Detlef hat geschrieben:Novalis hat geschrieben:Ich war viele Jahre Atheist und habe früher für die Giordano Bruno Stiftung Werbung gemacht. Wie Du sehen kannst, hat das mein Bedürfnis nach einer sinnvollen Weltanschauung nicht endgültig befriedigt. Woran könnte das liegen?

Woher soll ich das wissen? Ich finde, gerade bei der GBS gibt es zahlreiche Autoren, Künstler etc. mit hoch interessanten Ideen. Wer sich mit denen befasst hat, dem sollte diese Frage
Novalis hat geschrieben:Dann würde ich gerne wissen: was hat der Atheismus anzubieten?
eigentlich nicht passieren
Ich habe den Atheismus hinter mir gelassen, weil es sich dabei um eine Weltanschauung handelt, die letztendlich nur Sinnlosigkeit vermittelt, da am Ende nur der Tod und das Nichts auf den Menschen wartet. Mein Bedürfnis nach einer umfassend sinnvollen Deutung der menschlichen Existenz wurde also nicht gestillt. Außerdem habe ich entdeckt, dass ich als Mensch nicht nur ein materielles, sondern ein fundamental spirituelles Wesen bin mit einem dazugehörigen Bedürfnis nach Spiritualität (der Mensch lebt nicht nur vom Brot allein, Matthäus 4,1-11). Wenn die GBS
wirklich an einem evolutionären Humanismus Interesse haben sollte, dann sollte sie Religion, als einen Ausdruck der spirituellen Evolution des Menschen mitdenken können. Evolution findet auf einer materiellen und einer spirituellen Ebene gleichzeitig statt. In der Begrenzung auf den materiellen Bereich kann ich keinen echten Fortschritt erkennen.
Wenn du ein religiöses Wohlfühloasen-Forum willst
Eine Wohlfühloase brauche ich nicht, wohl aber setze ich bei einem Gesprächspartner einen minimalen Respekt voraus, ansonsten fehlt die geistige und moralische Grundlage für einen sinnvollen Dialog, der gegenseitigen Mehrwert verspricht. Was soll der Verweis auf das rosa Einhorn oder das Spaghetti-Monster? Damit wird die Dimension des Heiligen und Sakralen, von der jede Religion auf die ein oder andere Weise Zeugnis ablegt, vollkommen verkannt und verspottet. Mircea Eliade schrieb darüber ein Buch mit dem Titel „
Das Heilige und das Profane: Vom Wesen des Religiösen“.
»Das Heilige und das Profane«, so schreibt Mircea Eliade, bilden »zwei existentielle Situationen, die der Mensch im Laufe seiner Geschichte ausgebildet hat«: die profane Seinsweise des modernen, areligiösen Menschen und die sakrale des Menschen der archaischen Gesellschaften. Das Wesen des Heiligen verstehbar zu machen, ist das Anliegen Eliades in Das Heilige und das Profane. Er zeigt, wie räumlich und zeitlich weit voneinander entfernte Völker und Kulturen strukturell identische religiöse Symbole entwickelt haben. Die Gründung und Gestaltung des menschlichen Lebensraumes, die mythische Deutung und Periodisierung der Zeit und Geschichte geben der menschlichen Existenz sakrale Bedeutung. Elemente archaischer Religiosität bestimmen dabei auch das Denken und Verhalten des areligiösen Intellektuellen
Was die „Brights“ im Grunde machen: sie leugnen die Wichtigkeit und Wirklichkeit des Sakralen. Sie behaupten, dass das „vernünftig“ und „fortschrittlich“ ist und die Religion sei nur ein Hemmnis für den Fortschritt. Nun könnte ich ironisch beifügen, was denn der Fortschritt bringt, wenn er in den Abgrund des Nihilismus führt, sodass am Ende nur noch der Konsumismus als letzter sinnstiftender Rettungsanker übrig bleibt. Die korrekte Überschrift dazu wäre dann:
der Fortschritt in das Nichts. Einerseits schreiben sie sich die Vernunft auf die Fahnen und sprechen sie gläubigen Christen ab, doch woran glauben Christen? Sie glauben an die göttliche Vernunft, als den schöpferischen Ur-Grund aller Dinge, den Logos. Wie unvernünftig können Christen sein, wenn sie die Vernunft so hoch ehren, dass sie diese mit Gott gleichsetzen und wie vernünftig sind Atheisten wirklich, welche diese göttliche Vernunft leugnen?

In einem Satz schreiben Atheisten sich die Vernunft auf die Fahnen und schon im nächsten Satz behaupten sie, dass die Evolution ein vollkommen sinnloses, absurdes Ereignis ist und das Menschsein nur eine zufälliges Randprodukt, welches ein vollkommen unvernünftiges Universum aus unbekannten Gründen in die Welt raus gespült hat, um es ein paar Jahre später zurück zu nehmen, gnadenlos und unerbittlich, wie ein gigantisches schwarzes Loch. Klingt das nach einem vernünftigen Weltbild?
Das passt nur nicht zu meinem inneren Erleben als Mensch, denn ich empfinde mein Dasein als sinnvoll und bejahenswert. Ich sehe, dass das Universum nicht nur kalt, sondern auch unbeschreiblich schön ist, und die Existenz, auch wenn sie das menschliche Erbsenhirn in ihrer Absolutheit nicht verarbeiten kann, ist ein bestaunenswertes, liebenswürdiges und absolut bejahenswertes Mysterium. Kurz gesagt, da ist eben nicht nur das Profane und Sinnlose, sondern auch die Erfahrung des Sakralen und Heiligen, welches dem Leben Sinn und eine unzerstörbare Würde verleiht. Das ist auch die Antwort auf die Themenfrage: es GIBT diese Erfahrung des Sakralen, welche sich durch die Jahrtausende, von der Gegenwart bis zurück in prähistorische Zeiten nachweisen lässt, und damit beginnt alles Nachdenken über Gott. Dazu sei gesagt, dass Theologie für orthodoxe Christen bedeutet, nicht nur rational über Gott nachzudenken, sondern ihn vom innersten Herzen her mystisch „
zu schauen“. Ein Theologe ist demnach „
ein Mensch, der Gott gesehen/geschaut hat“. Von Thomas von Aquin heißt es, dass er eines Tages eine mystische Erfahrung hatte, woraufhin er sagte:
„Alles, was ich geschrieben habe, kommt mir vor wie Stroh im Vergleich zu dem, was ich gesehen habe.“ - im Grunde ist er in diesem Moment erst wirklich - im wahren Vollsinne des Wortes - zum Theologen, zum Gott-Seher geworden.