Alles Teufelszeug? VIII

Catholic
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#1161 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Catholic » So 4. Feb 2018, 18:42

Roland hat geschrieben: ...
Man kann das genauso wenig "DER Wissenschaft" allgemein anlasten, wie man es "DEM Christentum" anlasten kann, wenn in ihrem Namen Verbrechen begangen wurden, die die Botschaft Christi mit Füßen getreten haben.
....

Stimmt,wieviele Menschen wurden allein in Frankreich unter Robespierres Terrorherrschaft "im Namen der Vernunft" einen Kopf kürzer gemacht?

closs
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#1162 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » So 4. Feb 2018, 20:02

sven23 hat geschrieben:Ja, mit wissenschaftlicher Hermeneutik.
Damit täuscht Du Dich aus der Problematik heraus. Denn auch die biblisch-grammatischen oder kanonischen Exegeten oder Kerygmatiker arbeiten "wissenschaftlich".

Es sei denn, man bezeichnet nur die eigenen Setzungen als "wissenschaftlich" - dann ist man als einziger "wissenschaftlich" und hat keine Setzungen, weil man als Teil der Setzungen implantiert, dass Wissenschaft keine Setzungen hat - die perfekte Selbst-Täuschung also. - Nur: Dann ist "WIssenschaft" in diesem entstellten Sinn in der Geisteswissenschaft, also auch exegetisch nicht substantiell einsetzbar, sondern nur periphär.

sven23 hat geschrieben:Wunder gibt es heute nicht. Warum sollte das jemals anders gewesen sein, nur weil Schreiber eines mythischen antiken Weltbildes darüber schreiben?
Diese Frage darf man wie alle Fragen stellen - trotzdem ist es eine Setzung, wenn man Berichte über Wunder per Setzung als "Wundergeschichten" bezeichnet, sie also als Realität nicht akzeptiert.

Das kann man ja machen - aber dann sollte man sich hüten, über "Ergebnisoffenheit" zu schwafeln (außer innerhalb der eigenen Hermeneutik - da geht es immer).

sven23 hat geschrieben:Das ist allen bewußt, dass Ratzinger Glaubenshermeneutik nicht mit wissenschaftlicher Hermeneutik kompatibel ist.
Und schon hast Du Dich wieder rausgeschossen, weil Du nicht erkennst, dass auch das, was Du entstellend "wissenschaftliche Hermeneutik" nennst, selbst eine Glaubenshermeneutik ist.

sven23 hat geschrieben:Und das geht eben nur mit wissenschaftlicher Methodik und nicht mit Glaubensbekenntnissen, wie sie Kanoniker benötigen.
Im Sinne Deiner Definitionen ist es falsch, dass nur mit Deiner Hermeneutik eine Annäherung an "das, was wirklich war" ("ontischer Jesus") möglich ist. - Eine willkürliche, ideologische, dogmatische Aussage.

sven23 hat geschrieben:Häh, was laberst du für einen Unsinn? Bei 42000:1 ist doch wohl recht eindeutig, wer hier Hermeneutiken verbiegt bis zum bersten.
Du machst aus "42.001: 42.000" ein "42.000:1" - damit trickst Du Dich aus.

sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:

sven23 hat geschrieben:
Jedenfalls nicht an Glaubenshermeneutik, die hat in historischer Forschung nichts verloren.

Auch die HKM-Vorannahmen sind "Glaubenshermeneutik" - da haben halt andere Hermeneutiken nichts verloren.


Nein, sie hat keine apriori Setzung. Wenn du wenigstens das von Ratzinger annehmen würdest, hättest du heute wenigstens etwas gelernt.
Auch das haben wir längst geklärt: Eine HKM, wie sie sich Ratzinger vorstellt, hat keine Apriori-Setzungen - also eine rein sachlich und nicht-interpretatorisch arbeitende HKM.

"Sachlich" heißt, dass man sehr wohl schlussfolgern kann, wenn es um offensichtliche nicht-geistige Dinge geht. - Die Aussage "Jesus hatte eine Naherwartung" (in Deinem Verständnis) ist NICHT rein sachlich, sondern interpretatorisch, weil man mit anderer Hermeneutik zu ganz anderen Ergebnissen kommt. - Man kommt NICHT bei verschiedenen Hermeneutiken zu verschiedenen ERgebnissen, wenn es sich um DInge geht wie etwa "Da Jesus den Petrus erst im Jahr 29 aufgegabelt hat, muss die Kreuzigung nach dem Jahr 29 gewesen sein, weil da PEtrus dabei war" - beispielsweise.

SOLCHE Schlussfolgerungen haben nichts mit Hermeneutik zu tun, also nichts mit Apriori-Setzungen zu tun - die Aussage "Jesus hatte eine Naherwartung" (in Deinem Sinne) bedarf hingegen sehr wohl einer Apriori-Hermeneutik.

sven23 hat geschrieben:Eben, und den versucht die historische Forschung zu ermitteln, bzw. sich ihm anzunähern.
Natürlich - das spricht niemand der HKM ab. - Allerdings lehnt man den ideologischen Anspruch ab, die HKM sei ALLEIN für die Ermittlung des "wirklichen/ontischen Jesus" zuständig - das ist wirklich ein naßforscher Anspruch ohne Berechtigung.

sven23 hat geschrieben:Fundamental ist wohl nur die Schizophrenie, die sich aus der Verleugnung wissenschaftlicher Ergebnisse ergibt. Wie gesagt; das gibt es sonst in keiner anderen Disziplin.
Eher sind Deine unsäglichen Interpretationen unsäglich. - Du unterstellst Leuten "Schizophrenie", weil Du selber nicht in der Lage bist, aus Deiner ideologischen Verstockung zu erkennen, dass Wissenschaft in Modellen denkt - und davon kann es unterschiedliche für die selbe Fragestellung geben.

sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:

sven23 hat geschrieben:
dazu gehört auch Veränderung, Verfälschung und Ignorieren seiner Lehre und Anweisungen. Das ist im Grunde das, was die Forschung zusammenfassend sagt.

Das ist prinzipiell richtig - natürlich wurde verändert und sicherlich auch gefälscht. - Aber woran bemisst es die Forschung? Richtig: An ihrer Hermeneutik.


An den Textquellen und deren wissenschaftlicher Untersuchung.
Das machen doch alle - ach so: Außer man bezeichnet seine Hermeneutik als exklusiv wissenschaftlich. - Aber was soll dieses Selbst-Täuschungs-Theater?

Also: In der Realität tun es alle - nur halt mit unterschiedlichen Hermeneutiken und Modellen.

sven23 hat geschrieben: Etwas kann nicht gleichzeitig wahr und unwahr sein.
Auch das haben wir bereits mehrfach gehabt: Ontisch ist dieser Satz richtig, wissenschaftlich ist er falsch. - Denn wissenschaftlich kann man verschiedene Hermeneutiken bearbeiten, von denen man jeweils nicht weiß, welche richtig ist - und es auch (oft) nicht wissenschaft rauskriegen kann.

sven23 hat geschrieben:Denn Wunder gibt es keine. Deshalb ist die Setzung, nicht von Wundern auszugehen, deckungsgleich mit der Welt, wie wir sie vorfinden.
Du setzt, dass es keine Wunder gibt, und beanspruchst gleichzeitig, dass man nur dann dem NT gerecht werden kann, wenn man dieser Setzung folgt - verrückt. - Dies läuft hinaus auf "Man interpretiert die Bibel eisegetisch, wenn man von der Existenz Gottes als Entität ausgeht" - siebenfach verrückt. - Und das nennst Du dann auch noch "aufgeklärt" - sieben mal siebenfach verrückt.

sven23 hat geschrieben:Nur frage dich doch mal, warum die historisch-kritische Methode die Standardauslegung ist und nicht die kanonischen Exegese.
Weil sie als apriori-freie Exegese GEMEINT ist - also als reine Sach-Exegese, die die Basis für anschließende hermeneutische Auslegungen im Sinne von Apg. 8,30 schaffen soll.

SOOO war es 1993 von Ratzinger gemeint - oder meinst Du ernsthaft, dass damit eine Exegese gemeint war, die mit der Setzung auslegt, dass es keine Wunder gibt und es am besten auch noch Gott nicht gibt?

sven23 hat geschrieben:Aber nicht in der historischen Forschung. Dazu mußt du in die Fiktion und Fantasyabteilung wechseln.
Die Forschung zru Wirklichkeit Jesu wäre also "Fiktion und Fantasy", wenn sie eine andere als die historisch-kritische Forschung ist? :silent:

sven23 hat geschrieben:Nein, das ist dein üblicher Versuch, wissenschaftliche Methodik in deinen glaubensbasierten Sumpf hinunter zu ziehen.
Zur Beruhigung: Wenn die HKM sich bei der Interpretation einer Hermeneutik bedient, die zwangsläufig präjudizierend sein kann, hat das nichts mit "Glaube" religiöser Dimension zu tun, sondern ist ein NÖTIGES "Was wäre, wenn"-Szenario.

Die grammatisch-historische Exegese macht im apriori-freien Sachgebiet dasselbe wie die HKM, bedient sich aber im interpretativen Bereich einer anderen Hermeneutik - an diesen beiden Beispielen kannst Du erkennen, dass "exegetische Sachanalyse" und "interpretative Exegese" zwei Paar Stiefel sind, die man recht gut trennen kann.

Die wissenschaftliche Methodik wird dabei nirgends hineingezogen - Du kannst dies nur meinen, weil Du nach wie vor "Wissenschaft" und "Hermeneutik" falsch zueinander ansiedelst - das ist DEIN Problem.

sven23 hat geschrieben:Mit Fiktion und Fantasy, Legenden und Mythen hat man kaum eine Chance, zum historischen Kern vorzudringen.
JEtzt meinst Du wahrscheinlich das Wort "historisch" wieder ontisch - also zum "wirklichen Kern"/"so wie es war". - Ja - neutral besehen ist diese Aussage richtig.

Aber man kann zu diesem Kern mit Forschung auf verschiedenen Hermeneutiken kommen - und weder Ratzinger noch Sven werden jemals wissen, wessen Hermeneutik näher dran ist. - Es ist nach wie vor so, dass der kerygmatische Jesus unterm Strich dem wirklichen Jesus näher sein KANN - und zwar dann, wenn Jesus wirklich göttlich war und nicht nur Mensch war. - Solange hierüber kein Nachweis geführt ist (also nie), haben beide Hermeneutiken in Bezug auf die Wirklichkeit Jesu ihre wissenschaftliche Berechtigung.
Zuletzt geändert von closs am So 4. Feb 2018, 23:22, insgesamt 2-mal geändert.

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#1163 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Münek » So 4. Feb 2018, 20:39

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die historisch-kritische Exegese geht davon aus, dass die Verkündigung Jesu vom "Naheherbei-Gekommensein der Gottesherrschaft" im Zentrum seiner Botschaft stand und AUTHENTISCH von den drei ersten Evangelisten überliefert worden ist.
Das würde auch Ratzinger unterschreiben
Logisch - für ihn sind ALLE biblischen Texte von göttlich inspirierten Autoren unter Anleitung des "Heiligen Geistes" verfasst worden.

closs hat geschrieben:es liegt nach wie vor in der Frage, WIE man das deutet.
Diese Frage liegt insofern nicht vor, als sie schon längst von der historisch-kritischen Exegese mit einvernehmlichem Ergebnis beantwor-
tet worden ist. Diesem Ergebnis, dass das Reich Gottes nachweislich NICHT gekommen ist und sich Jesus mit seiner Botschaft vom nahen Gottesreich geirrt hat, ist kirchlicherseits offiziell NIE widersprochen worden.


Einzelmeinungen wie die von Ratzinger und Berger sind unbeachtlich.

closs hat geschrieben:Und DIr ist Ratzingers Aussage wohl bewusst, dass man bei genauer Kenntnis der BIbel NICHT zum exegetischen Ergebnis kommen kann, dass Jesus eine Naherwartung in Deinem Sinne hatte.
Was die "genaue Kenntnis der Bibel" betrifft, hat der Dogmatiker Ratzinger den Exegeten sicher nichts voraus.

Es ist Ratzingers persönliche Meinung, dass das Reich Gottes mit der Person Jesu identisch ist. Da widerspricht ihm sogar sein Bruder im Geiste Klaus Berger. Jesus versicherte seinen Jüngern, dass sie das Kommen des Reiches Gottes noch selbst erleben werden. Das hat Ratzinger wohl übersehen - besser: ausgeblendet.


Bezeichnend ist auch, dass Ratzinger einer Auseinandersetzung mit den Argumenten der historisch-kritischen Forschung aus dem Weg gegangen ist.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Ob Jesus von den Römern gekreuzigt worden ist, ist eine historische Frage. Ob Jesus für die Sünden der Welt gestorben ist, ist eine Glaubensfrage.
Richtig.
Na bitte - ich hoffe Du kennst jetzt den Unterschied zwischen historischer Frage und Glaubensfrage.

closs hat geschrieben: ob Jesus einen Naherwartung in Deinem Sinne hatte, ist eine Glaubensfrage.
Du hast es doch nicht kapiert.

Wäre die Naherwartungsfrage eine Glaubensfrage, hätte sie die historisch-kritische Exegese wegen fehlender Zuständigkeit links liegen lassen. Hat sie aber nicht - und ist zu einem einvernehmlichen Ergebnis gekommen.


closs hat geschrieben:Das Problem: Viele Glaubensaussagen sind historischer Natur - denn wenn man glaubt, dass Jesus leiblich auferstanden ist, ist es historisch geschehen, falls dieser Glaube richtig ist.
Um überlieferte Wunderberichte, die von einem göttlichen Eingreifen ausgehen, kümmert sich die historisch-kritische Exegese als wissenschaftliche Diziplin bekanntlich nicht.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:der Theologe Jung erklärt in verständlichen Worten den UNTERSCHIED zwischen historischem und kerygmatischem Jesus - und zwar aus Bultmannscher Sicht.
Diese Sicht ist angreifbar. - Gerade am Schluss sieht es bei Jung düster aus.
Was meinst Du konkret?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die historisch-kritische Exegese interpretiert Bibeltexte in derselben Art und Weise wie andere Texte der Antike auch.
Trotzdem ist es eine Setzung: "Wir versuchen auf DIESEM Weg zu verstehen und nicht auf einem anderen Weg".
Du Witzbold.

Bei der Auslegung ANTIKER Texte wendet die historisch-kritische Exegese selbstverständlich die "historisch-kritische Methode" an.


:lol: :lol: :lol:

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Die katholische Kirche glaubt, im Besitz ewig gültiger, von Gott geoffenbarten Wahrheiten zu sein, die sie - um Gottes willen - NICHT unter irgendeinen Vorbehalt stellt (absolute Glaubensgewissheit).
Das stimmt schon - aber all das steht unter dem Vorbehalt, dass es Gott als Entität gibt. - Falls es Gott NICHT gibt, weiß die Kirche, dass sie dann kein Mandat hat - das ist der Vorbehalt.
Blödsinn - die Kirche kennt in ihrer absoluten Glaubensgewissheit keinen "Wahrheitsvorbehalt". Frage mal einen gestandenen Dogmatiker.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich habe keine Ahnung, was Ratzi im Jahr 1993 aufgefallen ist und was nicht. Wir reden hier über seinen absurden Antichrist-Vorwurf mit seiner ebenfalls absurden Begründung in seinem Jesusbuch aus dem Jahr 2006. Du sperrst Dich dagegen, diese Begründung zur Kenntnis zu nehmen.
Ich nehme zur Kenntnis UND bringe sie in Kontext mit 1993 - und das geht: BEIDE Aussagen sind richtig.
Wie sich Ratzinger im Jahr 1993 zur HKM geäußert hat, interessiert hier nicht.

Der absurde Antichrist-Vorwurf wurde im Jahr 2006 in seinem Jesusbuch erhoben und damit begründet, dass in der historisch-kritischen Exegese, "der angeblich rein wissenschaftlichen, Gott selbst nichts sagt und nichts zu sagen hat." Ja und? Die historisch-kritische Exegese
ist nun mal eine WISSENSCHAFTLICHE Diziplin, in der der Glaube an agierende Götter, Teufel, Engel und Dämonen keine Rolle spielt.


Die Standardexegese wegen ihrer Methodik deshalb als "Antichrist" zu beschimpfen, ist unentschuldbar.

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#1164 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » So 4. Feb 2018, 21:07

Münek hat geschrieben:Diese Frage liegt insofern nicht vor, als sie schon längst von der historisch-kritischen Exegese mit einvernehmlichem Ergebnis beantwor-
tet worden ist. Diesem Ergebnis, dass das Reich Gottes nachweislich NICHT gekommen ist und sich Jesus mit seiner Botschaft vom nahen Gottesreich geirrt hat, ist kirchlicherseits offiziell NIE widersprochen worden.
Ich weiß wirklich nicht, wie Du auf diese Idee kommst, wo die Theologie unterm Strich die Meinung vertritt, dass dieses Reich durch Jesus selbst gekommen ist - auch dazu wurden hier schon Zitate zum Besten gegeben.

Im Grunde unterstellst Du mit Deiner Behauptung, dass die Kirchen das Gegenteil von dem vertreten, was sie - nach Deiner Aussage - in Deinem Sinne wissen - das ist wirklich schräg.

Münek hat geschrieben:Wäre die Naherwartungsfrage eine Glaubensfrage, hätte sie die historisch-kritische Exegese wegen fehlender Zuständigkeit links liegen lassen.
:lol: - Das ist mal eine super Begründung.

Davon abgesehen: Wenn Du tiefer in die HKM schaust oder alternativ ins Vorwort von Theißen guckst, wirst Du erkennen, dass die HKM solche Aussagen mit methodischen und hermeneutischen Einschränkungen trifft: "WENN unsere Methodik uns hier richtig führt, DANN kommt man zu SChluss, dass ..." - "Wenn unsere Hermeneutik dazu richtig ist, dann ...". - Andreas hat dazu einige Zitate gebracht, die Eurem diesbezüglichen Spuk eigentlich ein Ende gesetzt haben sollten.

Münek hat geschrieben:Um überlieferte Wunderberichte, die von einem göttlichen Eingreifen ausgehen, kümmert sich die historisch-kritische Exegese als wissenschaftliche Diziplin bekanntlich nicht.
Im Klartext: Wenn Jesus in der Geschichte leiblich auferstanden ist, ist das nicht Sache der HKM, weil es nicht in ihre Hermeneutik passt - richtig?

Münek hat geschrieben:Was meinst Du konkret?
Wenn er rum-wässert, dass der kerygmatische Jesus sozusagen für die Seele doch ganz nützlich sei - aber ernst zu nehmen sei er natürlich nicht. :D

Münek hat geschrieben:Bei der Auslegung ANTIKER Texte wendet die historisch-kritische Exegese selbstverständlich die "historisch-kritische Methode" an.
Eben - und diese beinhaltet eine Hermeneutik, die in gewissen Dingen präjudizierend ist. - Damit Du nicht geschockt ist: Das ist NORMAL. - Wenn es unnormal wäre, weil es EINE nicht-präkudizierende Hermeneutik und EINEN nicht-präjduizierenden Zugang gäbe, würden sich alle auf ihn stürzen.

Und hier blitzt wieder das hier grassierende Missverständnis auf:
Sobald "Wissenschaft" interpretativ wird, MUSS sie eine Hermeneutik haben, weil Interpretation immer etwas mit dem Subjekt zu tun hat. - Was interpretiert werden muss, spricht nicht für sich selbst - spräche es für sich selbst, bräuchte man keine Theologie, sondern müsste die Texte nur in gutes Deutsch übersetzen und die Menschen würden alle rufen: "Guck - da spricht etwas für sich selbst - ich muss ja gar nicht nachdenken - es geht von alleine in mein Gehirn". - So ist es aber nicht.

Münek hat geschrieben:Blödsinn - die Kirche kennt in ihrer absoluten Glaubensgewissheit keinen "Wahrheitsvorbehalt".
Du hast es nicht verstanden.

Münek hat geschrieben:Wie sich Ratzinger im Jahr 1993 zur HKM geäußert hat, interessiert hier nicht.
Doch - denn die dortige positive Aussage zur HKM muss in Korrelation zur kritischen Aussage im Jahr 2006 gebracht werden.

Münek hat geschrieben:Ja und? Die historisch-kritische Exegese ist nun mal eine WISSENSCHAFTLICHE Diziplin, in der der Glaube an agierende Götter, Teufel, Engel und Dämonen keine Rolle spielt.
Deshalb sollte sie sich aus interpretativer Exegese heraushalten und bei ihren rein sachlichen Leisten bleiben.

Entweder man bleibt im rein sachlichen Bereich, dann können wir uns Gedanken um irgendwelche Hermeneutiken sparen. - Oder die HKM will interpretativ mitmischen, dann muss sie sich ihrer Hermeneutik bewusst werden und sich öffentlich zu ihr bekennen.

Ratzinger hat 1993 in erster Linie die rein sachliche HKM gelobt und hat möglicherweise naiverweise vorausgesetzt, dass eine interpretative Hermeneutik der HKM nicht atheistisch, sondern theistisch ist - WENN man schon geistig interpretiert und WENN man sich schon als Teil der Theologie versteht - dachte er wohl. - Und 2006 kam halt die Quittung dafür, dass dem NICHT so war.
Zuletzt geändert von closs am So 4. Feb 2018, 23:25, insgesamt 1-mal geändert.

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#1165 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Münek » So 4. Feb 2018, 23:20

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Diese Frage liegt insofern nicht vor, als sie schon längst von der historisch-kritischen Exegese mit einvernehmlichem Ergebnis beantwortet worden ist. Diesem Ergebnis, dass das Reich Gottes nachweislich NICHT gekommen ist und sich Jesus mit seiner Botschaft vom nahen Gottesreich geirrt hat, ist kirchlicherseits offiziell NIE widersprochen worden.
Ich weiß wirklich nicht, wie Du auf diese Idee kommst, wo die Theologie unterm Strich die Meinung vertritt, dass dieses Reich durch Jesus selbst gekommen ist.
Du scheinst durcheinander zu sein.

Diese Auffassung habe ich NIE vertreten - diese ist nämlich einzig und allein die persönliche Meinung Ratzingers. Lies einfach, was ich oben geschrieben habe; denn darauf bist Du bezeichnenderweise überhaupt nicht eingegangen.


closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wäre die Naherwartungsfrage eine Glaubensfrage, hätte sie die historisch-kritische Exegese wegen fehlender Zuständigkeit links liegen lassen.
:lol: - Das ist mal eine super Begründung.
In der Tat. :thumbup:

closs hat geschrieben:Davon abgesehen: Wenn Du tiefer in die HKM schaust oder alternativ ins Vorwort von Theißen guckst, wirst Du erkennen, dass die HKM solche Aussagen mit methodischen und hermeneutischen Einschränkungen trifft: "WENN unsere Methodik uns hier richtig führt, DANN kommt man zu SChluss, dass ..."
Du Scherzkeks.

Wenn die historisch-kritische Exegese mit historisch-kritischen METHODEN rekonstruiert und interpretiert, dann kommt sie selbstverständlich zu METHODISCHEN Ergebnissen.


closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Um überlieferte Wunderberichte, die von einem göttlichen Eingreifen ausgehen, kümmert sich die historisch-kritische Exegese als wissenschaftliche Diziplin bekanntlich nicht.
Im Klartext: Wenn Jesus in der Geschichte leiblich auferstanden ist, ist das nicht Sache der HKM, weil es nicht in ihre Hermeneutik passt - richtig?
Wenn Jesus NACHWEISLICH auferstanden ist, würde dieses Ereignis als historisches Faktum in der neutestamentlichen Exegese selbstverständlich berücksichtigt werden. Aber an Jesu IRRTUM würde sich dennoch nichts ändern, denn das von ihm angekün-
digte Reich Gottes kam ja bekanntlich nicht.


closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Was meinst Du konkret?
Wenn er rum-wässert, dass der kerygmatische Jesus sozusagen für die Seele doch ganz nützlich sei - aber ernst zu nehmen sei er natürlich nicht. :D
Da hat er natürlich recht. Als Produkt des Glaubens hat der kerygmatische CHRISTUS mit dem historischen JESUS natürlich so gut wie NICHTS zu tun. Zwischen beiden liegt ein unüberwindlicher Graben.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Bei der Auslegung ANTIKER Texte wendet die historisch-kritische Exegese selbstverständlich die "historisch-kritische Methode" an.
Eben - und diese beinhaltet eine Hermeneutik, die in gewissen Dingen präjudizierend ist.
Entscheidend ist, dass die historisch-kritische Exegese bei der Auslegung antiker Texte weder SETZT, dass Gott als transzendente Entität existiert, noch dass er nicht existiert.

closs hat geschrieben:Sobald "Wissenschaft" interpretativ wird, MUSS sie eine Hermeneutik haben, weil Interpretation immer etwas mit dem Subjekt zu tun hat.
Wissenschaft muss eine METHODIK haben(= planmäßiges Vorgehen/Verfahren zur Erreichung eines Ziels). Und die hat sie selbstverständlich.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Blödsinn - die Kirche kennt in ihrer absoluten Glaubensgewissheit keinen "Wahrheitsvorbehalt".
Du hast es nicht verstanden.
Ich halte Deine These für falsch.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ja und? Die historisch-kritische Exegese ist nun mal eine WISSENSCHAFTLICHE Diziplin, in der der Glaube an agierende Götter, Teufel, Engel und Dämonen keine Rolle spielt.
Deshalb sollte sie sich aus interpretativer Exegese heraushalten, in der Gott nicht vorkommt, und bei ihren rein sachlichen Leisten bleiben.
Sie hält sich insoweit heraus, als sie sich zur Existenz oder Nichtexistenz Gottes inhaltlich nicht äußert. Ansonsten hält sie sich natürlich nicht heraus, sondern geht sie ihrer Aufgabe nach, biblische Texte zu INTERPRETIEREN, um so zum Schriftverständnis zu führen.

closs
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#1166 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » So 4. Feb 2018, 23:44

Münek hat geschrieben:Diese Auffassung habe ich NIE vertreten - diese ist nämlich einzig und allein die persönliche Meinung Ratzingers.
Du hast das natürlich nicht vertreten - aber es wird auch nicht "nur von Ratzinger vertreten". - Es ist Standard in der Theologie. - Egal, ob Du katholische oder evangelische Theologen fragst - Du bekommst die Antwort: "Was? Wird da immer noch drüber geredet? - Das ist doch längst geklärt."

Hältst Du es für möglich, dass es Konsens in der Theologie im Sinne Deiner Auffassung gibt, gleichzeitig aber die Studenten an den evangelischen und katholischen Hochschulen das Gegenteil erzählt bekommen?

Münek hat geschrieben:Wenn die historisch-kritische Exegese mit historisch-kritischen METHODEN rekonstruiert und interpretiert, dann kommt sie selbstverständlich zu METHODISCHEN Ergebnissen.
Eben - Ergebnisse im Rahmen ihrer Hermeneutik.

Münek hat geschrieben:Wenn Jesus NACHWEISLICH auferstanden ist, würde dieses Ereignis als historisches Faktum in der neutestamentlichen Exegese selbstverständlich berücksichtigt werden.
Genau - und da dies nicht nachweisbar ist, interpretiert man so, als gäbe es die Auferstehung als historische Größe nicht. - Kann man machen, wenn es die Hermeneutik fordert. - Meinst Du wirklich, dass Exegese dafür da ist, sich seine Geschichte zu MACHEN?

Münek hat geschrieben: Aber an Jesu IRRTUM würde sich dennoch nichts ändern, denn das von ihm angekündigte Reich Gottes kam ja bekanntlich nicht.
Auch das sieht die evangelische und katholische Theologie anders - und auch darüber haben wir schon 100 Mal gesprochen.

Münek hat geschrieben: closs hat geschrieben:

Münek hat geschrieben:
Was meinst Du konkret?

Wenn er rum-wässert, dass der kerygmatische Jesus sozusagen für die Seele doch ganz nützlich sei - aber ernst zu nehmen sei er natürlich nicht. :D


Da hat er natürlich recht.
Das sagt Deine Hermeneutik.

Münek hat geschrieben: Als Produkt des Glaubens hat der kerygmatische CHRISTUS mit dem historischen JESUS natürlich so gut wie NICHTS zu tun.
Den Kerygmatikern geht es nicht um den historisch(-kritisch)en Jesus, sondern den wirklichen Jesus.

Münek hat geschrieben:Entscheidend ist, dass die historisch-kritische Exegese bei der Auslegung antiker Texte weder SETZT, dass Gott als transzendente Entität existiert, noch dass er nicht existiert.
Aber so interpretieren muss, als gäbe es ihn NICHT, da er nicht nachweisbar ist - siehe oben: "Wenn Jesus NACHWEISLICH auferstanden ist, würde dieses Ereignis als historisches Faktum in der neutestamentlichen Exegese selbstverständlich berücksichtigt werden".

Man schließt also pro forma nichts aus, schlägt aber de facto per Hermeneutik zu: "Wir schließen, ergebnisoffen wie wir sind, nichts aus, können aber leider Gott nur berücksichtigen, wenn er mit unserer Hermeneutik nachweisbar ist". - Und das soll KEINE Setzung sein?

Münek hat geschrieben:Wissenschaft muss eine METHODIK haben(= planmäßiges Vorgehen/Verfahren zur Erreichung eines Ziels). Und die hat sie selbstverständlich.
"Methodisches Arbeiten" heißt, dass man nach gewissen Regeln verfährt, so dass die Ergebnisse der Forschungen intersubjektiv ersichtlich sind- "Methodisches Arbeiten" heißt NICHT, dass man EINE Hermeneutik hat - im Gegenteil: Wissenschaft arbeitet auf Basis unterschiedlicher Hermeneutiken.

Münek hat geschrieben:Ansonsten hält sie sich natürlich nicht heraus, sondern geht sie ihrer Aufgabe nach, biblische Texte zu INTERPRETIEREN, um so zum Schriftverständnis zu führen.
Im Wortverständnis stimmt das ja. - Aber wie willst Du ein Sinn-Verständnis haben, wenn Du Gott als Entität rauskegelst?

Dann kann man religions-geschichtlich beschreiben, was die Leute damals gedacht und geschrieben haben - aber Du kannst damit doch nicht die geistigen Tiefen erkennen, die in den Texten stecken. - Meinst Du ernsthaft, dass man "Schriftverständnis" ohne diese geistigen Tiefen herstellen kann?

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#1167 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Pluto » Mo 5. Feb 2018, 11:23

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wenn die historisch-kritische Exegese mit historisch-kritischen METHODEN rekonstruiert und interpretiert, dann kommt sie selbstverständlich zu METHODISCHEN Ergebnissen.
Eben - Ergebnisse im Rahmen ihrer Hermeneutik.
Nein. Denn die Methode die von der HKM befolgt wird ist keine Hermeneutik.

closs hat geschrieben:Genau - und da dies nicht nachweisbar ist, interpretiert man so, als gäbe es die Auferstehung als historische Größe nicht. - Kann man machen, wenn es die Hermeneutik fordert.
Möglich ist eine leibliche Auferstehung schon, aber was ist die Wahrscheinlichkeit, dass es stimmt?

closs hat geschrieben:Meinst Du wirklich, dass Exegese dafür da ist, sich seine Geschichte zu MACHEN?
Ja.

closs hat geschrieben:aber Du kannst damit doch nicht die geistigen Tiefen erkennen, die in den Texten stecken. -
Welche "geistigen Tiefen" gibt es denn?

closs hat geschrieben:Meinst Du ernsthaft, dass man "Schriftverständnis" ohne diese geistigen Tiefen herstellen kann?
Das Schriftverständnis lässt sich ohne geistige Prämissen nur aus eben der Schrift erkennen.
Warum nicht?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#1168 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Münek » Mo 5. Feb 2018, 12:04

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Diese Auffassung habe ich NIE vertreten - diese ist nämlich einzig und allein die persönliche Meinung Ratzingers.
Du hast das natürlich nicht vertreten - aber es wird auch nicht "nur von Ratzinger vertreten". - Es ist Standard in der Theologie. - Egal, ob Du katholische oder evangelische Theologen fragst - Du bekommst die Antwort: "Was? Wird da immer noch drüber geredet? - Das ist doch längst geklärt."
Aus der Sicht der historisch-kritischen Exegese ist der Fall schon lange geklärt. Der Konsens der Exegeten über Jesu Irrtum besteht
ja nicht erst seit gestern. Erst der fromme Theologieprofessor Klaus Berger hat mit seinem Buch "Die Bibelfälscher - Wie wir um die Wahrheit betrogen werden" dieses Thema wieder öffentlich gemacht.


Und dann fragt der katholische oder evangelische Theologe verblüfft: "Was? Wird da immer noch drüber geredet? Das ist doch längst geklärt." :)

closs hat geschrieben:Hältst Du es für möglich, dass es Konsens in der Theologie im Sinne Deiner Auffassung gibt, gleichzeitig aber die Studenten an den evangelischen und katholischen Hochschulen das Gegenteil erzählt bekommen?
Komische Frage. Ich kenne nur den Konsens der Exegeten über Jesu Irrtum in seiner Naherwartungsaussage.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wenn die historisch-kritische Exegese mit historisch-kritischen METHODEN rekonstruiert und interpretiert, dann kommt sie selbstverständlich zu METHODISCHEN Ergebnissen.
Eben - Ergebnisse im Rahmen ihrer Hermeneutik.
Ergebnisoffen - ohne die Setzung, dass Gott nicht existiert.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wenn Jesus NACHWEISLICH auferstanden ist, würde dieses Ereignis als historisches Faktum in der neutestamentlichen Exegese selbstverständlich berücksichtigt werden.
Genau - und da dies nicht nachweisbar ist, interpretiert man so, als gäbe es die Auferstehung als historische Größe nicht.
Richtig - eine inhaltliche Stellungnahme zu diesem Wunder aller Wunder pro oder contra wäre unwissenschaftlich.

closs hat geschrieben:Meinst Du wirklich, dass Exegese dafür da ist, sich seine Geschichte zu MACHEN?
Die Auferstehung Jesu steht NICHT im Fokus und auf dem Prüfstand der Wissenschaft. Deshalb ist es unsinnig, der historisch-kritischen Exegese zu unterstellen, "sie würde sich ihre Geschichte MACHEN".

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Aber an Jesu IRRTUM würde sich dennoch nichts ändern, denn das von ihm angekündigte Reich Gottes kam ja bekanntlich nicht.
Auch das sieht die evangelische und katholische Theologie anders.
Das ist Deine persönliche apologetische Annahme, die Du nicht belegen kannst.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Wenn er rum-wässert, dass der kerygmatische Jesus sozusagen für die Seele doch ganz nützlich sei - aber ernst zu nehmen sei er natürlich nicht. :D
Da hat er natürlich recht.
Das sagt Deine Hermeneutik.
Ich denke, der Theologe Jung hat den Unterschied zwischen dem "kerygmatischen Christus" des Glaubens und dem "historischen Jesus von Nazareth" sehr gut erklärt.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Als Produkt des Glaubens hat der kerygmatische CHRISTUS mit dem historischen JESUS natürlich so gut wie NICHTS zu tun.
Den Kerygmatikern geht es nicht um den historisch(-kritisch)en Jesus, sondern den wirklichen Jesus.
Die meisten Christen glauben, dass der "kerygmatische Christus" der "wirkliche" Christus ist, weil Ihnen die Ergebnisse der historisch-kritischen Exegese nicht bekannt sind (siehe Conzelmann).

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Entscheidend ist, dass die historisch-kritische Exegese bei der Auslegung antiker Texte weder SETZT, dass Gott als transzendente Entität existiert, noch dass er nicht existiert.
Aber so interpretieren muss, als gäbe es ihn NICHT, da er nicht nachweisbar ist.
So ist es. Eine andere Möglichkeit hat die HKM NICHT. :thumbup:

closs hat geschrieben:Man schließt also pro forma nichts aus, schlägt aber de facto per Hermeneutik zu: "Wir schließen, ergebnisoffen wie wir sind, nichts aus, können aber leider Gott nur berücksichtigen, wenn er mit unserer Hermeneutik nachweisbar ist". - Und das soll KEINE Setzung sein?
Richtig - es sind nur zwei Setzungen möglich: 1. Gott existiert. 2. Gott existiert nicht. Die HKM trifft diesbezüglich keine Entscheidung, sondern nimmt bei ihrer Tätigkeit einen agnostischen Standpunkt ein.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wissenschaft muss eine METHODIK haben(= planmäßiges Vorgehen/Verfahren zur Erreichung eines Ziels). Und die hat sie selbstverständlich.
"Methodisches Arbeiten" heißt, dass man nach gewissen Regeln verfährt, so dass die Ergebnisse der Forschungen intersubjektiv ersichtlich sind- "Methodisches Arbeiten" heißt NICHT, dass man EINE Hermeneutik hat - im Gegenteil: Wissenschaft arbeitet auf Basis unterschiedlicher Hermeneutiken.
Das wäre mir neu. Kannst Du mir Beispiele bringen?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ansonsten hält sie sich natürlich nicht heraus, sondern geht sie ihrer Aufgabe nach, biblische Texte zu INTERPRETIEREN, um so zum Schriftverständnis zu führen.
Im Wortverständnis stimmt das ja. - Aber wie willst Du ein Sinn-Verständnis haben, wenn Du Gott als Entität rauskegelst?
Ein Exeget muss nicht an Gott glauben, wenn er den Text eines gläubigen Verfassers interpretiert. Er muss sich nur in den Autoren hineinversetzen, um zu verstehen, was dieser zum Ausdruck bringen wollte. Das dürfte nicht all zu schwer sein.

closs hat geschrieben:Dann kann man religions-geschichtlich beschreiben, was die Leute damals gedacht und geschrieben haben.
Wichtig ist, sich in den gläubigen Textverfasser hineinzuversetzen, um herauszuarbeiten (zu interpretieren), was dieser zum Ausdruck bringen wollte.

closs hat geschrieben:aber Du kannst damit doch nicht die geistigen Tiefen erkennen, die in den Texten stecken.
Doch - Exegeten können das. Das gehört zu ihrem Geschäft.

Roland
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#1169 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Roland » Mo 5. Feb 2018, 12:55

Pluto hat geschrieben:Denn die Methode die von der HKM befolgt wird ist keine Hermeneutik.

Dazu Wikipedia im entsprechenden Artikel:

In der Bibelwissenschaft verweist das Doppeladjektiv historisch-kritisch auf die Kombination zweier Grundannahmen dieser hermeneutischen Methoden:
• Historisch ist diese Methode insofern, als sie davon ausgeht, dass die zu untersuchende Textgestalt eine lange, teils mündliche, teils schriftliche Vorgeschichte hat. Außerdem soll speziell das historische und theologische Umfeld des Autors zur Zeit des Schreibens erhellt werden, also etwa die im betreffenden biblischen Buch zum Ausdruck kommende Theologie.
Also die erste Grundannahme schließt eine göttliche Inspiration des Textes aus. Es handelt sich nicht um Gottes Wort sondern um reines Menschenwort und Menschenwerk, das sich irgendwie um tausend Ecken herum entwickelt hat.
D.h. die Texte werden so behandelt, alsob es den Gott der Bibel gar nicht gibt sondern nur Menschen, die an ihn geglaubt haben. Er existiert, so die Vermutung, nur im Glauben der Autoren. Und deren historisches und theologisches Umfeld soll erhellt werden.

Wikipedia weiter:
• Kritisch, also unterscheidend, ist die Methode, weil ein großer Unterschied zwischen den ursprünglichen Ereignissen und den biblischen Berichten vermutet wird, und weil der Betrachter beim Ermitteln der Vorstufen des biblischen Textes enorme Fähigkeiten des Unterscheidens (was ist ursprünglich, und was wurde - aufgrund welcher Theologie - verändert?) benötigt.
Die zweite Grundannahme hängt mit der ersten zusammen: Da es sich also nicht um Gottes Wort handelt, vermutete man einen Unterschied zwischen dem, was wirklich passiert ist und dem, was die Autoren aufgrund ihres Glaubens in den Texte sagen. Und es ist die Aufgabe des historisch-kritischen Forschers, Vermutungen anzustellen, wie es wirklich gewesen sein könnte. Mehr geht sowieso nicht.

Und ich kritisiere das alles garnicht, sage nur: Die HKM ist eine hermeneutische Methode, die auf weltanschaulichen Annahmen und Vermutungen basiert. Verschiedene Teildisziplinen, wie Textkritik, Literarkritik, historische Forschung, sind hilfreiche Werkzeuge auch für andere Exegeseformen.
Die Grundannahmen und Vermutungen der HKM sind aber alles andere als zwingend und müssen nicht geteilt werden.

Das ist alles ausschließlich eine Frage des Glaubens.
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

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#1170 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Pluto » Mo 5. Feb 2018, 13:19

Roland hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Denn die Methode die von der HKM befolgt wird ist keine Hermeneutik.
Das ist alles ausschließlich eine Frage des Glaubens.
Vor allem ist es eine Frage DEINES Glaubens, dass das was in Wikipedia steht auch stimmt.
Wie Wittgenstein sagen würde, "Ich bezweifle ALLES".
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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