Alles Teufelszeug? II

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Münek
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#1671 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Münek » Sa 30. Apr 2016, 22:59

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Kompetenz für die Auslegung biblischer Schriften liegt ausschließlich bei den wissenschaftlich arbeitenden Exegeten.
... die aus methodischen Gründen SO auslegen müssen, als gäbe es Gott nicht. - Immer wieder: Geil.
Die HKM ist wirklich wichtig, aber sicherlich kein substantieller Ausleger der Bibel - HKM ist eine technische und keine geistige Disziplin.
Auch wenn es weh tut - für die Auslegung biblischer Texte ist NICHT die Dogmatik, SONDERN die ergebnisoffen
forschende EXEGESE ausschließlich zuständig.


Für Dich nochmal gaaanz langsam: EXEGESE = TEXTAUSLEGUNG °°°°°° DOGMATIK = NIX TEXTAUSLEGUNG.

Jetzt comprendre, mon ami?! ;)

closs
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#1672 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Sa 30. Apr 2016, 23:16

Münek hat geschrieben:Die tatsächliche Arbeit der HKM ist weit differenzierter, als Du erahnen kannst.
Ich spreche hier über die Balken und die nicht über die Splitter. - Wie diversifiziert die Arbeit im Innen-Verhältnis ist, weiss ich grob aus eigener Erfahrung - daran liegt es nicht. - Es liegt an Setzungsfragen.

Münek hat geschrieben:EXEGESE = TEXTAUSLEGUNG
In wissenschaftlich-technischem Sinn (Quellen-Beurteilung, Sprach-Analyse, Verfasser-Biografie, damalige Lebenswirklichkeit, etc) sind wir uns diesbezüglich nach wie vor einig. - Mir geht es allein um weltanschauliche Setzungsfragen - egal ob "dogmatisch" verkündet oder methodisch eingebaut.

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Münek
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#1673 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Münek » So 1. Mai 2016, 07:20

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:EXEGESE = TEXTAUSLEGUNG
In wissenschaftlich-technischem Sinn (Quellen-Beurteilung, Sprach-Analyse, Verfasser-Biografie, damalige Lebenswirklichkeit, etc) sind wir uns diesbezüglich nach wie vor einig. - Mir geht es allein um weltanschauliche Setzungsfragen - egal ob "dogmatisch" verkündet oder methodisch eingebaut.
Was Du suchst, findest Du im Katholischen Katechismus. Dort wird "gesetzt", dass der in der Bibel postulierte Gott existiert.

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sven23
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#1674 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » So 1. Mai 2016, 07:28

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ist das deine Vorstellung von wissenschaftlichem Arbeiten?
Du trommelst schon wieder dasselbe rein, um das es nie gegangen ist. :thumbdown:
Doch, genau darum geht es, denn du hast eine völlig verkorkste Vorstellung von wissenschaftlichem Arbeiten. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass du jemals historisch-kritisch gearbeitet haben willst, und vor allem, dass dabei etwas Brauchbares zustande gekommen sein soll.
Sorry, aber deine Äußerungen hier lassen keine anderen Schlüsse zu.
Noch mal: lies Theißen/Merz. Darin werden auch die Methodenschritte erklärt, d. h. wie ein Ergebnis zustande kommt.
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sven23
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#1675 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » So 1. Mai 2016, 08:35

JackSparrow hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Es geht darum, dass dieselben Quellen zu unteschiedlichen Interpretationen führen/führen können, ob die Setzung lautet:
1) Jesus ist irgendein Mensch.
2) Jesus ist Messias/Gott/etc.
3) Jesus ist eine fiktive Romanfigur.
.
Das wäre die Position der Radikalkritik, für die es auch gute Gründe gibt, denn, warum hat Jesus, der angeblich des Lesens und Schreibens mächtig war, keine einzige Zeile selbst hinterlassen? Warum gibt es so wenige außerbiblische Quellen über ihn? (und dazu noch christlicherseits gefälschte) usw.
Die neutestamentliche Forschung kommt aber mehrheitlich zu dem Ergebnis, dass es sich bei Jesus um eine historische Person handelt, die aber nicht identisch ist mit der biblischen, mythologisierten und idealisierten Jesusfigur der Evangelien und der späteren Kirche.
Die Forschung führt für die Historizität eine Vielzahl an Gründen an, zwei davon seien hier genannt:

Interessanterweise gehört die Naherwartung, die von unserem closs immer heftig bestritten wird, auch dazu. Würde es sich bei den Evangelien um reine Literatur, also um ein rein fiktionales Geschehen handeln, dann wären die Autoren auch völlig frei in der Ausgestaltung der Geschichten. Sie hätten also die Naherwartung, die sich ja schon bei Abfassung der Geschichten als Irrtum erwiesen hat, einfach weglassen können. Niemand hätte das bemerkt. Es sei denn, die Naherwartung war ein ganz zentraler Punkt in Jesu Verkündigung und die Schreiber wären unglaubwürdig gewesen, wenn sie dies verschwiegen hätten.
Der 2. Punkt ist die Hinrichtung und die Legendenbildung um den angeblich jüdischen Verrat an Jesus. Die Hinrichtungsart spricht eindeutig für römische Gerichtsbarkeit. Da sich die Juden weigerten, der christlichen Legendenbildung um Jesus zu folgen, kam vor allem Matthäus auf die Idee, ihnen eine Mitschuld an Jesu Tod anzudichten und ihnen damit eins auszuwischen.
Hätte es das Todesurteil nach römischem Recht nicht gegeben, hätten die Schreiber auch zu einer typisch jüdischen Hinrichtungsart wie der Steinigung greifen können, so wie es später dem Jesusbruder Jakobus ergangen ist.
Zur Entschuldigung von Matthäus kann man anführen, dass er nicht wissen konnte, welche fatalen Folgen das haben sollte, denn die Schriften galten damals noch nicht als heilig und unantastbar. Erst die Kirche erhob sie in den Rang "Heiliger Schriften", die als vom Heiligen Geist inspiriert und irrtumsfrei stilisiert wurden.
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#1676 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » So 1. Mai 2016, 08:59

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Es ist das, was übrig bleibt, wenn man kritisch herangeht.
Das ist eine Verhöhnung des Wortes "kritisch".
Die historisch-kritische Methode hat entscheidend dazu beigetragen, dass wir heute die Bibel nicht mehr mit verklärten Augen lesen müssen, sondern sie weitaus nüchterner und rationaler verstehen können, als das im Mittelalter möglich war.

"Doch schon der Vergleich der Evangelien hat für die Forschung deutlich gemacht, dass es die
Evangelisten mit der Wahrheit nicht ganz so genau nahmen. Denn es gibt in den synoptischen
Evangelien Hunderte von Stellen, wo die Evangelisten mit oft klarer Absicht Worte Jesu in anderen
Kontext stellen, weglassen oder an vielen Stellen sogar hinzuerfinden. Das Johannesevangelium gilt
fast vollständig als eine Erfindung des Evangelisten. Die Evangelisten waren keine Historiker, sie
wollten von vornherein keine Biographie schreiben, sondern sie waren Exponenten der Gemeinden,
für die sie schrieben. Sie waren selbst gläubig und wollten Glauben wecken, und sie taten dies u. a.
auch dadurch, dass sie Worte und Taten Jesu einfach hinzuerfanden. Der Zweck heiligte für sie die
Mittel. Weil dieser Umstand heute ein Allgemeinplatz in der neutestamentlichen Forschung ist,
sprechen Theologen in ihren Kommentaren schon lange nicht mehr von der
Wahrheitsliebe der Verfasser, sondern von deren Glauben
."

Kubitza, Der Dogmenwahn

Um so unverständlicher ist es deshalb, warum die Kirche an ihrem Dogmenwahn festhält und wie Ratzinger auf der Historizität der biblischen Geschichten besteht.
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#1677 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » So 1. Mai 2016, 09:40

Münek hat geschrieben:Was Du suchst, findest Du im Katholischen Katechismus.
sven23 hat geschrieben:Doch, genau darum geht es
Es macht keinen Sinn, diese Diskussion weiterzuführen, solange nicht erkennbar ist, dass das eigentliche Problem erkannt ist. - Ihr habt jetzt wieder Sachen wiederholt, die seit Äonen klar sind.

Mich erinnert das wirklich an den Kohl-Witz, bei dem Kohl seine Hannelore vor einer USA-Reise fragt: "Was heisst eigentlich 'Apfelkuchen' auf englisch? Du weisst, ich esse ihn doch so gerne." - Sie antwortet ihm "Apple Pie". ----- Als er nun in den USA ist, bestellt er im Hotel jeden Tag "Apple Pie" und bekommt ihn auch. ---- Irgendwann will er dann doch etwas anderes haben, ruft seine Frau an und fragt sie: "Was heisst den 'Brot' auf englisch? Ich möchte auch mal ein Brot essen". - Sie antwortet ihm "Bread". ---- Am nächsten Tag bestellt er ganz stolz "Bread", worauf die Bedienung fragt: "White Bread or Brown Bread?" - Worauf Kohl in Stottern kommt und schließlich sagt: "Apple Pie".

Dieser Witz ist mir in den letzten Wochen bei unserer Diskussion hier öfter eingefallen.

sven23 hat geschrieben:Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass du jemals historisch-kritisch gearbeitet haben willst
Das könntest Du auch, wenn man es Dir erklärt. Es ist weniger ein Verständnis- als ein Fleiß-Problem. - Bei uns gab es NICHT diese Diskussionen wie hier bei der Bibel.

Wir haben in der Literatur-Wissenschaft Disziplinen wie die HKM als "Trabanten-Disziplinen" bezeichnet - der Kern war die eigentliche geistige Auseinandersetzung mit einem Werk - meinetwegen Shakespeares "MacBeth". - Außerum gab es "Trabanten" wie HKM oder Linguistik, etc., die Informationen zum Verständnis des Werkes beisteuerten.

Eine Übergriffigkeit von HKM oder Linguistik in den eigentlichen Kern der Interpretation wäre damals undenkbar gewesen. Aber vielleicht hat sich dies inzwischen wirklich geändert - und nur darum geht es in unserer Diskussion hier. - Die Arbeits-Techniken der HKM sind bekannt und nicht das Thema - die Verschmelzung von Peripherie und Zentrum sind das Problem.

Das große Thema meines alten Profs in England war immer "The Loss of Center" - der "Verlust der Mitte", wie man ja sogar heute in Deutschland sagt. - Das Zentrum der Sache wird nicht mehr verstanden, weshalb die Peripherie hereindrückt und selber zum Zentrum wird. - Dieser Gedanke ist aus meiner Sicht die Lösung dafür, dass wir hier diese kontroverse Diskussion führen. - Und es wird wohl kein Mittel dagegen geben, bis dieses Zentrum selber wieder da ist.

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#1678 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von SilverBullet » So 1. Mai 2016, 10:42

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Eine Frage wie eine Antwort zu behandeln, beruht auf ist nichts anderem als auf „Glaubensentscheid“ – was soll es sonst sein?
Deshalb sollte es doch anders sein
Halten wir also zunächst einmal fest, dass es ein „Glaubensentscheid“ ist, wenn man eine Frage wie eine Antwort behandelt.

zitat-closs: „und das kann man erreichen, wenn man unter BEIDEN Setzungen - also einmal so, einmal so - interpretiert:
* Was steht hier inhaltlich, wenn a)
* Was steht an der selben Stelle, wenn b)
Damit könnte man beide Setzungen sozusagen neutralisieren. - Welchen Nutzen siehst Du darin, wenn EINE Setzung vorgezogen und die andere ignoriert wird? - Ich sehe keinen.


Dass du den „Aufbau einer vermenschlichten Beziehung“ zur Frage aus dem Schöpfungsverdacht gerne auf die gleiche Stufe heben möchtest, wie die Wirklichkeitsidentifikation aus der Wahrnehmungsfestlegung (siehe Punkt 3 ‚meines’ Wissensfundamentes), ist klar, aber das ist nicht sinnvoll.

Man kann diese Wahrnehmungsfestlegung nicht einfach mit Denkspielereien gleichsetzen, weil sie nachweislich nicht über Denkspielereien beeinflusst werden kann.

Die „unmittelbare Festigkeit“ der Wirklichkeitsidentifikation ist ein (extrem) starker Hinweis, ein fast schon gesicherter Anlass, um von einer „wirklich vorhandenen Umwelt“ auszugehen.

Die Alternative, die du forderst, führt zur Annahme, dass der „Schöpfer der Wirklichkeitsidentifikation“, für den eigentlich Anlass der Schöpfung, auf exakt diese „unmittelbare Festigkeit“ verzichten will, obwohl „er“ sie doch eingeführt haben soll.

Das ist ein Widerspruch und würde letztlich der Behauptung gleichkommen, dass dieser „Schöpfer“ ein lustiges Spielchen treibt und den „Geschöpfen“ (bauarttechnisch!) ein gigantisches Hindernis in den Weg legt. Exakt in diese Richtung soll die „persönliche Glaubens-Beziehung“ jedoch explizit nicht gehen ("Allgütig", "Liebe", "Guter Geist" usw.).

Fazit:
Eine Gleichstellung von a) und b) unter dem philosophischen Gesichtspunkt, dass „beides abstrakt gesehen ja irgendwie Setzungen seien“, ist nicht angebracht.

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sven23
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#1679 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » So 1. Mai 2016, 10:48

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Was Du suchst, findest Du im Katholischen Katechismus.
sven23 hat geschrieben:Doch, genau darum geht es
Es macht keinen Sinn, diese Diskussion weiterzuführen, solange nicht erkennbar ist, dass das eigentliche Problem erkannt ist. - Ihr habt jetzt wieder Sachen wiederholt, die seit Äonen klar sind.
Das Problem haben wir doch längst identifiziert: es ist vor allem dein Unverständis wissenschaftlicher Arbeitsweise. Wer Zirkelschlüsse als legitimes Mittel einsetzen will, dem ist nicht mehr zu helfen. Aber keine Sorge: die Forschung tut das eben nicht. ;) (siehe Theißen/Merz)
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#1680 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » So 1. Mai 2016, 11:12

SilverBullet hat geschrieben:Eine Gleichstellung von a) und b) unter dem philosophischen Gesichtspunkt, dass „beides abstrakt gesehen ja irgendwie Setzungen seien“, ist nicht angebracht.
Auf Basis Deines Weltbildes absolut nachvollziehbar.

sven23 hat geschrieben:Das Problem haben wir doch längst identifiziert
Eben NICHT. - Es liegt weder an meinem Unverständnis wissenschaftlicher Arbeitsweise noch an Zirkelschlüssen. - Das eigentliche Problem hat weder mit irgendeinem Unverständnis noch mit Zirkelschlüssen zu tun. - Das ist doch gerade das Problem.

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