Pluto hat geschrieben:Sowohl Anselm als auch Gödel gingen davon aus, dass man sich nichts perfekteres als Gott vorstellen könne. Gödel nannte diese Vorstellung von Gott "G". Er fährt dann mit seinem Beweis fort (natürlich ist seine Logik richtig) — allerdings beweist er nur die Existenz von "G" (dem Gott seiner Vorstellung), die mit der Entität Gott nicht notwendigerweise übereinstimmen muss.
Okay.
Pluto hat geschrieben:Stimmt, es beweist lediglich, dass Gödels Theorem Gott wiederspruchfrei in seinem System ontologisch herleitet. Wäre es unlogisch, so wäre es logisch nicht möglich. Da es aber logisch ist, beschreib Gödel eine logische Möglichkeit. Das ist doch schon mal was.
Für mich beweist es wenig mehr als dass Gödel möglicherweise ein gläubiger Mensch war.
Vielleicht. Im
Wikipedia-Artikel über ihn heißt es, dass er evangelisch war. Allerdings besuchte er auch den
Wiener Kreis und dierser war ausgesprochen relgionskritisch. Dort wurde meiner Kenntnis nach, auf Basis des logischen Positivismus', ein "naturalistischer Atheismus" vertreten.
Daraus folgt natürlich nicht, dass Gödel ebenfalls diese Weltsicht vertrat. Er besuchte den Wiener Kreis wohl eher aus fachlichem Interesse. Laut Wikipedia erweiterte er dort sein mathematisches Wissen.
Pluto hat geschrieben:Die ontologischen Gotteshinweise sollen hier auch nur als philosophische Unterstützung dienen, in dem Sinne, dass die biblisch überlieferten Erfahrungen mit Gott logisch möglich sind.
Verstehe.
Aber es ist (IMO) ein feiner jedoch wichtiger philosophischer Unterschied, ob man die Vorstellung Gottes für logisch deklariert, oder aber die Entität "Gott" selbst.
Okay, sofern ich Dich recht verstehe, weiß du mich auf einen erkenntnistheortischen Grundsatz hin: Ich soll methodisch zwischen
Theorie und
Realität unterscheiden. In Gödels Theorem steht "G" für Gott im Rahmen seines Theorems. "G" muss
nicht notwendigerweise real bzw. identisch mit der Entität Gott sein.
Wikipedia bestätigt mit Quellenverweisen Deine Sichtweise:
Zitat aus
Wikipedia:
Gödel verzögerte die Veröffentlichung des Beweises, da er befürchtete, sein Anliegen würde als selbständiger Versuch, einen gültigen Beweis aufzustellen, missverstanden.[6] Seine eigentliche Absicht war es, die Stärken und Schwächen der axiomatischen Methode aufzuzeigen: durch die freie Wahl der Axiome (Annahmen) ist so gut wie jede Behauptung beweisbar.
Quellenverweis 7
Zitat aus
Gödels ontologischer Gotteshinweis:
Das Anliegen Gödels „bestand […] im Nachweis, daß ein ontologischer Gottesbeweis auf eine Art und Weise geführt werden könne, die modernen logischen Maßstäben gerecht wird". ... Noch heute wird dieser Beweis gelegentlich als tatsächlicher Versuch, die Existenz Gottes nachzuweisen, missverstanden. Er zeigt aber nur die Herleitbarkeit der Behauptung der Existenz aus verschiedenen, selbst u.U. plausiblen, aber nicht notwendigerweise gültigen Annahmen. Es gelang Gödel jedoch, die Kritik Kants und Freges an jedem ontologischen Gottesbeweis zu unterlaufen: Existenz tritt nicht als „reales Prädikat" auf.
Darum spreche ich auch von einem Gottes
hinweis. Die Vorstellung der Existenz Gottes ist also logisch und plausibel möglich. Stimmst Du dieser Aussage zu?
Samantha hat geschrieben:Mein lieber Halman ... ist doch mal wieder ein gutes Thema, wenn auch schwierig.
Ja, ein kniffliges Thema.
Samantha hat geschrieben:Das es aber immer Unbekanntes gibt, das erforschbar wäre, müsste es unendliche Erklärungen geben - genauso gut kann es einen Gott geben.
Führt dieser Gedanke nicht zum Agnostizismus?
Samantha hat geschrieben:Warum sollte er erklärbarer sein als das ewige Unbekannte?
Ich denke, der Versuch, Gott erklären zu wollen, ist von vorn herein zum Scheitern verurteilt. Die Frage sollte lauten, ob er sich
offenbart, bspw. durch die Schöpfung.
2Lena hat geschrieben:Halman hat geschrieben:Die Bibel überliefert uns doch schriftlich fixierte Erfahrungen mit dem Glauben, sowohl von Einzelnen, wie auch kollektive.
Das tat sie - aber nicht mal ein Drittel der Informationen konnte man "lesen".
Der Lese-Mechanismus wurde nämlich nicht überliefert.
Aber die Übersetzung im LXX, welche der Überlieferung zufolge von 72 Sopherim in Alexandria in der Spätantike (3. - 1. Jh. v. Chr.) angefertigt wurde.
2Lena hat geschrieben:Halman hat geschrieben:Für mich geht es um die Frage, was diese Berichte, Weisheiten, Lieder und Prophezeihungen für uns (und für mich) heute bedeuten.
Damals waren es Gesetzestexte. Du denkst, du liest Prophezeiungen.
"Damals" glaubten die Juden und die Christen, dass der Tanach auch prophetische Bücher enthält.
Hier findest Du einen Link zu einem
Word-Dokument von Prof. Erich Zenger. Darin systematisiert er den Tanach folgendermaßen:
T - Tora Gesetz
N - Nebiim Propheten
K - Kerubim Schriften
Diese jüdische Einteilung kennt offenkundig auch die Propheten, wie Jesaja.
Auf der dritten Seite kannst Du folgenden vierteiligen Aufbau finden:
Bücher der Tora Ur-Offenbarung am Sinai
Bücher der Geschichte Vergangenheit
Bücher der Weisheit Gegenwart
Bücher der Prophetie Zukunft
Auch hier kennt Zenger die
"Bücher der Prophetie".
Die Evangelisten und die Apostelgeschichte kennen insbesondere das Buch Jesaja als prophetisch, werden einige Abschnitte doch messianisch auf Jesus angewandt. Ein äthiopischer Eunuch ließ sich gem.
Apg 8:26.40 aufgrund dieser Erkenntnis sogar von Philippus taufen.
In
Mat 5:17 verwendet Jesus in der Bergpredigt die Formulierung
"das Gesetz oder die Propheten" und in
Mat 7:12 "das Gesetz und die Propheten".
Im altgriechischen Grundtext steht dort das Wort Ï€Ïοφηται (Propheten).
2Lena hat geschrieben:Halman hat geschrieben:Die Bibel verkündet hier eine klare Position, basierend auf die Erfahrungen der Bibelschreiber, des Volkes Israel und der Urchristen.
Du denkst an eine persönliche Erfahrung mit Gott nach dem Sinn: Mose oder Abraham redeten mit Gott. Die ganze Gesellschaft denkt so. Seit Jahrhunderten kam sie nicht in den Genuss des VOLLEN Bibelinhalts. Etliche Völkergruppen kommen auf Grund ihrer anderen Überlieferung zu einem anderen Eindruck. Dann ist Krieg. Keiner weiß warum -
es gibt doch nur EIN Schriftzeugnis. So sagt man, denkt aber nicht daran, dass das in anderer Sprache anders aussehen könnte.
Ist denn LXX nicht eine wichtige Hilfestellung bei der Interpretation des althebräisch-aramäischen Grundtextes des Tanach? Die
KoinÄ“ (κοινή) ist doch unserer Sprache näher.
2Lena hat geschrieben:Deine Frage zum Inwiefern der Auferstehung.
Kommt es dir nicht seltsam vor, dass ausgerechnet die Juden zu den Geschehnissen des NT schweigen, der Islam sie anders erzählt und auch keine historischen Daten vorliegen.
Als der Quran beschrieben wurde, waren bereits Jahrhunderte seit Jesus vergangen. Die biblischen Evangelisten waren dem historischen Jesus viel näher.
Dass die Juden hierzu schweigen, lässt sich m. E. damit erklären, dass sie einen gänzlich anderen Messias erwarteten (sie erhofften wohl einer eine Art Mischung aus Josua und David). Zumal Josephus Jesus sehr wohl erwähnt.
2Lena hat geschrieben:Die Grundgeschichte mit Jesus ist einmalig, aber weitermachen wie bisher geht nicht. Dann aber - bei Einsicht - wird es mehr als spannend.
Inwiefern?
Im Link
Gottesbeweise habe ich unter dem letzten Abschnitt "
E. Weitere Gottesbeweise" eine schöne Umschreibung für
Wunder entdeckt:
Durchbrechung kausaldeterministischer Erklärungsketten. Genau darum geht es im paulinischen Gotteshinweis in
1Kor 15:6 bei der von mehr als 500 Personen bezeugten Aufestehung Jesu.