Wer war Jesus von Nazareth wirklich?

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Rembremerding
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#31 Re: Wer war Jesus von Nazareth wirklich?

Beitrag von Rembremerding » Di 29. Okt 2013, 19:29

Hallo und einen schönen Abend an alle Foristen! :)

Polytheismus erhält dort seine geistigen Schranken, wenn konkret einer mit Gold überzogenen Holzfigur beispielsweise Wunder und Heilungen zugetraut werden. Wird aber von einem Gläubigen hinter der Darstellung die eigentliche göttliche Seinsebene mit ihren unterschiedlichen Facetten gemeint, so kann ein Monotheist, ein Christ durchaus eine gemeinsame geistige Basis erkennen.

Gerade aus den Qumran-Rollen ist ersichtlich, dass es in den Jahren nach der Auferstehung des Herrn zu einer Spaltung der Juden in eine nationalistisch-zelotisch-messianische Fraktion kam, deren Anführer wohl Jakobus, der Bruder des Herrn war, und in eine pharisäisch-herodianische Fraktion, aus der später das rabbinische Judentum hervorging. Die Entwicklung dazu begann aber bereits in der Makkabäerzeit. Der Aufstand der Juden 66 hatte maßgebend eine messianische Prophezeiung als Ursache.
Paulus stellte sich einst gegen Jakobus, aber bei beiden kann man zahlreiche Übereinstimmungen in ihren Briefen mit den Verfassern der Qumran-Rollen feststellen, gerade was Begriffsbereiche wie Werkgerechtigkeit, Frömmigkeit oder Rechfertigung betreffen. Diese Verfasser waren klar zelotisch-fremdenfeindlich eingestellt und glaubten an einen kämpfenden Messias.

Dann werden wir mal konkret OT: :mrgreen:

Die Trinität bezeichnet Hans Urs von Balthasar als Einheit des Füreinander. Die Wesenheit der Personen Vater, Sohn und Heiliger Geist ist ein Ineinandersein. Dieses Ineinandersein ist personal und zugleich wesenhaft. Es ist eine vollständige gegenseitige Durchdringung, die zu einer Einheit ohne Verschmelzung führt, eine Perichorese. Die Begegnung der Personen ist Beziehung durch Liebe, die an kein Ende kommt. So ist:
Vater = schenkende Liebe; hingebend
Sohn = empfangende Liebe; dankend
Hl. Geist = ausführende, vereinigende Liebe; verbindend

Urgrund der Liebe ist der Vater, das SEIN, das Ich.
Empfänger der Liebe ist der Sohn, das Leben, das Du.
Die Vereinigung durch Liebe ist der Hl. Geist im Erkennen, im Wir.

Im Menschen als Ebenbild Gottes sehen wir dieses Ineinandersein in der Beziehung Geist-Seele-Leib.
Der menschliche Geist hat Anteil am SEIN, erhebt sich zum SEIN im Geist Gottes.
Die menschliche Seele gleicht dem Erkennen des Hl. Geistes in ihren Gefühlen und Sinneserfahrungen.
Der Leib braucht vorrangig den Sohn, das Leben.
Aber ebenso sind Geist-Seele-Leib sowohl vom Vater, als auch vom Sohn und Hl. Geist durchdrungen.
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Demian
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#32 Re: Wer war Jesus von Nazareth wirklich?

Beitrag von Demian » Di 29. Okt 2013, 19:34

Thaddäus hat geschrieben: Mit der Threadfrage fragst du nach dem Jesus vor 2000 Jahren, also nach dem sogenannten historischen Jesus.

Jesus verhält sich zu Christus, wie Shakyamuni zu Buddha - hier hat eine "Idealisierung" stattgefunden, die man angemessen nicht historisch, sondern nur spirituell verstehen kann. Mich interessiert da weniger "das eine, wahre Jesusbild", sondern eher die geistige Grundierung der christlichen Spiritualität. Das wiederum kann man angemessen nicht dogmatisch, sondern nur poetisch ( Novalis forderte ein poetisches Christentum ) verstehen. Für mich wäre also die Frage: "inwiefern können wir Jesus Christus nennen?"

Wie die Auferstehungsgeschichte genau zu deuten ist, hierüber streiten die gelehrten Theologen bis heute heftig. Fest steht aber, dass die Anhänger nach Jesu Kreuzestod, sehr bald anfingen, sich zu organisieren, zu predigen und von Jesus als dem Messias zu erzählen und so juden-christliche Anhänger warben. Aus dieser plötzlichen Aktivität der Anhänger Jesu schon kurz nach dessen Tod schließt man, dass irgend etwas vorgefallen sein muss, was die Anhänger Jesu dazu bewogen haben musste, plötzlich aktiv zu werden.

Genau. Wieder sehr lehrreiche Worte von Dir ;)
Zuletzt geändert von Demian am Di 29. Okt 2013, 19:57, insgesamt 2-mal geändert.

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Thaddäus
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#33 Re: Wer war Jesus von Nazareth wirklich?

Beitrag von Thaddäus » Di 29. Okt 2013, 19:34

Yusuke hat geschrieben:
Wie kommt die historische Forschungen zu dem einen oder anderen Ergebnis?
Zu jedem einzelnen dieser Aussagen gibt es natürlich eine Menge Forschungsliteratur. Die Grundlage ist vor allem das NT selbst und die jüdischen und römischen Schriften zum Zeitgeschehen, die uns z.B. Auskunft darüber geben, welche rabbinischen Schulen es zur Zeit Jesu gab und was die lehrten (z.B. die Schule des Rabbiners Hillel und seines Gegenspielers Schammai). Leider kann ich nicht in wenigen Sätzen schreiben, wie die theologische Forschung zu diesem und jenem Ergebnis kommt, weil man dafür in die detaillierte Forschung konkret einsteigen muss.


Yusuke hat geschrieben:
Z.B. das Jesus möglicherweise ein Schüler des Johannes gewesen sein soll ...
Auch Johannes der Täufer hatte eine Anhängerschaft im damaligen Galiläa. Juden ließen sich natürlich nicht einfach taufen, - wozu? Für Johannes war die Taufe aber Teil einer jüdischen Erneuerungsbewegung und offenbar etwas, dem sich jeder Sünder unterziehen sollte, um sich damit als Sünder vor JHWH zu bekennen. Wenn Jesus sich als Jude ebenfalls dieser Taufe des Johannes unterzieht, dann spricht das dafür, dass er dieser Erneuerungsbewegung im Judentum durch Johannes folgte und sie ernst nahm.


Yusuke hat geschrieben:
oder aber das Petrus gegen Heidenmission gewesen ist?
Über diesen Streit zwischen Petrus und Paulus berichtet die Apostelgeschichte.


Yusuke hat geschrieben:
Welche Informationen über Jesus und seine Gesandten liegen den Historikern zugrunde, außer das Neue Testament.
Nur das NT und einige wenige außer-neutestamentliche Schriften. Aber das NT wird historisch-kritisch analysiert, von der Textkritik, also welche Schriften ursprünglicher sind als andere, bis zur Überlieferungsgeschichte, also in welcher Form die als ursprünglich angenommenen Geschichten über Jesus im Laufe ihrer Überlieferung von den Redaktoren verändert wurden.




Yusuke hat geschrieben:
... aber Wissenschaft würde ich das nicht nennen.
Wissenschaftlich sind die historisch-kritische Methoden als Formen der Textanalyse, die die Theologie von den Altphilologen übernommen haben, die damit die alten Schriften der Griechen und Römer analysieren.

Siehe z.B. Stichwort: historisch-kritische Methode
http://de.wikipedia.org/wiki/Historisch ... he_Methode

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Demian
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#34 Re: Wer war Jesus von Nazareth wirklich?

Beitrag von Demian » Di 29. Okt 2013, 19:52

Thaddäus hat geschrieben: Siehe z.B. Stichwort: historisch-kritische Methode
http://de.wikipedia.org/wiki/Historisch ... he_Methode

Ein interessanter Gedanke ist für mich folgender: selbst wenn Jesus sich nicht als "Christus" sah - die Tatsache, dass man ihn dazu machte - er für die Christen Christus wurde, er also jemand ist, der das Leben transparent macht für die "Sehnsucht nach dem anderen Zustand" ( Dorothee Sölle ) - das macht ihn vielleicht letztlich wirklich dazu ... und nichts anderes. :)

So wie ein Buddhist nicht mit Sicherheit sagen kann ob Buddha wirklich ein Erleuchteter war, das hängt eher von der Perspektive ab. Historisch kann man eigentlich nur sagen, dass Jesus die Menschen inspiriert hat.
Zuletzt geändert von Demian am Di 29. Okt 2013, 19:55, insgesamt 1-mal geändert.

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Naqual
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#35 Re: Wer war Jesus von Nazareth wirklich?

Beitrag von Naqual » Di 29. Okt 2013, 19:55

closs hat geschrieben:
Yusuke hat geschrieben: Nämlich an (1) Gott, den Vater, (2) Gott, den Sohn und (3) Gott, den Heiligen Geist. Das sind drei, nicht Einer.
Dieses Problem lässt sich lösen, wenn man den Vater, (2) Gott, den Sohn und (3) Gott, den Heiligen Geist als Selbst-Offenbarungen Gottes, also Jahwes, versteht. - Jahwe selbst ist weder benennbar noch erkennbar - seine Selbstoffenbarungen sind es.

Mit dieser Vorstellung habe ich mehrere theoretische Probleme.

Es wäre sprachlich schlampig (Selbst-)Offenbarung und Urheber gleichzusetzen. Wenn Gott sich in der Bibel offenbart, ist die Bibel noch nicht Gott. Wenn Gott sich durch Mensch offenbart, ist der betreffende Mensch,z.B. ein Prophet noch nicht Gott.
Was aber an Jesus IST nun Gott, da alles was sich offenbart Mensch und sein Handeln ist.
Oder kurz: Die Gleichsetzung von Jesus und Gott gibt nichts konkretes Fassbares her, außer vielleicht, dass man Drei als Eins belassen will um nicht in den Widerspruch der zentralen monotheistischen Botschaft des AT zu geraten (die Eindeutig ist, obwohl vieles in der Bibel alles andere als eindeutig ist).
Die andere Gefahr ist, dass hier Jesus als existente Projektionsfläche eines Gottes im Sein gesehen wird. Also eigentlich wird Jesus hier ein Scheingott im Diesseits. Schein, weil er nur noch über etwas beschreibbar wäre, was Gott nicht ist: begrenzt in Raum und Zeit, alles andere als allmächtig und allwissend.

Das andere ist, dass die Autoren im AT Gott nie in sich getrennt haben, sondern seine vielseitigen Äußerungsformen in die Existenz hinein geschätzt haben. Eine Ursache - viele Wirkungen. Gott war IN SICH untrennbar eins. Der von Dir beschriebene Jesus existiert also nun nur solange er nicht beim Vater ist, im Sein verschwindet er völlig. Die Trinitätsideologen jedoch haben sich sehr angestrengt, Jesus eine vorzeitige Existenz nachzuweisen (am besten vor Abraham). Nach dieser Vorstellung hing er dann aber ziemlich unbeschäftigt in der Gegend rum, weil seine Zeit noch nicht gekommen war. So als ob er bei der Sintflut auf einem Berg gesessen hätte und auf den Tag der Kreuzigung wartet, damit man das Böse auch anders wirksam bekämpfen kann.
Das geht für mich irgendwie nicht auf.

Zuletzt, wenn man Gott schon mit der gedanklichen Rasierklinge in drei teilt, die alle aber in sich selbständig seien:
wie erklärst Du Dir die Notwendigkeit der Drei. Gott kann ja nicht aus Überflüssigem bestehen, sondern nur aus Notwendigkeiten (die die Vollkommenheit erfordert). Warum war Jesus notwendig, wenn es der Geist genauso dem einzelnen Menschen vermitteln kann (oder "der Geist" wäre unbeholfen - Gott bewahre!)?
Was soll der Vater in der Existenz sein, auch ein Geist?
Hier verschwindet im Sein nachher alles - wie einem Nebel des Unvorstellbaren.

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Demian
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#36 Re: Wer war Jesus von Nazareth wirklich?

Beitrag von Demian » Di 29. Okt 2013, 20:01

Das gesamte Christentum ist eine poetische Erfindung. :) Was ändert das? Nichts! Denn die Erfahrungen sind die selben, mit der selben Tiefe, dem selben Wahrheitsgehalt. Poesie ist eben nicht etwas "aus der Luft gegriffenes", sondern - mit Goethe - Dichtung und Wahrheit. In diesem Zwiespiel zeigt sich "der andere" ( mystische ) Zustand. Künstlerisch gefasst: die Sur-(höhere)realität.

Martinus
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#37 Re: Wer war Jesus von Nazareth wirklich?

Beitrag von Martinus » Di 29. Okt 2013, 20:11

was für einen stuss wir heute wieder lesen dürfen, klasse, viel besser wie fernsehen :clap:
Angelas Zeugen wissen was!

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Vitella
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#38 Re: Wer war Jesus von Nazareth wirklich?

Beitrag von Vitella » Di 29. Okt 2013, 20:12

Martinus hat geschrieben:was für einen stuss wir heute wieder lesen dürfen, klasse, viel besser wie fernsehen :clap:

welches ist denn der Gewinner in der Stussliste.?
  Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus,
der wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, aufrichten, stärken, kräftigen, gründen.
1 Petrus 5:10

 

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#39 Re: Wer war Jesus von Nazareth wirklich?

Beitrag von Demian » Di 29. Okt 2013, 20:20

Martinus hat geschrieben:was für einen stuss wir heute wieder lesen dürfen, klasse, viel besser wie fernsehen :clap:

Toll sind ja immer die Leute, die es für nötig halten irgendeinen angeblichen Stuss zu kommentieren - wie, äh, geistreich. :mrgreen: Wie wäre die Alternative: wir argumentieren. Warheit gewinnt. Ich setze alle meine Erfahrungen aufs Spiel.

Martinus
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#40 Re: Wer war Jesus von Nazareth wirklich?

Beitrag von Martinus » Di 29. Okt 2013, 20:25

Vitella hat geschrieben: welches ist denn der Gewinner in der Stussliste.?

Die analyse läuft noch. Je nach dem ob die beiträge nach mystisch, künstlerisch, poetisch, geistig, wissenschaftlich, theoretisch oder historischen gesichtspunkten betrachtet werden gibt es sicherlich unterschiedliche ergebnisse. Außerdem kommen sicherlich noch leerreiche beiträge dazu. Deswegen warten wir noch, ich bitte um verständniss.
Angelas Zeugen wissen was!

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