Münek hat geschrieben:closs hat geschrieben:Münek hat geschrieben:Die "gesamte christliche Theologie" legt keine biblischen Texte aus
Ratzinger ist doch kein Eiseget. - Ich weiss, dass für Dich jede geistige Deutung, die über historisch-kritische Oberflächen-Deutung hinausgeht, Eisegese ist. - Du legst Dir damit ein Ei.
Seriöse Textauslegung hütet sich davor, in den Text etwas hineinzulesen, was nicht drin steht.
Es hilft dem Eisegeten nichts, wenn er seine wunschgesteuerte Auslegung "geistige
Deutung" nennt. Eisegese bleibt Eisegese.
Der Exeget Prof.
Erich Zenger vertrat hiereine andere Meinung. Im Abschnitt
Eine geradezu poetische Liebeserklärung schrieb er:
Jedenfalls ist das der Eindruck, den ich als literarkritisch geschulter Exeget beim Lesen des Buchs gewonnen habe.
Er lob das Jesus-Buch des Papstes mit den Worten:
Ein pointiert bibeltheologisches Buch
Davon bin ich schlichtweg beeindruckt: Der Papst liebt die Bibel und lebt mit der Bibel. Und dieser Papst liest und erklärt die Bibel auf hohem bibelwissenschaftlichen Niveau (wenngleich mit sehr begrenzter Wahrnehmung der neueren Fachliteratur).
Der Papst schrieb kein theologisches Lehrbuch, wie es Theißen tat, sondern verfasste ein Glaubenszeugnis, indem er sein subjektives Jesus-Bild auf hohem, wissenschsaftlichen Niveau entfaltet. Zenger schrieb hierzu:
Ein zugespitztes Buch
Als sehr persönliches Buch ist es ein einseitiges und zugespitztes Buch. Was für alle Jesus-Bücher gilt, gilt auch hier (selbst wenn der Autor dem widersprechen würde): Das jeweilige Jesusbild ist (fast) immer das höchstpersönliche, subjektive und einseitige Bild ihrer Autoren. Dieses Jesus-Buch ist ein großartiges Glaubenszeugnis eines theologischen Denkers. Aber ich vermisse in ihm die Leidenschaft, die von den unsäglichen Leiden und konkreten Nöten der Menschen, von ihren berechtigten Zweifeln, ja vom Ernst ihres Nicht-Glauben-Könnens erschüttert ist. Ich will es sehr pathetisch formulieren: Dieses Jesus-Buch ist nicht in der Arena des Leids, sondern im Gelehrtenzimmer geschrieben. Es ist ein spektakulär vollkommenes Gottesbuch, aber seine Botschaft ist mir insgesamt zu wenig geerdet.
Zenger hebt den Unterschied zwischen den Lehrbüchern und dem Glaubenszeugnis des Papstes hervor:
Das hermeneutische und methodische Programm
Die historisch-kritischen Jesusbücher von Martin Ebner und Gerd Theißen sind alles andere als glaubenszersetzend, aber sie wollen und können nicht das in Jesus offenbar gewordene Gottesgeheimnis erreichen, das die biblischen Texte bezeugen und um das es Benedikt XVI. in seinem Jesus-Buch geht.
Im folgenden umfangreichern Zitat geht Zenger konkret auf das "Gegenprogramm zur historisch-kritischen Jesus-Forschung" des Papstes mit folgender Kritik ein:
Ein ambitioniertes Gegenprogramm zur historisch-kritischen Jesus-Forschung
Das ist ein ambitioniertes wissenschaftliches Projekt, das der Papst da wagt, indem er die Fragestellung einfach umdreht. Er fragt nicht: Was können wir mit den Mitteln der historischen Forschung einigermaßen sicher über den historischen Jesus wissen, und wie kommen wir von diesem historischen Jesus zum Glauben an den Christus? Er fragt vielmehr: Worin konvergieren die vielfältigen Zeugnisse der Evangelien über Jesus, und ist dieses Glaubenszeugnis mit der geschichtlichen Gestalt Jesu historisch plausibel? Gegen die Bedenken und Zweifel der historisch-kritischen Analyse setzt er seine geradezu konfessorisch formulierte Option: Ich traue den Evangelien, sogar dem Johannes-Evangelium, ihm sogar besonders, als historisch glaubwürdigen Zeugen.
Damit stellt sich das Buch eine doppelte Aufgabe: Es muss zum einen die vielen und teilweise sich widersprechenden Stimmen der Evangelien über Jesus zu einem stimmigen Zusammenklang zusammenführen, was angesichts der bekannten Disharmonie zwischen den Synoptikern Matthäus, Markus, Lukas auf der einen Seite und dem Johannes-Evangelium auf der anderen Seite einen geradezu genialen Dirigenten bzw. Interpreten braucht, wenn daraus schlussendlich doch ein gemeinsames, wenngleich polyphones Lied werden soll. Und dann muss der noch viel schwierigere und anstrengende Versuch unternommen werden, dieses vielstimmige Lied auf eine Urmelodie zurückzuführen, die der historische Jesus selbst war bzw. ist.
Das erste Projekt, die Zusammenführung der vielen Stimmen zu einem gemeinsamen Lied, ist hervorragend gelungen. Dass das zweite Projekt, die wissenschaftlich plausible Rückführung auf Jesus als geschichtliche Gestalt gelungen ist, bezweifle ich. Ich bin sogar der Meinung, dass das nicht oder nur ganz fragmentarisch möglich ist.
Diest ist die Kritik eines der bedeutensten Exegeten seiner Zeit.