Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Philosophisches zum Nachdenken
Pluto
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#91 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Pluto » Mi 26. Nov 2014, 19:37

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Empirie ist von sich aus nicht reduktionistisch (atomistisch). Sie bobachtet nur.
Sie beobachtet aber ausschließlich Einzelfälle (was ja gleichzeitig ihre Stärke ist).
Das klingt so vorwurfsvoll; so als wolltest du damit sagen, dass Reduktionismus etwas schlechtes sei.
Das ist ein Irrtum.

closs hat geschrieben:Letztlich ist in diesem Sinne Naturwissenschaft immer induktiv und Geisteswissenschaft immer deduktiv - WENN man Geist als transzendente Größe versteht. - Tut man das NICHT, ist alles gleich: Dann verzichtet man zwar auf Seins-Bereiche, aber das, was übrig bleibt, lässt sich in Deinem Sinne methodisch verarbeiten. - Das scheint in etwa der Status Quo des 21. jh. zu sein.
Es kling tso als wolltest du sagen, "Ich kann doch die Schönheit einer Blume wahrnehmen und mich darüber freuen. Aber die Wissenschaftler wollen immer alles ausenander nehmen, und machen aus dieser Schönheit etwas langweiliges".

Da muss ich widersprechen, denn die Schönheit einer Blume ist einem Wissenschaftler zunächst mal genauso zugänglich wie anderen Menschen auch. Gleichzeitig erkennt aber der Wissenschaftler viel mehr in dieser Blume. Zum Beispiel stellt er sich die Zellen darin vor, die komplizierten Vorgänge und Abläufe in der Blüte, die den Duft erzeugen. Es gibt eben mehr als die Schönheit auf der Ebene von Zentimetern, es gibt auch Schönheit in kleineren Dimensionen, in der inneren Struktur und in den Prozessen die darin ablaufen. Die Tatsache, dass die Farbenpracht der Blumen entstanden ist um Insekten anzuziehen, bedeutet, dass Insekten diese Farben erkennen können. Das führt zur nächsten Frage: haben niedere Lebensformen ebenfalls einen Sinn für Ästhetik? Warum ist eine Blume überhaupt ästhetisch? Plötzlich entstehen viele weitere interessante Fragen, die die Wissenschaft uns erklären hilft, und so die Ehrfurcht für, und das Mysterium um die Blume nur steigern, nicht mindern.

Wie leicht zu erkennen ist, fügt Wissenschaft stets etwas hinzu; ich sehe nicht, wie sie der Schönheit einer Blume etwas wegnimmt.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Andreas
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#92 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Andreas » Mi 26. Nov 2014, 19:43

closs hat geschrieben:Tut man es nicht, muss man das Wort ersatzlos streichen.
Dafür würden dich aber Pluto, Münek, Sven23, ScryptOn, Zeus ... noch mehr lieben. Der Spatz in der Hand - oder die Taube auf dem Dach? Deine Entscheidung. :devil:

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#93 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von closs » Mi 26. Nov 2014, 19:59

Andreas hat geschrieben: Der Spatz in der Hand - oder die Taube auf dem Dach?
Die Taube auf dem Dach. - "SChau in meine Hände - es gibt keine Tauben" geht auf Dauer nicht - wie Du weisst. ;)

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#94 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Andreas » Mi 26. Nov 2014, 20:19

Ja, ich hör das Gurren - die Tauben nicht. :engel:

Pluto
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#95 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Pluto » Mi 26. Nov 2014, 21:42

Andreas hat geschrieben:Ja, ich hör das Gurren - die Tauben nicht. :engel:
Moderne Technik machts möglich.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Savonlinna
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#96 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Savonlinna » Mi 26. Nov 2014, 21:48

Hallo closs,

Du veränderst immer wieder Deine Formulierungen. Was an sich ja gut ist, denn so passen sich Deine Formulierungen allmählich dem an, was Du wirklich meinst.
Da ich aber auf Deine Ausgangsdefinitionen eingegangen bin - die Du inzwischen gar nicht mehr als Definitionen haben willst -, passen meine Texte von heute Morgen nicht mehr zu Deinen Formulierungen von heute Abend.

Beispiel:

Das hier hattest Du gestern geschrieben:
closs hat geschrieben:Was haltet Ihr von folgender Definition von Sein:
"Sein ist Realität unabhängig von Wahrnehmung"
Heute Abend schreibst Du:
closs hat geschrieben:Der Umstand, dass Sein und Wahrnehmung kategorial unterschiedlich sind, heisst doch nicht, dass man Gott nicht wahrnehmen kann.
Das ist das Gegenteil von gestern.


closs hat geschrieben:Anders gesagt: Es ist an sich ein Oxymoron, wenn der Materialismus innerhalb seines Systems von 'Gott' spricht - oder nicht?
Der Materialismus hat keinen Mund. Er kann nicht sprechen. Nur Menschen haben einen Mund. Und Menschen sind vieldimensional. Darum reduziere ich keinen Menschen dieser Erde auf seine erklärte Weltanschauung.

Savonlinna hat geschrieben:allerdings weiss ich bis heute nicht, ob Du Christ(in?) bist oder nicht.
Ich bin schon sehr lange aus der Kirche ausgetreten, wenn es das ist, was Du meinst.
Sonst kann ich nicht viel sagen. Ich bin großgeworden mit dem Christentum, habe mich in der Kirche sehr engagiert, bis Ende des Studiums. Habe aber nie in meinem Leben - im christlichen Sinn - glauben können, bin dazu nicht fähig. Hab das schon als Kind gemerkt, und dennoch so lange in den Kirchen nach Wahrheit gesucht.
Gefunden habe ich das, was ich suchte, dann in der Musik. Da riss es mir so viele Nebel von den Augen, dass mir keiner mehr erzählen kann, es gebe keine Transzendenz. Die Musik erzählt mir anderes.
Und da geht es nicht um "Glauben", sondern um Wahrnehmen.

Zum Thema noch:
Auch wenn wir bezüglich Deiner und meiner Formulierungen da ratlos vor stehen, es gibt ja auch noch andere Themen, wo es nicht so differiert, denke ich.

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Münek
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#97 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Münek » Mi 26. Nov 2014, 21:48

Andreas hat geschrieben:Ja, ich hör das Gurren - die Tauben nicht. :engel:

Die Taube ist schon längst in der "Transzendenz" entschwunden. Das
"Gurren" klingt noch "daseinsmäßig" (= diesseitig) nach...

Seit immerhin 2000 Jahren. Wie heißt es von "spirituellen Tauben" ( :) :

"They never come back." Auf Deutsch: "Nixe Parusia, isse Fantasia".

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#98 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von JackSparrow » Mi 26. Nov 2014, 22:06

closs hat geschrieben:Was haltet Ihr von folgender Definition von Sein:
"Sein ist Realität unabhängig von Wahrnehmung"
Wie kommt jemand auf die Idee, es gäbe eine von der Wahrnehmung unabhängige Realität? Wahrnehmen kann man sie ja per Definition nicht, also kann man es höchstens bei irgendeinem anderen Philosophen gelesen haben. Und dieser andere Philosoph muss es wieder irgendwo anders aufgeschnappt haben, weil er es ja ebenfalls nicht wahrnehmen konnte.

Am Ende entpuppt sich Philosophie (philos = der Freund, der Geliebte; sophia = das Wissen, die Weisheit) eben nur als kleines Grammatik-Spielchen, wo man einfach immer ein Wort durch 1-2 andere Worte ersetzt und dann so tut, als hätte man eine bahnbrechende Entdeckung gemacht...

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#99 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von closs » Mi 26. Nov 2014, 22:54

Savonlinna hat geschrieben:Du veränderst immer wieder Deine Formulierungen.
Stimmt - ich suche den richtigen Einflugwinkel des Wortes, damit B versteht, was A sagt. - Da braucht es manchmal mehrere Versuche.

Savonlinna hat geschrieben:Das ist das Gegenteil von gestern.
Würde ich nie drauf kommen. - Das eine sagt, dass wir zwei unabhängige Kategorien haben. - Das andere sagt, dass nichtsdestoweniger über Kategorien-Grenzen hinweg hinweg wahrgenommen werden kann (nicht muss). - Goethe sagt dazu: "Und wäre' das Aug' nicht sonnenhaft, es könnt' die Sonne nicht erkennen". - Trotzdem sind "Sonne" und "Auge" unterschiedliche Kategorien - die Sonne bleibt Sonne, auch wenn das Auge blind ist.

Savonlinna hat geschrieben:Der Materialismus hat keinen Mund. Er kann nicht sprechen. Nur Menschen haben einen Mund.
8-)

Savonlinna hat geschrieben: Darum reduziere ich keinen Menschen dieser Erde auf seine erklärte Weltanschauung.
Das tue ich auch nicht - so halte ich die Materialisten hier auf dem Forum für genauso transzendenz-fähig wie Christen - nur dass halt eine Weltanschauung im Weg steht. - Mit dem Menschen selbst hat das nichts zu tun - ganz recht.

Savonlinna hat geschrieben:Gefunden habe ich das, was ich suchte, dann in der Musik.
Oh - makes two of us.

Savonlinna hat geschrieben: Habe aber nie in meinem Leben - im christlichen Sinn - glauben können, bin dazu nicht fähig.
"Wer immer strebend sich bemüht/Den können wir erlösen" (Faust) - ich glaube fest, dass das "Ich bin die Wahrheit, ..." auch incognito funktioniert - will heißen: Wer sich bemüht, den Weg der Wahrheit und Liebe zu gehen, geht den Weg Jesu - ob er den Namen "Jesus"kennt oder nicht. - Wenn Jesus davon spricht, dass diejenigen, die "Herr!Herr!" rufen, nicht so seine Sache sind, darf man das ernst nehmen.

Savonlinna hat geschrieben:Und da geht es nicht um "Glauben", sondern um Wahrnehmen.
Eigentlich sollte Glaube auch Wahrnehmung sein - Bibel auswendig ab-glauben funktioniert nicht.

Savonlinna hat geschrieben: es gibt ja auch noch andere Themen, wo es nicht so differiert, denke ich.
Ganz sicher. :)

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#100 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von closs » Mi 26. Nov 2014, 23:26

JackSparrow hat geschrieben:Wie kommt jemand auf die Idee, es gäbe eine von der Wahrnehmung unabhängige Realität?
Weil es merkwürdig wäre, wenn Realität dann eine abhängige Größe von Wahrnehmung wäre. - Man müsste nur nicht erkennen und schon wäre das, was man nicht erkennt, - flups - weg. - Fände ich übrigens praktisch. :lol:

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