Alles Teufelszeug? IX

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sven23
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#391 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Do 29. Mär 2018, 16:29

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ratzinger meinte, Glaubensbekenntnisse in die Forschung einschleusen zu können. Dafür ist er gemaßregelt worden.
Und andere sind von Ratzinger gemaßregelt worden -
Nö, Ratzinger bleibt nur der Aufruf zum Glaubensentscheid. Und weil er auf der sachlichen Ebene nichts zu entgegnen hat, bleibt ihm nur das Geschwafel vom Antichristen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:innerhalb ihrer wissenschaftlichen Hermeneutik
Du verschleierst: Es geht nicht darum, ob auf Basis von Verständnis-Vorannahmen wissenschaftlich oder unwissenschaftlich untersucht wird, sondern um die Verständnis-Vorannahmen selbst. - Also nicht WIE Annahmen bearbeitet werden, sondern um welche Annahmen es sich handelt.
Eben, und Glaubenshermeneutik hat in historischer Forschung nichts verloren.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das ist der Standard in der historischen Forschung, wie bei jedem anderen antiken Text auch. Begreif das doch endlich.
Warum bleibst Du ständig bei diesem ungeheuer bekannten Faktum stehen? - Das ist immer klar gewesen.
Nö, das war nicht immer klar, sonst hätte man es closs und Co nicht immer wieder sagen müssen. Trotzdem wollen sie durch die Hintertür immer wieder den glaubensideologischen Fuss in die Tür bekommen.

closs hat geschrieben: Es geht doch hier nicht darum, was historisch(methodisch)e Forschung macht, sondern wie man sich der Wirklichkeit nähern kann. -
Ähm, der historischen Wirklichkeit kann man sich nun mal nur mit wissenschaftlicher Methodik nähern. Genau deshalb wird historische Forschung betrieben. Mit Glaubensbekenntnissen geht das nun mal nicht. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Keine, die auf Glaubensbekenntnissen beruht.
Falsch. - Man kann auf Basis unterschiedlicher (nicht-falsifizierbarer) Vorannahmen wissenschaftlich arbeiten - wie oft musste ich das schon schreiben? - Du kommst einfach nicht über den Punkt hinaus, dass Vorannahmen "wissenschaftlich" oder "unwissenschaftlich" seien. - Das ist absoluter Quatsch - völlig verqueres Grundlagen-Verständnis.
Nee, das ist Standard in der historischen Forschung, was du schon mal weiter oben verstanden zu haben vorgegeben hast.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ich habe dir anhand von Theißen dargelegt, dass du den hermeneutischen Zauberstab falsch verwendest.
Nein - hast Du nicht.
Doch, habe ich. Und zwar wurde da der Unterschied eines Laien zu einem Profi überdeutlich aufgezeigt.
Ich schrieb:

Mein Verdacht, dass du Hermeneutik falsch verstehst, erhärtet sich zunehmend.
Hermeneutik ist die Kunst des Verstehens von Texten. Theißen weist darauf hin- ähnlich wie Bultmann- dass man antike Texte nicht einfach ungefiltert mit unserem heutigen Verständnis lesen kann.
Man benötigt ein Vorverständis, wie die damalige mythische Welt der Antike "funktionierte". Dazu zählen z. B.. wie man damals Wunder, Krankheiten, Heilungen und Exorzismen verstand und interpretierte.
Das, mein lieber closs, ist Hermeneutik und nicht dein hermeneutischer Zauberstab als Universalwaffe, um historisch-kritische Forschung unterlaufen zu können.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Warum verwendet sie dann nicht die biblisch-kritische Methode, die ja laut closs das gleiche macht?
Bereits im anderen Thread beantwortet. - Ähm - wie wäre es, wenn wir dieses Thema wieder in EINEM Thread diskutieren würden?
Gerne, aber da war die Antwort unbefriedigend, bzw. falsch.

closs schrieb:
UND: Weil er (Ratzinger) die säkulare HKM-Hermeneutik ja ersetzen wollte!!!

Also laut closs wollte Ratzinger die HKM ersetzen durch Kanonik, was aber laut closs eigentlich nicht geht.
siehe nachfolgendes Zitat:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Was erhofft man sich davon, eine wissenschafliche Hermeneutik durch Glaubenshermeneutik zu ersetzen?
Nichts - weil an so was niemand gedacht hat. - Darum ging es nie. - Es ging nie darum, die Sachebene zu verändern, sondern immer nur darum, auf Basis anderer Vorannahmen zu interpretieren - man wollte "nicht-falsifizierbar x" durch "nicht-falsifizierbar y" ersetzen. - Mehr nicht.

Dazu paßt dann folgendes:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Auch ersetzen ist Unfug, den du selbst mal als Fehler bezeichnet hast. Hast du deine Meinung mal wieder geändert?
Keine Ahnung, was Du da wieder nicht gerafft hast.
Ich denke eher, dass Wankel-Closs selber nicht mehr rafft, was er für ein Zeug zusammenschreibt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die "Sachebene" ist auch so ein closssches Hirngespinst. Man erklärt einfach alle Ergebnisse, die einem nicht gefallen, zu nicht-Sachergebnissen
"Sachergebnis" ist "Zur Zeit Jesu war Pilatus Statthalter" - "Hermeneutisch-interpretatives Ergebnis" ist "Nahes Gottesreich ist im Sinne einer irdischen Machtübernahme zu verstehen".
Eben, so wie es im jüdischen Kontext zu verstehen war und nicht im späteren christlich-kirchlichen Konstrukt. Der Jude Jesus ist nur innerhalb seines jüdischen Kontextes zu verstehen. Auch das ist Konsens in der Forschung.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:historisch nachweisbares ist vollkommen ausreichend für historische Forschung.
Mir geht es um "Wirklichkeit".
Ähm, du wirst lachen, aber die historische Jesusforschung wird seit 250 Jahren betrieben, einzig zu dem Zweck, sich die "Wirklichkeit" Jesu zu erschließen.
Ergebnis: der biografische Jesus ist nicht mehr zu rekonstruieren. Zu gering war das Interesse der Schreiber am echten, historischen Jesus.
Dafür wissen wir um so mehr über seine Verkündigung. Und die Naherwartung gehört eindeutig dazu, sie stand im Zentrum seiner Verkündigung.

closs hat geschrieben: - Die Theologie interessiert nicht, dass Jesus über das nahe Gottesreich predigte (das ist eh klar), sondern was ER (und nicht das Volk oder gar die Schreiber) damit gemeint hat.
Dass auch heutige Glaubensideologen nicht am echten, historischen Jesus interessiert sind, ist bekannt. Sie wissen, warum. :roll:


closs hat geschrieben: 2+2 bleibt immer vier.
Laut closs nicht. Nach ihm kann das Ergebnis gleichzeitig wahr und falsch sein. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Du kannst ja gerne nachweisen, dass deine geliebten Gaubensbekenntnisse in der historischen Forschung verwendet werden können.
Nein - da eben NICHT, weil die historisch-methodische Forschung nur säkulare Hermeneutiken kennt und deshalb nur diesen Teil abdecken kann. - Sicherlich wäre es möglich (siehe Ratzinger) auch spirituelle Hermeneutiken auf die Sachebene der HKM aufzusetzen - aber das ist gescheitert. - Also müssen solche Zugänge zur historischen Realität von anderen geleistet werden.

Wer glaubt, mit Glaubensbekenntnissen Zugänge zur "historischen Realität" finden zu können, der glaubt wohl auch, dass Zitronenfalter Zitronen falten. :lol:

Die inspirierten Bücher lehren die Wahrheit. ,,Da also all das, was die inspirierten Verfasser oder Hagiographen aussagen, als vom Heiligen Geist ausgesagt gelten muß, ist von den Büchern der Schrift zu bekennen, daß sie sicher, getreu und ohne Irrtum die Wahrheit lehren, die Gott um unseres Heiles willen in heiligen Schriften aufgezeichnet haben wollte"
Katechismus der katholischen Kirche

Willst du uns das ernsthaft als Basis für wissenschaftliche, historische Forschung verkaufen? :roll:


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Und dass der Forschung die Methodik wichtiger sei als die Wahrheit, ist eine Erfindung des Lügenbarons closs.
Dazu habe ich mich ausführlichst geäußert - Stichwort: Forschung kann nur methodische Ergebnisse bringen, die ontisch ("Wahrheit") falsch sein können - die Forschung kann aus Gründen der Diszplin ihren methodischen Weg nicht verlassen, selbst wenn er in den Graben führt.
Darum ging es nie:
Dass Forschung sich auch irren kann, ist eh klar.
Deine Aussage war, dass der Forschung die Methodik wichtiger sei als die Wahrheit. Das ist etwas völlig anderes und zudem eine böswillige Unterstellung.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Aber Ratzinger lehnt das historisch-kritische Textverständnis ab. Das ist doch die Heuchelei.
Falsch - Ratzinger lehnt die historisch-kritische Wortauslegung und all die anderen rein sachlichen Aspekte der HKM NICHT ab -
Wenn er seinen glaubensideologischen Stiefel durchziehen will, kann er das auch ohne die historisch-kritische Methode, deren Ergebnisse ihm sowieso nicht gefallen. Darum geht es doch in Wahrheit.


closs hat geschrieben: "Glaubensbekenntnisse" kannst Du deshalb vergessen, weil JEDER interpretativen hermeneutik ein "Glaubensbekenntnis" zugrunde liegt - so kommen wir nicht weiter.
Der Forschung liegt lediglich der "Glaube" zugrunde, dass die Anwendung einer wissenschaftlichen Methodik in der historischen Forschung zu brauchbaren Ergebnissen führt. Glaubensbekenntnisse sind hier nicht erwünscht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Doch, genau so kommt man weiter
Ideologisch kommt man weiter. - Du scheinst aus der Tatsache, dass die einen Setzungen/Glaubensbekenntnisse momentan mehr Zulauf haben als die anderen, zu schließen, dass man damit was festklopfen kann. - Es wird nicht auf Dauer funktionieren.
Ich würde eher sagen, es wird nicht auf Dauer funktionieren, die Ergebnisse der Forschung zu ignorieren.
Conzelmann kann nicht nochmal 50 Jahre recht behalten.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#392 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Do 29. Mär 2018, 17:14

sven23 hat geschrieben:Eben, und Glaubenshermeneutik hat in historischer Forschung nichts verloren.
Nix "eben" - Du hast in der Sache nicht verstanden.

sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:

sven23 hat geschrieben:
Das ist der Standard in der historischen Forschung, wie bei jedem anderen antiken Text auch. Begreif das doch endlich.

Warum bleibst Du ständig bei diesem ungeheuer bekannten Faktum stehen? - Das ist immer klar gewesen.


Nö, das war nicht immer klar, sonst hätte man es closs und Co nicht immer wieder sagen müssen.
Falsch - Du hast in der Sache nicht verstanden.

sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Es geht doch hier nicht darum, was historisch(methodisch)e Forschung macht, sondern wie man sich der Wirklichkeit nähern kann. -


Ähm, der historischen Wirklichkeit kann man sich nun mal nur mit wissenschaftlicher Methodik nähern.
Dito.

sven23 hat geschrieben:Nee, das ist Standard in der historischen Forschung
Wir sprechen nicht von "historischer Forschung", sondern von "Wissenschaft".

sven23 hat geschrieben:Doch, habe ich. Und zwar wurde da der Unterschied eines Laien zu einem Profi überdeutlich aufgezeigt.
Ich schrieb: ...
Das, was Du hier seitens Theißen/Bultmann zitierst, ist kalter Kaffee und hier nicht das Thema. - Das Problem: Du tansferierst den Begriff "Vorverständnis" in eine ganz andere Ebene. - Hier aber geht es um das interpretative Vorverständnis im Sinne von "Ich interpretiere, als wäre die Geschichte ein ununterbrochener naturalistischer Wirkungszusammenhang".

Zugegeben: Der Begriff "Hermeneutik" ist schwierig, weil - wie es, glaube ich, Gadamer gesagt hat - Hermeneutik "vorher und nachher" sei. - Wir müssten also in der Tat unterscheiden zwischen
1) Welche Hermeneutik bringt man vorab im wissenschaftlichen Ansatz mit?
2) Mit welcher Hermeneutik interpretiert man, nachdem man mit seinem Ansatz Sachergebnisse erzielt hat?

So gesehen haben wir zwei verschiedene Hermeneutik-Ebenen (ich wollte erst mal bei der interpretativen Hermeneutik bleiben, damit es nicht kompliziert wird - aber jetzt kommst Du halt damit). - Du versuchst gerade 2) in 1) hineinzubauen - es wäre besser, Du würdest sie NICHT vermanschen. - Davon abgesehen: Was Du zur Hermeneutik 1) sagst, ist kalter Kaffee. - Aber damit kriegst Du Hermeneutik 2) nicht los.

sven23 hat geschrieben:Also laut closs wollte Ratzinger die HKM ersetzen durch Kanonik
Nein - nicht die Sachebene der HKM (siehe 1993), sondern nur den hermeneutisch-interpretativen Aufsatz. - Folgende Antwort, die Dir vorliegt, stimmt nach wie vor:
Closs hat geschrieben: Es ging nie darum, die Sachebene zu verändern, sondern immer nur darum, auf Basis anderer Vorannahmen zu interpretieren - man wollte "nicht-falsifizierbar x" durch "nicht-falsifizierbar y" ersetzen. - Mehr nicht.

Folgende Antwort war ebenfalls richtig:
Closs hat geschrieben: "Weil er (Ratzinger) die säkulare HKM-Hermeneutik ja ersetzen wollte!!!" -
NICHT die HKM auf Sachebene, sondern deren hermeneutisch-interpretativen Aufsatz.

Folgende Bemerkung stimmt von der Sache her ebenfalls noch:
Closs hat geschrieben:Keine Ahnung, was Du da wieder nicht gerafft hast.
Allerdings vermute ich inzwischen, dass Du wieder mal die Sachebene mit der hermeneutischen Ebene vermanscht hast - also langsam ahne ich.

sven23 hat geschrieben: Der Jude Jesus ist nur innerhalb seines jüdischen Kontextes zu verstehen.
Das ist KEINE sachlich-neutrale Feststellung, sondern eine hermeneutische Interpretation - also NICHT neutral, sondern jederzeit auf identischer Sachebene, aber mit anderer Hermeneutik widersprechbar.

sven23 hat geschrieben:du wirst lachen, aber die historische Jesusforschung wird seit 250 Jahren betrieben, einzig zu dem Zweck, sich die "Wirklichkeit" Jesu zu erschließen.
Das spricht ihr doch keiner ab - aber sie ist nur EINE Disziplin, die das tut.

sven23 hat geschrieben:Dass auch heutige Glaubensideologen nicht am echten, historischen Jesus interessiert sind, ist bekannt.
Das gilt aber nicht in den großkirchlichen Theologien. Ich weiß wirklich nicht, wo Du Dir immer Deine Glaubensideologen herzauberst.

sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:
2+2 bleibt immer vier.


Laut closs nicht. Nach ihm kann das Ergebnis gleichzeitig wahr und falsch sein.
Nicht auf Sachebene, aber im jeweiligen Sinne unterschiedlicher hermeneutischer Interpretationen - Du vermanscht beides.

sven23 hat geschrieben:Willst du uns das ernsthaft als Basis für wissenschaftliche, historische Forschung verkaufen?
Für die Sachebene spielt das keine Rolle - ob 2+2 = 4 hermeneutisch so oder anders interpretiert wird, ändert nichts an 2+2=4. - DASS das nahe Gottesreich im Zentrum Jesu Verkündigung war, ist weder von HKm noch von anderen Exegesen in Frage gestellt - aber es bedeutet Unterschiedliches. - "2+2=4" alias "Das Reich ist nahe" beibt dabei.

Basis der Wirklichkeits-Forschung dessen, was damals der Fall war, ist und bleibt (in diesem Kontext): "Das Reich ist nah" - sowohl bei aufgesetzter säkularer als auch bei aufgesetzter spiritueller Hermeneutik.

sven23 hat geschrieben:Deine Aussage war, dass der Forschung die Methodik wichtiger sei als die Wahrheit. Das ist etwas völlig anderes und zudem eine böswillige Unterstellung.
Nein - die Forschung (das gilt auch für die kanonische Exegese) hält an ihrem methodischen Weg fest und bezeichnet das als "Ergebnis zur Wahrheit", was sie dabei an methodischen Ergebnissen erzielt (es geht gar nicht anders). - Wenn die Wahrheit eine andere ist, als der gewählte methodische Weg an Ergebnissen bringt, zählen nichtsdestoweniger die methodischen Ergebnissen und nicht die Wahrheit - das ist normal und keine Unterstellung.

sven23 hat geschrieben:Wenn er seinen glaubensideologischen Stiefel durchziehen will, kann er das auch ohne die historisch-kritische Methode, deren Ergebnisse ihm sowieso nicht gefallen.
Ratzinger ist nicht glaubens-IDEOLOGISCH (jetzt weiß ich auch, wie Du dieses Kampfwort generierst), weil er seine Grundlage vorher benennt ("Wenn mein Glaubensentscheid richtig ist, dann gilt: ..."). - Es ist bedauerlich, dass diese nicht von Deiner Fraktion zu hören ist - denn tut man es NICHT wie Ratzinger, läuft man in der Tat Gefahr, ideologisch zu werden, weil man meint, seine Ergebnisse seien setzungsfrei - das sind sie aber nicht.

Davon abgesehen: Ratzingers Aussage von 1993, dass die neutralen Sachergebnisse der HKM unverzichtbar für das Verstehen der Texte seien, gilt nach wie vor. - Geh einfach mal davon aus, dass er das alles absichtlich geschrieben hat. :D

sven23 hat geschrieben:Der Forschung liegt lediglich der "Glaube" zugrunde, dass die Anwendung einer wissenschaftlichen Methodik in der historischen Forschung zu brauchbaren Ergebnissen führt.
Bei Sachergebnissen sowieso. - Aber Du lässt wieder mal die hermeneutisch-interpretativen Setzungen weg. - Du verharmlost dieses Thema, um das eigentliche Problem vermeiden zu können.

sven23 hat geschrieben:Ich würde eher sagen, es wird nicht auf Dauer funktionieren, die Ergebnisse der Forschung zu ignorieren.
Das ist auch nicht nötig - auf sachneutraler Ergebnisebene gibt es diesbezüglich im Wesentlichen auch schon heute keine Probleme. - Du vermanschst nach wie vor "Sachebene" und "hermeneutische Interpetationsebene".

sven23 hat geschrieben:Conzelmann kann nicht nochmal 50 Jahre recht behalten.
Im Grunde ist er bereits heute mit dieser Aussage klinisch tot. Sie wird nur noch innerbetrieblich gepflegt - die Karawane ist längst weitergezogen.

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#393 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Do 29. Mär 2018, 19:14

Roland hat geschrieben: Richtig, sie als antijudaistisch zu bezeichnen ist nämlich schlicht absurd.

Na ja, man kann sich auch alles schönreden, aber im Johannesevagelium finden sich Beschimpfungen, die sich nicht als Liebesbekundungen schönreden lassen.

(Joh 8, 44-45): "Ihr habt den Teufel zum Vater, und nach eures Vaters Gelüste wollt ihr tun. Der ist ein Mörder von Anfang an und steht nicht in der Wahrheit."

Der biblische Antujudaismus ist nicht zu leugnen und war die Ausgangsbasis für den nachfolgenden kirchlichen Antijudaismus.

Nach anfänglicher Irritation wurde das Leiden und Sterben Jesu für die Christen bald
zum zentralen Inhalt ihrer Verkündigung. Die Katastrophe, die Niederlage am Kreuz
wurde zu einem Sieg umgedeutet. Mit einem nur lehrenden und nur wunderwirkenden
Jesus wäre die frühe Kirche nicht weit gekommen, mit einem für unsere Schuld
gestorbenen und wiederauferstandenen Gott trat die neue Religion ihren Siegeszug in der
damals bekannten Welt an. Mit dem Leiden ihres Herrn begann aber auch das Leiden
seines Volkes, mit Golgatha nahm aber auch der christliche Antijudaismus seinen
Anfang.
Denn schon für Paulus war klar, dass die Juden Jesus getötet haben, so wie sie es
auch schon mit den Propheten getan hatten (1. Thess 2,15). Für ihn sind sie die
Christusmörder, die eigentlich Schuldigen am Tode Jesu. Und bald wurden die Juden
unter Berufung auf den Juden Paulus verfolgt. Es kann Paulus nicht vorgeworfen werden,
dass er die über Jahrhunderte tödlichen Konsequenzen seiner Ausfälle nicht hat
überblicken oder auch nur erahnen können, man muss ihm aber vorwerfen, dass es ihm
offenbar auch selbst nicht aufgefallen ist, dass seine Schuldzuweisung auch seiner
Theologie widerspricht. Denn wenn es Gottes Wille war, dass Jesus am Kreuz für unsere
Sünden stirbt, und dies lehrt Paulus ja, dann ist doch alles wunderbar nach Plan
verlaufen. Wieso sollte dann die Juden, wieso sollte irgendjemand dafür eine Schuld
treffen? Juden und Römer hatten dann doch ihre heilsgeschichtliche Funktion und haben
sie erfüllt. Doch man darf vermuten, dass es unter anderem die permanenten
Auseinandersetzungen mit den Juden (eben um die Person Jesu und seine Bedeutung)
waren, die Paulus in seinem ältesten erhaltenen Brief und sicher auch bei vielen anderen
Gelegenheiten zu unbedachten Äußerungen hingerissen haben. Seine ehemaligen
Glaubensbrüder haben dies schwer büßen müssen.
Doch ist es nicht Paulus allein, auf den sich der christliche Judenhass stützen konnte,
es ist vor allem auch jene unselige Stelle in den Passionslegenden bei Matthäus, die
christlichen Fanatikern die Munition lieferte. Denn als es darum ging, wen Pilatus
amnestieren sollte, Jesus oder den Aufrührer Barrabas, will das Volk Barrabas haben,
angeblich aufgewiegelt durch die hohen Priester. Pilatus wäscht daraufhin in einer
berühmten Szene seine Hände (in Unschuld) und Matthäus bringt den Satz: Und alles
Volk antwortete und sprach: Sein Blut komme über uns und unsere Kinder. (Mt 27,25)
Dieser Satz ist eines der Unworte der Bibel und hat gewaltiges Leid über die Juden
gebracht. Wo immer in den folgenden Jahrhunderten und Jahrtausenden Juden von
Christen verfolgt wurden, hatten sie diesen Satz immer im Gepäck. Christliche Fanatikerkonnten sich,
wenn sie sich auf diesen Satz beriefen, geradezu noch als Vollstrecker einer
göttlichen Gerechtigkeit vorkommen. Die Juden hätten quasi ihre gerechte Strafe selbst
eingefordert. Die Perfidität wird noch verstärkt, wenn man berücksichtigt, dass die Worte
der Bibel bald schon als göttlich inspiriert galten, die Barbarei quasi dogmatisch bestätigt
und gerechtfertigt wurde.
Doch wo hat Matthäus diese Worte her? Bei Markus hat er sie nicht gefunden und
auch bei Lukas stehen sie nicht. Sie sind eine Erfindung des Evangelisten selbst, aus
heutiger Sicht eine weitere dreiste Fälschung (die Neutestamentler sind sich hier
weitgehend einig, auch wenn sie dies gerne vornehmer formulieren), vermutlich in der
Absicht, den Juden zu schaden, mit denen auch die Gemeinde des unbekannten
Evangelisten in heftige Auseinandersetzungen verstrickt war. Der Konsequenzen dessen,
was sie schrieben und dass man ihre Texte noch nach zweitausend Jahren lesen würde,
konnten auch die Evangelisten sich nicht bewusst sein. Für uns heute und mehr noch für
die Juden ist dies jedoch nur ein schwacher Trost. Wieder einmal sieht man zudem die
Leichtfertigkeit, mit der die Evangelisten schalten und walten, hinzufügen und streichen,
umdeuten und hinlenken. Und man muss erneut fragen, wo überhaupt man noch mit
einigermaßen authentischer Überlieferung rechnen kann.
Wer war aber nun wirklich verantwortlich für den Tod Jesu? In den Evangelien lässt
sich deutlich die Tendenz erkennen, die Römer zu entlasten. Pilatus wäscht wie erwähnt
nicht nur seine Hände in Unschuld, auch dessen Frau bestätigt durch einen Traum die
Schuldlosigkeit Jesu. Bei Lukas tritt sogar Herodes Antipas, der Landesherr Jesu, quasi
als Entlastungszeuge auf. (Lk 23,14–15) Pilatus, diesen Eindruck erwecken die
Evangelien, wird von den Juden zur Verurteilung Jesu genötigt, obwohl er persönlich von
dessen Unschuld überzeugt war. Bei Johannes beteuert Pilatus dreimal seine Unschuld,
und im apokryphen Petrusevangelium sind die Römer gar nicht mehr beteiligt. Hier
übergibt Herodes Jesus den Juden zur Kreuzigung.
Die Entlastungstendenz lässt sich vermutlich auch verstehen aus dem Bemühen der
frühen Christen, ihre Loyalität gegenüber der römischen Obrigkeit zum Ausdruck zu
bringen. Auch die vermeintliche Sentenz Jesu, Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und
gebt Gott, was Gottes ist (Mk 12,17), die von den meisten Exegeten als unhistorisch
angesehen wird (Bultmann hält sie für echt), verfolgt dieselbe Tendenz. Den Römern
gegenüber wollte man Loyalität signalisieren, den Juden gegenüber grenzte man sich aber
immer mehr ab. Vermutlich sah die Wirklichkeit wohl anders aus: Theißen und Merz
betonen: „Rechtsverhältnisse und Hinrichtungsart erweisen eindeutig die Römer als
Hauptverantwortliche für den Tod Jesu.“ (Theißen/Merz, Der historische Jesus, S. 399)
Die Römer hatten die Blutgerichtsbarkeit, die Kreuzigung war eine römische Strafe,
angewandt vor allem bei Sklaven und politischen und religiösen Aufrührern. Hätten die
Juden Jesus getötet, wäre er vermutlich gesteinigt worden (wie es später mit Jesu Bruder
Jakobus geschah). Der Traum der Frau des Pilatus ist ganz legendarisch, ja selbst die
Freilassung des Barrabas anstelle von Jesus (mit den Unschuldsbeteuerungen des
Pilatus) ist historisch unsicher, denn es ist von der angeblichen Sitte, zum Fest einen
Verbrecher zu amnestieren, sonst nichts bekannt. Denkbar ist jedoch, dass jüdischeKreise,
zu denken ist vor allem an die Tempelaristokratie, bei den Römern auf eine
Verurteilung Jesu hingewirkt, dass sie Jesus gewissermaßen angezeigt haben.

Kubitza, Der Jesuswahn
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#394 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Do 29. Mär 2018, 19:35

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Paulus hat das Märchen von den Gottesmördern in die Welt gesetzt, …
Es ist einfach eine historische Tatsache, dass Jesus auf Betreiben der Juden hingerichtet wurde. Weiter vorn schriebst du noch, dass auch "die Forschung" dies, deiner Meinung nach, in Betracht ziehen würde - und jetzt ist es ein Märchen, das Paulus in die Welt gesetzt hat. Übrigens: Das Wort "Gottesmörder" findet sich weder bei Paulus noch sonstwo in der Bibel.
Stimmt, das hat die Kirche besorgt, konnte sich aber auch die Bibel berufen.
Der genaue Anklagepunkt ist unklar. Die Kreuzigung spricht aber eindeutig für die Verantwortung der römischen Besatzungsmacht.

„Rechtsverhältnisse und Hinrichtungsart erweisen eindeutig die Römer als Hauptverantwortliche für den Tod Jesu.“
(Theißen/Merz, Der historische Jesus, S. 399)

Roland hat geschrieben: Und es war die Kirche, die in ihrer Geschichte die Juden eher geschützt als verfolgt hat, wie du z.B. hier nachlesen kannst.
Gläubige sind wohl Meister der Verdrängung und des Schönredens.

Roland hat geschrieben: Trotzdem stimmt es, dass sich sie sich phasenweise auch judenfeinlich verhalten hat. Damit konnte sie sich allerdings nicht auf Jesus berufen, der ja Nächsten- und Feindesliebe gepredigt hat.
Die Phase hielt ca. 2000 Jahre an.
Richtig, ist, dass sich die Kirche nicht auf Jesus berufen konnte. Er wollte gewiss keine neue Religion gründen, erst Recht nicht die Kirche, wie sie sich dann konstituierte. Das war so ziemlich das Gegenteil dessen, was er vertrat.

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Für das Volk, dem Jesus angehörte, entpuppte sich die sog. christliche Heilsgeschichte als eine Geschichte des Unheils.
Nachgeplapperte Klischees, die bei näherer Betrachtung sehr viel differenzierter zu bewerten sind.
Die Unheilsgeschichte der christlichen Kirche ist historisch gut aufgearbeitet. Das sind mehr dunkle Flecken als helle.

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Er geht konkret auf jüdische Schriften ein, die das Christentum heftig beleidigen. Und dass er sich besser nicht hätte derart provozieren lassen, steht sicher außer Frage.
Dann hätte Luther die Verfasser der Schmähschriften angreifen sollen und nicht die Juden im Allgmeinen. Es ist aber zu befürchten, dass sein Antijudaismus allgemeiner Natur war.
Wie gesagt, er griff konkret diese jüdischen Schriften an. Dass er trotzdem weit übers Ziel hinausgeschossen ist, sagte ich bereits. Er sah sein Lebenswerk gefährdet und war im übrigen auch nur ein Mensch seiner Zeit.
Tja, das war Jesus auch, deshalb irrte er sich, wie so viele vor und nach ihm.

Roland hat geschrieben: Seine späten Juden-Polemiken waren aber nicht allgemeiner Natur. Im Jahr 1523 verfasste er die Schrift „Dass Jesus ein geborener Jude sei“. Dort schreibt er, die Juden seien "von dem Geblüt Christi; wir sind Schwäger und Fremdlinge, sie sind Blutsverwandte, Väter und Brüder unseres Herrn". Luther wendet sich darin gegen Gräuelmärchen, die über Juden im Umlauf sind. Er kritisiert deren Ghettoisierung und die Berufsverbote, die über sie verhängt sind. Man solle als Christ freundlich und wertschätzend mit Juden umgehen.
Du wirst es nicht schaffen, aus dem Antisemiten Luther einen Judenfreund zu machen, ebensowenig wie Hitler.

"Die Juden sind ein solch verzweifeltes, durchböstes, durchgiftetes Ding, dass sie 1400 Jahre unsere Plage, Pestilenz und alles Unglück gewesen sind und noch sind. Summa, wir haben rechte Teufel an ihnen...; Man sollte ihre Synagogen und Schulen mit Feuer anstecken, ... unserem Herrn und der Christenheit zu Ehren, damit Gott sehe, dass wir Christen seien (...) ihre Häuser desgleichen zerbrechen und zerstören."
(Luther: Von den Juden und ihren Lügen, Tomos 8, S. 88ff)


"Luther war ein großer Mann, ein Riese. Mit einem Ruck durchbrach er die Dämmerung, sah den Juden, wie wir ihn erst heute zu sehen beginnen."
Kommentar vom Katholiken Adolf Hitler zu Martin Luther

"So glaube ich heute im Sinne des allmächtigen Schöpfers zu handeln: Indem ich mich des Juden erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herrn".
(Adolf Hitler)



Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Nur denen, die, wie Bultmann, einen handelnden Gott explizit in ihrer Exegese ausschließen. Denn ein Gott der nicht handlen kann, ist eben keiner. Das ist dann faktisch Atheismus.
Sag ich doch, die wirfst der historisch-kritischen Forschung im allgemeinen Atheismus vor. Das ist bestimmt wieder auf Bergers Mist gewachsen.
Nein, ich habe ja genau das Gegenteil gesagt. Mein Satz begann mit "Nur denen, die…" also gerade nicht "der historisch-kritischen Forschung im allgemeinen".
Aber genau wie closs solltest du inzwischen wissen, dass die historisch-kritische Forschung keinen in die Geschichte eingreifenden Gott voraussetzt und deshalb die biblischen Texte wie alle anderen antiken Texte behandelt. Das macht die historisch-kritische Methode aus.
Und die historisch-kritische Methode ist und bleibt nun mal die Standardauslegung in der historischen Jesusforschung.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#395 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Do 29. Mär 2018, 20:00

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Natürlich darfst du keine Fussnoten erwarten, in denen die Evangelisten zugeben, dass die der historischen Wahrheit etwas auf die Sprünge geholfen haben. Sie haben ja laut Roland sogar auf die historische Zuverlässigkeit hingewiesen, ergo wird das ja wohl stimmen.
Nachdem du deinen Strohmann zum x-ten Male wiederholt hast: Nach C.P. Thiede argumentiert derjenige "gegen den Stand Forschung" der heute noch ihre historische Zuverlässigkeit in Zweifel zieht.
Nee, das ist doch gerade das Merkmal der historisch-kritischen Methode. Kritisch bezieht sich auf den Unterschied zwischen historischem Geschehen und Überlieferung.
Thiede ist Glaubensideologe und kein Anhänger der wissenschaftlich arbeitetenden historischen Jesusforschung.


Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Nein, der Forschungsstand ist, dass die Evangelien nicht unkritisch als historische Tatsachenbericht gelesen werden können.

Jahrhundertelang sah man in den Evangelien Geschichtsberichte und ging auch von der völligen Übereinstimmung zwischen geschichtlichem Jesus und dem Christus des Glaubens aus.
Quelle: LMU München

Seit der Aufklärung ist das nicht mehr so.
Du reißt Sätze aus dem Zusammenhang und verdrehst sie dann. Jahrhundertelang sah man sie als Geschichtsberichte an, dann kam das 18. Jahrhundert (in dem du dich in dieser Frage immernoch befindest) dann "Third quest" und heute sind wir beim "Erinnerten Jesus" und man nimmt die Evangelien als Geschichtserzählungen wieder ernst.
Das ist vorläufig noch Wunschdenken einiger Glaubensideologen.
Die Forschung hat auf Ratzingers Versuch, Glaubensbekenntnisse in die Forschung einzuschmuggeln, gebührend beantwortet.

https://www.bibelwerk.de/sixcms/media.p ... stbuch.pdf


Roland hat geschrieben: In einer "historischen Jesusforschung", die sich definiert als den Versuch einen Jesus zu zeichnen, der mit den "historischen Erzählungen" des NT (Thiede) praktisch nichts mehr zu tun hat, sind die "Ergebnisse" des David Richard Strauß sicherlich heute noch Konsens. Strauß war ja wohl am Ende seines Lebens Materialist (Wikipedia). Das ist der Glaube, dass alles, auch der menschliche Geist, allein auf Materie und dessen Gesetzmäßigkeiten zurück zu führen sei. Dieser Glaube ist sozusagen die Gegenthese zum christlichen Glauben.
Strauss kann nichts dafür, dass den Schreibern die historischen Fakten wenig am Herzen lagen. Er hat es als erster umfassend aufgezeigt. Seine Ergebnisse sind größtenteils noch heute gültig. Das verdient Respekt. :thumbup:


Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Nein Anklage erheben durfte jeder. Die Anklage "dieser hat gesagt er sei der König der Juden" reichte aus um den Statthalter wegen Aufruhrs auf den Plan zu rufen.
Dass Jesus von der Tempelaristokratie angeschwärzt worden sein könnte, wird auch von der Forschung in Betracht gezogen. Der genaue Anklagepunkt bliebt aber im unklaren.
Nur bei Kubitza (dessen Verwirrung ja perfekt ist :) ). Jesus wird von Pilatus genau nach diesem Anklagepunkt befragt: "Bist du der Juden König?" Das steht in Mt. 24,11; Mk. 15,2; Lk.23,3 und Joh.18,33. Der Anklagepunkt ist also eigentlich kaum zu übersehen…
Na ja, wenn es historisch so gewesen ist, dann hat er den Bogen selbst überspannt.

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Jesus selbst sagt "Das Heil kommt von den Juden".
Natürlich, er war ja selbst Jude und "sah sich gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel..
Genau. Judenfeindlichkeit ins NT einzuschmuggeln ist also völlig absurd. Jesus hat die Juden auch nicht verdammt sondern über sie geweint
Falsche Schlussfolgerung: es wäre absurd, dem Juden Jesus Antijudaismus vorzuwerfen. Die Schreiber dagegen reagierten ziemlich angepißt, als sie erkennn mußten, dass die christliche Sekte bei den Juden keine große Zukunft haben würde.
Aus jüdischer Sicht nur allzu verständlich. Der schändliche Kreuzestod als gewöhnlicher Verbrecher war ja gerade für die Juden der Beweis, dass Jesus niemals der im AT verheißene Messias gewesen sein konnte.
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#396 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Do 29. Mär 2018, 20:22

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Eben, und Glaubenshermeneutik hat in historischer Forschung nichts verloren.
Nix "eben" - Du hast in der Sache nicht verstanden.
Ich habe wenigstens verstanden, dass Glaubenshermeneutik nichts in historischer Forschung zu suchen hat. Wie siehts mit dir aus?


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Es geht doch hier nicht darum, was historisch(methodisch)e Forschung macht, sondern wie man sich der Wirklichkeit nähern kann. -
Ähm, der historischen Wirklichkeit kann man sich nun mal nur mit wissenschaftlicher Methodik nähern.
Dito.
Eben, siehe oben.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nee, das ist Standard in der historischen Forschung
Wir sprechen nicht von "historischer Forschung", sondern von "Wissenschaft".
Von beidem, denn historische Forschung wird mit wissenschaftlicher Methodik betrieben. Das ist der Unterschied zu Glaubensideologien.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Doch, habe ich. Und zwar wurde da der Unterschied eines Laien zu einem Profi überdeutlich aufgezeigt.
Ich schrieb: ...
Das, was Du hier seitens Theißen/Bultmann zitierst, ist kalter Kaffee und hier nicht das Thema. -
Theißen mag für dich kalten Kaffee servieren, aber es ist das handwerkliche Rüstzeug, um antike Texte zu verstehen. Wer da schon scheitert, sollte sich vom hermeneutischen Geschwafel fernhalten.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Also laut closs wollte Ratzinger die HKM ersetzen durch Kanonik
Nein - nicht die Sachebene der HKM (siehe 1993), sondern nur den hermeneutisch-interpretativen Aufsatz. - Folgende Antwort, die Dir vorliegt, stimmt nach wie vor:
Closs hat geschrieben: Es ging nie darum, die Sachebene zu verändern, sondern immer nur darum, auf Basis anderer Vorannahmen zu interpretieren - man wollte "nicht-falsifizierbar x" durch "nicht-falsifizierbar y" ersetzen. - Mehr nicht.
Was heißt: mehr nicht. Das ist doch gerade der Fehler. Man kann nicht einfach wissenschaftliche Hermeneutik durch glaubensideologische ersetzen.
Was dabei rauskommt, sieht man am Kurzzeitkreationismus.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Der Jude Jesus ist nur innerhalb seines jüdischen Kontextes zu verstehen.
Das ist KEINE sachlich-neutrale Feststellung, sondern eine hermeneutische Interpretation - also NICHT neutral, sondern jederzeit auf identischer Sachebene, aber mit anderer Hermeneutik widersprechbar.
Mit Glaubenshermeneutik ja, aber die spielt in der historischen Forschung keine Rolle. Deshalb weist Theißen immer wieder auf den jüdischen Kontext hin. Nur so wird er und seine Verkündigung verständlich.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:du wirst lachen, aber die historische Jesusforschung wird seit 250 Jahren betrieben, einzig zu dem Zweck, sich die "Wirklichkeit" Jesu zu erschließen.
Das spricht ihr doch keiner ab - aber sie ist nur EINE Disziplin, die das tut.
Aber die einzige mit wissenschaftlicher Lizenz. Alles andere ist Glaubensideologie.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dass auch heutige Glaubensideologen nicht am echten, historischen Jesus interessiert sind, ist bekannt.
Das gilt aber nicht in den großkirchlichen Theologien. Ich weiß wirklich nicht, wo Du Dir immer Deine Glaubensideologen herzauberst.
Es gilt nicht für die Theologen in der historischen Forschung.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:
2+2 bleibt immer vier.
Laut closs nicht. Nach ihm kann das Ergebnis gleichzeitig wahr und falsch sein.
Nicht auf Sachebene, aber im jeweiligen Sinne unterschiedlicher hermeneutischer Interpretationen - Du vermanscht beides.
Nach welcher hermeneutischen Interpretation ist denn 2+2 nicht gleich 4 ?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Willst du uns das ernsthaft als Basis für wissenschaftliche, historische Forschung verkaufen?
Für die Sachebene spielt das keine Rolle - ob 2+2 = 4 hermeneutisch so oder anders interpretiert wird, ändert nichts an 2+2=4. - DASS das nahe Gottesreich im Zentrum Jesu Verkündigung war, ist weder von HKm noch von anderen Exegesen in Frage gestellt - aber es bedeutet Unterschiedliches. - "2+2=4" alias "Das Reich ist nahe" beibt dabei.
Es geht hier nicht um Additionsaufgaben, sondern um die Grundlagen wissenschaflicher Arbeit.

Die inspirierten Bücher lehren die Wahrheit. ,,Da also all das, was die inspirierten Verfasser oder Hagiographen aussagen, als vom Heiligen Geist ausgesagt gelten muß, ist von den Büchern der Schrift zu bekennen, daß sie sicher, getreu und ohne Irrtum die Wahrheit lehren, die Gott um unseres Heiles willen in heiligen Schriften aufgezeichnet haben wollte"
Katechismus der katholischen Kirche

Und das willst du uns doch wohl nicht ernsthaft als Basis wissenschaftlicher Arbeit verkaufen?


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Deine Aussage war, dass der Forschung die Methodik wichtiger sei als die Wahrheit. Das ist etwas völlig anderes und zudem eine böswillige Unterstellung.
Nein - die Forschung (das gilt auch für die kanonische Exegese) hält an ihrem methodischen Weg fest und bezeichnet das als "Ergebnis zur Wahrheit", was sie dabei an methodischen Ergebnissen erzielt (es geht gar nicht anders). - Wenn die Wahrheit eine andere ist, als der gewählte methodische Weg an Ergebnissen bringt, zählen nichtsdestoweniger die methodischen Ergebnissen und nicht die Wahrheit - das ist normal und keine Unterstellung.
Du solltest nicht von Kanonikern und anderen Glaubensideologen auf die historische Forschung schließen.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn er seinen glaubensideologischen Stiefel durchziehen will, kann er das auch ohne die historisch-kritische Methode, deren Ergebnisse ihm sowieso nicht gefallen.
Ratzinger ist nicht glaubens-IDEOLOGISCH (jetzt weiß ich auch, wie Du dieses Kampfwort generierst), weil er seine Grundlage vorher benennt ("Wenn mein Glaubensentscheid richtig ist, dann gilt: ..."). - Es ist bedauerlich, dass diese nicht von Deiner Fraktion zu hören ist - denn tut man es NICHT wie Ratzinger, läuft man in der Tat Gefahr, ideologisch zu werden, weil man meint, seine Ergebnisse seien setzungsfrei - das sind sie aber nicht.
Davon abgesehen: Ratzingers Aussage von 1993, dass die neutralen Sachergebnisse der HKM unverzichtbar für das Verstehen der Texte seien, gilt nach wie vor. - Geh einfach mal davon aus, dass er das alles absichtlich geschrieben hat. :D
Genau das ist zu befürchten. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Conzelmann kann nicht nochmal 50 Jahre recht behalten.
Im Grunde ist er bereits heute mit dieser Aussage klinisch tot. Sie wird nur noch innerbetrieblich gepflegt - die Karawane ist längst weitergezogen.
Das ist ja das traurige. Deshalb gehören die Ergebnisse der historischen Jesusforschung in den Schulunterricht.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#397 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Do 29. Mär 2018, 23:38

sven23 hat geschrieben:Ich habe wenigstens verstanden, dass Glaubenshermeneutik nichts in historischer Forschung zu suchen hat. Wie siehts mit dir aus?
Wenn man "historische Forschung" als Erbringer sachlich-neutraler Ergebnisse und sonst nichts versteht, stimme ich Dir zu - aber das ist bei der Bibel-Exegese nicht so - da wird auch seitens der HKM kräftig (glaubens-)hermeneutisch interpretiert. - Insofern muss man Dich fragen, warum Du "Glaubenshermeneutik" aus der historischen Forschung draußen haben willst, aber gleichzeitig auf "glaubens-hermeneutische" Interpretationen bestehst.

sven23 hat geschrieben:Theißen mag für dich kalten Kaffee servieren, aber es ist das handwerkliche Rüstzeug, um antike Texte zu verstehen.
Das ist doch der kalte Kaffee, weil es schon jeder weiß - "sogar" :angel: Ratzinger weiß das, weshalb er die Sachebene der HKM als unverzichtbar für das (darauf folgende) Bibel-Verständnis versteht. - Wirklich: Uralter, kalter Kaffee - darüber streitet sich keiner.

sven23 hat geschrieben:Was heißt: mehr nicht. Das ist doch gerade der Fehler. Man kann nicht einfach wissenschaftliche Hermeneutik durch glaubensideologische ersetzen.
Du verwechselst da wirklich was. - Die interpretative Hermeneutik, von der wir reden, ist sowohl bei der HKM als auch bei Ratzinger nicht-falsifizierbar, also - in Deinem Wortschatz - "glaubensideologisch" (ich würde es anders nennen, weil für normale Vorgänge bei Interpretation wissenschaftlicher Sachergebnisse das Wort "ideologisch" sachlich falsch ist).

sven23 hat geschrieben:Deshalb weist Theißen immer wieder auf den jüdischen Kontext hin. Nur so wird er und seine Verkündigung verständlich.
Es ist aber ein Unterschied, ob Jesus nur Mensch war und aus diesem Kontext gesprochen hat oder ob er auch Gott war - denn dann haben seine Aussagen etwas anderes zu bedeuten.

Zur Erinnerung: Wenn Jesus sagt "Ich bin die Wahrheit", hat das etwas anderes zu bedeuten, wenn er nur Mensch ist, als wenn er göttlich ist - beides aus dem jüdischen Kontext heraus. - Mit anderen Worten: "Verständlich" wird es nicht mit Hinweis auf den jüdischen Kontext (das wissen alle Exegeten), sondern mit der Hermeneutik, wie man diesen Kontext interpretiert.

sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:

sven23 hat geschrieben:
du wirst lachen, aber die historische Jesusforschung wird seit 250 Jahren betrieben, einzig zu dem Zweck, sich die "Wirklichkeit" Jesu zu erschließen.

Das spricht ihr doch keiner ab - aber sie ist nur EINE Disziplin, die das tut.


Aber die einzige mit wissenschaftlicher Lizenz.
Falsch - das ist nichts als ein Versuch, sich über wissenschafts-theoretische Einflussnahme ein Monopol zu verschaffen. - Oder direkt gesagt: Wenn Jesus göttlich war, ist diese exklusiv selbst-verordnete wissenschaftliche Lizenz für;n Arsch, weil dann viele ihrer methodischen Ergebnisse grottenfalsch sind. - Keine Methodik hat das Recht, sich die Realität/Wahrheit so zurecht zu biegen, dass sie nur in den eigenen Wahrnehmungs-Korridor passt.

sven23 hat geschrieben:Es gilt nicht für die Theologen in der historischen Forschung.
Auch für diese gilt es nicht - das wirft auch keiner vor.

sven23 hat geschrieben:Nach welcher hermeneutischen Interpretation ist denn 2+2 nicht gleich 4 ?
"2+2=4" als Sachergebnis bleibt immer dasselbe - da kann eine interpretative Hermeneutik nichts dran ändern. - Aber auf Basis dieses "2+2=4" kommen verschiedene Hermeneutiken zum jeweils "wahren" Ergebnis, dass Jesus eine bzw. keine Naherwartung hatte. - Die Lösung: Wenn deren jeweilige nicht-falsifizierbare hermeneutische Setzung dazu richtig wäre, hätte jeder recht - aber da ontisch nur eine dieser nicht-falsifizierbaren Setzungen richtig sein kann, hat einer unrecht. - Aber keiner weiß es/niemand KANN es wissen.

Und somit beugt sich der erkennende und redliche Wissenschaftler diesem Umstand und sagt: "Da ich mit meinen methodischen Erkenntnissen nicht die Falsifizierbarkeits-Grenze überschreiten kann, hängt die Richtigkeit meiner methodischen Erkenntnisse davon ab, ob ich hermeneutisch aufs richtige Pferd gesetz habe. - Aber genau das kann ich wissenschaftlich eben nicht ermitteln".

Das müsste jeder unideologische (!) Wissenschaftler wissen - und Theißen weiß es auch, deshalb sein Vorwort. - Ratzinger weiß es eh, weshalb er von "Glaubensentscheid" spricht.

sven23 hat geschrieben:Es geht hier nicht um Additionsaufgaben, sondern um die Grundlagen wissenschaflicher Arbeit.
Nach einer Methodik und einem Modell systematisch und intersubjektiv nachvollziehbar zu forschen - egal ob historisch-kritisch oder biblisch-kritisch.

sven23 hat geschrieben:Und das willst du uns doch wohl nicht ernsthaft als Basis wissenschaftlicher Arbeit verkaufen?
Nein - das ist eine interpretative Ebene, die nichts an 2+2=4 ändert. - Wissenschaftliches Arbeiten beschäftigt sich auf der Ebene 2+2=4: Beobachten, beschreiben - und dann nach einer bestimmten Hermeneutik interpetieren.

Vergiß nie: Wir sind hier nicht in den Naturwissenschaften, bei denen man interpretative Hermeneutiken experimentell überprüfen kann - geht hier nicht.

sven23 hat geschrieben:Du solltest nicht von Kanonikern und anderen Glaubensideologen auf die historische Forschung schließen.
Das gilt für HKM-lern und anderen Glaubensideologen :lol: genauso.

sven23 hat geschrieben:Das ist ja das traurige. Deshalb gehören die Ergebnisse der historischen Jesusforschung in den Schulunterricht.
Prinzipiell ja - aber nur bei einem "Publikum", das wissenschafts-theoretisch geschult ist, als0 den Unterschied zwischen "methodischem Ergebnis" und "Wahrheit" erkennt.

Genau das halte ich allenfalls in Leistungskursen für möglich - Du siehst, wie lange es hier dauert, bis diese Thematik überhaupt erkannt wird, und immer noch nicht einvernehmlich beurteilt wird. - Und das hängt sicherlich nicht mit einem Mangel an intellektuellen Fähigkeiten zusammen, sondern mit der seit Generationen sehr einseitig vonstatten gegangenen gesellschaftlichen Denkformatierungen (die übrigens inzwischen bis tief in die Theologie selbst hineingehen).

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#398 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Fr 30. Mär 2018, 07:34

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ich habe wenigstens verstanden, dass Glaubenshermeneutik nichts in historischer Forschung zu suchen hat. Wie siehts mit dir aus?
Wenn man "historische Forschung" als Erbringer sachlich-neutraler Ergebnisse und sonst nichts versteht, stimme ich Dir zu - aber das ist bei der Bibel-Exegese nicht so - da wird auch seitens der HKM kräftig (glaubens-)hermeneutisch interpretiert.
Alter Trick: man versucht den Aberglauben auf die gleich Stufe zu stellen, wie die Ablehnung von Aberglauben.

Die Forschung jedenfalls benötigt keine Glaubensbekenntnisse wie dieses:

Die inspirierten Bücher lehren die Wahrheit. ,,Da also all das, was die inspirierten Verfasser oder Hagiographen aussagen, als vom Heiligen Geist ausgesagt gelten muß, ist von den Büchern der Schrift zu bekennen, daß sie sicher, getreu und ohne Irrtum die Wahrheit lehren, die Gott um unseres Heiles willen in heiligen Schriften aufgezeichnet haben wollte"
Katechismus der katholischen Kirche


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Theißen mag für dich kalten Kaffee servieren, aber es ist das handwerkliche Rüstzeug, um antike Texte zu verstehen.
Das ist doch der kalte Kaffee, weil es schon jeder weiß - "sogar" :angel: Ratzinger weiß das, weshalb er die Sachebene der HKM als unverzichtbar für das (darauf folgende) Bibel-Verständnis versteht. - Wirklich: Uralter, kalter Kaffee - darüber streitet sich keiner.
Doch, das war immer ein Streitpunkt und ist es bis heute. Zum Vorverständnis der antiken Texte ist das mythische antike Weltbild unverzichtbar. Man kann sie nicht einfach mit heutigem Verständnis unreflektiert lesen. Glaubensideologen wollen davon aber nichts wissen.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Deshalb weist Theißen immer wieder auf den jüdischen Kontext hin. Nur so wird er und seine Verkündigung verständlich.
Es ist aber ein Unterschied, ob Jesus nur Mensch war und aus diesem Kontext gesprochen hat oder ob er auch Gott war - denn dann haben seine Aussagen etwas anderes zu bedeuten.
Desahalb hält sich die Forschung nicht falsifizierbare Glaubensbekenntnisse vom Hals.

closs hat geschrieben: Zur Erinnerung: Wenn Jesus sagt "Ich bin die Wahrheit", hat das etwas anderes zu bedeuten, wenn er nur Mensch ist, als wenn er göttlich ist - beides aus dem jüdischen Kontext heraus. - Mit anderen Worten: "Verständlich" wird es nicht mit Hinweis auf den jüdischen Kontext (das wissen alle Exegeten), sondern mit der Hermeneutik, wie man diesen Kontext interpretiert.
Geschenkt. Das entscheidende ist: mit Glaubensideologie hast du nichts in der historischen Forschung verloren. Also: Abteilungswechsel zu den Glaubensideologen.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Aber die einzige mit wissenschaftlicher Lizenz.
Falsch - das ist nichts als ein Versuch, sich über wissenschafts-theoretische Einflussnahme ein Monopol zu verschaffen. - Oder direkt gesagt: Wenn Jesus göttlich war, ist diese exklusiv selbst-verordnete wissenschaftliche Lizenz für;n Arsch, weil dann viele ihrer methodischen Ergebnisse grottenfalsch sind. - Keine Methodik hat das Recht, sich die Realität/Wahrheit so zurecht zu biegen, dass sie nur in den eigenen Wahrnehmungs-Korridor passt.
Wenn das Spaghettimonster göttlich ist, dann kannst du die ganze Bibel vergessen. Bringt nix und wird in der Forschung nicht praktiziert.
Also: wir untersuchen die Bibel mal so, als ob Jesus göttlich war, ist allein clossens laienhafte Vorstellung von wissenschaftlicher Forschung.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nach welcher hermeneutischen Interpretation ist denn 2+2 nicht gleich 4 ?
"2+2=4" als Sachergebnis bleibt immer dasselbe - da kann eine interpretative Hermeneutik nichts dran ändern. -
Eben, aber Kurzzeitkreationisten glauben das und closs hält das für "normal". :roll:


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das ist ja das traurige. Deshalb gehören die Ergebnisse der historischen Jesusforschung in den Schulunterricht.
Prinzipiell ja - aber nur bei einem "Publikum", das wissenschafts-theoretisch geschult ist, als0 den Unterschied zwischen "methodischem Ergebnis" und "Wahrheit" erkennt.
Man sollte dann aber nicht wie closs die Lüge verbreiten, dass der Forschung die Methodik wichtiger sei als die Wahrheit. Ziel jeder Forschung ist die Ermittlung der historischen "Wahrheit", die Methodik ist das Werkzeug dazu.

closs hat geschrieben: Genau das halte ich allenfalls in Leistungskursen für möglich - Du siehst, wie lange es hier dauert, bis diese Thematik überhaupt erkannt wird, und immer noch nicht einvernehmlich beurteilt wird.
Das liegt aber vor allem an dir selbst. Wenn du 16000 Beiträge benötigst, um nur mal zu verstehen, was Juden unter der Naherwartung verstanden, dann mußt du dich erst mal an die eigene Nase fassen.

closs hat geschrieben: - Und das hängt sicherlich nicht mit einem Mangel an intellektuellen Fähigkeiten zusammen, sondern mit der seit Generationen sehr einseitig vonstatten gegangenen gesellschaftlichen Denkformatierungen (die übrigens inzwischen bis tief in die Theologie selbst hineingehen).
Ich denke auch, dass 2000 Jahre religiöse Indoktrination langsam mal genug sind.
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#399 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Fr 30. Mär 2018, 08:03

Für closs zum besseren Verständnis für die historische Forschung der Einführungstext von
Theißens historischem Jesusbuch:


Die Geschichte der Leben-Jesu-Forschung enthält eine große innere Dramatik. Eine
ganze Kultur ist darin groß geworden, alle Gedanken auf eine einzige Gestalt zu
richten, in ihr den menschgewordenen Gott zu verehren, den eschatologischen Richter zu fürchten,
den Erlöser zu lieben. Welch eine intellektuelle Unabhängigkeit gehört dazu, sie zum Gegenstand
historischer Kritik zu machen! Am Anfang stand die Kritik der Quellen. Gefragt wurde ,
ob in den evangelischen Berichten alles historisch oder authentisch sei.
Und dabei ging es nicht darum, ob wenige „satanische Verse" in die Quellen geraten waren,
sondern ob in sehr vielen Versen Jesus mit einer unhistorischen Aura von Mythos und Dichtung
umgeben worden ist.
Zur Quellenkritik trat der historische Relativismus. Selbst wenn wir ein historisch zuverlässiges
Bild von Jesus hätten, bliebe das Problem, daß diese Gestalt tief in die Geschichte
eingebettet un d weniger singular und absolut war , a s man glaubte. Hinzu kam
schließlich das Bewußtsein hermeneutischer Fremdheit. Auch wenn man historisch
zuverlässige Berichte besäße und in ihnen einer unverwechselbaren Person begegnete
- dieser Jesus, der vielen in der Kindheit so nah war wie ein guter Freund, entfernte
sich in seine vergangene Welt mit Teufelsaustreibungen und fremden Weltunter- ­
gangsängsten.
Trotz solcher Distanzierung durch Quellenkritik, historische n Relativismus und
hermeneutische Fremdheit hängt unsere Kultur bis heute an dieser Gestalt. Auch
dort, wo man zu ihr nicht mehr als „Herrn" aufschaut, sucht man in dem Rabbi aus
Nazareth den großen Bruder als Bundesgenossen: Wo man für eine sozialistische
Gestaltung der Gesellschaft plädiert, wird Jesus zum Vorläufer des Sozialismus, er,
der die Reichen kritisierte und den Mammon ablehnte. Wo man für Lebensfreude
wirbt, wird Jesus zum galiläischen Lebenskünstler, vo n engherzigen Zeitgenossen
ISBN Print: 978-3-525-52198-4 — ISBN E-Book: 978-3-647-52198-5
© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen
Gerd Theißen / Annette Merz, Der historische Jesus22 § 1: Die Geschichte der Leben-Jesu-Forschung
als „Fresser und Weinsäufer, Freund von Zöllnern und Sündern" beschimpft. Wo
man auf existentialistische Entschiedenhei t dringt , wird Jesus zum Prediger eines
Entscheidungsrufs, der den Einzelnen aus Lebensvergessenheit herausruft. Wo man
einen Humanismus befürwortet, der sich von kirchlicher Bevormundun gemanzi ­
piert, wird Jesus zum Herausforderer der religiösen Institutionen. War es nicht sein
Anspruch, „Mensch" schlechthin, der „Menschensohn" zu sein?
Die Geschichte der Jesus-Forschung und der Jesus-Bilder ist eine Geschichte immer
neuer Distanzierungen und Annäherungen an Jesus. Im folgenden werden nur
die wichtigsten Phasen der wissenschaftlichen Beschäftigung mit Jesus skizziert -
mit grundsätzlichen und methodischen Einsichten, die bis heute nachwirken. Eben
deswegen sei betont: Die Geschichte der Jesusbilder ist reicher als die Geschichte
der wissenschaftlichen Jesusbilder .
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
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#400 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Fr 30. Mär 2018, 08:49

sven23 hat geschrieben:Die Forschung jedenfalls benötigt keine Glaubensbekenntnisse wie dieses: ...
Nicht "wie dieses", aber andere - denke nur an Bultmann. - Auch der Glaube, man können Jesus, falls er göttlich war, was wir ja nicht wissen, per HKM entschlüsseln, ist ein ähnlich "abergläubiges" Bekenntnis, wie Du es umgekehrt vorwirfst.

Es lohnt sich immer wieder zu wiederholen:
Wenn Jesus nur Mensch war, ist die von Dir vertretene Exegese vermutlich geeignet - falls er auch göttlich war, nicht. - Es ist nun (beidseitiges) "GLaubensbekenntnis", ob man Jesus nur als Menschen oder auch als Gott versteht.

sven23 hat geschrieben:Zum Vorverständnis der antiken Texte ist das mythische antike Weltbild unverzichtbar. Man kann sie nicht einfach mit heutigem Verständnis unreflektiert lesen. Glaubensideologen wollen davon aber nichts wissen.
Auch Du lieber Gott: Und mit solchen 1.Semester-Weisheiten glaubst Du Ratzinger beikommen zu können?

sven23 hat geschrieben:Desahalb hält sich die Forschung nicht falsifizierbare Glaubensbekenntnisse vom Hals.
"JEsus ist nur Mensch" ist ebenfalls ein nicht falsifizierbares Glaubensbekenntnis. - Meinst Du etwa, mit methodischen Tricks entscheiden zu können, was damals diesbezüglich wahr war?

sven23 hat geschrieben: Das entscheidende ist: mit Glaubensideologie hast du nichts in der historischen Forschung verloren.
"In" der historisch(methodisch)en Forschung wirst Du eh keinen Glaubensideologen finden (vielleicht ein paar Brights, o.ä) - richtig ist, dass die Theologie auf die Sachergebnisse der historisch(methodisch)en Forschung zurückgreift, um ihr interpretatives Bild der Bibel zu schärfen. - Insofern passt doch alles.

Auch hier immer wieder: HKM ist die nicht Disziplin des Verstehens im Sinne von Apg. 8,30, sondern ist unverzichtbar FÜR dieses Verstehen. - Vielleicht wurde hier Ratzinger nicht genau verstanden - er drückt sich gelegentlich sehr fein aus.

sven23 hat geschrieben:wir untersuchen die Bibel mal so, als ob Jesus göttlich war, ist allein clossens laienhafte Vorstellung von wissenschaftlicher Forschung.
Mit anderen Worten: "Wir untersuchen für den EINEN Fall, dass Jesus nur Mensch war, beanspruchen aber Ergebnisoffenheit".

Im übrigen vermanscht Du wieder das Handwerk Wissenschaft mit der Kunst der Auslegung - in anderen Worten: Da, wo es um sachlich-neutrale Ergebnisse geht, hat Auslegung nichts zu suchen. - Das weiß Closs, dass weiß Ratzinger und das weiß auch Theißen - aber Sven weiß es nicht.

sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:

sven23 hat geschrieben:
Nach welcher hermeneutischen Interpretation ist denn 2+2 nicht gleich 4 ?

"2+2=4" als Sachergebnis bleibt immer dasselbe - da kann eine interpretative Hermeneutik nichts dran ändern. -


Eben, aber Kurzzeitkreationisten glauben das und closs hält das für "normal".
Was Du mit Deinen "Kurzzeitkreatinisten" hast, habe ich immer noch nicht verstanden - ansonsten: Nein - "2+2=4" bleibt. - Sachlich-neutrale Ergebnisse bleiben.

sven23 hat geschrieben:Man sollte dann aber nicht wie closs die Lüge verbreiten, dass der Forschung die Methodik wichtiger sei als die Wahrheit. Ziel jeder Forschung ist die Ermittlung der historischen "Wahrheit", die Methodik ist das Werkzeug dazu.
Du hast das nicht verstanden: Die Wissenschaft ist so diszipliniert, dass sie ihre methodischen Ergebnisse für wahr halten muss, solange sie nicht experimentell widerlegt sind (was hier nicht geht). - Das schließt doch nicht aus, dass sie tatsächlich glaubt, dass ihr Für-wahr-Gehaltenes wirklich wahr sei - natürlich versucht jeder ehrlich dem näher zu kommen, was der Fall ist. - Aber "methodisches Ergebnis" ist nun mal nicht dasselbe wie "Wirklichkeit".

sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Genau das halte ich allenfalls in Leistungskursen für möglich - Du siehst, wie lange es hier dauert, bis diese Thematik überhaupt erkannt wird, und immer noch nicht einvernehmlich beurteilt wird.


Das liegt aber vor allem an dir selbst. Wenn du 16000 Beiträge benötigst, um nur mal zu verstehen, was Juden unter der Naherwartung verstanden, dann mußt du dich erst mal an die eigene Nase fassen.
:?: - Halten wir fest, dass der damalige Volksglaube nicht identisch mit dem sein muss, was Jesus meinte.

sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:
- Und das hängt sicherlich nicht mit einem Mangel an intellektuellen Fähigkeiten zusammen, sondern mit der seit Generationen sehr einseitig vonstatten gegangenen gesellschaftlichen Denkformatierungen (die übrigens inzwischen bis tief in die Theologie selbst hineingehen).


Ich denke auch, dass 2000 Jahre religiöse Indoktrination langsam mal genug sind.
Das darf man weltanschaulich so glauben. - Aber ist das ein Grund, dasselbe umgekehrt zu machen?

sven23 hat geschrieben:Für closs zum besseren Verständnis für die historische Forschung der Einführungstext von Theißens historischem Jesusbuch: ...
Das ist gut skizziert und zeigt Rahmenbedingungen und Spannungsverhältnisse auf. - Was ändert das an den Fragen, die wir hier uneinvernehmlich diskutieren?

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