Die Wahrnehmung von Ereignissen spaltet sich in getrennte Sphären

Politik und Weltgeschehen
ThomasM
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#1 Die Wahrnehmung von Ereignissen spaltet sich in getrennte Sphären

Beitrag von ThomasM » Fr 9. Sep 2016, 14:52

An Hand von Twitter Meldungen zum Münchner Amok Lauf konnten Forscher analysieren, wie sich die Meinungsbildung in der Gesellschaft in Lager aufteilt.
http://www.zeit.de/kultur/2016-09/amokl ... ntlichkeit

Wesentliches Zitat daraus:
Wir wissen aus der Forschung, dass wir Menschen uns gerne mit Fakten und Meinungen umgeben, die unsere Grundeinstellungen nicht infrage stellen. Wir wollen nicht hinterfragt werden.
In der Wissenschaft heißt der Fehler, der sich in unser Denken dadurch einschleicht: Bestätigungsfehler. Die sozialen Netze verstärken diesen Fehler noch, weil sie dazu einladen, uns nur noch mit Menschen zu verbinden, die genauso denken wie wir
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

Pluto
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#2 Re: Die Wahrnehmung von Ereignissen spaltet sich in getrennte Sphären

Beitrag von Pluto » Sa 10. Sep 2016, 12:16

ThomasM hat geschrieben:Wesentliches Zitat daraus:
Wir wissen aus der Forschung, dass wir Menschen uns gerne mit Fakten und Meinungen umgeben, die unsere Grundeinstellungen nicht infrage stellen. Wir wollen nicht hinterfragt werden.
In der Wissenschaft heißt der Fehler, der sich in unser Denken dadurch einschleicht: Bestätigungsfehler. Die sozialen Netze verstärken diesen Fehler noch, weil sie dazu einladen, uns nur noch mit Menschen zu verbinden, die genauso denken wie wir
Mit diesem Bestätigungsfehler müssen wir leben, denn wir sind von Natur aus Optimisten, die dauernd auf der Suche nach Bestätigung unserer Meinung sind.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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sven23
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#3 Re: Die Wahrnehmung von Ereignissen spaltet sich in getrennte Sphären

Beitrag von sven23 » Sa 10. Sep 2016, 12:57

ThomasM hat geschrieben: Wesentliches Zitat daraus:
Wir wissen aus der Forschung, dass wir Menschen uns gerne mit Fakten und Meinungen umgeben, die unsere Grundeinstellungen nicht infrage stellen. Wir wollen nicht hinterfragt werden.
In der Wissenschaft heißt der Fehler, der sich in unser Denken dadurch einschleicht: Bestätigungsfehler. Die sozialen Netze verstärken diesen Fehler noch, weil sie dazu einladen, uns nur noch mit Menschen zu verbinden, die genauso denken wie wir
Das ist wohl was dran. Gilt das nicht in besonderem Maß für Ideologien, seien sie säkulär oder religiös geprägt?
Auch Verschwörungstheorien sind geradezu ein Paradebeispiel.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

ThomasM
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#4 Re: Die Wahrnehmung von Ereignissen spaltet sich in getrennte Sphären

Beitrag von ThomasM » So 11. Sep 2016, 13:41

Pluto hat geschrieben: Mit diesem Bestätigungsfehler müssen wir leben, denn wir sind von Natur aus Optimisten, die dauernd auf der Suche nach Bestätigung unserer Meinung sind.
Das ist meines Erachtens eine nicht korrekte Darstellung.
Wir sind von Natur aus Feiglinge, die Angst davor haben, Unrecht zu haben.
Also blenden wir nach Möglichkeit alles aus, was zeigt, dass wir Unrecht haben. Und dies um so mehr, als unsere Lebenserfahrung zeigt, dass wir damit durchkommen.

Und weil die meisten Menschen solche Feiglinge sind, trauen sie sich noch nicht einmal, sich das selbst zu gestehen. Also engt man seinen Sichtkreis ein und behauptet immer, dass man ja keine Alternative sehen würde.
Das ist so beim Atheisten, der nirgendwo Gottes Wirken sehen kann.
Das ist so beim Christen, der nicht erkennen kann, dass man auch Gott nicht denken kann.
Das ist so beim Linken, der nicht sehen kann, dass es Werte wie Heimatliebe und Gemeinschaftsgefühl gibt.
Das ist so beim Rechten, der nicht sehen kann, dass soziale Gerechtigkeit nicht bedeutet, dass Herrschaftssysteme bestehen bleiben.
usw. usw.

Es gibt nur eine Minderheit von Menschen, die fähig sind, über ihren Tellerrand zu schauen, ohne unsicher zu werden.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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#5 Re: Die Wahrnehmung von Ereignissen spaltet sich in getrennte Sphären

Beitrag von Pluto » So 11. Sep 2016, 17:09

ThomasM hat geschrieben:Das ist meines Erachtens eine nicht korrekte Darstellung.
Wir sind von Natur aus Feiglinge, die Angst davor haben, Unrecht zu haben.
Also blenden wir nach Möglichkeit alles aus, was zeigt, dass wir Unrecht haben. Und dies um so mehr, als unsere Lebenserfahrung zeigt, dass wir damit durchkommen.
Wir wollen am Ende Recht haben, und nehmen nur das an, was unsere Vorstellung bestätigt. Ich nenne es Optimismus; du Feigheit.
Ist das nicht letztlich dasselbe?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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sven23
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#6 Re: Die Wahrnehmung von Ereignissen spaltet sich in getrennte Sphären

Beitrag von sven23 » So 11. Sep 2016, 17:11

ThomasM hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Mit diesem Bestätigungsfehler müssen wir leben, denn wir sind von Natur aus Optimisten, die dauernd auf der Suche nach Bestätigung unserer Meinung sind.
Das ist meines Erachtens eine nicht korrekte Darstellung.
Wir sind von Natur aus Feiglinge, die Angst davor haben, Unrecht zu haben.
Also blenden wir nach Möglichkeit alles aus, was zeigt, dass wir Unrecht haben.
Das wird sogar teilweise von der Hirnforschung bestätigt. Möglicherweise ein Nachhall der Evolution, als es lebenswichtig war, schnelle Entscheidungen zu treffen, also intuitiv zu reagieren.

ThomasM hat geschrieben: Und weil die meisten Menschen solche Feiglinge sind, trauen sie sich noch nicht einmal, sich das selbst zu gestehen. Also engt man seinen Sichtkreis ein und behauptet immer, dass man ja keine Alternative sehen würde.
Das ist so beim Atheisten, der nirgendwo Gottes Wirken sehen kann.
Das ist so beim Christen, der nicht erkennen kann, dass man auch Gott nicht denken kann.
Das ist so beim Linken, der nicht sehen kann, dass es Werte wie Heimatliebe und Gemeinschaftsgefühl gibt.
Das ist so beim Rechten, der nicht sehen kann, dass soziale Gerechtigkeit nicht bedeutet, dass Herrschaftssysteme bestehen bleiben.
usw. usw.
Na ja, malst du hier nicht ein zu simples Schwarz-Weiss Bild?
Wären Religionen überhaupt entstanden, ohne Gott zu denken? Die Bibel ist ein einziges Zeugnis für einen "gedachten" Gott und seine angeblichen Forderungen an menschliches Verhalten.
Es soll also keine Linken mit Gemeinschaftsgefühl geben? Wohl noch ein Nachhall aus der Zeit, als Gewerkschafter als vaterlandslose Gesellen beschimpft wurden.
Rechte als Erfinder der sozialen Gerechtigkeit? Historisch gesehen waren Rechte, konservative Kräfte wohl eher auf der Seite des Establishments, also für die Erhaltung des Status Quo. (siehe Frühkapitalismus)
Das ist mir alles ein wenig zu simpel gedacht. Die heutige Parteienlandschaft strebt auch eher zu einer imaginären "Mitte der Gesellschaft", was sie immer schwerer unterscheidbar macht für den Wähler. Auch ein Grund für die um sich greifende Politikverdrossenheit, die wohl eher einer Parteienverdrossenheit geschuldet ist.


ThomasM hat geschrieben: Es gibt nur eine Minderheit von Menschen, die fähig sind, über ihren Tellerrand zu schauen, ohne unsicher zu werden.
Glaubst du, zu ihnen zu gehören?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#7 Re: Die Wahrnehmung von Ereignissen spaltet sich in getrennte Sphären

Beitrag von JackSparrow » So 11. Sep 2016, 19:05

ThomasM hat geschrieben:Wir sind von Natur aus Feiglinge, die Angst davor haben, Unrecht zu haben.
Wir sind von Natur aus daran angepasst, in größeren Gruppen zusammenzuleben und uns einem Führer unterzuordnen. Seinen "Sichtkreis" nicht "einzuengen" würde bedeuten, aus der Gruppe ausgestoßen und von Raubtieren vertilgt zu werden.

Es gibt nur eine Minderheit von Menschen, die fähig sind, über ihren Tellerrand zu schauen, ohne unsicher zu werden.
Und zwar diejenigen, die an der Spitze der Hackordnung stehen und allen anderen gewaltsam ihre Regeln aufzwingen. Jesus lässt grüßen.


sven23 hat geschrieben:Möglicherweise ein Nachhall der Evolution, als es lebenswichtig war, schnelle Entscheidungen zu treffen, also intuitiv zu reagieren.
Dafür haben wir das Sympathikus/Parasympathikus-System. Es würde zu lange dauern, wenn man vor einer Kobra stünde und erst in der Bibel nachschauen müsste, ob man die Schlange als Freund oder Feind betrachten soll...

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#8 Re: Die Wahrnehmung von Ereignissen spaltet sich in getrennte Sphären

Beitrag von NIS » So 11. Sep 2016, 19:13

JACKPOT! (Ruhrpott) :thumbup: :clap: :lol:
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#9 Re: Die Wahrnehmung von Ereignissen spaltet sich in getrennte Sphären

Beitrag von ThomasM » So 11. Sep 2016, 21:57

sven23 hat geschrieben: Glaubst du, zu ihnen zu gehören?
Ich habe schon immer nach dem Motto agiert: Wenn du wissen willst, wie der denkt, dessen Meinung du nicht teilst, dann musst du das lesen, was seine Meinung vertritt. Also habe ich die Hare Krischnas besucht, habe mit den Munies diskutiert, habe eine charismatische Gemeinde besucht, habe Juncker und Dawking gelesen usw.

Aber ich gebe zu, dass ich das weniger tue, je älter ich werde, weil mir das nur wie die Wiederholung einer alten Schallplatte vorkommt.
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#10 Re: Die Wahrnehmung von Ereignissen spaltet sich in getrennte Sphären

Beitrag von ThomasM » So 11. Sep 2016, 21:58

JackSparrow hat geschrieben: Und zwar diejenigen, die an der Spitze der Hackordnung stehen und allen anderen gewaltsam ihre Regeln aufzwingen.
Überlegenheit sieht nur von unten wie Hochmut aus
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