Der Sündenfall

Rund um Bibel und Glaube
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Savonlinna
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#11 Re: Trinität!

Beitrag von Savonlinna » Do 27. Aug 2015, 19:41

closs hat geschrieben: Meine Ratlosigkeit besteht darin, dass mir das Grundmotiv der Trennung des EINS und die Chiffren dafür ( "Satan, Sünde, Schuld") persönlich absolut klar ist, dies aber aufgrund der Kontaminierung dieses Gedankens schwer vermittelbar ist.
Niemand braucht diese Chiffren.
Man kann sie getrost entsorgen, denn das Grundmotriv von Trennung und Einheit hat bessere Chiffren.

Das Thema ist nicht schwer vermittelbar, da jeder spürt, dass er zwischen Individualität und Teil der gesamten Menschheit hin und herschwankt und mal an der einen Baustelle ackert - die Individualität entwickeln - und mal an der anderen: den "Menschen als Mensch", als Teil der gesamten Menschheit entwickeln.

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Savonlinna
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#12 Re: Trinität!

Beitrag von Savonlinna » Do 27. Aug 2015, 19:52

Naqual hat geschrieben: Ich bin der Schlange ja sogar dankbar, dass sie Adam und Eva dazu gebracht hat vom Baum der Erkenntnis zu naschen. Sonst könnte ich heute noch nicht gut und böse auseinanderhalten (obwohl ich manchmal das Gefühl habe, die hätten noch ein paar verbotene Äpfel mehr naschen sollen, dann ginge das Auseinanderhalten vielleicht etwas schneller und sicherer). Was wäre das für eine Alternative: dumm wie Bohnenstroh, aber dafür unsterblich. :devil:
Ja, da fällt mir wieder Scardanelli ein - ein gemeinsamer Bekannter aus einem evangelikalen Forum -, der unermüdlich von dem "Biss in die Frucht" sprach, der notwendig war, damit wir aus dem Paradies vertrieben wurden und lernten, selber zu denken.

Im Übrigen fällt mir da wieder ein, dass ohnehin ursprünglich, wo die Geschichte herkam, es genau anders herum war:
die Schlange war weise, der Gott war der Negative, und die Geschichte erzählt, wie die Bewusstwerdung des Menschen entstand, was der negative Gott verhindern wollte.

Das muss ich mal wieder auf die Reihe kriegen, irgendwo nachlesen.

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Andreas
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#13 Re: Trinität!

Beitrag von Andreas » Do 27. Aug 2015, 19:54

Savonlinna hat geschrieben:Ist denn vom Sündenfall ÜBERHAUPT die Rede?
In der Urgeschichte selbst nicht. In Gen 1, 2, 3 kommen die Begriffe "Sünde", "Schuld", "Fall" gar nicht vor. Nur in der Kapitelüberschrift zu Gen 3 der Übersetzer. In den Handschriften gibt es diese Überschriften nicht. In den Fußnoten der aktuellen Bibeln wird er erwähnt. In Kommentaren gibt es den Sündenfall überall. Von den Kanzeln wird er gepredigt.

In Gen 4 (Brudermord, Kein und Abel) wird die Sünde das erste mal thematisiert und da "fallen" die Worte "Sünde" und "Schuld" das erste Mal.
Savonlinna hat geschrieben:Vielleicht kannst Du die ja irgendwie mal "rüberschieben".
Dazu müsste ich sie erst mal in einer vorzeigbaren Form aufschreiben, also eine anständige Exegese machen. Da stoße ich als Amateur an die Grenzen meiner Fähigkeiten. Das sollte schon Hieb und Stichfest sein, weil die zu erwartenden Widerstände groß sein werden. Ich versuche momentan mir etwas Hilfe von Theologen zu holen. Die sind allerdings für Leute aus dem Volk schwer erreichbar. Da könnte ja jeder kommen und einem Theologen den Sündenfall erklären - und dann auch noch ganz anders. Also bitte!

Wie war das doch gleich?
Eine Ideologie ist eine Weltanschauung, die einen hohen Anspruch auf Wahrheit erhebt und die für abweichende Lehrmeinungen kaum noch offen ist.

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Naqual
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#14 Re: Trinität!

Beitrag von Naqual » Do 27. Aug 2015, 20:09

Savonlinna hat geschrieben: Im Übrigen fällt mir da wieder ein, dass ohnehin ursprünglich, wo die Geschichte herkam, es genau anders herum war:
die Schlange war weise, der Gott war der Negative, und die Geschichte erzählt, wie die Bewusstwerdung des Menschen entstand, was der negative Gott verhindern wollte.

Das muss ich mal wieder auf die Reihe kriegen, irgendwo nachlesen.

Ja, das würde mich sehr interessieren.
Die Geschichte um den Sündenfall hat mich aus unerfindlichen Gründen immer sehr fasziniert und ich hatte mir mal längere Zeit die Mühe gemacht zu schauen, wie die Geschichte zu verstehen ist, damit sie logisch aufgeht.
Die einzige Möglichkeit, bei der alles logisch stringent bleibt, war die, dass der Autor mit der Geschichte testet, wer gut und böse denn nun tatsächlich unterscheiden kann: nämlich der, der erkennt, dass die Schlange das Gute repräsentiert und der "Gott" das Böse. Insofern hätte der Autor auch einen gesunden Sinn dafür mit Schabernak und Humor seine Zuhörer (oder Leser) zu behandeln.

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Andreas
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#15 Re: Trinität!

Beitrag von Andreas » Do 27. Aug 2015, 20:28

Es gibt wohl keinen Text der so oft und manchmal ziemlich unterschiedlich interpretiert wurde - aber meine Variante ist die Richtige. :lol:

ThomasM
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#16 Re: Trinität!

Beitrag von ThomasM » Do 27. Aug 2015, 21:27

Savonlinna hat geschrieben: Denn was das Thema Sünde und Erbschuld betrifft, da ist mit mir nicht gut Kirschen essen.
Oder anders gesagt: Da kann ich keine Kompromisse machen.
Oh, toll. Endlich ein Thema, bei dem du deine kühle, wissenschaftliche Distanz verlierst. Finde ich gut :devil:

Ich hatte vorher eigentlich nur das zitiert, was ich als theologische Mehrheitsmeinung verstanden habe (ohne Theologe zu sein).
Es ist zentrales Thema der Bibel und auch des christlichen Glaubensverständnis, dass Menschen erlösungsbedürftig sind und dass Jesus den Weg zu dieser Erlösung aufzeigt.
Die Begriffe Sünde bzw. Erbsünde bezeichnen dabei die Trennung von Gott. Ersterer die Trennung auf Grund meiner eigenen Entscheidungen, zweiterer die Trennung auf Grund des Umfelds, in das ich hineingeboren wurde.

Man kann durchaus mit Recht diese beiden Begriffe als veraltet und mit zu viel Geschichte belastet abtun. Dann müsste man aber neue Begriffe erfinden, denn der Umstand ist noch immer aktuell.

Was ich zu "Sünde" bei mir empfinde, kann man am besten mit Paulus Worten ausdrücken "Das Gute, das ich will, tue ich nicht, das Böse, das ich nicht will, das tue ich".
Ich weiß (und das NT sagt dasselbe), dass ich der Sünde nicht entkommen kann. Das Paradoxe ist, dass je mehr ich versuche, das Gute zu tun, desto eher werde ich mich im Bösen verstricken (ich denke hierbei an den heiligen Krieg, den GW Bush entfacht hat). Man hat das Dilemma auch in der Diskussion um die Abtreibung gesehen. Ich kann von mir aus nicht heil werden. Mein Wesen, meine Schwäche und mein Umfeld verhindern das.

Also bleibt mir nur der Weg über die Gnade, die Liebe, die Demut. Das ist es, was ich als Erlösung empfinde. Das ist das, was Jesus mir gibt.

Diese ganz simple, auf Lebenserfahrung beruhende Beschreibung ist das, was ich mit den so belasteten Begriffen ausdrücken will und die ich auch verstehe. Da kann mir die ganze theologische Geschichte und der ganze Ballast zu den Begriffen gestohlen bleiben. Insbesondere auch die Leibfeindlichkeit, die sich gerade in der katholischen Kirche daraus entwickelt hat, ist wirklich zum Übergeben.
Aber geeigneten Begriffersatz zu finden ist wirklich schwer. Wie wäre es mit "uncool"?
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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#17 Re: Der Sündenfall

Beitrag von closs » Do 27. Aug 2015, 22:19

Savonlinna hat geschrieben:Man kann sie getrost entsorgen, denn das Grundmotriv von Trennung und Einheit hat bessere Chiffren.
Es geht hier nicht um das Verhältnis von individuellem Menschen und Menschheit, sondern um das Verhältnis von Mensch und "Gott".

Savonlinna hat geschrieben:der unermüdlich von dem "Biss in die Frucht" sprach, der notwendig war, damit wir aus dem Paradies vertrieben wurden und lernten, selber zu denken.
So allein gestellt stimmt dieser Satz doch auch. - Das Essen vom Baum ist eine Chiffre für die Entdeckung der Ich-Orientierung - unmittelbare Folge ist, "dass sich die Augen klärten" (vorher waren sie trübe).

Naqual hat geschrieben:Was wäre das für eine Alternative: dumm wie Bohnenstroh, aber dafür unsterblich.
Das ist zwar salopp gesagt, aber im Kern geht es genau darum.

Andreas hat geschrieben:Es gibt wohl keinen Text der so oft und manchmal ziemlich unterschiedlich interpretiert wurde - aber meine Variante ist die Richtige. :lol:
Makes two of us. :lol:

ThomasM hat geschrieben:Die Begriffe Sünde bzw. Erbsünde bezeichnen dabei die Trennung von Gott.
Exakt.

ThomasM hat geschrieben:Man kann durchaus mit Recht diese beiden Begriffe als veraltet und mit zu viel Geschichte belastet abtun. Dann müsste man aber neue Begriffe erfinden, denn der Umstand ist noch immer aktuell.
Du sagst es.

ThomasM hat geschrieben: Insbesondere auch die Leibfeindlichkeit, die sich gerade in der katholischen Kirche daraus entwickelt hat, ist wirklich zum Übergeben.
Das stimmt eigentlich gar nicht - die Leibfeindlichkeit kommt eigentlich aus dem protestantischen 19. Jh. - Der Katholizismus steht eigentlich traditionell eher für das Orgiastische. - Wahrscheinlich wäre das auch mal ein eigenes Thema.

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Savonlinna
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#18 Re: Der Sündenfall

Beitrag von Savonlinna » Do 27. Aug 2015, 22:43

Andreas hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Ist denn vom Sündenfall ÜBERHAUPT die Rede?
In der Urgeschichte selbst nicht. In Gen 1, 2, 3 kommen die Begriffe "Sünde", "Schuld", "Fall" gar nicht vor. Nur in der Kapitelüberschrift zu Gen 3 der Übersetzer. In den Handschriften gibt es diese Überschriften nicht. In den Fußnoten der aktuellen Bibeln wird er erwähnt.
Das klingt doch erst mal gut. Der Text selber gibt das also nicht her.
In der Exegese wird der Begriff des Sündenfalls heute eher vermieden.
- lese ich grad bei Wikipediahttps://de.wikipedia.org/wiki/S%C3%BCndenfall , und das entspricht auch meiner Erfahrung. Es wird nicht mehr von den Kanzeln gepredigt.

Übrigens:
Kennst Du oder kennt Ihr diesen Artikel hier?
http://www.bibelwissenschaft.de/wibilex ... 5f190a/#h9

Ich hab ihn nur überflogen, aber da sind ein paar interessante Interpretationen aufgeführt, die hier teilweise schon angesprochen wurden,
aber vor allem, Andreas, scheint die Zwei-Quellen-Theorie nicht (mehr?) immer akzeptiert zu sein ->

Manche Exegeten halten den Text auch für literarisch weitgehend einheitlich (z.B. Steck, 24f; Stolz, 1995, 708f: außer Gen 2,10-14). Der jüdische Exeget B. Jacob (1862-1945) lehnt in seinem 1934 erschienenen Genesis-Kommentar, dem bisher ausführlichsten deutschsprachigen jüdischen Kommentar zur Genesis, die Quellenscheidung für den Pentateuch ab und hält das Buch Genesis für das Werk eines Verfassers, der ältere Quellen benutzt hat (Jacob, 9f). Gen 2-3 sieht Jacob als eine sinnvolle Fortführung von Gen 1 an, deren Zweck darin besteht, den Menschen von ausschweifenden Träumen abzubringen (vgl. Jacob, 79).

Naqual hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: Im Übrigen fällt mir da wieder ein, dass ohnehin ursprünglich, wo die Geschichte herkam, es genau anders herum war:
die Schlange war weise, der Gott war der Negative, und die Geschichte erzählt, wie die Bewusstwerdung des Menschen entstand, was der negative Gott verhindern wollte.

Das muss ich mal wieder auf die Reihe kriegen, irgendwo nachlesen.

Ja, das würde mich sehr interessieren.
Also zumindest auf bibelwissenschaft.de habe ich diesen Hinweis nicht gefunden.
Mir fällt auch einfach nicht ein, wo ich das her habe. Jahwe, so wurde hergeleitet, war ursprünglich eine Art Gegengott, der die Menschen daran hindern wollte, Erkenntnis zu bekommen.

Zumindest das mit Jahwe müsste doch irgendwo überprüfbar sein, aber auch da fand ich auf bibelwissenschaft.de nichts, jedenfalls nicht im Jahwe-Artikel.
Nicht einmal habe ich bestätigt gefunden, dass dieser Erzählstrang aus einer anderen Kultur stammt und dort anders erzählt wurde.

Eventuell muss man da doch auf einer religionshistorischen Webseite suchen und nicht auf einer biblischen.

Salome23
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#19 Re: Der Sündenfall

Beitrag von Salome23 » Do 27. Aug 2015, 22:49

closs hat geschrieben: Das Essen vom Baum ist eine Chiffre für die Entdeckung der Ich-Orientierung -
Das ist lediglich deine persönliche Interpretation/Vorstellung- oder kannst du das irgendwie belegen, dass es sich dabei um "die Wahrheit" handelt? ;)

closs
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#20 Re: Der Sündenfall

Beitrag von closs » Do 27. Aug 2015, 23:05

Salome23 hat geschrieben:Das ist lediglich deine persönliche Interpretation/Vorstellung
Selbstverständlich ist es genau so - wie bei jedem hier oder woanders.

Salome23 hat geschrieben:kannst du das irgendwie belegen, dass es sich dabei um "die Wahrheit" handelt?
Es ist kontextual belegbar und inhaltlich erklärbar. - Das kann man bei anderen Interpretationen auch.

Letztlich läuft es darauf daraus, wer am Ende am nähesten an dem ist, was ist. - Das werden wir weder hier noch woanders vorziehen können. - Man kann nur versuchen, suchende Menschen zum Nachdenken und bestenfalls Erkennen zu bringen.

Um den Bogen ganz zu schließen: Obwohl ich absoluter Vielschreiber bin, hielte ich es für besser, überhaupt nicht zu philosophieren. - Die Menschen, die sich im kleinen Kreis erfüllen, sind aus meiner Sicht vorbildhaft und weiter als jegliche philosophische Halbzeugler. - Und mehr scheint in unseren Zeiten nur schwer möglich zu sein.

1.Kor. 13 und Röm. 2,14 sind aus meiner Sicht nach wie vor ausreichend und können durch Halbzeug nur verwässert werden.

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