) Kleinkind kann mühelos die Sprache seiner Umgebung lernen. Diese Fähigkeit lässt aber nach ca. 2-3 Jahren nach. nennt diese Fähigkeit das Generative Transformationsgrammatik. Diese These stammt von einem der grössten Sprachwissenschaftlern des 20. Jahrhunderts -- Noam Chomsky. Evolutionsbiologen schliessen daraus, dass es ein genetisch vererbtes Grammatikzentrum im Gehirn gibt.
Ist also die Grammatik, die wir Intuition nennen, in Wirklichkeit ein Teil des menschlichen Instinkts?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Andreas
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#5 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Andreas » So 18. Mai 2014, 17:27

Pluto hat geschrieben:Evolutionsbiologen schliessen daraus, dass es ein genetisch vererbtes Grammatikzentrum im Gehirn gibt.
Mag sein, dass an dieser These was dran ist. Dagegen spricht, dass es Menschen gibt denen dieser Teil des Gehirns fehlt, ohne dass sie irgendwelche Sprachstörungen haben.
Pluto hat geschrieben:Ist also die Grammatik, die wir Intuition nennen, in Wirklichkeit ein Teil des menschlichen Instinkts?
Diese Scheinfrage ist wieder eins deiner rethorischen Spielchen. Eine andere Erklärung finde ich dafür nicht. Du bist einfach zu intelligent, um ein Grammatikzentrum im Hirn einfach mit Grammatik gleichzusetzen. Das Grammatikzentrum wäre die Hardware, die Materie. Die vielen unterschiedlichen Grammatiken sind dem menschlichen Geist entsprungen und werden gelernt. Die Evolution wäre viel zu langsam um beispielsweise die Grammatik des heutigen Deutsch schon in die Gene eingebaut zu haben. Und mit Sicherheit sind im Grammatikzentrum nicht die Grammatiken sämtlicher Sprachen als Wissen enthalten. Ich habe einen Freund, der als Säugling aus Korea adoptiert wurde. Der hat wie jedes andere Kind hier auch Deutsch gelernt.

Dieses Experiment hier stammt übrigens von einem Hirnforscher. Es beweist, dass unser Gehirn Sachen kann, die nicht auf gespeicherten Wissensinhalten beruhen. Mehr nicht. Jedes Kind, das schon gut sprechen kann, macht das richtig ohne erklären zu können, wie es das gemacht hat, weil es die Phantasiewörter nicht wissen kann und die grammatische Regel noch nie gehört hat und demnach auch nicht wissen kann. Unser Gehirn arbeitet anders als eine Festplatte in einem Computer.

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#6 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Pluto » So 18. Mai 2014, 23:09

Andreas hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Evolutionsbiologen schliessen daraus, dass es ein genetisch vererbtes Grammatikzentrum im Gehirn gibt.
Mag sein, dass an dieser These was dran ist. Dagegen spricht, dass es Menschen gibt denen dieser Teil des Gehirns fehlt, ohne dass sie irgendwelche Sprachstörungen haben.
Gibt es dazu verlässliche Studien? Wenn ja, welche?

Pluto hat geschrieben:Ist also die Grammatik, die wir Intuition nennen, in Wirklichkeit ein Teil des menschlichen Instinkts?
Diese Scheinfrage ist wieder eins deiner rethorischen Spielchen.
Mit solchen Unterstellungen kommst du bei mir nicht weiter. Es ist keine Scheinfrage, sondern es handelt sich um ein ernsthaftes Thema, was allerdings selbst unter Fachleuten noch umstritten ist.

Eine andere Erklärung finde ich dafür nicht.
Eben.

Du bist einfach zu intelligent, um ein Grammatikzentrum im Hirn einfach mit Grammatik gleichzusetzen.
Das nennt man nur im Volksmund so. Sprachwissenschaftler reden von "Lexikalisch-funktionaler Grammatik" und meinen damit einen grundlegenden gemeinsamen Regelsatz, der übrigens auch in der computerisierten Sprachsynthese und autmatischen Übersetzern Verwendung findet.

Das Grammatikzentrum wäre die Hardware, die Materie.
So ist es. Und diese Hardware dient wahrscheinlich als universaler Baustein aller Sprachen.
Die vielen unterschiedlichen Grammatiken sind dem menschlichen Geist entsprungen und werden gelernt.
Ja. Aber es gibt eine Verbindung -- nennen wir sie grundlegende grammatischen Regeln -- die allen Sprachen gemein ist, sonst könnten Babys beliebiger Herkunft nicht jede beliebige Sprache auf der Welt akzentfrei erlenen. Die Sprachen der Welt bauen auf diesem logischen Gerüst auf.
Die Evolution wäre viel zu langsam um beispielsweise die Grammatik des heutigen Deutsch schon in die Gene eingebaut zu haben.
Das vermutest nur, weisst es aber nicht.
Ein sprachliches Gerüst aus grammatischen Grundregeln könnte schon vor zehntausenden von Jahren die Sprache unserer Vorfahren geprägt haben.

Der hat wie jedes andere Kind hier auch Deutsch gelernt.
Etwas anderes hätte ich nicht erwartet.

Dieses Experiment hier stammt übrigens von einem Hirnforscher. Es beweist, dass unser Gehirn Sachen kann, die nicht auf gespeicherten Wissensinhalten beruhen. Mehr nicht.
Das beweist das Experiment nicht, Das Wissen hinter dem Beispiel, ist die Kenntnis der deutschen Grammatik, egal ob diese formal in der Schule, oder im Spiel und Gespräch mit den Eltern erlernt wurde.

Frag mal deinen Hirnforscher was er über die Lexikalisch-funktionale Grammatik weiss.
Unser Gehirn arbeitet anders als eine Festplatte in einem Computer.
Ja sicher. Im Gehirn gibt es schliesslich keine magnetischen Scheiben. Unser Wissen ist in den neuronalen Netzen des Gehirns gespeichert.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#7 Bewusstsein 2

Beitrag von Andreas » Mo 19. Mai 2014, 00:46

Pluto hat geschrieben:Gibt es dazu verlässliche Studien? Wenn ja, welche?
Ich hab da mal einen Vortrag von einem Hirnforscher oder Psychiater gesehen. Kann mich leider nicht mehr an seinen Namen erinnern. Vielleicht hab ich den Link noch irgendwo, so auf die Schnelle habe ich ihn nicht gefunden. Man konnte da Röntgenbilder von Schädeln mit erstaunlich wenig Gehirn drin sehen - aber die Menschen hatten wohl keine Beeinträchtigungen. Da habe ich auch dieses Experiment her. Das hab ich mir damals aufgeschrieben - leider ohne den Namen des Vortragenden.

Ich rede von Wissen. Dem Begriff "Wissen" wie wir ihn in unserem Alltag dauernd gebrauchen. Gelerntes Wissen an das wir uns bewusst erinnern können. Du weißt deinen Namen, der ist dir bewusst, du kannst ihn jederzeit abrufen, aussprechen, aufschreiben.

Du weißt nicht quangen und nicht patieren und man braucht die grammatische Regel nicht wissen, aus der Erinnerung kramen, um die Wörter richtig beugen zu können. Ohne jegliches bewusst erinnerbares "Wissen" dieser Art finden wir die richtige Lösung. Unser Unterbewusstsein beeinflusst unser Handeln. Ich finde das ein schönes Beispiel für intuitives Erkennen, weil man das nicht verstandesmäßig kombinieren oder herleiten kann, weil man nichts "hat" was man bewusst kombinieren könnte, aber doch "etwas gelernt" hat, von dem man gar nicht weiß, das man es gelernt hat und dieses "etwas" auch nicht abrufen oder erklären kann.

Verben die auf "ieren" enden, bilden ihr Partizip Perfekt ohne "ge" am Anfang.

Das ist die Regel, die wohl kein Zweitklässler von sich geben kann - und doch intuitiv richtig anwendet. So hinter die eigene Kulisse des eigenen Ichs blicken zu können finde ich faszinierend.

Pluto hat geschrieben:Wichtig erscheint mir, dass Unser Verhalten nicht vorprogrammiert ist wie das der Sphex;
Wir sind anders als die Sphex "vorprogrammiert". Im Gegensatz zur Sphex können wir lernen und müssen nicht wie sie einem Reiz-Reaktionsmuster folgen. Mehr wollte ich eigentlich dazu gar nicht sagen.

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#8 Re: Bewusstsein 2

Beitrag von Pluto » Mo 19. Mai 2014, 01:09

Andreas hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Gibt es dazu verlässliche Studien? Wenn ja, welche?
Ich hab da mal einen Vortrag von einem Hirnforscher oder Psychiater gesehen. Kann mich leider nicht mehr an seinen Namen erinnern. Vielleicht hab ich den Link noch irgendwo, so auf die Schnelle habe ich ihn nicht gefunden. Man konnte da Röntgenbilder von Schädeln mit erstaunlich wenig Gehirn drin sehen - aber die Menschen hatten wohl keine Beeinträchtigungen.
Vermutlich war der Vortragende kein Sprchwissenschaftler, sonst wüsste er von der Grammatik-Debatte, die heute immer noch umstritten ist.

Ohne jegliches bewusst erinnerbares "Wissen" dieser Art finden wir die richtige Lösung.
Was ist es wenn es nicht Wissen ist?
Wissen hat viele Ursachen, nicht nur bewusstes Lernen. Es kann auch während der Entstehung des Gehirns in der Embryo-Phase programmiert worden sein. Ein anderes Beispiel: Wenn man einem nur einige Wochen alten Baby die Zunge rausstreckt tut es dasselbe. Oder du gibst einem Neugeborenen deinen Finger, dann versucht es ihn zu greifen. Das sind instinktive Reaktionen die vermutlich mehrere zehntausend Generationen zurück gehen, in die Zeit der Entstehung der Menschheit. Sozusagen vorprogrammiertes Wissen.

Unser Unterbewusstsein beeinflusst unser Handeln. Ich finde das ein schönes Beispiel für intuitives Erkennen, weil man das nicht verstandesmäßig kombinieren oder herleiten kann, weil man nichts "hat" was man bewusst kombinieren könnte.
Ja sicher. Vielleicht sollte man solche Dinge als unbewusstes oder instinktives Wissen bezeichnen.

Wir sind anders als die Sphex "vorprogrammiert". Im Gegensatz zur Sphex können wir lernen und müssen nicht wie sie einem Reiz-Reaktionsmuster folgen. Mehr wollte ich eigentlich dazu gar nicht sagen.
Das habe ich doch am Anfang dieser Diskussion gesagt:
Pluto hat geschrieben:Das grossartige am menschlichen Verstand ist seine schier unbegrenzte Lernfähigkeit.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#9 Re: Sprachforschung

Beitrag von Andreas » Mo 19. Mai 2014, 03:23

Hm, jetzt hast du es abgetrennt.

Pluto hat geschrieben:Vermutlich war der Vortragende kein Sprchwissenschaftler, sonst wüsste er von der Grammatik-Debatte, die heute immer noch umstritten ist.
Ich glaube es war ein Professor für Psychiatrie - gibts so was noch? Mir fällt das Thema des Vortrags nicht mehr ein. Irgendwas mit Lernen und Schule. Vielleicht finde ich es noch. Wenn die Grammatik-Debatte umstritten ist, bringt uns das sowieso nicht viel weiter. Gene spielen schon auch eine Rolle beim Lernen aber wir lernen viel, was nicht auf Gene zurückzuführen ist. Oder gibt es ein Bundesliga-Gen, ein Tagesschau-Gen oder gar ein 4religion-Zentrum im Hirn?
Andreas hat geschrieben:Ohne jegliches bewusst erinnerbares "Wissen" dieser Art finden wir die richtige Lösung.
Pluto hat geschrieben:Wissen hat viele Ursachen, nicht nur bewusstes Lernen.
Jaaaa.
Aber darum ging es mir nicht. Deswegen habe ich es ausgiebig präzisiert und unterstrichen. Was muss ich noch tun, damit du beim Thema Bewusstsein, Denken, Unterbewusstsein bleibst? Mir ging es nicht um Instinkte, nicht um die verschiedenen Arten des Wissens, sondern um diese Art des Wissens, und nicht um Sprachforschung, sondern erst einmal um Bewusstsein und Unterbewusstsein. Darum, dass wir öfter Entscheidungen treffen, ohne eigentlich zu wissen warum wir sie so treffen und nicht anders. Das kann richtig oder falsch, Wahrnehmung oder Falschnehmung, gut oder böse, Liebe oder Sünde sein. Das Experiment war nur deswegen ein sprachliches Beispiel, weil wir hier auf dieser Ebene miteinander kommunizieren. Das kann jeder hier an sich selber durchführen - wenn er will. Will aber keiner. Auch gut.

Die Diskussionskultur ist echt überaus zäh, mühsam und nervend hier und ein wesentlicher Grund hierfür sind eine Menge schlecht programmierter Unterbewusstseine. Das wiederum hat viel mit Religion, Zeitgeist, Erziehung und Bildung zu tun.

2Lena
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#10 Re: Sprachforschung

Beitrag von 2Lena » Mo 19. Mai 2014, 07:04

Ich habe jetzt nicht alle Beiträge hier ganz genau gelesen, denn es gibt dringende Arbeit für mich. Den Hinweis auf Psycholinguistik fand ich wichtig.
Toll, das dies kam!

Zu den Sprachschlüsseln in Hebräisch kann ich sagen, dass dort die Wörter "anders" sind, weil es eine uralte Sprache ist und - Einzelheiten erklärt werden.

Computer ist für uns ein Fremdwort. Mit einem "Rechner" können wir ungefähr sagen, was da passiert. Acker ist zwar ein deutsches Wort, aber es sagt uns nichts. [Akar] heißt hebräisch ausraufen, Wurzel ziehen.

Weil natürliche Namen und Begriffe erste Philosophieworte ergaben, konnten einfache Erzählungen immense Werte transportieren - bis in den "unsichtbaren Raum" hinein und über alle Entwicklungsstufen.

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