Alles Fügung, oder was?

closs
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#221 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von closs » Mo 27. Jan 2014, 23:29

Münek hat geschrieben:Was hat man sich unter einer solchen "Fügung" vorzustellen?
Wie das genau geht, weiss ich auch nicht - der Versuch, es über ein Gleichnis zu erklären:

Man stelle sich ein Glas vor mit Erbsen, die sich von einem Berggipfel aus ausstreuen. Die eine Erbse wird - unterstellen wir in unserer Fragestellung: "mit freiem Willen" - ganz nah am Gipfel landen, die andere hunderte Meter tiefer, die andere im Bergsee untergehen und von einem Fisch verschluckt werden, die andere in einer Baumkrone landen, usw.

Definieren wir nun im Gedankenversuch diese verschiedenen „Landeplätze“ der Erbsen als das, was Gott schon weiß, wenn sich die Erbsen ausstreuen : Nah am Gipfel, tief im Abgrund, im Bergsee, in einer Baumkrone, etc. - „Fügung“ hieße nun im Bild, dass alle Erbsen wieder dahin gehen, wo sie herkamen (dem EINEN Glas). Wie soll man sich das vorstellen?

Um dies zu veranschaulichen, ein Trick:
Man stelle sich vor, man hätte den Vorgang des Ausstreuens gefilmt und ließe diesen Film nun rückwärts laufen. Was passiert?
• Alle Erbsen bewegen sich aus allen Richtungen zurück ins Glas, ohne dass eine Koordinierung untereinander ersichtlich wäre – diese Koordinierung untereinander gibt es ja auch nicht, wie wir wissen.
• Die Erbse nah am Gipfel kommt vielleicht leidfrei zurück, weil sie nie weit weg war (etwa das neugeboren Sterbende)
• Die Erbse tief im Abgrund hat einen langen Weg zurück, auf dem sie vermutlich schmerzhaft mit vielen anderen Erbsen zusammenstößt und eben deshalb wieder im Glas landet.
• Die Erbse aus dem Bergsee wird auf dem Weg zurück trocken.
• Die Erbse in der Baumkrone wuselt sich zurück aus dem Baum.
• Eine andere schlägt eins ums andere auf Felsen auf, um eben deshalb zurück kommen zu können.

Schlussfolgerungen:
• Das individuelle menschliche Schicksal ist nichts anderes als der notwendige Weg, um in Gott wieder vereint zu sein.
• Deshalb kann kein Mensch verloren gehen. In unserem Gleichnis: Es gibt keine Erbse, die nicht letztlich im Glas landet, weil es gar nicht anders möglich ist.

Dieses Gleichnis hinkt, weil es zwei Wege hat (hin und zurück). - Der Hinweg wäre hier "aus freiem Willen" - der Rückweg wäre "gefügt". - Nun gibt es aber nur einen Weg. - Man muss sich deshalb vorzustellen versuchen, dass das, was hier in zwei Wegen in "mit freiem Willen" und "gefügt" dargestellt ist, in Wirklichkeit auf EINEM Weg passiert. - Da fehlt mir aber noch das passende Gleichnis.

Trotzdem: Vielleicht kann man an diesem Gleichnis hier erkennen, dass die unvorhersehbarsten Dinge im Leben eines Menschen Sinn machen, sogar notwendig sind, damit dieser EINE Mensch genau wieder ins "Glas" kommt. - UND man kann problemlos erkennen, dass der Weg aus dem Glas ein Weg des "freien Willens" sein kann (von dem ich ja eh nichts halte - aber er ist halt ein großes Thema). - Kommt da bei allen Holprigkeiten ein Grund-Gedanke rüber?

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#222 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von Pluto » Di 28. Jan 2014, 01:32

closs hat geschrieben:Dieses Gleichnis hinkt, weil es zwei Wege hat (hin und zurück). - Der Hinweg wäre hier "aus freiem Willen" - der Rückweg wäre "gefügt". -
Nein, nein.... Es isst schon in Ordnung. Es zeigt uns, dass Beides, Freier Wille und Fügung nicht gleichzeitig gelten können -- sie schliessen einander aus. :mrgreen:

Nun gibt es aber nur einen Weg. - Man muss sich deshalb vorzustellen versuchen, dass das, was hier in zwei Wegen in "mit freiem Willen" und "gefügt" dargestellt ist, in Wirklichkeit auf EINEM Weg passiert. - Da fehlt mir aber noch das passende Gleichnis.
Eben.
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sven23
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#223 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von sven23 » Di 28. Jan 2014, 07:06

closs hat geschrieben:Man stelle sich vor, man hätte den Vorgang des Ausstreuens gefilmt und ließe diesen Film nun rückwärts laufen. Was passiert?
• Alle Erbsen bewegen sich aus allen Richtungen zurück ins Glas, ohne dass eine Koordinierung untereinander ersichtlich wäre – diese Koordinierung untereinander gibt es ja auch nicht, wie wir wissen.
• Die Erbse nah am Gipfel kommt vielleicht leidfrei zurück, weil sie nie weit weg war (etwa das neugeboren Sterbende)
• Die Erbse tief im Abgrund hat einen langen Weg zurück, auf dem sie vermutlich schmerzhaft mit vielen anderen Erbsen zusammenstößt und eben deshalb wieder im Glas landet.
• Die Erbse aus dem Bergsee wird auf dem Weg zurück trocken.
• Die Erbse in der Baumkrone wuselt sich zurück aus dem Baum.
• Eine andere schlägt eins ums andere auf Felsen auf, um eben deshalb zurück kommen zu können.


Frage an closs auf der Erbse: Was ist mit den Erbsen, die von Tieren gefressen und verdaut werden. Da wirds doch mit der Rückführung ins Glas schwierig.? :lol:

Aber wie Münek schon sagte: Allwissenheit und aktive Fügung sind zwei paar Schuhe. Um im Beispiel zu bleiben: Ist es reiner Zufall, wo die Erbse hinkullert oder fügt Gott das auch schon? Wenn Gott aktiv Gesteine lockert, die mir bei einer Bergtour auf den Kopf fallen, wäre das doch eine Art von Heimtücke. Man könnte es auch als Mord bezeichnen. Mit dieser Art von Fügung hätte Gott einen gefährlichen Weg beschritten, mit dem er sich in die Niederungen von Schuld und Verantwortung verstrickt.
Ob man ihm da einen Gefallen tut, weiß ich nicht.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#224 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von closs » Di 28. Jan 2014, 08:27

Pluto hat geschrieben: Es zeigt uns, dass Beides, Freier Wille und Fügung nicht gleichzeitig gelten können -- sie schliessen einander aus.
Dann wäre Gott der einzige, der einen "freien Willen" hat, weil er der einzige die Macht hat, Einflüsse auf sein Sein zu verhindern. - Meinst Du das so?

sven23 hat geschrieben:Was ist mit den Erbsen, die von Tieren gefressen und verdaut werden. Da wirds doch mit der Rückführung ins Glas schwierig.?
Nein - denke an das Bild mit dem Rückwärts-Laufen-Lassen des Films.

sven23 hat geschrieben: Ist es reiner Zufall, wo die Erbse hinkullert oder fügt Gott das auch schon?
Für die Willens-Jünger könnte man so argumentieren, dass es reiner Zufall ist - allerdings müsste man es als Zufall akzeptieren, dass der Fels x genau dort ist, wo die Erbse hinfällt.

Nehmen wir doch einmal den tragischen Fall von Michael Schumacher: Er ist aus freiem Willen da gefahren, wo er gefahren ist. - Der Fels war genau an der Stelle, an der er verunglückt ist. - War es nun Zufall oder Fügung? - Wäre es ein Eingriff in seinen "freien Willen", wenn es Fügung wäre?

Alle diese Fragen wird man davon abhängig beantworten, welche Setzungen man hat - und da hat der Christ andere als der Naturalist. - Übrigens: Für die Betroffenen ist es egal - sie handeln subjektiv frei.

sven23 hat geschrieben:Wenn Gott aktiv Gesteine lockert, die mir bei einer Bergtour auf den Kopf fallen, wäre das doch eine Art von Heimtücke.
Und wenn er andere Gesteine festigt, ist es das Gegenteil. - Wie schon einige Male erwähnt: Jeder Mensch stirbt den Daseins-Tod - und zwar genau einmal.

Ob der Mensch (nach christlicher Lesart) nach 8 Jahren oder nach 80 Jahren per Unfall oder Altersschwäche stirbt, ist aus Gottes Sicht egal. Denn in beiden Fällen gilt der Satz von Novalis: "Wo gehen wir hin? - Immer nach Hause" (H.v.Ofterdingen).

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#225 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von sven23 » Di 28. Jan 2014, 09:45

closs hat geschrieben: Und wenn er andere Gesteine festigt, ist es das Gegenteil. - Wie schon einige Male erwähnt: Jeder Mensch stirbt den Daseins-Tod - und zwar genau einmal.

Ob der Mensch (nach christlicher Lesart) nach 8 Jahren oder nach 80 Jahren per Unfall oder Altersschwäche stirbt, ist aus Gottes Sicht egal. Denn in beiden Fällen gilt der Satz von Novalis: "Wo gehen wir hin? - Immer nach Hause" (H.v.Ofterdingen).

Das klingt nach Fatalismus, nach dem Motto: Ist doch egal, ob Gott ihn umbringt, irgendwann muß er sowie sterben.
Du kannst auch nicht vor Gericht zum Richter sagen: Wenn ich ihn nicht umgebracht hätte, dann hätte es jemand anderes getan und außerdem muß er sowieso irgendwann sterben. Das entwertet das Leben auf unzulässige Weise.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#226 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von closs » Di 28. Jan 2014, 11:59

sven23 hat geschrieben:Das entwertet das Leben auf unzulässige Weise.
Das ist exakt der Grund, warum der Mensch grundsätzlich nicht töten darf. - Das wird zwar von einigen Christen relativiert - unzulässigerweise, wie ich glaube. - Denn dann (insofern absolute Zustimmung zu Deiner Anmerkung) ist die Hürde niedrig, um Rechtfertigung für Töten zu suchen und dann acuh zu finden.

sven23 hat geschrieben:Das klingt nach Fatalismus
Auch Du kannst nicht verhindern, dass Dir morgen einer frontal reinfährt - das Moment des Unbeherrschbaren ist immer da. - Unter "Fatalismus" würde ich verstehen, dass man aus der Unbeherrschbarkeit der Welt schlussfolgert, dass eh alles wurscht ist. - Deshalb ist der Satz Luthers (Rosa Luxemburg hat ihn, meine ich, auch gesagt), dass man ein Bäumchen pflanzen sollte, selbst wen man wüsste, dass am nächsten Ta alles aus ist.

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#227 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von Pluto » Di 28. Jan 2014, 12:20

closs hat geschrieben:Dann wäre Gott der einzige, der einen "freien Willen" hat, weil er der einzige die Macht hat, Einflüsse auf sein Sein zu verhindern. - Meinst Du das so?
Lieber closs....
wenn ich nur wüsste, ob es den Allmächtigen wirklich gibt, dann, und nur dann könnte ich deine Frage beantworten.

Nehmen wir doch einmal den tragischen Fall von Michael Schumacher: Er ist aus freiem Willen da gefahren, wo er gefahren ist. - Der Fels war genau an der Stelle, an der er verunglückt ist. - War es nun Zufall oder Fügung? - Wäre es ein Eingriff in seinen "freien Willen", wenn es Fügung wäre?
Der Fall ist viel einfacher als du ihn hinstellst.
Ich denke Schumacher ist das Opfer eines tragischen Opfers, Punkt.
Inwieweit er auch Opfer einer fahrlässigen Selbstüberschätzung war, sei dahingestellt. Mit Fügung hat es jedenfalls rein gar nichts zu tun.
Ob der Mensch (nach christlicher Lesart) nach 8 Jahren oder nach 80 Jahren per Unfall oder Altersschwäche stirbt, ist aus Gottes Sicht egal.
Hättest du gesagt dass es der Natur egal sei wann Jemand stirbt, dann würde ich dir zustimmen. Geht man aber von einem barmherzigen Gott aus, dann ist eine solche Gleichgültigkeit gerade beängstigend. Es gibt meiner Meinung nach für einen liebenden Vater, nichts Schlimmeres als wenn eines seiner Kinder vor ihm stirbt und er es beerdigen muss. Warum denkst du also, sollte es einem gütigen liebenden Gott anders ergehen?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#228 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von closs » Di 28. Jan 2014, 12:34

Pluto hat geschrieben:wenn ich nur wüsste, ob es den Allmächtigen wirklich gibt, dann, und nur dann könnte ich deine Frage beantworten
Dann beantworte die Frage hypothetisch. - Was wäre, wenn ...?

Pluto hat geschrieben:Mit Fügung hat es jedenfalls rein gar nichts zu tun.
Woher willst Du das wissen? - Mir reicht im übrigen die Feststellung, dass es auf die Handlungsweise des Opfers SUBJEKTIV keinerlei Auswirkung hat, ob es Fügung gibt oder nicht. - Stichwort: "Freier Wille".

Pluto hat geschrieben:Geht man aber von einem barmherzigen Gott aus, dann ist eine solche Gleichgültigkeit gerade beängstigend.
Nochmals:
closs hat geschrieben:Es gilt der Satz von Novalis: "Wo gehen wir hin? - Immer nach Hause" (H.v.Ofterdingen).

Hemul
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#229 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von Hemul » Di 28. Jan 2014, 20:33

Pluto hat geschrieben:
Ob der Mensch (nach christlicher Lesart) nach 8 Jahren oder nach 80 Jahren per Unfall oder Altersschwäche stirbt, ist aus Gottes Sicht egal.
Hättest du gesagt dass es der Natur egal sei wann Jemand stirbt, dann würde ich dir zustimmen. Geht man aber von einem barmherzigen Gott aus, dann ist eine solche Gleichgültigkeit gerade beängstigend. Es gibt meiner Meinung nach für einen liebenden Vater, nichts Schlimmeres als wenn eines seiner Kinder vor ihm stirbt und er es beerdigen muss. Warum denkst du also, sollte es einem gütigen liebenden Gott anders ergehen?
Hi Pluto!
Gutes Beispiel. :thumbup: Noch krasser ist, was schon mehrfach vorkam, dass bei einem Erdbeben ein Baby von wenigen Monaten
umkam, aber ein Greis von 90zig einen halben Meter daneben am Leben blieb. Wer sollte hier was gefügt haben? :roll:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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#230 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von closs » Di 28. Jan 2014, 21:15

Hemul hat geschrieben: Wer sollte hier was gefügt haben?
Also alles Zufall? - Hat Gott seinen LAden nicht im Griff?

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