Hiob, Gott und Teufel

Themen des alten Testaments
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Bastler
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#261 Re: Hiob, Gott und Teufel

Beitrag von Bastler » Mo 10. Nov 2014, 21:37

Ich finde die Lage, die religiösen Fragen und die religiösen Gedanken von Leidenden im Hiobbuch ziemlich gut aufgegriffen.
Ich finde auch die praktische Antwort auf die Theodizee-Frage prima dargestellt:

Die beschriebenen Gottes- und Teufelbilder können nicht durch ihre Realaussagen etwas bewirken.
Ein Leidender kann tausend Gerichtsverfahren gegen seine Götter oder Teufel anstrengen: Das hilft ihm überhaupt nicht.
Die bittere Wahrheit ist: Es gibt Formen des Leids, da hilft dem Leidenden keine Wut, kein Gottesbild, keine Teufelsvorstellung.
Auch der Gewittersturmgott bietet Hiob keine Erklärung. Nicht einmal eine Perspektive eröffnet er ihm.
Alle Gottesbilder, alle Teufels-, Engel- und Dämonenbilder gleiten am Elend hilflos ab.
Auch die Erklärung mit dem Tun-Ergehens-Zusammenhang trägt nicht.
Ich könnte ergänzen:
Jede Verheißung wird zur leeren Versprechung und zur billigen Vertröstung.
Jedes Mutmachen und jede Erklärung wird zum Hohn.

Und dennoch bleibt nach dem Scheitern aller konventionellen Trostgeber nicht die große Verzweiflung,
sondern für Hiob bleibt das Vertrauen in ein ... Dingens. Was denn eigentlich?
In ein absolutes Geheimnis, das über all seine Hutschnüre hinaus geht.
Die Unerklärlichkeit und die Hilflosigkeit haben eine überraschende Wirkung auf Hiob.

Hemul
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#262 Re: Hiob, Gott und Teufel

Beitrag von Hemul » Mo 10. Nov 2014, 22:11

Bastler hat geschrieben: Klar wird Gott in dem Märchen und in dem Theaterstück in gewisser Weise sogar detailreich beschrieben.
Da habe ich mich vielleicht etwas unklar ausgedrückt.
Mit dem "DIREKT" habe ich aussagen wollen, dass es sich bei all diesen Beschreibungen nicht um Aussagen über Gott oder den Teufel handelt, sondern dass ich dies alles für funktionale Beschreibungen halte.
Märchenaussagen (Theaterstückaussagen) sind keine historischen Aussagen oder Sach-Aussagen.

Wenn ich hier richtig verstanden habe ist das Buch Hiob für dich ein Märchenbuch? :roll:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

2Lena
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#263 Re: Hiob, Gott und Teufel

Beitrag von 2Lena » Mo 10. Nov 2014, 22:40

Hallo Bastler,
man kann viel in die Hiobsgeschichte hineininterpretieren und es kommt dann ein Bild des Menschen heraus - wie er die Welt sieht.

Ich habe mich völlig überraschen lassen. Ohne etwas zu interpretieren, kamen da eine Menge Ratschläge heraus, von denen ich zuvor keine Ahnung hatte und was die Geschichte zu bietenhat.

Münek: Der Autor der Hiobsdichtung präsentiert seinen Lesern ein äußerst negatives Gottesbild. Das Bild eines (auch!) menschenverachtenden Gottes, wie es uns in zahlreichen Schilderungen im "Alten Testament" immer wieder begegnet.
Wer ist "wir"?
Schau mal Müneki, das Textauflösen geht so:
Nichts da mit orientalischem Märchen...
http://bibelserver.com/text/Hiob#/text/OT/Hiob1

3 ויהי מקנהו שבעת אלפי־צאן ושלשת אלפי גמלים

Hiob hatte 7000 Schafe ... ob er die genau zählte?
Hiob - das Spiel zwischen Abneigung und geliebter Vision - war schon da. Was hat einer damit - ein zufriedenstellendes Leiten oder bitten. Die Zahl 7 שבע [scheba] wackelt zwischen Zahl שבע, satt und zufrieden שבע oder eindringlich bitten שבע. Im gleichen Text wird also auch noch gesagt, wie die Abneigung das eindringliche Bitten rumführt. Dann bleibt noch die Frage, wie man צאן [tson] sieht oder aktustisch hört. Ob ein Haken צן drin ist, Kleinvieh צאן oder Stärke kommt צ- אן

Hiob hatte 3000 Kamele גמלים. Zwischen Abneigung und geliebter Vision geht ein Anleiten zu Entscheidungen. Das [gamal] Kamel, wackelt zwischen wir werden reif גמלים und entscheiden גמלים. Das Entscheiden geht nach drei verschiedenen Richtungen, wie beim Dreieck, rauf, runter oder eben, alles Ableitungen des Zahlwortes.

Tausend, [elef], ist zudem tausendfach vermehren oder das Wort Anführer. Ein Stier kann es auch sein, ein Leithammel. Akustisch sind leichte Unterschiede da. Zum Reindenken gäbe es hier die Vervielfachung der Abneigung oder das Vermehren von Lust.

Der Besitz מקנה und die ganze Spannweite, die man jeweils gewinnt, was was hervorbringt - wird nach verschiedenen Seiten hin berechnet. Vermutlich möchtest du gern wissen, warum Hiob 500 Eselinnen hatte und kein einziger "Esel" dabei war.
Zuletzt geändert von 2Lena am Mo 10. Nov 2014, 22:44, insgesamt 1-mal geändert.

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#264 Re: Hiob, Gott und Teufel

Beitrag von Bastler » Mo 10. Nov 2014, 22:42

Den Rahmenteil: Ja. Märchen. Altorientalisch, wahrscheinlich mit athiopischem Einschlag.
Den Hauptteil: Weiß nicht so recht. Kein Märchen, sondern eine Art literarische Analyse wie bei einem philosophischen Kammerspiel.

Falls Du aber nicht nach dem genauen Genre gefragt hast, sondern ob ich das Hiobbuch für eine Geschichte halte, die sich so zugetragen hat, wie sie beschrieben ist,
kann ich Dir ganz klar mit "nein" antworten.
Ich halte es in jedem Fall für eine literarische Fiktion.
Wenger historisch, als Winnetou, eher so ähnlich historisch wie Herr der Ringe oder das Gilgamesch-Epos.

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#265 Re: Hiob, Gott und Teufel

Beitrag von 2Lena » Mo 10. Nov 2014, 22:48

Bastler hat geschrieben:Ich halte es in jedem Fall für eine literarische Fiktion.
Jede Geschichte der Bibel hat historische Bezüge. Im Falle der Hiobsgeschichte wurde nicht daran geforscht.

Die besondere Form der Darstellung wird zur Erklärung von Gesetzen gebraucht.

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#266 Re: Hiob, Gott und Teufel

Beitrag von Hemul » Mo 10. Nov 2014, 22:58

Bastler hat geschrieben:Den Rahmenteil: Ja. Märchen. Altorientalisch, wahrscheinlich mit athiopischem Einschlag.
Den Hauptteil: Weiß nicht so recht. Kein Märchen, sondern eine Art literarische Analyse wie bei einem philosophischen Kammerspiel.

Falls Du aber nicht nach dem genauen Genre gefragt hast, sondern ob ich das Hiobbuch für eine Geschichte halte, die sich so zugetragen hat, wie sie beschrieben ist,
kann ich Dir ganz klar mit "nein" antworten.
Ich halte es in jedem Fall für eine literarische Fiktion.
Wenger historisch, als Winnetou, eher so ähnlich historisch wie Herr der Ringe oder das Gilgamesch-Epos.
Danke für deine unmissverständliche Antwort. In Verbindung damit habe ich aber noch eine weitere Frage an dich? Glaubst du wirklich, dass der Prophet Hesekiel in Hesekiel 14:14 sowie der Bibelschreiber Jakobus in Jakobus 5:11 sich auf eine Märchenfigur
bezogen haben? :roll:
14 und wenn dann Noah, Daniel und Hiob unter ihnen wären, dann würden diese drei Männer wegen ihrer Rechtschaffenheit nur ihr eigenes Leben retten, spricht Jahwe, der Herr.
Hier bezieht sich "JAHWE" also Gott sogar auf Hiob.
und auch Jakobus:
11 Ihr wisst ja, dass wir die glücklich preisen, die durchhalten. Von der Standhaftigkeit Hiobs habt ihr gehört und gesehen, wie der Herr ihn am Ende belohnt hat. Der Herr ist voller Mitgefühl und Erbarmen.
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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#267 Re: Hiob, Gott und Teufel

Beitrag von Bastler » Mo 10. Nov 2014, 23:05

2Lena hat geschrieben:Ohne etwas zu interpretieren,
Das halte ich sowieso für eine Illusion.
Man interpretiert schon beim Lesen. Sonst würde man gar nichts verstehen.

Die Zahlenangaben sind typisierend. Die Zahlen haben keine numerische Funktion, sondern symbolische. Das spricht eher für eine fiktive Erzählung und eher gegen eine historische Zahlenangabe.

Am Ende spielen die ganzen Teufels- und Gottesvorstellungen sowieso keine Rolle mehr. Keiner von diesen (weder der Gott oder Teufel der Rahmenerzählung, noch die Gottesvorstellung der drei Freunde, noch der Gewittersturmgott bringt Hiob DIREKT eine Linderung. Münek findet all diese Vorstellungen menschenverachtend - wer kann ihm dies verdenken.

Der Witz der Geschichte besteht darin, dass Hiob in keiner dieser Gottes- und Teufelsvorstellungen Trost und Hilfe findet. Es ist auch nichts Tröstliches und Hilfreiches in deren Worten und Taten.
Die Überraschung ist, dass er dann trotzdem spricht:

2 Ich hab erkannt, dass du alles vermagst; / kein Vorhaben ist dir verwehrt.
3 Wer ist es, der ohne Einsicht den Rat verdunkelt? / So habe ich denn im Unverstand geredet über Dinge, / die zu wunderbar für mich und unbegreiflich sind.
4 Hör doch, ich will nun reden, / ich will dich fragen, du belehre mich!
5 Vom Hörensagen nur hatte ich von dir vernommen; / jetzt aber hat mein Auge dich geschaut.
6 Darum widerrufe ich und atme auf, / in Staub und Asche.

Hiob gibt zu, dass er nichts von all diesen Gottesvorstellungen versteht.
Und so weit soll jeder Leser dieser Geschichte kommen.
Hiob hat nichts vor Augen gestellt bekommen, als die unerfassbare Größe Gottes.
Nicht Liebe, nicht Erbarmen, nicht Hilfswillen.

Doch angesichts seiner eigenen Begrenztheit widerruft Hiob sein Hadern und Rechten.

Und Hiob atmet auf, und zwar in Staub und Asche verbleibend.

Erst danach kommen dann all die märchenhaften Segnungen irdischer Natur.

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#268 Re: Hiob, Gott und Teufel

Beitrag von Bastler » Mo 10. Nov 2014, 23:11

Hemul hat geschrieben:Glaubst du wirklich, dass der Prophet Hesekiel in Hesekiel 14:14 sowie der Bibelschreiber Jakobus in Jakobus 5:11 sich auf eine Märchenfigur
bezogen haben? :roll:
14 und wenn dann Noah, Daniel und Hiob unter ihnen wären, dann würden diese drei Männer wegen ihrer Rechtschaffenheit nur ihr eigenes Leben retten, spricht Jahwe, der Herr.
Hier bezieht sich "JAHWE" also Gott sogar auf Hiob.
und auch Jakobus:
11 Ihr wisst ja, dass wir die glücklich preisen, die durchhalten. Von der Standhaftigkeit Hiobs habt ihr gehört und gesehen, wie der Herr ihn am Ende belohnt hat. Der Herr ist voller Mitgefühl und Erbarmen.
Ich hoffe, Dich nicht zu frustrieren, aber die Antwort ist: Ja. Und Noah halte ich für eine mythische Gestalt. Und was Gott sagt, bekommt auch ein Ezechiel nur sehr unvollkommen in Menschenworte hinein übersetzt.
Der Ezechieltext verwendet die Namen als Typen, nicht als Individuen.

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#269 Re: Hiob, Gott und Teufel

Beitrag von Hemul » Mo 10. Nov 2014, 23:34

Bastler hat geschrieben:
Hemul hat geschrieben:Glaubst du wirklich, dass der Prophet Hesekiel in Hesekiel 14:14 sowie der Bibelschreiber Jakobus in Jakobus 5:11 sich auf eine Märchenfigur
bezogen haben? :roll:
14 und wenn dann Noah, Daniel und Hiob unter ihnen wären, dann würden diese drei Männer wegen ihrer Rechtschaffenheit nur ihr eigenes Leben retten, spricht Jahwe, der Herr.
Hier bezieht sich "JAHWE" also Gott sogar auf Hiob.
und auch Jakobus:
11 Ihr wisst ja, dass wir die glücklich preisen, die durchhalten. Von der Standhaftigkeit Hiobs habt ihr gehört und gesehen, wie der Herr ihn am Ende belohnt hat. Der Herr ist voller Mitgefühl und Erbarmen.
Ich hoffe, Dich nicht zu frustrieren, aber die Antwort ist: Ja. Und Noah halte ich für eine mythische Gestalt. Und was Gott sagt, bekommt auch ein Ezechiel nur sehr unvollkommen in Menschenworte hinein übersetzt.
Der Ezechieltext verwendet die Namen als Typen, nicht als Individuen.
Mich frustriert gar nix mehr. ;) Welche Meinung hast du denn von Jesus-Christus? Ist er etwa genau wie Noah u. Hiob ebenfalls für dich eine fiktive Person ? :roll:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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#270 Re: Hiob, Gott und Teufel

Beitrag von Bastler » Mo 10. Nov 2014, 23:39

Hiob ist keine Märchenfigur - im Märchen spielt er nur eine Nebenrolle. Er ist dennoch eine literarische Figur.
Jesus halte ich für eine reale Person - auch wenn die Beschreibungen in den Evangelien ihn literarisch ziemlich überwuchern. Ich schätze allerdings die literarische Überwucherung nicht als Verfälschung, sondern eher als eine Kennzeichnung ein: Typischer und besser getroffen und in seiner Bedeutung dargestellt, als es ein protokollarisches Nachzeichnen hergeben könnte.

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