Descartes und die menschliche Seele

Philosophisches zum Nachdenken
closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#971 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » Fr 11. Nov 2016, 16:48

Pluto hat geschrieben:Die Fakten weisen darauf hin, dass der Grund für das ICH materieller Natur ist
Du meinst die Fakten aus materialistischer Sicht - ja, die gibt es.

Pluto hat geschrieben:denn es geht immer um das Wohlbefinden des Körpers.
Wie kommst Du DARAUF? - Nicht nur das Christentum fokussieren sich auf das Wohlbefinden des Ich - auch über den leiblichen Tod hinaus.

Pluto hat geschrieben:Aber kannst du damit erklären was Denken und Erinnerungsvermögen überhaupt sind?
Neurologisch nicht - es ist bei Grundsatzfragen nicht wichtig.

Pluto hat geschrieben:Wenn du recht hättest, solltest du in der Lage sein, mir einen von Körper unabhängigen Geist zu zeigen.
Aus zweierlei Gründen nein:
1) Erstens kann man im materiellen Raum das Geistige nicht intersubjektiv zeigen.
2) Zweitens kann der Geist auch immanent in der Materie sein.

Pluto hat geschrieben:Geist ohne Materie wurde noch nie beobachtet.
Aus zweierlei Gründen:
1) Erstens kann man im materiellen Raum das Geistige nicht intersubjektiv zeigen.
2) Zweitens kann der Geist auch immanent in der Materie sein.

Pluto hat geschrieben:Der Dualismus entsteht in den Köpfen der Dualisten
Meine Haltung ist eh nicht dualistisch - ob man Geist von Materie oder Materie von Geist ableitet, muss nicht dualistisch sein.

Pluto hat geschrieben:Existiert aus deiner Sicht Materie, Ja oder Nein?
Wie Descartes zweifle ich keinen Moment daran, dass es Materie gibt. - Ich weiß aber wie Descartes, dass ich es glauben muss und nicht ontologisch nachweisen kann, da jegliche Wahrnehmung Täuschung sein könnte und ich es nicht merken würde, wenn es so wäre.

Pluto hat geschrieben:es ist sehr wohl gelungen, Geist als Prozess des Gehirns zu verstehen.
Das ist etwas ganz anderes - natürlich kann man die Korrelation von Geist und Körper neurowissenschaftlich nachweisen.

SilverBullet
Beiträge: 2414
Registriert: Mo 17. Aug 2015, 19:04

#972 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von SilverBullet » Fr 11. Nov 2016, 18:54

closs hat geschrieben:Begründung: Eine subjektive Perspektive ist nicht möglich ohne Subjekt.
Und die Schräge in den „schrägen Linien“ ist nicht möglich ohne „schräge Existenzen“?
Doch, denn das „Verstehen von Schräge“ ist ein reiner „Zusammenhangsablauf“, eine Reaktion.
Das Zustandekommen der Reaktion reicht also aus, um auch ohne Korrektheit der Zusammenhänge, „den Kontakt zu Existenz“ darzustellen.

=> die „subjektive Perspektive“ kann durch ein Reaktionssystem stattfinden, das „selbst“ gar nicht in den Zusammenhängen vorkommt.

Man könnte dies sogar ins Phantastische weiter spinnen und den Verdacht aufstellen, es könnte sich um ein Reaktionssystem handeln, das die Reaktionen aller Lebewesen gleichzeitig ablaufen lässt.
Nur gibt es hierfür keine Anzeichen.

Stattdessen liegt eine geschlossene (und damit als korrekt einstufbare) Zusammenhangsmenge vor, dass jeder Körper sein eigenes Reaktionssystem hat -> Gehirn.

Nun stellt sich die Frage: wie und wieso kann ein Zellorgan diese Funktion überhaupt aufbauen?

=> ganz einfach: es ergibt sich aus der Situation des Körpers, in dem sich das Gehirn befindet.
=> das Gehirn zerlegt Situationen in Zusammenhänge und optimiert diese auf Korrektheit.
=> mit „Ich“ ist der Körper gemeint.

closs hat geschrieben:Natürlich kann man das Subjekt untrennbar mit dem Körper verbinden
„Das Subjekt“ liegt nicht vor, sondern die Zusammenhänge einer „subjektiven Perspektive“.
Zusammenhänge sind nicht „das Ding“, sondern nur eine Zuordnung in einer Reaktion.
Es stellt sich also die Frage, welchen „Anlass“ es für diese Reaktion gibt und durch was die Reaktion zustande kommt.

Antwort: der Körper ist der Anlass und durch das Gehirn läuft die Reaktion ab.

Zitat-closs:
…aber wenn man das tut, denkt man weniger radikal skeptizistisch, als Descartes es tat. - Mit anderen Worten: Man steigt später mit dem Denken ein.

Mit dem philosophischen So-Tun-Als-Ob-Theater und der Wünsch-Dir-Was-Strategie kann man mich nicht erschrecken.

Das Erste, was Philosophen machen, ist „Behaupten was das Zeug hält“.
Das Letzte, was Philosophen machen, ist „Leistung abliefern“.

(Vermutlich würde ich mich beim zweiten Punkt tatsächlich erschrecken können – aber auf die Philosophen kann man sich verlassen: soweit kommt es nicht :-))

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Aus meiner Sicht ist „Bewusstsein“ kein „Etwas“, das auf Materie zurückgeführt werden muss.
Nichts anderes sagst Du doch die ganze Zeit - nur dass Du nicht von "Etwas" sprichst, sondern gar von "Zusammenhängen", die Du aber letztlich auf Materie zurückführst. - Das ist knallharter Materialismus.
Nein,
1.
„knallharter Materialismus“ würde ich eher in der Meinung verankern, dass „Geistiges“(?) eine Eigenschaft von Materie sein soll. „knallharte Materialisten“ verwenden das Wort „Geist“(?) genauso selbstverständlich wie du und sie können genauso wenig darüber aussagen.

2.
Schau dir das Gehirn an: Milliarden Zellen werden als bedingte Aktivitätsübergänge eingesetzt und sind dabei untereinander stark verbunden. Es werden Zahlen von 1.000, 2.000 bis 10.000 Verbindungen genannt.
Versuch dir diese Konstellation vorzustellen und dann wechsle ganz schnell zum Wort „Zusammenhang“.
Na, fällt dir etwas auf?
Hast du evtl. gerade eine 1:1 Entsprechung erkannt?

Das ist die Technik zum Herstellen von Zusammenhängen

Zusammenhänge sind die „Atome“ aus denen Wahrnehmung besteht.

Es bleiben also nur noch die anderen Fragen übrig:
Wie wird daraus „Bedeutung“, was ist „Denken“ und wie wird es hergestellt?

closs hat geschrieben:Würde man skeptizistisch zu Ende denken, würde man Descartes landen: "Das Einzige, was ich sicher wissen kann, ist, dass ich denke. - Alles andere kann Täuschung sein".
„Täuschung“ ist ein lustiges Wort.

„Geist“(?) muss ein ziemlich armes Würstchen sein, denn zum einen merkt „er“ gar nicht, dass „er“ alles organisiert und eine „engste“ Verbindung zum Gehirn einnimmt und zum anderen kann „de Doof-Nuss“ auch noch getäuscht werden :-)

Hast du dich eigentlich schon mal gefragt, mit welcher Technik, der „überlegene Körper“ den „kleinen Geist“(?) täuschen können soll?
(der Fall der „schrägen Linien“ liegt ja eindeutig vor und du gehst ja auch vom existierende Körper aus - alles andere wäre ja auch reichlich peinlich)

closs hat geschrieben:Die Res cogitans ist dadurch nachweisbar, dass ohne sie überhaupt nicht Wahres oder Falsches geäußert werden können - sobald man also etwas gedanklich äußerst, gibt es ein "man", um das man nicht rum kommt.
Nein, es gibt ein Reaktionssystem, das die Zusammenhänge aufstellt/herstellt, aber das Reaktionssystem muss dabei nicht selbst in den Zusammenhängen ausgedrückt sein.
Es muss nicht das sein, auf das der „Ich“-Zusammenhang „zielt“.

Dieses Reaktionssystem ist der Ursprung von Wahrnehmung.

Es gibt keinen Zusammenhang, der noch weiter zurückgeht, denn dort ist nur noch „Existenz“ und das ist über Wahrnehmung nicht erreichbar.
(sprich: nicht über Zusammenhänge darstellbar)

Wahrnehmung kann nur den Kontakt zu Existenz verarbeiten („subjektive Perspektive“). Es kann dabei aber nicht „die Existenz an sich“ stattfinden.
Dies gilt insbesondere beim „Ich“-Zusammenhang.

=> Descartes „beginnt nicht ontologisch weiter vorne“, sondern Descartes liefert maximalen Murks.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#973 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » Fr 11. Nov 2016, 21:03

SilverBullet hat geschrieben:„Das Subjekt“ liegt nicht vor, sondern die Zusammenhänge einer „subjektiven Perspektive“.
ICh verstehe in etwa Dein Denksystem - aber es ist nicht ontologisch gedacht, sondern anthropologisch. - Wahrscheinlich ist das das Problem.

SilverBullet hat geschrieben:„knallharter Materialismus“ würde ich eher in der Meinung verankern, dass „Geistiges“(?) eine Eigenschaft von Materie sein soll.
Was ist es anderes, wenn man Zusammenhänge ausschließlich auf Materie zurückführt?

SilverBullet hat geschrieben:„Täuschung“ ist ein lustiges Wort.
Sieht fast so aus. :lol:

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#974 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Pluto » Fr 11. Nov 2016, 23:29

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Die Fakten weisen darauf hin, dass der Grund für das ICH materieller Natur ist
Du meinst die Fakten aus materialistischer Sicht - ja, die gibt es.
Die Welt ist nicht zweigespalten, ergo ist auch keine gespaltene Interpretation möglich.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:denn es geht immer um das Wohlbefinden des Körpers.
Wie kommst Du DARAUF?
Ganz einfach, weil der Mensch ein Primat ist. Dafür gibt es in der Biologie genügend Hinweise.

closs hat geschrieben:auch über den leiblichen Tod hinaus.
Schon klar... Die Hoffnung stirbt zuletzt.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Aber kannst du damit erklären was Denken und Erinnerungsvermögen überhaupt sind?
Neurologisch nicht - es ist bei Grundsatzfragen nicht wichtig.
Mein Frage bezog sich auf das Philosophisch Spirituelle.
Neurologisch kann man es sehr wohl, zumindest in groben Zügen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wenn du recht hättest, solltest du in der Lage sein, mir einen von Körper unabhängigen Geist zu zeigen.
Aus zweierlei Gründen nein:
1) Erstens kann man im materiellen Raum das Geistige nicht intersubjektiv zeigen.
2) Zweitens kann der Geist auch immanent in der Materie sein.
Dachte ich es mir doch, dass eine ausweichende Antwort kommt.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Der Dualismus entsteht in den Köpfen der Dualisten
Meine Haltung ist eh nicht dualistisch - ob man Geist von Materie oder Materie von Geist ableitet, muss nicht dualistisch sein.
Sie hört/liest sich aber SEHR dualistisch an, allein schon deeshalb, weil du vom der Existenz des Geistlichen und dem Weiterleben nach dem Tod schreibst ==> Dualismus pur!

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Existiert aus deiner Sicht Materie, Ja oder Nein?
Wie Descartes zweifle ich keinen Moment daran, dass es Materie gibt. - Ich weiß aber wie Descartes, dass ich es glauben muss und nicht ontologisch nachweisen kann, da jegliche Wahrnehmung Täuschung sein könnte und ich es nicht merken würde, wenn es so wäre.
Genauso wenig wie eine Frau halb schwanger sein kann, glaubt man an die Existenz von Materie oder man glaubt nicht daran.
Es war eine einfache Frage, die mit "Ja" oder "Nein" zu beantworten war. Warum zögerst du?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:es ist sehr wohl gelungen, Geist als Prozess des Gehirns zu verstehen.
Das ist etwas ganz anderes - natürlich kann man die Korrelation von Geist und Körper neurowissenschaftlich nachweisen.
Richtig.
Aber warum es etwas "ganz anderes" sein soll, das müsstest du noch erklären.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#975 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » Sa 12. Nov 2016, 00:39

Pluto hat geschrieben:Dachte ich es mir doch, dass eine ausweichende Antwort kommt.
Die Antwort war "Nein" - die Erklärung dafür war gratis.

Pluto hat geschrieben:Sie hört/liest sich aber SEHR dualistisch an, allein schon deeshalb, weil du vom der Existenz des Geistlichen und dem Weiterleben nach dem Tod schreibst ==> Dualismus pur!
Unter "Dualismus" verstehe ich, dass es zwei wesensfremde Entitäten gibt, die irgendwie miteinander klar kommen müssen. - Wenn a) eine Ableitung von b) ist, ist nach meinem Verständnis des Wortesein Dualismus NICHT gegeben.

Pluto hat geschrieben:Es war eine einfache Frage, die mit "Ja" oder "Nein" zu beantworten war. Warum zögerst du?
Es war eine klares "ja" - zuer Erinnerung:
Closs hat geschrieben:Wie Descartes zweifle ich keinen Moment daran, dass es Materie gibt

Pluto hat geschrieben:Aber warum es etwas "ganz anderes" sein soll, das müsstest du noch erklären.
Weil folgende Fragestellungen komplett unterschiedlich sind:
1) Wie sind neurowissenschaftlich Korrelationen zwischen Geist und Materie zu verstehen?
2) Was ist "vorher": Geist oder Materie?

Benutzeravatar
fin
Beiträge: 1144
Registriert: So 16. Okt 2016, 13:49

#976 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von fin » Sa 12. Nov 2016, 01:13

-- Schräge Linien --

SilverBullet hat geschrieben:Wahrnehmung kann nur den Kontakt zu Existenz verarbeiten. Es kann dabei aber nicht „die Existenz an sich“ stattfinden. Dies gilt insbesondere beim „Ich“-Zusammenhang.
-
Und die Schräge in den „schrägen Linien“ ist nicht möglich ohne „schräge Existenzen“?
Doch, denn das „Verstehen von Schräge“ ist ein reiner „Zusammenhangsablauf“, eine Reaktion.
Das Zustandekommen der Reaktion reicht also aus, um auch ohne Korrektheit der Zusammenhänge, „den Kontakt zu Existenz“ darzustellen.


... Bild

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#977 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Pluto » Sa 12. Nov 2016, 10:03

closs hat geschrieben:Unter "Dualismus" verstehe ich, dass es zwei wesensfremde Entitäten gibt, die irgendwie miteinander klar kommen müssen. - Wenn a) eine Ableitung von b) ist, ist nach meinem Verständnis des Wortesein Dualismus NICHT gegeben.
Im christlichen Verständnis lebt der Geist ohne Körper weiter. Das allein erfüllt schon den den Bestand des Dualismus.

closs hat geschrieben:1) Wie sind neurowissenschaftlich Korrelationen zwischen Geist und Materie zu verstehen?
2) Was ist "vorher": Geist oder Materie?
Wenn Materie zuerst da war, ist Geist die kausale Folge von Materie.
Da wir keinerlei gesicherte Hinweise haben, daran zu zweifeln, dass es Materie ohne Geist gibt, können wir logisch ausschließen, dass Geist zuerst da war.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Benutzeravatar
Halman
Beiträge: 4016
Registriert: Di 25. Feb 2014, 20:51

#978 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Halman » Sa 12. Nov 2016, 12:45

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Aber warum es etwas "ganz anderes" sein soll, das müsstest du noch erklären.
Weil folgende Fragestellungen komplett unterschiedlich sind:
1) Wie sind neurowissenschaftlich Korrelationen zwischen Geist und Materie zu verstehen?
So, wie im Buch Wille und Gehirn bechrieben: als kausale Korrelation. Auch wenn Du und fin es nicht einsehen wollen. Aber ich mag euch beide. :)

closs hat geschrieben:2) Was ist "vorher": Geist oder Materie?
Nun wird es für mich schwierig, diese Frage zu beantworten, weil das Wort Geist ein Polysem ist. Die ist eine semantische Tatsache, die hier immer wieder missachtet wird.
Ich könnte also zutreffend antworten: Materie. Ich könnte aber auch zutreffend antworten: Geist. Und zwar, ohne mich logisch zu widersprechen.

Wir Menschen sind materialle Wesen. Wir bestehen aus up-Quarks, down-Quark und Elektronen. Dies ist freilich eine stark vereinfachte Darstellung, da sie die Wechselwirkungen der Quantenfelder unterschlägt.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#979 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » Sa 12. Nov 2016, 14:21

Pluto hat geschrieben:Im christlichen Verständnis lebt der Geist ohne Körper weiter. Das allein erfüllt schon den den Bestand des Dualismus.
Dann wäre es aber nach materialistischem Verständnis ebenfalls dualistisch, wenn ein hirntoter Körper weiterlebt: Der Geist (nach Deiner Definition) ist tot, aber der Körper lebt weiter.

Pluto hat geschrieben:Da wir keinerlei gesicherte Hinweise haben, daran zu zweifeln, dass es Materie ohne Geist gibt, können wir logisch ausschließen, dass Geist zuerst da war.
Die Begründung ist zu anthropozentrisch (eh das Zauberwort bei solchen Diskussionen) - denn Du sagst - salopp formuliert:

"Unsere Hinweise von der materiellen Seite her geben keine Hinweise, dass Geist vorher da war" - Kommentar: Von dieser Seite her KANN man gar nicht zu einem anderen Ergebnis kommen. - Dann:

"Weil WIR mit UNSERER Herangehensweise keine Hinweise finden, können wir logisch ausschließen, dass ..." - Kommentar: Anthropozentrismus pur. - ´Bei aller Hochschätzung für den Kritischen Rationalismus als METHODE: Für philosophische/spiritielle Aussagen ist er ganz und gar nicht geeignet.

Halman hat geschrieben:So, wie im Buch Wille und Gehirn bechrieben: als kausale Korrelation.
Das ist aber eine Wertung - rein sachlich gilt: Naturwissenschaft kann NIE Kausalität, sondern IMMER nur Korrelation beobachten. - Alles andere ist Wertung, die richtig oder falsch ist (meistens ist sie wohl richtig).

Halman hat geschrieben:Nun wird es für mich schwierig, diese Frage zu beantworten, weil das Wort Geist ein Polysem ist.
Stimmt - unter "Geist" versteht man in moderne Lesart so etwas ähnliches wie "Kognition". Aus meiner Sicht eine üble Sache, weil damit der aus "Heiliger Geist" abgeleitete Begriff "Geist" vollkommen entstellt wird.

Halman hat geschrieben:Ich könnte also zutreffend antworten: Materie. Ich könnte aber auch zutreffend antworten: Geist. Und zwar, ohne mich logisch zu widersprechen.
So ist es. - In materialistischem Verständnis ist in der Tat Geist Folge von Materie.

Aber damit schneidet man sich jeglichen Zugang zur Frage ab, Materie sich aus sich selber geschaffen hat, oder ob Materie aus einem höheren Wesen geschaffen ist. - Bei mir geht es immer um Letzteres.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#980 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Pluto » Sa 12. Nov 2016, 14:26

Halman hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Aber warum es etwas "ganz anderes" sein soll, das müsstest du noch erklären.
Weil folgende Fragestellungen komplett unterschiedlich sind:
1) Wie sind neurowissenschaftlich Korrelationen zwischen Geist und Materie zu verstehen?
So, wie im Buch Wille und Gehirn beschrieben: als kausale Korrelation. Auch wenn Du und fin es nicht einsehen wollen.
Genau!

Halman hat geschrieben:Wir Menschen sind materielle Wesen. Wir bestehen aus up-Quarks, down-Quark und Elektronen. Dies ist freilich eine stark vereinfachte Darstellung, da sie die Wechselwirkungen der Quantenfelder unterschlägt.
Auf der Ebene ist das sicherlich korrekt! :thumbup:

Allerdings betrachte ich das als ein Beispiel für etwas zu "gierigen Reduktionismus" der uns genauso wenig weiter bringt, wie wenn man versuchen würde, die Maus Bewegungen auf dem Bildschirm eines Computers als Bewegungen von Elektronen zu verstehen, obwohl das sicherlich auch richtig wäre.

In seinem neusten Buch beschreibt der Hirnforscher Antonio Damasio (Selbst ist der Mensch) jedes Lebewesen deshalb als Ansammlung von vielseitig spezialisierten (Schwester-)Zellen, wobei vielleicht auch das schon zu weit geht, und man eigentlich auf der Ebene der Organe verbleiben sollte, um den Körper zu beschreiben (selbst Amoeben haben ein Innenleben in den "Organellen").

Dabei ist jedes Lebewesen als autonome Einheit zu sehen (closs würde das "Entität" nennen). Selbst diejenigen Organismen ohne Gehirn zeigen in ihrem Verhalten schon sehr deutlich das Bestreben am Leben zu bleiben (der Lebenswunsch ist nicht auf Wesen mit Gehirn beschränkt).
Höhere Lebewesen wie Säugetiere haben im Laufe ihrer Evolution ein Gehirn entwickelt, dessen Funktion die des zentralen Mess- und Steurungsorgans ist. Dabei dienen die Nervenzellen mit ihren langen Axonen, dem Informationsaustausch, des Gehirns, sowohl mit der Körperinnenwelt als auch mit der Umwelt.

Das menschliche Gehirn kann man mit der Funktion eines Kartografen vergleichen (sic: Antonio Damasio). Es ist andauernd dabei sich Landkarten aller Organe, wie auch der Umwelt (z.B. Visueller Cortex) zu erstellen, die sich von einem Moment zum Nächsten ändern können. Dabei wirkt der Geist im wörtlichen Sinn als "Mittler" zwischen allen diesen "Landkarten". pH Wert, Zuckerpegel oder Sauerstoff- und CO2-Konzentration im Blut werden genauso unbewusst überwacht, wie die bewussten Bewegungen meiner Finger auf der Tastatur während ich diesen Beitrag schreibe. Aus diesen "Landkarten" erzeugt das aktive Gehirn den gegenwärtigen geistigen Zustand. Änderungen in diesen Karten des Gehirns erzeugen geistige Regungen die dann gemittelt auch unsere Gefühle erzeugen.
Z.B. wenn mein Blutzucker Gehalt zu niedrig ist, bekomme ich hunger und mache mich auf nach der Suche nach Nahrung (Öffnen des Kühlschranks); wenn der CO2 Gehalt zu hoch wird, wird (ohne das ich es notwendigerweise bewusst wahrnehme) die Atmungsmuskulatur stimuliert.

Aber es gibt auch komplexere Regungen die in geistige Gefühle münden, wie z.B. das Überraschungsmoment, wenn es an der Tür klingelt, ich bewusst den Beitrag hier zurückstelle und mein Skelett in Gang setze um aufzustehen und nachzuschauen wer da ist.

Geist ist also nichts anders als eine Art Vorläufer von Intentionalität, egal ob es sich dabei um einfache Rückkopplungschleifen wie die Atmung handelt, oder Überraschung, Freude, Schmerz, Leid oder irgendein soziales Gefühl (Nächstenliebe, Hass, Wut, etc.) in unseren Körper.

Ist dir schon aufgefallen, dass wir nur jemals einen Gedanken bewusst wahrnehmen? Das Bewusstsein entsteht, wenn die wichtigsten geistigen Gedanken es schaffen die ungeteilte Aufmerksamkeit des Gehirns zu erlangen.

Das ICH-Gefühl um das wir hier ebenfalls diskutieren, entsteht (notgedrungen) als Erzähler unseres Lebenslaufs, um die ständig wechselnden "Landkarten" abzuspeichern, um sie zu einem späteren Zeitpunkt wieder abzurufen (Erinnerung, Erkennen). Das zeigt sich sehr deutlich wenn wir ein bekanntes Objekt betrachten und identifizieren. Hätten wir solche Gegenstände, bzw Gegenstands-Typen (ich denke da an das Erkennen von Messern) noch nie gesehen, wüssten wir nicht um was es sich handelt oder wie wir sie einordnen sollten.

Es gibt im Gehirn noch sehr viel was wir nicht wissen.
Z.B. Was, Wie und Wo speichert das Gehirn die Dinge ab, denen wir in im Laufe unseres Lebens ständig begegnen (Gegenstände, Bewegungen, Ereignisse).
Das Gehrin ist ein weiter Forschungsraum dessen Tür die Neurologen gerade erst ein Spalt weit geöffnet haben.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Gesperrt