PeB hat geschrieben:
Leider verbaut mir mein Verstand oftmals den 'unkomplizierten' Zugang. Das ist mein Dilemma: Gott hat uns auch Verstand gegeben, damit wir 'verstehen' können. Aber es ist oft schwierig, zwischen richtigem und falschen Verständnis zu unterscheiden. Insofern ist bei allem unkompliziertem Zugang der Glaube auch immer mit Arbeit verbunden; man muss sich die Arbeit und Mühe machen, die eigenen verstandesmäßigen Eingebungen an der Schrift abzugleichen und zu bewerten. Sonst kommt man schnell auf den falschen Pfad.
Glaube und Vernunft sind ja keine Polaritäten.
Gott selbst ist Vernunft, die einzig in der Erkenntnis ihrer selbst lebt. Darum kann man sagen: "Davon allein bin ich selig, dass Gott vernünftig ist und ich das erkenne".
Als reiner Verstandesmensch findet Gott Zugang zum Herzen, indem man ihn seine kleine Vernunft anvertraut, damit er sie durch seine größer macht. "Schrift abgleichen und bewerten" hört sich vernünftig an, doch warum es selbst tun wollen und es nicht Gott tun lassen?
Wenn man wie ein Kind wird, dann vertraut man zunächst allen, die mehr Erfahrung und Erkenntnis besitzen, weil sie vielleicht älter oder mehr vom Hl. Geist bewegt sind. Gerade wenn man allein durch die Hl. Schrift Gotteserkenntnis empfangen will, dann sollte man es nicht immer allein tun wollen und nicht den Stolz besitzen, es allein tun zu können. Als Christ ist man eins im Leib des Herrn mit all jenen, die da mit einem glauben und glaubten, weshalb man auch die Kirchenväter und Kirchenlehrer zu Rate ziehen darf.
Sich so anzunehmen, wie man ist, als jemand, der zuerst den Verstand beruhigen muss, um glauben zu können, ist der erste Schritt diesen weitaus schwierigeren Weg beginnen zu können. Der nächste Schritt wäre Jesus auf diesen Weg einzuladen. Ohne ihn wird sonst alles "zur Arbeit und Mühe". Das hört sich so selbstverständlich an, aber manchmal nimmt man "diesen Weg mit Jesus" nur als Floskel, tut es aber nicht wirklich, ich weiß, wovon ich spreche.
So kann die 1. Frage lauten: Traue ich Jesus im Hl. Geist zu, dass er mir Erkenntnis schenken kann?
Und eine 2. Frage: Vertraue ich Jesus im Hl. Geist, dass er mir stets jene Erkenntnis zum richtigen Zeitpunkt schenkt, wenn ich sie brauche?
Das schließt ein, dass ich dem Wort Gottes
immer vertraue, auch wenn ich es nicht sogleich verstehe, denn das Wort ist Jesus selbst. So wie ihn, darf ich auch das Wort Gottes lieben, denn beides ist identisch.
Zu beten, vor jedem Lesen in der Hl. Schrift, dass der Hl. Geist jene Erkenntnis schenken möge, die man gerade braucht, ist deshalb unabdingbar. Zudem darf man den Hl. Geist um die Unterscheidung der Geister bitten und um die Demut, empfangen zu können. Doch da sollte man noch um ein Geheimnis wissen:
Sich liebende brauchen letztendlich keine Anleitung zu lieben. Jeder Liebende weiß, was zu tun ist, wenn er seinem geliebten Du begegnet. Liebesbriefe, wie die Hl. Schrift, liest man in der Liebe, die Adressaten und Absender miteinander verbinden, um sie zu verstehen, damit sie die Flamme der Liebe bestätigen und am brennen erhalten. Dieser Weg ist weniger mühsam, dieses Joch ist weitaus leichter, denn es wird von der flügelbewährten Liebe getragen und nicht vom harten Nacken der Vernunft.
Aber die Vernunft scheint einem oftmals weitaus näher, als die Liebe.
Servus
