Du überträgst Deine Naivität auf mich. - Begründung:Thaddäus hat geschrieben:Deine erkenntnistheoretische These ist infantil und trägt Kennzeichen einer kleinkindlichen Wirklichkeitsauffasung.
Moment: Der Rechner ist für mich "da", weil ich ihn wahrnehme - würde ich in zwei Minuten ins Koma fallen, wäre er nicht mehr für mich "da". - Ob er überhaupt eine Entität ist ("es gibt ihn auch ohne mich"), kann ich ohnehin nicht entscheiden - er könnte genauso gut ein Vorstellungs-Produkt sein. - Niemand kann das falsifizieren.Thaddäus hat geschrieben:Dein Rechner verschwindet nämlich auch dann nicht, wenn du irgendwelche logische Prämissen änderst. Der ist dann immer noch dar.
Unabhängig davon: Im Grunde sprichst Du über zweierlei:
1.) Was ist "real"?
Du machst, wie viele, den einfachen, aber wirkungsvollen Fehler, dass Du beliebig festlegst, was "real" ist und was nicht "real" ist - vermutlich denkst Du, dies sei NICHT beliebig, weil Du Dich an die Physik/den Naturalismus hältst ("real-physisch"). - Wer aber sagt, dass die Physik der einzige Maßstab für "Realität" ist? - Oder konkret: Du kannst nicht wissen, ob Dir gerade eine Entität namens Jahwe (in anderer Chiffrierung : Allah) real zuhört. - Du kannst nicht einmal wissen, ob diese Entität (falls es eine ist) morgen zu Dir spricht.
2.) Was ist "normal"?
Woher willst Du wissen, dass die erwähnte Frau mehr Wahrnehmungs-Trugschlüsse hat als Du oder ich? - WER entscheidet, wer oder was normal ist? - Denn subjektiv empfindet sich die Frau genauso wie Du und ich als "normal" - das sagst Du ja richtigerweise auch.
Ich kann nicht erkennen, wie man diese Fragen anders lösen könnte als über Prämissen/Setzungen/Vereinbarungen (nenne es, wie Du willst).
Die Instanz "Staat" wird dann sagen:
"Nach unseren Gesetzen gilt folgendes ..... - Daran gemessen ist das Verhalten der Frau zu sanktionieren ..."
Die Instanz Materialismus wird sagen:
"Nach unseren Gesetzen ist der Mensch neurowissenschaftlich so aus gelegt, dass.... - Daran gemessen ..."
Der Evolutions-Theoretiker wird sagen:
"Nach unseren Gesetzen steht der Überlebenstrieb im Vordergrund. - Daran gemessen ..."
Der Vernunft-Mensch im Sinne des 21. Jh. wird sagen:
"Nach unseren Vorgaben gibt es definierte moralische Grundlagen. - Daran gemessen ..."
Man muss also immer als Mensch einen Maßstab SCHAFFEN (das fängt mit der Entscheidung übe die Res Extensa an), nach dem man beurteilt, was als "real" und was als "normal" gelten soll. - Du tust aber so, als seien menschen-geschaffene Maßstäbe gleichzusetzen mit einer Entität.
Aus meiner Sicht: Alle Menschen-Maßstäbe haben den Status von "Sherlock Holmes" und sind nicht Entität. (Oder hieltest Du Sherlock Holmes nach Deinem Verständnis für eine Entität? - Dann müssten wir uns den Begriff "Entität" näher angucken. - Ist für Dich "Entität" Synonym für etwas, was auch ohne Wahrnehmung "ist", oder ist es für Dich Gegenstand eines Diskurs-Universums? - Aber vielleicht müssen wir diese Frage ja gar nicht mehr lösen.)
Finde ich auch - und nach MEINER Setzung kann ich es begründen:Thaddäus hat geschrieben:Aber es ist eben ein Trugschluss und in diesem Falle mit den schrecklichsten Konsequenzen.
Ich setze etwas, aus dem alles Materielle kommt und in das alles Materielle geht und verstehe es als höchste Synthese, zu der es keine Anti-These mehr gibt. - Das Herauskommen daraus ist im christlichen Jargon chiffriert mit "Sündenfall", das Wieder-Hineinkommen mit "Erlösung". - Diese höchste Synthese wird im biblischen Kontext als "Jahwe" chiffriert.
Dies ist also (m) eine Setzung, zwar gut begründbar, aber wie alle Setzungen nicht falsifizierbar und somit "beliebig". - Aus dieser Setzung ergibt sich, dass das Bewusstsein der Frau im Sinne der höchsten Synthese (im folgenden: "Gott") gestört/"gefallen" ist, da sie Leben und Tod, also den Prozess des Woher-Kommens und Wieder-Wohin-Gehens, der Gott vorbehalten ist, wider"rechtlich" in die eigene Hand genommen hat. - Ob sie deshalb subjektiv schuldfähig ist, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Ich mache also dasselbe wie Du: Ich setze einen Maßstab, nach dem ich urteile. - ABER: Ich tue nicht so, als sei es KEIN menschen-entworfener Maßstab. - Mal nebenbei: Wie würdest Du nach Deinem Maßstab das "unnormale" Töten dieses russischen Kindes und "normale" Abtreibung QUALITATIV unterscheiden?