barbara hat geschrieben:Magdalena61 hat geschrieben:Geht's auch ohne diese? Kann man streiken/ seine "Rechte" wahrnehmen, und dabei moralische Prinzipien eben mal über den Haufen werfen?
Moralische Prinzipien sollte man nicht über den Haufen werfen, aber das tun die Streikenden doch auch nicht. Ein bisschen Ungemütlichkeit udn organisatorische Probleme für die Benutzer einer Dienstleistung zu verursachen, ist kein moralisches Problem.
Ein
bißchen Umgemütlichkeit?
Alleinerziehende, die ihre Kinder in einer solchen Einrichtung unterbringen (müssen) und erwerbstätig sind, haben ein RIESENproblem.
Weil viele von ihnen die Kids nicht eben mal anderswo "abgeben" können. Da
ist keine Familie im Hintergrund, mit den Nachbarn klappt das auch oftmals nicht, weil diese selbst arbeiten oder einfach nicht zuständig sind/ sein wollen, und die Alleinerziehenden zählen, arbeitsplatztechnisch gesehen, meist eh zu den "Lückenbüßern", die, wenn sie nicht zur Zufriedenheit des AG funktionieren sehr schnell auswechselbar sind.
Ebenso ist anzunehmen, dass jedem Streik erfolglose Verhandlungen vorausgehen; dass ein Streik also kaum je der erste Schritt ist, sondern in der Regel der letzte, nachdem alle andern Massnahmen keinen Erfolg brachten.
Das ist möglich.
Der Eigenanteil an den Gebühren für die Kinderbetreuung, also die von den Eltern zu erbringenden Leistungen sind aber eh schon empfindlich hoch. Wenn die Gehälter steigen, dann steigen auch die Gebühren inkl. Eigenanteil. Das Einkommen der Eltern steigt nicht unbedingt.
Wer soll das bezahlen?
Die Eltern sind auf die zuverlässige Betreuung ihrer Kinder angewiesen. Wenn beide Eltern berufstätig sind oder allein erziehend und berufstätig, müssen sie möglicherweise zu Hause bleiben, wenn sie niemanden finden, der auf ihre Kids aufpasst und verlieren vielleicht ihren Job.
Arbeitgeber sind ja auch informiert über den Streik; wenn es ihnen so wichtig ist, dass Mitarbeiter erscheinen, müssen sie halt ein Taxi bezahlen oder sonst den Transport organisieren. Ein halbwegs vernünftiger Arbeitgeber wird ja wohl schon noch zwischen Faulheit und der Unmöglichkeit einer Reise aufgrund mangelnder Transportmöglichkeiten unterscheiden können!
Können und
wollen sind zwei verschiedene Paar Schuhe.
Ich reflektiere einmal, wie es in diesem unserem
sozialdemokratischen Lande abseits der offiziellen Gesetzgebung zugehen
kann; das von keiner Statistik erfasst wird: Als ich 1980 mit meiner ersten Tochter schwanger war, arbeitete ich in einem bürgerlichen Gasthaus als Kellnerin. Ein Job in meinem erlernten Beruf
in Wohnortnähe war nicht verfügbar, einen Führerschein hatte ich nicht, auch kein Auto... also war die Kellnerei besser als nichts.
Man sah oder merkte äußerlich zwar noch nichts von der Schwangerschaft, doch irgendwie kam meinem Chef ein Verdacht.
Eines Tages bestellte er mich zu sich in die Küche und erklärte mir unverblümt, eine Schwangere sei ihm zu teuer wegen Mutterschutz und so weiter. Jedenfalls schaffte er es, mir unmißverständlich klar zu machen, dass ich als werdende Mutter unerwünscht war.
Der Job war eh Sch....

-- Arbeitszeit von 10 Uhr morgens bis zur Schließung des Lokals, also mehr als 12 Stunden...Verdienst 10% vom Umsatz...plus ein bißchen Trinkgeld gegen blöde Anmache... ich warf das Handtuch.
Einige Jahre später, da hatte ich zwei Kinder im Alter von drei und vier Jahren, bewarb ich mich um eine geringfügige Beschäftigung in einem privaten "Kinderheim". Beim Vorstellungsgespräch erfuhr ich: (Alleinstehende) Mütter werden an
letzter Stelle berücksichtigt, denn: "Wenn eines ihrer Kinder krank wird, dann bleiben Sie zu Hause!".
-- Eine Kinderärztin beklagte einmal mir gegenüber, sie müsse so viele Kinder vorzeitig "gesund schreiben", damit diese wieder in den Kindergarten gehen durften... und einer der Gründe war, dass die Eltern der Kinder eben große Probleme bekommen hätten, wenn sie noch länger der Arbeit fern geblieben wären.---
Danach bewarb ich mich in einem Hotel als Aushilfsspüler. Zuerst das Gleiche.... eine andere Bewerberin wurde genommen, weil diese keine Kinder hatte. Die Kandidatin fand jedoch keinen Gefallen an dieser Tätigkeit und hörte nach wenigen Tagen damit auf, und weil man nun kurzfristig jemanden brauchte und niemanden hatte, rief man mich dann doch an.
Was soll ich sagen?
Als ich in diesem Hotel nach mehr als einem Jahr einer für beide Seiten zufriedenstellenden Zusammenarbeit in einer herzlichen Atmosphäre wieder aufhören musste, weil unsere Familien-WG aufgelöst wurde und ich einen Vollzeit-Job brauchte, sagte mir die Chefin, als ich mich verabschiedete, sie seien zunächst SEHR skeptisch gewesen, ob ich zuverlässig zur Arbeit erscheinen würde, der Kinder wegen.... und dass ich NIE fehlte, hätten sie nicht erwartet.
(Meine Kinder waren so gut wie nie krank, erst in den letzten Jahren häufen sich diese Magen-Darm-Infekte, die bringen sie aus der Schule mit nach Hause-- aber heute sind sie älter, wir brauchen keine Fremdbetreuung)
DAS ist die Realität.
Und andere Arbeitnehmer können sicher noch einiges andere an Unerfreulichem aus ihrem persönlichen Erfahrungsbereich berichten.
Wenn Mütter ihrer Kinder wegen nicht zur Arbeit erscheinen können, kommen sie auf die Abschußliste. Aus der Sicht der Arbeitgeber ist das verständlich, denn diese müssen auch kalkulieren und wirtschaftlich arbeiten. -- Wenn nun die Arbeitsplätze unzähliger Alleinerziehender oder Niedriglohnverdienereltern durch diesen Streik gefährdet oder gekillt und die Eltern in Hartz-IV getrieben werden, ist das meiner Meinung nach unverantwortlich.
Arbeitnehmer erfüllen nicht ihre Pflichten, sondern lassen sich dazu manipulieren, dem Unternehmen ihres Arbeitgebers nachhaltig zu schaden.
Gibt's bei der deutschen Bahn denn so viel Schaden anzurichten, den nicht schon ihr höchstes Management längst angerichtet hatte...?

Weiß nicht, wie rentabel die DB noch arbeitet. Der Kunde hat diese Faxen schon lange satt. Hinter den Kulissen tut sich wohl auch einiges, schätze ich, und zwar in Sachen
langfristige Personalpolitik. Wen man nicht kündigen kann oder darf, den kann man mobben (lassen). Z.B. einfach versetzen..."betriebsbedingt"... und möglichst weit weg...sodass er unzumutbare Anfahrtswege hat... irgendwann gibt er auf.
LG