Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

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closs
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#311 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von closs » Di 3. Feb 2015, 10:36

Münek hat geschrieben:Wer träumt? Und welche Rolle spiele ich in diesem Traum?
Wer lebt? Und welche Rolle spielst Du in diesem Leben? - Das ist genau diesselbe Frage und dieselbe Antwort.

"Träumen" tut das Ich - wobei "Träumen" hier bedeutet, eine "Realität" zu erleben, die nach naturalistischen Gesichtspunkten keine "Realität" ist.

Im Grunde läuft das auf Descartes' Modell heraus, dass das "Res cogitans" (also die Ich-Identität) ein Sein ist, das unabhängig von den "Res extensa" existiert. - DIeser Gedanke ist aus meiner Sicht nach wie vor NICHT falsifiziert - er ist nur dann falsifizierbar, wenn man diese Frage INNERHALB des naturalistischen Weltbilds stellt. - Nach diesem descarteschen Modell ist bereits die Wahrnehmung Deines Körpers durch Dein Ich eine Wahrnehmung von "Res extensa".

Bringt Dich das auf Deiner Spur weiter?

Pluto
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#312 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von Pluto » Di 3. Feb 2015, 10:58

closs hat geschrieben:Im Grunde läuft das auf Descartes' Modell heraus, dass das "Res cogitans" (also die Ich-Identität) ein Sein ist, das unabhängig von den "Res extensa" existiert.
Tote Pferde soll man nicht reiten.
Der cartesianische Dualismus ist ein falsifiziertes Modell (Gilbert Ryle, 1949).

closs hat geschrieben:DIeser Gedanke ist aus meiner Sicht nach wie vor NICHT falsifiziert
Mit diesem Gedanken stemmst du dich gegen die Wirklichkeit und die Überzeugungen der modernen Philosophie.
Descartes war ein brillianter Mann, aber mit seiner dualistischen Philosophie hat er der Menschheit einen echten Bärendienst erwiesen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#313 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von closs » Di 3. Feb 2015, 11:22

Pluto hat geschrieben:Der cartesianische Dualismus ist ein falsifiziertes Modell (Gilbert Ryle, 1949).
Hier haben wir festgestellt, dass Ryle auf Basis einer naturalistischen Weltanschauung falsifiziert - also NICHT falsifiziert. Natürlich ist das "Res cogitans" nur begründbar bei einer geistigen Weltanschauung.

Pluto hat geschrieben:Mit diesem Gedanken stemmst du dich gegen die Wirklichkeit und die Überzeugungen der modernen Philosophie.
Dein Anspruch, was "Wirklichkeit" wäre, ist weltanschaulich geprägt.

Und dass die moderne Philosophie unter Verzicht auf ein spirituelles Weltbild eine andere Auffassung hat, ist logisch. - Aus Deiner Sicht ist moderne Philosphie in dieser Hinsicht ein Fortschritt, aus meiner Sicht ein Rückschritt.

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#314 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von Scrypt0n » Di 3. Feb 2015, 19:13

Halman hat geschrieben:Eine logische Möglichkeit, dies zu lösen, besteht darin, dass Gott bei Erschaffung dieses Steines (innerhalb des Geltungsbereichs der aristotelischen Gesetzen der Physik) die Allmacht verliert
Und zwar unabhängig davon, ob er dies will oder nicht: Damit ist deine Allmacht durch Logik begrenzt - und eine begrenzte Macht ist per Definition nicht Allmächtig!

Halman hat geschrieben:Logisch unmögliche Dinge gibt es nicht.
Eben; Gott kann diese DInge nicht schaffen. Die Logik begrenzt somit seine Macht, die Allmacht fällt.

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#315 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von Scrypt0n » Di 3. Feb 2015, 19:15

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Mit diesem Gedanken stemmst du dich gegen die Wirklichkeit und die Überzeugungen der modernen Philosophie.
Dein Anspruch, was "Wirklichkeit" wäre, ist weltanschaulich geprägt.
Nein, er ist auf intersubjektive, praktische Bestätigung begründet! :)

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Halman
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#316 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von Halman » Do 5. Feb 2015, 16:02

Scrypt0n hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Eine logische Möglichkeit, dies zu lösen, besteht darin, dass Gott bei Erschaffung dieses Steines (innerhalb des Geltungsbereichs der aristotelischen Gesetzen der Physik) die Allmacht verliert
Und zwar unabhängig davon, ob er dies will oder nicht: Damit ist deine Allmacht durch Logik begrenzt - und eine begrenzte Macht ist per Definition nicht Allmächtig!

Halman hat geschrieben:Logisch unmögliche Dinge gibt es nicht.
Eben; Gott kann diese DInge nicht schaffen. Die Logik begrenzt somit seine Macht, die Allmacht fällt.
Gijsbert van den Brink und, bei aller Bescheidenheit, Halman widersprechen dieser einfachen Definition.

Zitat aus Allmacht und Omnipotenz (Seite 13):
So ist das Paradox der Omnipotenz auf sehr einleuchtende Weise zu lösen, wenn man nur akzeptieren will, daß Allmacht eine
kontingente und nicht eine essentielle, notwendige Eigenschaft ist.*

*Siehe für diese Lösung u.a. R. Swinburne, The Coherence of Theism, Oxford 1977, 154-158

Mit Non-Entitäten zu argumentieren ist Pseudophilosphie, rhetorischer Unsinn. Diesbezüglich erinnere ich an die Argumentation von Gijsbert van den Brink:
Zitat von Gijsbert van den Brink:
Können wir also nicht kohärent sagen, daß ihm wirklich alle Dinge möglich sind, weil logisch unmögliche Dinge ihm nicht möglich sind? Das wäre eine unrichtige Folgerung. Denn logisch unmögliche Dinge gibt es nicht:
logisch unmögliche Dinge sind nämlich gar keine Dinge, sondern Non-Entitäten, sie können also auf keinerlei Weise ein Hindernis für Gottes Macht bilden 26. Wir können also Gott sehr wohl allmächtig heißen und gleichzeitig abstreiten, daß er viereckige Kreise, zwei plus zwei fünf, oder irgendwelchen folge - widrigen Nonsens machen kann. Gott allmächtig heißen bedeutet dann, ihm alle logisch möglichen Fähigkeiten zuschreiben.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#317 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von Pluto » Do 5. Feb 2015, 18:34

Halman hat geschrieben:Mit Non-Entitäten zu argumentieren ist Pseudophilosphie, rhetorischer Unsinn. Diesbezüglich erinnere ich an die Argumentation von Gijsbert van den Brink:
Zitat von Gijsbert van den Brink:
Können wir also nicht kohärent sagen, daß ihm wirklich alle Dinge möglich sind, weil logisch unmögliche Dinge ihm nicht möglich sind? Das wäre eine unrichtige Folgerung. Denn logisch unmögliche Dinge gibt es nicht:
logisch unmögliche Dinge sind nämlich gar keine Dinge, sondern Non-Entitäten, sie können also auf keinerlei Weise ein Hindernis für Gottes Macht bilden 26. Wir können also Gott sehr wohl allmächtig heißen und gleichzeitig abstreiten, daß er viereckige Kreise, zwei plus zwei fünf, oder irgendwelchen folge - widrigen Nonsens machen kann. Gott allmächtig heißen bedeutet dann, ihm alle logisch möglichen Fähigkeiten zuschreiben.
Herr van den Brink scheint ein Anhänger eines logischen und wolhwollenden Gotts zu sein.
Worüber reden wir, wenn wir über Steine reden? Doch wohl nicht um "Non-Entitäten".
Da gilt die Frage immer noch, ob Gott einen Eimer mit Steinen (Entitäten) so weit füllen kann, dass er ihn nicht mehr heben kann, oder ob Er in der Lage ist trotz seiner Allwissenheit seine zukünftige Meinung zu ändern.

Verallgemeinern kann man solche Fragen wie folgt:
Hat ein allmächtiges Wesen die Fähigkeit, die Folgen, eines von ihm erschaffenen Systems von Axiomen und Gestzen, zu umgehen?
Die Fragen des Allmachtsparadoxons lassen sich nicht einfach durch das Wegdenken von Non-Entitäten lösen. Sie verschwinden nicht einfach so wie Gijsbert van den Brink es uns gerne unterstellen möchte.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#318 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von closs » Do 5. Feb 2015, 19:21

Pluto hat geschrieben:Worüber reden wir, wenn wir über Steine reden? Doch wohl nicht um "Non-Entitäten".
Doch - denn wir reden ja nicht über "Stein", sondern ein Nicht-Sein in der Definition "Stein, der schwerer ist, als Gott tragen kann". - Wir nennen also ein Nicht-Sein "Stein". - Die Tatsache, dass man ein Nicht-Sein "Stein" nennt, macht Nicht-Sein nicht zu S(t)ein.

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#319 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von Münek » Fr 6. Feb 2015, 00:48

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Worüber reden wir, wenn wir über Steine reden? Doch wohl nicht um "Non-Entitäten".
Doch - denn wir reden ja nicht über "Stein", sondern ein Nicht-Sein in der Definition "Stein, der schwerer ist, als Gott tragen kann". - Wir nennen also ein Nicht-Sein "Stein". - Die Tatsache, dass man ein Nicht-Sein "Stein" nennt, macht Nicht-Sein nicht zu S(t)ein.

Nein, nein,

wir reden hier in unserem Gedankenexperiment sehr wohl über einen materiellen, unendlich
schweren Stein
, den zu erschaffen ein allmächtiger Gott eigentlich in der Lage sein müsste.

Ob er ihn denn nach seiner Erschaffung auch heben könnte, wäre dann die nächste Frage, die
aber bereits im Vorfeld verneint worden ist - denn das war ja die Bedingung.

closs
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#320 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von closs » Fr 6. Feb 2015, 09:03

Münek hat geschrieben:wir reden hier in unserem Gedankenexperiment sehr wohl über einen materiellen, unendlich schweren Stein
NAtürlich sieht das GEdankenexperiment selbiges vor. - Aber das ändert doch nichts. - Ich könnte mir genauso vorstellen, dass Münek ein Ebike ist und dann darüber spekulieren, wie stark sein Akku wäre. - Verstehst Du?

Gedanken-Experimente sind ja gut - aber dadurch wird Nicht-Sein nicht zu Sein. - Dein materieller, unendlich schweren Stein (das war übrigens nicht die Vorgabe - die Vorgabe ist: Ein Stein, der so schwer ist, dass Gott ihn nicht tragen kann) ist in Wirklichkeit ein Nicht-Sein, weil es ihn unter Voraussetzung, dass Gott allmächtig ist, nicht geben kann.

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