Savonlinna hat geschrieben: Und wenn ein kollektiver Glaube an einen Gott bestimmte Realitäten schafft, dann ist dieser Gott in die Existenz gehoben.
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Es kommt einfach nicht auf den Begriff an, also, wie man das Wirksame benennt. Wichtig ist nur, dass das, was einem hilft - ob es wirklich "eigene" Kräfte sind oder nicht, kann ohnehin keiner untersuchen - tatsächlich eine geistige Existenz bekommen hat, dadurch, dass sie wirklich wirksam ist.
Ich werde an dieser Stelle nicht von Existenz sprechen. Es ist bestimmt für viele Menschen verlockend, die darin vielleicht eine gewisse Faszination für Anderswelten „verwirklicht“ sehen möchten, aber aus meiner Sicht ist „Existent“ schon eine ganz wichtiger Bedeutungszusammenhang, den man nicht aufweichen sollte.
Wenn ein Wahrnehmungssystem mit „Existenz“ umgeht, dann geht es immer um die Einordnung von anderen Bedeutungszusammenhängen.
D.h. eine Bedeutungsmenge, also ein Sachverhalt, bekommt (vom Wahrnehmungssystem) den Bedeutungszusammenhang „existiert“ zugeordnet, wodurch die Möglichkeiten im Umgang mit dieser Gesamtmenge beeinflusst werden.
Nun gibt es Bedeutungsmengen, die mit einer hohen Wahrscheinlichkeit von aussen verursacht werden, d.h. sie haben zu 100prozent einen von der Wahrnehmung unabhängigen Hintergrund.
Hier ist es sinnvoll zu sagen „es existiert“.
Beim „Existierenden“ handelt sich dann mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht um einen Wahrnehmungsvorgang, sondern um „Etwas“, das auf die Wahrnehmung einwirken kann.
„Existent“ ist also schon ein ganz schönes „Bedeutungs-Pfund“.
Würde man den „Verstehresultaten“ bzw. den „Verstehvorgängen“ in der Wahrnehmung auch den Status „existiert“ zuordnet, dann legt man sich unnötigerweise fest, was die Herstellung der Wahrnehmung betrifft.
Wird so eine Haltung verinnerlicht und dann auf das aktive Gehirn geblickt, wird man keine Chance mehr haben, hier eine Verbindung zu erkennen. Man sucht dann die Existenz oder die Existenzproduktion und wird sie nicht finden können.
Man kann dann vielleicht eine neue „Geist“-Religion gründen oder eine neue Philosophierichtung (Vorsicht: so wird es wohl auch gerade gemacht), aber dem Gehirn kann maximal eine Assistentenrolle zukommen - das ist eine unnötige Vorausfestlegung.
Mit dem „Glauben an Gott“ wird (aus meiner Sicht) keine Existenz geschaffen, sondern es werden lediglich Bedeutungszusammenhänge in einem Wahrnehmungssystem „betonend“ verwaltet.
Daraus können sich natürlich Zusammenhänge für die weiteren Reaktionsmöglichkeiten in dem Wahrnehmungssystem ergeben, aber man sollte es nicht so darstellen, dass eine „Gott-Existenz“ wirksam geworden ist, sondern dass bestimmte Bedeutungszusammenhänge mehr „betont“ werden, als andere.
Man kann auf diese Weise den „spektakulären Existenzanspruch“ rein auf den „normalen“ Umgang mit Bedeutungszusammenhängen (durch ein Wahrnehmungssystem) herunterschrauben – natürlich ist das dann nicht „Religionsfähig“, vielleicht sogar eher langweilig, aber es ist näher am aktiven Gehirn (und damit an der Wahrheit?).
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Münek hat geschrieben:Völlige Zustimmung. Auch ich könnte keiner dieser Aussagen zustimmen
Sehr gut, wenn man sich auf diese Antwortauswahl einlässt, bestätigt man dem Fragenden quasi, dass es einen konkreten Gegenstand gibt, um eine Haltung dazu einzunehmen.
Genau dieser Gegenstand liegt aber nicht vor, denn „Gott“ ist aktuell nur eine Suchaufgabe, mehr nicht.
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closs hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben:Beim Wort „Gott“ handelt sich somit auch nach der Konkretisierung immer noch um eine Suche und nicht um eine Zielvorstellung.
Suche sowieso, Zielvorstellung aber auch.
Und wo soll das Ziel liegen – in der Nicht-Materiellen-Welt?
Somit wird aus dem „verkleideten Ziel“ wieder die Suche, die es schon immer war.
closs hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben:Allerdings ist das „Ergebnis“ nur eine unvollständige Vermutung
Natürlich ist es so - aber was ändert es daran, dass das Ziel Realität sein kann und man selbst mit SEINEN Kriterien dieses Ziel zwar unscharf, aber der Richtung nach lokalisiert hat?
Du nennst es „Richtung“, wenn es „nicht-materiell“ sein soll?
Du nennst es „Ziel“, wenn Überlegungen aufgestellt werden, durch die die Suche immer noch am Anfang steht?
closs hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben:In deiner Sicht wird das Wort „Gott“ vermutlich nicht mehr als Suche interpretiert sondern als Ergebnis.
Allenfalls gibt es eine subjektive Gewissheit - aber "Ergebnis" gibt es nie
Wenn man sich die Rituale, die Schriften, die Interpretationen der Religionen und das Verhalten der Gläubigen ansieht, dann wird eindeutig so getan, als läge ein Ergebnis vor.
Wieso müsste ich sonst darauf hinweisen, dass man vielleicht ab und zu das Wort „Vermutung“ verwenden sollte?
Schau dir die religiösen Bauwerke an, schau dir die lustigen Religions-Kriege an, schau dir die religiösen Gesellschaftsformen an, die Beschneidungen, die Opfer, die Hinrichtungen.
Verhält man sich so, wenn man nur auf der Suche ist?
closs hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben:Da hat die Suggestion ganze Arbeit geleistet
Es ist DEINE Suggestion, wenn Du meinst, eine nur ansatzweise Konkretisierung sei automatisch als "Suggestion" zu verstehen
Nein, nicht die Konkretisierung ist die Suggestion, sondern der Aufbau des Wunsches nach Erfüllung, so dass das Ergebnis am Anfang der „Suche“ (die man dann nicht mehr durchführt) steht.
closs hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben:Warum machst du bei „Gott“ eine komplette Ausnahme?
Wieso DAS? - Das Ziel qualifiziert sich über geistig plausibel erscheinende Eigenschaften, die Harvey, der Hase, mit SIcherheit NICHT hat.
„Plausibel“ nur in Bezug auf deinen Wunsch.
Das „Herrchen“ von Harvey (also das im jeweiligen menschlichen Gehirn stattfindende Verstehen) sieht in der Stupsnase bestimmt all seine Sehnsüchte erfüllt - das passt.
Woher kommt dein Wunsch?