Ist Gott zur Reue fähig?

Rund um Bibel und Glaube
closs
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#111 Re: Ist Gott zur Reue fähig?

Beitrag von closs » So 21. Sep 2014, 00:17

Münek hat geschrieben:Nun mach es mal nicht so kompliziert!
Wäre nötig, wenn man hier weiterkommen wollte.

Münek hat geschrieben:Immerhin scheut Jahwe sich nicht, frühere Entscheidungen wegen besserer Erkenntnis (für alle Bibelleser wahrnehmbar!) schlicht zurückzunehmen.
Unter Rezeptions-Gesichtspunkten kann man das so sehen - unter ontologischen Gesichtspunkten nein.

Münek hat geschrieben:Dass Dir ein solch ambivalent-wankelmütiger Gott mit all seinen menschlichen Schwächen und Emotionen nicht ins Konzept passt, ist mir klar.
Stimmt - ein solcher "Gott" wäre keiner Theologie wert und könnte nie Gegenstand von Spiritualität sein.

Münek hat geschrieben:Aber das ist halt Dein Problem.
Nein - ich habe es ja gelöst. - Es ist ein Problem der Vermittlung.

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Scrypt0n
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#112 Re: Ist Gott zur Reue fähig?

Beitrag von Scrypt0n » So 21. Sep 2014, 02:50

closs hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben:Ja, aber diese "Gleichzeitigkeit" betrifft ja wohl nicht dessen eigene EIGENZeit, also die Seins-Zeit!
Die "Eigen-Zeit" ist etwas, was wir nicht kennen.
Natürlich wissen wir, was eine Eigenzeit ist - schließe von dir nicht auf andere!

closs hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben:Abgesehen davon lässt sich Zeit natürlich weiterhin nicht aufheben.
Keine Ahnung, was DU unter Aufhebung verstehst.
Jegliche Aufhebung.

closs hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben:Ist Gott vollkommen?
Ja - sonst wäre das Wort "Gott" nicht angebracht.
Gott kann aber als lebendige Vollkommenheit nicht existieren, weil der Zustand der Vollkommenheit keinerlei Mangelerscheinungen (Bedürfnisse/Defizite) kennt, daher auch kein Bedürfnis für irgendeine Regung aufkommen kann - denn; wozu denn auch?
Das Defizit definiert sich somit als notwendiger Antriebsmotor überhaupt.
Wenn Gott sich also "regt" oder geregt/gehandelt/geschöpft hat (egal in welcher Art und Weise), dann geschieht das, weil ein Bedürfnis (Defizit) dazu vorhanden sein muss, ansonsten jede Regung völlig sinnfrei wäre.

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Münek
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#113 Re: Ist Gott zur Reue fähig?

Beitrag von Münek » So 21. Sep 2014, 03:15

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Immerhin scheut Jahwe sich nicht, frühere Entscheidungen wegen besserer Erkenntnis (für alle Bibelleser wahrnehmbar!) schlicht zurückzunehmen.
Unter Rezeptions-Gesichtspunkten kann man das so sehen - unter ontologischen Gesichtspunkten nein.

Deine Antwort irritiert mich. Ich muss jetzt mal genauer fragen:

Die verschiedenen Selbstäußerungen Jahwes in den biblischen Schriften
stellen für Dich keine authentischen Worte und Sätze der Gottheit dar,
sondern sind ausschließlich Erzeugnisse der biblischen Schriftsteller?

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sven23
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#114 Re: Ist Gott zur Reue fähig?

Beitrag von sven23 » So 21. Sep 2014, 06:47

closs hat geschrieben: Das ist ein höchst verzwicktes Thema - denn wir haben:
a) die Bibel-Verfasser
b) die Handlungs-Figuren innerhalb der Bibel
c) die Rezipienten dieser Schriften (also das damalige Volk)
d) die Quellen-Lage in hebräisch
e) die Quellen-Lage in griechisch
f) die Übersetzungen daraus
g) die (offiziellen) Exegesen daraus - und das noch mit all ihren Veränderungen über 2000 Jahre

Jeder dieser Punkte von a) bis g) kann eigene Standpunkte haben - zur jeweils selben Textstelle.
a) hatten eigene Interessen
b) haben etwas gesagt, dessen Tragweite sie nicht immer verstanden haben
c) hat genauso mechanistisch geglaubt wie heute
d) ist unvollständig
e) hat d) verändert
f) hat d) und e) verändert
g) ist (nolens volens) oft dem eigenen Zeitgeist mehr verpflichtet als dem Geist dessen, was man im Original oft nicht versteht (da hätte 2Lena einiges dazu zu sagen)


Das hast du sehr schön herausgearbeitet, daß die Bibel - die Grundlage des Gottesglaubens- reines Menschenwerk ist mit allen Unzulänglichkeiten, die Menschenwerk nun mal hat.
Ein Gott, der seine Entscheidungen permanent bereut/bedauert kann nicht vollkommen oder allwissend sein. Was die Bibelschreiber nicht bedacht haben: wenn man schon einen Gott neu erfindet, dann muß man sehr genau überlegen, wie man ihn anlegt. Denn obwohl er ein Produkt der Phantasie ist, sollte er doch zumindest in literarischer Form eine stringente und in sich geschlossene Figur abgeben.
Das Konzept der mit menschlichen Schwächen behafteten Götter war duch die griechische Mythologie eigentlich schon ausgelutscht.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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sven23
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#115 Re: Ist Gott zur Reue fähig?

Beitrag von sven23 » So 21. Sep 2014, 06:49

Münek hat geschrieben:
Deine Antwort irritiert mich. Ich muss jetzt mal genauer fragen:

Die verschiedenen Selbstäußerungen Jahwes in den biblischen Schriften
stellen für Dich keine authentischen Worte und Sätze der Gottheit dar,
sondern sind ausschließlich Erzeugnisse der biblischen Schriftsteller?

Der liebe closs bastelt sich seinen eigenen Gott zusammen. Er macht nur einen entscheidenden Fehler: er versucht, diesen Gott mit dem Gott der Bibel in Einklang zu bringen. Das ist zum Scheitern verurteilt.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#116 Re: Ist Gott zur Reue fähig?

Beitrag von closs » So 21. Sep 2014, 09:06

Scrypt0n hat geschrieben:Natürlich wissen wir, was eine Eigenzeit ist
Es bezog sich auf den "Zeit"-Begriff Gottes, der mit Menschenmaß nicht greifbar ist. - Du beziehst Dich wahrscheinlich auf "Eigenzeit" im Sinne der RT.

Scrypt0n hat geschrieben:Jegliche Aufhebung.
???

Scrypt0n hat geschrieben:Das Defizit definiert sich somit als notwendiger Antriebsmotor überhaupt.
Stimmt - eine schöne Beschreibung für das Wesen von Zeit und Dialektik. :thumbup:

Scrypt0n hat geschrieben:Wenn Gott sich also "regt" oder geregt/gehandelt/geschöpft hat (egal in welcher Art und Weise), dann geschieht das, weil ein Bedürfnis (Defizit) dazu vorhanden sein muss, ansonsten jede Regung völlig sinnfrei wäre.
Gott "regt" sich doch nicht für sich, sondern als Offenbarung für den Menschen.

Münek hat geschrieben:Die verschiedenen Selbstäußerungen Jahwes in den biblischen Schriften stellen für Dich keine authentischen Worte und Sätze der Gottheit dar, sondern sind ausschließlich Erzeugnisse der biblischen Schriftsteller?
Richtig. - Das schließt nicht aus, dass diese Äußerungen gottgewollt sind. - Denn Gott steht als Fügender hinter der menschlichen Wahrnehmung seiner Selbst-Offenbarung.

sven23 hat geschrieben:Ein Gott, der seine Entscheidungen permanent bereut/bedauert kann nicht vollkommen oder allwissend sein.
Stimmt - deshalb ist diese Darstellung sachlich falsch - entweder aus Unzulänglichkeit der Textverfasser oder (wie es hier aussieht) der Übersetzer.

sven23 hat geschrieben: wenn man schon einen Gott neu erfindet, dann muß man sehr genau überlegen, wie man ihn anlegt.
Mit "Erfindung" hat das nichts zu tun - es ist eine (mangelhafte) Ausprägung und Darstellung dessen, der "ist". - Vereinfacht gesagt: Man nimmt Gott spirituell wahr, ist aber selbst noch nicht so weit, ihn richtig darzustellen - auch das ist Heilsgeschichte. - Salopp gesagt: Wenn Du Sturm spürst und ihn als Produkt von Erdgeistern interpretierst, hast Du deshalb nicht den Sturm erfunden - er ist ja da. Analog: Wenn Du Gott spürst und ihn als Produkt Deiner Lebenswirklichkeit interpretierst, hast Du deshalb nicht Gott erfunden - sondern nur dessen Beschreibung.

sven23 hat geschrieben: Er macht nur einen entscheidenden Fehler: er versucht, diesen Gott mit dem Gott der Bibel in Einklang zu bringen. Das ist zum Scheitern verurteilt.
Zumindest ist es nicht einfach. - Denn man muss gegen alle Störfeuer zum Kern vorstoßen.

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#117 Re: Ist Gott zur Reue fähig?

Beitrag von Scrypt0n » So 21. Sep 2014, 09:09

closs hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben:Natürlich wissen wir, was eine Eigenzeit ist
Es bezog sich auf den "Zeit"-Begriff Gottes
"Es" bezog sich auf die Eigenzeit - die Definition von Eigenzeit ist immer die selbe, egal ob auf Gott angewendet oder nicht.
Informier doch mal besser... .:)

closs hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben:Jegliche Aufhebung.
???
Bist du verwirrt?

closs hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben:Das Defizit definiert sich somit als notwendiger Antriebsmotor überhaupt.
Stimmt
Somit ist dein vollkommener Gott nicht existent! :D

closs hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben:Wenn Gott sich also "regt" oder geregt/gehandelt/geschöpft hat (egal in welcher Art und Weise), dann geschieht das, weil ein Bedürfnis (Defizit) dazu vorhanden sein muss, ansonsten jede Regung völlig sinnfrei wäre.
Gott "regt" sich doch nicht für sich
Für wen er es auch immer tut: Er kann es nicht, wenn er vollkommen ist - wie dargelegt!

closs hat geschrieben:Man nimmt Gott spirituell wahr
Selbst das stimmt nicht; man bildet sich Gott spirituell aber ein, so wie das für viele "spirituelle" Wesenheiten gilt... *grins*

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sven23
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#118 Re: Ist Gott zur Reue fähig?

Beitrag von sven23 » So 21. Sep 2014, 09:26

closs hat geschrieben:Richtig. - Das schließt nicht aus, dass diese Äußerungen gottgewollt sind. - Denn Gott steht als Fügender hinter der menschlichen Wahrnehmung seiner Selbst-Offenbarung.

Und warum sollte ein vollkommener und allmächtiger Gott es fügen, daß die menschliche Wahrnehmung seiner Selbstoffenbarung so daneben liegt? Ein Gott, der angeblich nicht lügen kann, als Trickser und Täuscher?

closs hat geschrieben: Stimmt - deshalb ist diese Darstellung sachlich falsch - entweder aus Unzulänglichkeit der Textverfasser oder (wie es hier aussieht) der Übersetzer.
Der Überetzer nicht, dein Kurzzeitgedächtnis läßt nach.

closs hat geschrieben: - Salopp gesagt: Wenn Du Sturm spürst und ihn als Produkt von Erdgeistern interpretierst, hast Du deshalb nicht den Sturm erfunden - er ist ja da. Analog: Wenn Du Gott spürst und ihn als Produkt Deiner Lebenswirklichkeit interpretierst, hast Du deshalb nicht Gott erfunden - sondern nur dessen Beschreibung.

Der Unterschied ist, daß der Sturm tatsächlich existiert und für jeden nachprüfbar ist. Gott bleibt dagegen ein Phantasieprodukt, egal ob man ihn "spirituell wahrnimmt" oder nicht.
Wie gesagt: Wahrnehmung ist der falsche Begriff. Closs kann sagen: ich habe eine Vorstellung/Phantasie von Gott, mehr aber auch nicht. Mit Wahrnehmung im eigentlichen Wortsinn hat das nichts zu tun.

closs hat geschrieben: Denn man muss gegen alle Störfeuer zum Kern vorstoßen.

Und was ist des Pudels Kern?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#119 Re: Ist Gott zur Reue fähig?

Beitrag von closs » So 21. Sep 2014, 09:45

sven23 hat geschrieben:Und warum sollte ein vollkommener und allmächtiger Gott es fügen, daß die menschliche Wahrnehmung seiner Selbstoffenbarung so daneben liegt?
Fügen heisst ja nicht determinieren, sondern wissend gestalten - anders gesagt: Der Mensch agiert vollkommen "frei". - Und diese "Freiheit" lässt den Menschen seine Erkenntnis im dialektischen Raum erst nach und nach wachsen (phylogenetisch wie ontogenetisch).

sven23 hat geschrieben:Der Überetzer nicht, dein Kurzzeitgedächtnis läßt nach.
Die Buber-Übersetzung passt.

sven23 hat geschrieben:Der Unterschied ist, daß der Sturm tatsächlich existiert und für jeden nachprüfbar ist.
Immer wieder: "Das, was der Fall ist", schert sich nicht darum, ob es mit der Methodik des KR nachweisbar ist oder nicht - entweder es "ist" oder es "ist nicht".

sven23 hat geschrieben:Mit Wahrnehmung im eigentlichen Wortsinn hat das nichts zu tun.
Mit der einvernommenen Bedeutung des KR hat es nichts zu tun - mit dem eigentlichen Wortsinn "Wahr-Nehmung" hat es alles zu tun.

sven23 hat geschrieben:Und was ist des Pudels Kern?
Gott ist die Aufhebung jeglicher Dialektik. - Insofern ist der göttliche Zustand des "Alles in Einem" ein entwicklungsfreier Raum von "pax et lux". - WIE das genau aussieht, weiss ich nicht.

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#120 Re: Ist Gott zur Reue fähig?

Beitrag von Scrypt0n » So 21. Sep 2014, 09:52

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und warum sollte ein vollkommener und allmächtiger Gott es fügen, daß die menschliche Wahrnehmung seiner Selbstoffenbarung so daneben liegt?
Fügen heisst ja nicht determinieren, sondern wissend gestalten
Ist beides das Selbe! ;)

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Der Überetzer nicht, dein Kurzzeitgedächtnis läßt nach.
Die Buber-Übersetzung passt.
Begründe das anhand der Ausführrung zu den betreffenden hebräischen Begriffsbedeutungen, die im ursprünglichen Text zu finden sind - du irrst wohl einmal mehr.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Der Unterschied ist, daß der Sturm tatsächlich existiert und für jeden nachprüfbar ist.
Immer wieder: "Das, was der Fall ist"...
... ist nicht deine Fantasie... :0)

closs hat geschrieben:entweder es "ist" oder es "ist nicht".
Eben, darum geht es ja; und du behauptest etwas als "ist", so wie man ALLES als "ist" behaupten kann, was real aber längst nicht "ist".

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Mit Wahrnehmung im eigentlichen Wortsinn hat das nichts zu tun.
Mit der einvernommenen Bedeutung des KR hat es nichts zu tun - mit dem eigentlichen Wortsinn "Wahr-Nehmung" hat es alles zu tun.
Nein, hat es nicht.
Kann ich Kobolde wahrnehmen? Oder nur jenes, was mich dazu verleitet zu glauben, Kobolde wahrzunehmen? ^_-

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und was ist des Pudels Kern?
Gott ist die Aufhebung jeglicher Dialektik.
Behauptung!

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