Wenn geschichtliche Ereignisse zusammenfantasiert werden, wird "geistige Wirklichkeit" allenfalls - wenn überhaupt - in den Köpfen der Legendenerfinder "erschaffen".closs hat geschrieben: K. kann nicht zwischen historisch-kritischer Historizität und geistige Wirklichkeit unterscheiden.
Alles Teufelszeug? III
#1101 Re: Alles Teufelszeug? III
#1102 Re: Alles Teufelszeug? III
Nö - Geschichte muss schon als tatsächlich Geschehenes stattgefunden haben - sonst kann man nicht von "Geschichte" sprechen.closs hat geschrieben: Unter "geschichtlich" kann man auch verstehen, dass ein geistiger Inhalt in der Zeit einer Textverfassung wirklich, also präsent, also thematisiert war.
Im Übrigen kann man jeden "präsenten" Unsinn thematisieren und als "geistig wirklich" hinstellen. Davon
wird ja auch reichlich Gebrauch gemacht. Die Wirklichkeit ("was der Fall ist") bleibt davon unberührt.
#1103 Re: Alles Teufelszeug? III
Wundert mich bei dem, was ich inzwischen weiß, überhaupt nicht. - Wenn auf diese Weise gesiebt wird, soll es wenigstens einen Sinn haben.Pluto hat geschrieben:Nicht umsonst heißt es, dass das Theologiestudium der schnellste Weg zum Unglauben ist.
So ist es. - Und dies ist der Grund für Ratzis und Bergers scharfe Kritik.Pluto hat geschrieben:Der geistig Glaubende ist in der Tat heutzutage die große Ausnahme unter den Theologen.
Man sollte nicht Historiker in der Theologie sein, wenn man sich keine Gedanken über das Verhältnis von Historizität und Wirklichkeit macht.sven23 hat geschrieben:Natürlich kann er Legenden von Historie unterscheiden.
Wer so denkt, hat in der Theologie nichts zu suchen. - Als Anti-Alkoholiker kann man nicht Testimonial für Whiskey sein.Münek hat geschrieben:Wenn geschichtliche Ereignisse zusammenfantasiert werden, wird "geistige Wirklichkeit" allenfalls - wenn überhaupt - in den Köpfen der Legendenerfinder "erschaffen".
Ganz meine Meinung. - Deswegen geht es mir doch um die Frage, was Jesus damals WIRKLICH gemeint hat - und nicht nur, was die Rezeption auf ihrem eigenen ERkenntnisweg davon mitgenommen hat.Münek hat geschrieben: Geschichte muss schon als tatsächlich Geschehenes stattgefunden haben
#1104 Re: Alles Teufelszeug? III
Und warum schreibst du dann kurz vorher noch:closs hat geschrieben:Ganz meine Meinung. - Deswegen geht es mir doch um die Frage, was Jesus damals WIRKLICH gemeint hat - und nicht nur, was die Rezeption auf ihrem eigenen ERkenntnisweg davon mitgenommen hat.Münek hat geschrieben: Geschichte muss schon als tatsächlich Geschehenes stattgefunden haben
Wie oft soll man noch betonen, dass "Narrative" Chiffren für geistige Inhalte sind - egal, ob historisch oder metaphorisch. - Die Glaubwürdigkeit eines Textes hängt nicht davon ab, ob er historisch ist, sondern ob er geistig profund ist.
Wenn man wissen will, was "Jesus damals wirklich gemeint hat", dann muß man sich auch um Unterscheidung bemühen, was historisch und was unhistorisch ist. Genau das macht die Forschung und es geht eben nur mit der historisch-kritischen Methode. Mit "geistigen" Erklärungen kommt man da nicht weit.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell
George Orwell
#1105 Re: Alles Teufelszeug? III
Die alten Herren können dagegen sein, wie sie wollen.closs hat geschrieben:So ist es. - Und dies ist der Grund für Ratzis und Bergers scharfe Kritik.Pluto hat geschrieben:Der geistig Glaubende ist in der Tat heutzutage die große Ausnahme unter den Theologen.
Wenn sie es nicht schaffen die Jugend zu erreichen, ist das vergebliche Mühe.
Gibt es auch junge Theologen die so denken wie Ratzinger und Berger?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.
#1106 Re: Alles Teufelszeug? III
Nein - denn das, was Jesus wirklich gemeint hat, ist zwar ontologisch historisch - in dem Sinne, dass er es in der Geschichte wirklich gemeint hat. - Aber es ist nicht unterscheidbar mit historisch-kritischen Mitteln.sven23 hat geschrieben:Wenn man wissen will, was "Jesus damals wirklich gemeint hat", dann muß man sich auch um Unterscheidung bemühen, was historisch und was unhistorisch ist.
Wie willst Du Jesu wirkliches Denken aus historischen ERzählungen isolieren, wenn
a) man nicht weiß, was die Rezipienten verstanden haben,
b) die jeweilige Epochen-Kultur entscheidet, wie es zu interpretieren ist.
???
Ich kenne einige - ja. -- Davon abgesehen: Man kann Marketing-Gründe nicht zum Maßstab von Fundamental-Theologie machen - wenn es keiner mehr in einer Zeit verstünde, müsste man es halt niederlegen für eine andere Zeit, in der es wieder verstanden wird.Pluto hat geschrieben:Gibt es auch junge Theologen die so denken wie Ratzinger und Berger?
#1107 Re: Alles Teufelszeug? III
Du spielst immer dieselbe Platte. Wenn Jesu überlieferten Predigtworte vom Gottesreich authentisch sind, liegt doch keine Rezeption Dritter vor.closs hat geschrieben:Ganz meine Meinung. - Deswegen geht es mir doch um die Frage, was Jesus damals WIRKLICH gemeint hat - und nicht nur, was die Rezeption auf ihrem eigenen ERkenntnisweg davon mitgenommen hat.Münek hat geschrieben: Geschichte muss schon als tatsächlich Geschehenes stattgefunden haben
Was Jesus (authentisch) verkündigt hat, wird er ja wohl auch WIRKLICH so gemeint haben. Oder? Wo liegt Dein Problem?
#1108 Re: Alles Teufelszeug? III
Womit sonst? Die theologische Forschung ist da anderer Meinung:closs hat geschrieben:Nein - denn das, was Jesus wirklich gemeint hat, ist zwar ontologisch historisch - in dem Sinne, dass er es in der Geschichte wirklich gemeint hat. - Aber es ist nicht unterscheidbar mit historisch-kritischen Mitteln.sven23 hat geschrieben:Wenn man wissen will, was "Jesus damals wirklich gemeint hat", dann muß man sich auch um Unterscheidung bemühen, was historisch und was unhistorisch ist.
"Die Diskussion hat deutlich gemacht, dass die Frage nach dem irdischen Wirken Jesu auch theologisch geboten erscheint, da allen Schriften des Neuen Testaments der Rückbezug auf das geschichtliche Handeln Gottes in Jesus von Nazaret wesentlich eigen ist. Wenn wir damit ernst machen wollen, dass am Ursprung des Christentums nicht ein Mythos steht, sondern eine in konkreten geschichtlichen Zusammenhängen handelnde Person, dann gehört die Rückfrage nach dem Leben und der Verkündigung Jesu ganz zentral zum Christsein dazu. Dabei wird unser Fragen notwendig ein historisches sein, da das die Art und Weise ist, in der wir uns Vergangenheit nähern. Zugleich schafft diese – methodisch die Distanz voraussetzende – Rückfrage nach Jesus die Möglichkeit, sich der eigenen geschichtlich gewordenen Position bewusst zu werden."
Quelle: bibelwissenschaft
Diese "methodische Distanz" ist nur mit der historisch-kritischen Methode erreichbar.
Du wirst es kaum glauben, aber die historische Jesusforschung hat es sich zur ureigensten Aufgabe gemacht, diese Unterscheidung zwischen authentischem Material und nachträglicher Rezeption/Kontamination herbeizuführen.closs hat geschrieben: Wie willst Du Jesu wirkliches Denken aus historischen ERzählungen isolieren, wenn
a) man nicht weiß, was die Rezipienten verstanden haben,
Aber du hast natürlich recht, vieles hat die Forschung als späteres Ergebnis von Rezption, Kontamination enttarnt.
Hier ein kleiner Ausschnitt an Beispielen:
"Jesus wurde in Nazaret geboren. Darin sind sich mit Ausnahme der Kindheitserzählungen alle Traditionsstränge einig. Die Betlehem-Tradition dürfte deshalb Ergebnis nachösterlicher christologischer Reflexion (Davidssohn) sein.
...
In den Evangelien wird immer wieder berichtet, dass Jesus in Synagogen gepredigt oder geheilt habe. Dieses Bild seiner Wirksamkeit ist wohl unhistorisch, denn archäologisch und inschriftlich sind für die Zeit Jesu in Galiläa so gut wie keine Synagogen nachweisbar. Die Evangelisten haben hier die Verhältnisse ihrer Gegenwart in die Zeit Jesu zurückprojiziert. Jesus dürfte vor allem in Privathäusern und im Freien gewirkt haben.
...
Unklar ist, aufgrund welchen nach jüdischem Recht strafbaren Tatbestandes das Synedrium Anklage gegen Jesus erhoben hat. Möglicherweise hat man ihn als falschen Propheten angesehen (vgl. Dtn 13,1-6; 18,9-22). Vieles deutet aber darauf hin, dass es gar kein formelles Verfahren gegen Jesus vor dem Synedrium gegeben hat, da das in Mk 14,53-65 geschilderte Verhör allen jüdischen Prozessprinzipien widerspricht.
...
Die im Matthäus- und Lukasevangelium (Mt 1,1-17; Lk 3,23-38) überlieferten Stammbäume können nicht überzeugend miteinander harmonisiert werden. Unabhängig voneinander entstanden, haben sie beide die Funktion, die Anerkennung Jesu als Messias durch den genealogischen Nachweis der Davidssohnschaft zu rechtfertigen.
...
Sämtliche in den Evangelien mitgeteilten Begleitumstände von Jesu Taufe sind unhistorisch. Die zugrunde liegende Erzählung von der Herabkunft des Geistes auf Jesus bei seiner Taufe entstand bei solchen Christen, die von einer Erzeugung Jesu durch den Geist nichts wussten
...
Jesus wandte sich mit seiner Verkündigung an die Angehörigen seines Volks. Heidenmission praktizierte er nicht; diese ist ein nachösterliches Phänomen.
...
Während die synoptischen Evangelien, also das Matthäus-, Markus- und Lukasevangelium, Worte des historischen Jesus am ehesten treu bewahrt haben, sind die „johanneischen Reden Jesu im Ganzen freie Compositionen des Evangelisten".
...
Die Geschichte von der Verklärung Jesu ist ein Mythus, der die Verklärung des Mose überbietet, Jesus als den Messias mit seinen beiden Vorläufern Mose und Elia zusammenbringt und seine messianische Würde durch die Himmelsstimme bekräftigt.
...
Die Leidensankündigungen in den Evangelien wurden Jesus nachträglich in den Mund gelegt und haben die Funktion, den schmachvollen Kreuzestod Jesu als Bestandteil des göttlichen Heilsplans erscheinen zu lassen. Entsprechendes gilt für Jesu Voraussagen seiner Auferstehung. Schließlich handelt es sich auch bei den Ankündigungen des Verrats durch Judas, der Verleugnung durch Petrus und der Zerstreuung aller Jünger um im Nachhinein formulierte Weissagungen."
Quelle: Bibelwissenschaft
Es ist auch Konsens in der Forschung, dass man einen biografischen Jesus nicht mehr rekonstruieren kann. Deshalb beschränkt man sich auf die Quellen. Der Vorschlag Ratzingers, dann solle man doch gleich den biblischen Jesus nehmen und ihn zu dem echten, historischen erklären, ist natürlich völlig inakzeptabel und nebenbei auch völlig unwissenschaftlich.
Auch darum ist die Forschung bemüht, um nicht die gleichen Fehler wie zu Beginn der Leben-Jesu-Forschung zu machen. Man ist sich des Problems durchaus bewußt, Jesus nicht zur Projektionsfläche der eigenen, auch zeitbedingten Ethikvorstellung zu machen. Deshalb legt z. B. Theißen auch so großen Wert auf die jüdischen Wurzeln Jesu, denn nur in diesem jüdischen Umfeld wird er verständlich und nicht im späteren christlich kontaminierten Rezipientenumfeld.closs hat geschrieben: b) die jeweilige Epochen-Kultur entscheidet, wie es zu interpretieren ist.
???
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell
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#1109 Re: Alles Teufelszeug? III
ERstens kann man das nur vermuten. - Zweitens nützt das nichts, wenn man es unauthentisch interpretiert.Münek hat geschrieben:Wenn Jesu überlieferten Predigtworte vom Gottesreich authentisch sind, liegt doch keine Rezeption Dritter vor.
Das klingt eher nach historisch-kritischer Forschung. - Das Problem ist bei aller Liebe immer wieder: Wie kann eine säkular-angelegte Wissenschaft Jesus geistig, also substantiell hinterfragen?sven23 hat geschrieben:? Die theologische Forschung ist da anderer Meinung
Davon abgesehen, dass auch erste Quellen Rezeptions-Charakter haben, ist das viel größere Problem, dass die HKM nicht zwischen geistig-authentisch und geistig-nichtauthentisch unterscheiden kann.sven23 hat geschrieben:diese Unterscheidung zwischen authentischem Material und nachträglicher Rezeption/Kontamination
Eben - der geistige Ansatz versucht, ins Original zu gehen. - Wir haben hier schlicht und ergreifend zwei komplett unterschiedliche Ansätze.sven23 hat geschrieben:Es ist auch Konsens in der Forschung, dass man einen biografischen Jesus nicht mehr rekonstruieren kann. Deshalb beschränkt man sich auf die Quellen.
Sehr guter Ansatz - jetzt wäre noch zu klären, wie Jesus nach Theißens Meinung seinen Paradigmen-Wechsel gegen diesen damaligen jüdischen Status Quo positioniert. - Dann wird es langsam interessant.sven23 hat geschrieben:Deshalb legt z. B. Theißen auch so großen Wert auf die jüdischen Wurzeln Jesu, denn nur in diesem jüdischen Umfeld wird er verständlich
Aber erst Ende August.

#1110 Re: Alles Teufelszeug? III
Welches Original??????closs hat geschrieben:Eben - der geistige Ansatz versucht, ins Original zu gehen. - Wir haben hier schlicht und ergreifend zwei komplett unterschiedliche Ansätze.sven23 hat geschrieben:Es ist auch Konsens in der Forschung, dass man einen biografischen Jesus nicht mehr rekonstruieren kann. Deshalb beschränkt man sich auf die Quellen.
closs hat geschrieben:Sehr guter Ansatz - jetzt wäre noch zu klären, wie Jesus nach Theißens Meinung seinen Paradigmen-Wechsel gegen diesen damaligen jüdischen Status Quo positioniert. - Dann wird es langsam interessant.sven23 hat geschrieben:Deshalb legt z. B. Theißen auch so großen Wert auf die jüdischen Wurzeln Jesu, denn nur in diesem jüdischen Umfeld wird er verständlich
Aber erst Ende August.
Ist vermerkt. Das Thema wird auf Wiedervorlage gestellt.
Schönen Urlaub.

Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell
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