lovetrail hat geschrieben:Es ist in der Tat so, dass in der Schrift des öfteren der Glaube der Erkenntnis vorangeht.
Doch wie verhält sich nun der menschliche Wille (die Willensfreiheit) dazu?
Folgendes Anschauungsbeispiel:
30 Als Jesus das sagte, kamen viele zum Glauben an ihn.
31 Da sagte er zu den Juden, die an ihn glaubten: Wenn ihr in meinem Wort bleibt, seid ihr wirklich meine Jünger.
32 Dann werdet ihr die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch befreien.
33 Sie erwiderten ihm: Wir sind Nachkommen Abrahams und sind noch nie Sklaven gewesen. Wie kannst du sagen: Ihr werdet frei werden?
34 Jesus antwortete ihnen: Amen, amen, das sage ich euch: Wer die Sünde tut, ist Sklave der Sünde.
35 Der Sklave aber bleibt nicht für immer im Haus; nur der Sohn bleibt für immer im Haus.
36 Wenn euch also der Sohn befreit, dann seid ihr wirklich frei. (Joh.8,30-36: EÜ)
Hier ist die Reihenfolge so: Jesus spricht (von seinem engen Verhältnis zum Vater, V29) - die Leute glauben an ihn - nun sollen sie in seinem Wort bleiben (als Jünger) - dann werden sie die Wahrheit erkennen - diese Wahrheit wird sie frei machen - frei von der Sklaverei der Sünde. ----
Den Willensaspekt würde ich nun eher dieser Sklaverei der Sünde zuordnen.
Man muß berücksichtigen, dass hier nicht von Ungläubigen- von uninformierten Heiden- die Rede ist, sondern von Insidern, die sich ihrer Stellung als "Abrahams Kinder" sehr wohl bewußt waren. In Joh. 8 geht es um die Identität Jesu; um seine Authentizität (vom Vater gesandt) und damit um die verbindliche Autorität seiner Worte/ Lehre.
lovetrail hat geschrieben:die Leute glauben an ihn
Na ja.... wenn man weiterliest... dann fragt man sich, von welcher Qualität dieser Glaube war.
Jesus sprach "den Juden, die an ihn glaubten" (V. 31) kurz und bündig die Zugehörigkeit zum Volk der Heiligen ab
Vers 47; diese bestünde nur formal, auf dem Papier, und Er nannte sie "Lügner"
Vers 55. Der Streit gipfelte dann darin, dass sie Ihn steinigen wollten.
lovetrail hat geschrieben:Der eigentlich strittige Aspekt scheint mir zu sein, was die Schrift denn nun unter "Glaube" (pistis) versteht. Ist der Glaube eher ein Erkennen oder ein Wollen, oder ein Drittes?
pistis: Glaube, Vertrauen, Überzeugung, Treue.
lovetrail hat geschrieben:Der Glaubensgehorsam ist ja ein Gehorsam welcher aus dem Glauben kommt. = hypakoe pistoes = ein sich hörend unter den Glauben stellen
Nun würde ich aber den Willen eher dem Gehorsam zuordnen, als dem Glauben.
Röm. 10,17- am Anfang steht nicht überzeugende "Erkenntnis", bei den meisten Leuten nicht, sondern rationale Überlegungen, der Intellekt.
In eher seltenen Fällen offenbart sich Gott durch Träume oder Visionen, als Einstieg in den Glauben. Von solchen Erlebnissen hört man beispielsweise von Menschen in Ländern, in denen die Bibel nicht bekannt ist und das Evangelium nicht gepredigt werden darf, z.B. von Muslimen.
lovetrail hat geschrieben:Es scheint also, dass der Wille des Menschen hier nicht ursächlich ist, bestenfalls nachgeordnet.
Der Impuls, sich mit Fragen des Glaubens auseinander zu setzen kommt von Gott (der Vater "zieht"). Hier wird jeder Mensch gleichermaßen "betreut", da Gott möchte, "dass
alle Menschen errettet werden".
Aber nur diejenigen, die sich- willentlich- dafür entscheiden, der Sache nachzugehen und auf den Ruf Gottes bereitwillig zu reagieren, zu antworten, werden mit zunehmender (wahrer Gottes-) Erkenntnis gesegnet. So verstehe ich z.B.
Joh. 14,21.
Das heißt: Die Ausgansposition ist für alle (mündigen) Menschen dieselbe. Aber
der Mensch entscheidet, wie weit er sich auf "unbekanntes Terrain" vorwagt, wie weit er sich auf Gott einlässt... und wie viel an Erkenntnis er zulassen
will.
LG