"Freier Wille" und "freie Entscheidung" - was ist das?

Philosophisches zum Nachdenken
closs
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#81 Re: "Freier Wille" und "freie Entscheidung" - was ist das?

Beitrag von closs » Di 7. Jan 2014, 20:46

Rembremerding hat geschrieben:Spricht man von einer freien Wahl oder einer freien Entscheidung, steigt man einen Schritt zu spät ein. Zuvor ist der freie Wille als Geistes- oder Seelenkraft notwendig.
OK - das passt so weit. - Wir waren hier auf dem Weg, dass Entscheidung Folge von Wille und Wille Folge von Erkenntnis ist.

Wobei es definitorisch noch unklar ist, ob man den Modus "Erkennen - Wollen - Entscheiden" auch auf falsches Erkennen, also "Ver-Kennen", übertragen kann - Beispiel: "Ich erkenne, dass ich Entzugserscheinungen habe, will deshalb Schnaps und entscheide mich deshalb dafür.

Rembremerding hat geschrieben:Der freie Wille als an sich neutrale Seelenkraft trifft auf Vernunft und Gewissen, erfordert Opfer und Askese und kann so zur Entscheidung führen.
Nicht dass mir Deine Ausführungen unsympathisch wären: Aber das ist nicht Analyse, sondern das sind Setzungen. - Vielleicht sollten wir versuchen, über Beispiele der Sache näher zu kommen:

Ein Löwe hat wie jedes Tier einen Überlebenstrieb (Überlebens-"Willen") a priori. - Jetzt hat er Hunger und führt seinen Überlebens-"Willen" zu einer Entscheidung: "Ich reiße eine Antilope". - Wie würdest Du dieses Beispiel im Sinne Deiner Ausführungen einordnen? - Ein anderes Beispiel:

Vor ca. 30 Jahren stand ich vor der Entscheidung "Uni-Karriere oder Familie". - Da war ein (erster kleiner) Lehrauftrag an einer englischen Uni - dort war (m)eine (heutige) Frau mit zwei kleinen Kindern. - Ich habe mich für letzteres "entschieden". - Habe ich WIRKLICH entschieden? Formal JA (es war ja kein anderer). - Aber war es ein Verdienst, dass ich so und nicht anders entschieden habe? Ich würde sagen NEIN - es war kein Verdienst - denn: Es war ein tiefes Nachsinnen, was denn das Richtige/Wahre sei.

War dieses Nachsinnen-Können mein Verdienst? Ich würde sagen NEIN. - Letztlich habe ich das gemacht, was mir mein Nachsinnen (und wenn Du so willst "beten") als Ergebnis gebracht hat - das Gebet lautete: "Befreie mich von allem, was vordergründig eigennützig ist". War das mein Verdienst? NEIN. - War es mein Wille? Ja - irgendein Instrument braucht man ja, um Gegebenes umzusetzen.

War es ein "freier Wille"? Insofern ja, dass mich keiner zu etwas anderem gezwungen hat. Insofern nein, dass meine Erkenntnis mich dazu gezwungen hat, dementsprechend zu handeln, UND dass es keine Gegenkräfte gab, die mich daran gehindert haben.

Mit anderen Worten: Ich kann ÜBERHAUPT nicht erkennen, warum mein sogenannter "freier Wille" in irgendeiner Form etwas mit Verdienst meinerseits zu tun hat. - Wie würdest Du dieses Beispiel im Sinne Deiner Ausführungen einordnen?

Rembremerding hat geschrieben:Als Bild betrachtet ist der Wille der Treibstoff, der erst den Motor antreibt und das Auto in eine Richtung, zu einer Entscheidung hin bewegt.
Und in wessen Hosentasche ist der Zündschlüssel?

Rembremerding hat geschrieben:In der Seele werden menschliche Prägungen gespeichert. Sie resultieren aus Erfahrungen, soziales Umfeld, körperliche Umstände etc.
Das sind alles Attribute einer Sozialisation. - Wie steht es mit Vor-Prägungen?

closs
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#82 Re: "Freier Wille" und "freie Entscheidung" - was ist das?

Beitrag von closs » Di 7. Jan 2014, 21:05

Lena hat geschrieben:Durch Seine Gnade durfte ich Erfahrungen machen und das wiederum hat meinen Willen gestärkt
Das heisst also, Dir wurde etwas gegeben - einverstanden?

kamille hat geschrieben:Es ist also keine Frage der Gerechtigkeit, sondern eine Sache der Vielschichtigkeit, oder der göttlichen Kombinationen
Glaube ich letztlich auch - aber das muss dann auch für den veranlagten Pädophilen oder mehrfachen Lustmörder auch gelten.

kamille hat geschrieben:Die Seele entscheidet, was sie annehmen will oder kann.
Woher nimmt die Seele die Substanz, unterscheiden zu können?

Ich stimme Dir zwar grundsätzlich zu, kenne aber aus purer Lebenserfahrung, dass viele (vielleicht sogar die meisten) Menschen sündigen, ohne es zu merken - weil sie das für richtig ("gut") halten, was falsch ("böse") ist. - Das hieße, dass die Seele/das Gewissen nicht aktiviert sein kann oder deaktiviert wurde. - Das ist Alltag in unserer Gesellschaft.

kamille hat geschrieben:Der Wille hat ja per Gewissen einen Ratgeber, der immer das Allgemeinwohl und das Eigenwohl der Seele als Basis hat.
Genau das ist die Frage - aus Alltags-Erfahrung würde ich sagen, dass dem sehr oft NICHT so ist.

Salome23 hat geschrieben:Und wie kommt "das Gewissen" zu Input, wer füttert es mit beliebigen Infos?
Unter geistig gesunden Umständen kommt das Gewissen schon zu Input - und zwar in seiner Eigenschaft als Exklave des Göttlichen. - Aber das setzt natürlich ein entsprechendes Weltbild voraus.

kamille hat geschrieben:Mein Glaube sagt mir, dass der freie Wille einer Seele von Gott aus keine Nötigung erleiden darf, ansonsten wäre er eine Farce.
Wieso braucht man überhaupt einen "freien Willen" (außer in dem Sinne, dass man nicht am Handeln gehindert wird). - Ungetrübte wahre Erkenntnis würde doch automatisch zum richtigen Handeln führen - oder nicht?

Salome23 hat geschrieben:Woher kommen die Ratschläge? Die fallen ja nicht vom Himmel.
Ist auch nicht nötig. - Es gibt aber "geprägte Form, die lebend sich entwickelt" (Goethe) - also Vor-Prägungen. - Ob man diese Vor-Prägungen genetisch oder spirituell deutet, ist erstmal egal.

Hemul hat geschrieben: Außerdem hat er uns auch noch ein Gewissen u. die Fähigkeit vernünftige Schlussfolgerungen ziehen zu können mit in die Wiege gelegt.
Kann man irgendwie nicht widersprechen - nur steht halt die Praxis komplett dagegen.

Lena
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#83 Re: "Freier Wille" und "freie Entscheidung" - was ist das?

Beitrag von Lena » Di 7. Jan 2014, 21:41

closs hat geschrieben:Dir wurde etwas gegeben - einverstanden?

Entgegengenommen habe ich das mir angebotene.
Es wurde nicht ohne mein wollen abgegeben...
Kannst du mir helfen, dich richtig zu verstehen?
Erbreich 

Rembremerding
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#84 Re: "Freier Wille" und "freie Entscheidung" - was ist das?

Beitrag von Rembremerding » Di 7. Jan 2014, 21:48

closs hat geschrieben:Wir waren hier auf dem Weg, dass Entscheidung Folge von Wille und Wille Folge von Erkenntnis ist.
Diesen Weg kann ich nicht gehen. Die Kraft, die Energie des Willens ist Anfang aller Erkenntnis und Entscheidung.
closs hat geschrieben:Ein Löwe hat wie jedes Tier einen Überlebenstrieb (Überlebens-"Willen") a priori. - Jetzt hat er Hunger und führt seinen Überlebens-"Willen" zu einer Entscheidung: "Ich reiße eine Antilope". - Wie würdest Du dieses Beispiel im Sinne Deiner Ausführungen einordnen?
Bitte keine Tierbeispiele. Der Mensch ist mehr als ein Tier. :)
closs hat geschrieben:Vor ca. 30 Jahren stand ich vor der Entscheidung "Uni-Karriere oder Familie". - Da war ein (erster kleiner) Lehrauftrag an einer englischen Uni - dort war (m)eine (heutige) Frau mit zwei kleinen Kindern. - Ich habe mich für letzteres "entschieden". - Habe ich WIRKLICH entschieden? Formal JA (es war ja kein anderer). - Aber war es ein Verdienst, dass ich so und nicht anders entschieden habe? Ich würde sagen NEIN - es war kein Verdienst - denn: Es war ein tiefes Nachsinnen, was denn das Richtige/Wahre sei....
Welche Kraft trieb dich dazu nachzudenken?
War es der Wunsch nach Erkenntnis? Verbinde den Willen nicht gleich mit gut, böse, ja, nein. Sehe den Willen vielleicht so: er ist das Gefälle, das Wasser nach unten fließen lässt , er ist die Spannung, der überhaupt Strom fließen lässt. Der Wille ist kein Verdienst, er kommt von Gott, er ist Gnade. Weil er ein Teil des Seienden, des Vaters ist, ist er Ursache seiner selbst und in sich frei und genau so schenkte Gottvater ihn uns.
Ein Gebet soll am Ende immer darum bitten, dass der Wille des Vaters geschehe. Wird der eigene Wille dadurch unfrei? Nein, eben nicht, weil er sich mit dem Seienden wieder verbindet und damit die unendliche Freiheit Gottes in der Ewigkeit gewinnt. So befreit einem der mit Gott wiederverbundene freie Wille von seiner menschlichen Unfreiheit. (bitte versuche genau nachzudenken, es ist kompliziert, weil dimensionenübergreifend)
closs hat geschrieben:War es ein "freier Wille"? Insofern ja, dass mich keiner zu etwas anderem gezwungen hat. Insofern nein, dass meine Erkenntnis mich dazu gezwungen hat, dementsprechend zu handeln, UND dass es keine Gegenkräfte gab, die mich daran gehindert haben.
Du wurdest durch die Kraft, Spannung, des freien Willens ohne Zwang zur Sehnsucht nach Erkenntnis getrieben. Diese Kraft war zuvorderst absolut frei, deine Erkenntnis leitet sie zu den entsprechenden Regungen deiner Seele, um danach handeln zu können.

closs hat geschrieben:
Rembremerding hat geschrieben:Als Bild betrachtet ist der Wille der Treibstoff, der erst den Motor antreibt und das Auto in eine Richtung, zu einer Entscheidung hin bewegt.
Und in wessen Hosentasche ist der Zündschlüssel?
In Christus Jesus, er ist der Autobauer, der Treibstoffproduzent, derjenige, der den Schlüssel rumdreht und Leben schenkt.
closs hat geschrieben:
Rembremerding hat geschrieben:In der Seele werden menschliche Prägungen gespeichert. Sie resultieren aus Erfahrungen, soziales Umfeld, körperliche Umstände etc.
Das sind alles Attribute einer Sozialisation. - Wie steht es mit Vor-Prägungen?
Inwieweit Vorprägungen? Meinst du genetisch, geistig ...?

Wie der freie Wille sich für gut oder böse entscheiden kann, sollte jetzt noch nicht das Thema sein, weil das Wesen des Willens momentan von uns noch unterschiedlich bewertet wird (was auch so bleiben kann/darf :geek: ). Du siehst ihn wohl eher als Vorgang, der nach der Erkenntnis kommt, ich eher als eigentliche Kraft, die eine Sehnsucht nach Erkenntnis erzeugt.

Servus und gute Nacht. Bis später! :wave:
Dieser katholische User ist hier dauerhaft inaktiv

Salome23
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#85 Re: "Freier Wille" und "freie Entscheidung" - was ist das?

Beitrag von Salome23 » Di 7. Jan 2014, 22:06

@Rembremerding

Der Wille ist kein Verdienst, er kommt von Gott, er ist Gnade.
Hm...Bild

Mein Katze Namens Kitty liegt grade rechts von mir auf der Sofalehne-ich hatte den Versuch gestartet, sie zum Spielen zu animieren, in dem ich...
Aber sie wollte nicht. Sie bevorzugte es, liegen zu bleiben.Sie hat ihren Willen durchgesetzt.
Kommt ihr (freier) Wille auch aus der Gnade Gottes?

Pluto
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#86 Re: "Freier Wille" und "freie Entscheidung" - was ist das?

Beitrag von Pluto » Di 7. Jan 2014, 22:07

kamille hat geschrieben: Wenn ich mein Ja zu etwas gebe, dann entspringt es meiner Persönlichkeitsstruktur und nicht deiner oder der von closs.
Ganz deiner Meinung. :)
Sofern du nicht gezwungen wirst anders zu handeln, entscheidest du auf Grund deiner Persönlichkeitsstruktur.

Weiter entscheiden wir gemäss unseren Erfahrungen. Wenn ein Kleinkind aus Neugierde eine heisse Herdplatte anfasst, sammelt es die Erfahrung dass man das besser nicht noch einmal tun sollte.

Ein weiteres Entscheidungskriterium ist das verfügbare Angebot. Wenn nur Vanille und Erdbeereis auf der Speisekarte stehen, wirst man kaum auf die Idee kommen, Pistazieneis zu verlangen.

All das fasst Schopenhauer zusammen, wenn er schreibt, "Der Mensch kann tun was er will...". Der zweite Teil seiner Aussage geht aber tiefer. Können wir etwas wollen, was wir gar nicht kennen? Natürlich nicht!
Schopenhauer schreibt dazu, "aber er kann nicht wollen was er will". Damit impliziert er, dass es keinen vollkommen freien Willen gibt.

Glücklicherweise sehnen wir uns für gewöhnlich nicht nach Dingen die wir nicht kennen, so dass dieser Mangel an Freiheit uns im Alltag nicht einschränkt.

Mein Fazit:
Wir entscheiden nicht wirklich frei, sondern einerseits entsprechend der Prägung unseres Erbes, unserer Erziehung und unserer gesammelten Erfahrungen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#87 Re: "Freier Wille" und "freie Entscheidung" - was ist das?

Beitrag von Pluto » Di 7. Jan 2014, 22:11

closs hat geschrieben:Unter geistig gesunden Umständen kommt das Gewissen schon zu Input.
Was genau sind geistig gesunde Umstände?

Aber das setzt natürlich ein entsprechendes Weltbild voraus.
Woher kommt dieses Weltbild, wenn nicht von unserer Erziehung?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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kamille
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#88 Re: "Freier Wille" und "freie Entscheidung" - was ist das?

Beitrag von kamille » Di 7. Jan 2014, 22:24

Salome23 hat geschrieben:Woher kommen die Ratschläge? Die fallen ja nicht vom Himmel..Auf welche Art kommen sie in dein "Gedächtnis"?
Ich habe mich früher einmal gefragt, wer ich eigentlich bin, woher die vielen Gedanken, Gefühle und Emotionen kommen.
Mir war irgendwie klar, dass ich das nicht alles selbst erzeuge, sondern ein Schauplatz, oder die Bühne eines Theaters sein muß :lol: .
Im Ernst, ich fing mit 30 an, alles zu hinterfragen, zu beobachten.

Ich fand zu Gott, als ich merkte, dass es eine Quelle in mir gibt, von der Gedanken und Gefühle kommen, die mir weiterhelfen, mich sogar stärken, ermutigen und Fragen beantworten.
Ich brauche mich nicht mit allem, was in mir an Gedankenmustern und sonstigen Impulsen auftaucht zu identifizieren.
Ich kann neutral bleiben, nur anschauen und weiterziehen lassen.
Wer hat dein Gehirn mit diversen Informationen eingedeckt, die bei bestimmten Anlässen in Erinnerung treten, Erinnerungen wach werden-denn so was wie ein Gewissen gibt es nicht...
Meine Selbstbeobachtungen haben ergeben, dass nicht alles übers Gehirn läuft. Im Herzbereich finde ich das, was man Gewissen nennt.
Aber sobald man dir das eintrichtert,.......entweder zu einem schlechtem Gewissen oder der Ratgeber erinnert dich...
Was du hier Gewissen nennst, ist nicht das was ich meine.
Ich nenne das die emotionale Schiene, auf der Menschen versuchen, andere Menschen zu manipulieren und zu beherrschen. Denn die Seele ist ein Empfindungskörper, ein Spiegel für alles, oder wie ein Glas. Sie sollte sich nicht sogleich mit allem identifizieren, was sich vor sie hinstellt oder in sie hineingelangt. Sie sollte sich ihre Freiheit und Unabhängigkeit bewahren, zumindest darum kämpfen, jeden tag.
Das Gewissen an sich ist eine "Einrichtung" des Geistes in der Seele, damit eine Kommunikation stattfinden kann.
Jesus Christus spricht:..Siehe, ich bin bei euch alle Tage.....

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#89 Re: "Freier Wille" und "freie Entscheidung" - was ist das?

Beitrag von closs » Di 7. Jan 2014, 22:31

Rembremerding hat geschrieben:Diesen Weg kann ich nicht gehen. Die Kraft, die Energie des Willens ist Anfang aller Erkenntnis und Entscheidung.
Aha - interessant. - Auf welcher Substanz baut dann der Wille auf, wenn nicht auf Erkenntnis?

Zudem: Wo siehst Du Hinweise in der Bibel, dass der menschliche Wille aus göttlicher Sicht wichtig sei? - Bis incl. Hiob kenne ich das AT ziemlich gut und habe bis auf 2 oder 3 Stellen nichts diesbezügliches gefunden.

Rembremerding hat geschrieben:Bitte keine Tierbeispiele.
Das interpretiere ich so, dass Du Überlebens-Mechanismen in der Schöpfung NICHT in Zusammenhang mit "Willen" bringst. - Tue ich auch nicht.

Rembremerding hat geschrieben: Der Wille ist kein Verdienst, er kommt von Gott, er ist Gnade.
DAS wollte ich hören. - Warum wird dann dem Menschen gesagt, er sei nur heilsfähig, wenn er sich mit seinem Willen für Gott entschiede? Davon abgesehen, dass ich diesem Satz sehr reserviert gegenüberstehe, würde dann ein Unbegnadeter keine Chance haben.

Rembremerding hat geschrieben:War es der Wunsch nach Erkenntnis?
Es war der Drang danach herauszufinden, was das Richtige ist, auch wenn's weh tut. - Aber auch dieser Drang wäre dann Gnade (meine ich zumindest).

Rembremerding hat geschrieben:Ein Gebet soll am Ende immer darum bitten, dass der Wille des Vaters geschehe. Wird der eigene Wille dadurch unfrei?
Nein - als Hegelianer in Sachen Dialektik ist für mich "Aufhebung" gleichzusetzen mit "Veredelung" (und nicht mit "Auslöschung"). - Insofern glaube ich, dass der menschliche Wille in Gottes Willen veredelt wird.

Rembremerding hat geschrieben:bitte versuche genau nachzudenken, es ist kompliziert, weil dimensionenübergreifend
No problem - ist genau meine Schiene.

Rembremerding hat geschrieben: Sehe den Willen vielleicht so: er ist das Gefälle, das Wasser nach unten fließen lässt
Kann ich auch folgen - aber das gilt nur für den richtig ausgerichteten Willen. - Was kann der Mensch dafür, wenn sein Wille falsch ausgerichtet ist?

Rembremerding hat geschrieben:Du wurdest durch die Kraft, Spannung, des freien Willens ohne Zwang zur Sehnsucht nach Erkenntnis getrieben.
Das würde ich anders ausdrücken: Ich wurde durch die Erkenntnis, dass es den richtigen Weg gibt, dazu gebracht, meine Willen für eine Entscheidung einzusetzen. - Irgendwie haben wir eine unterschiedliche Definition von "Willen". - Vor allem:

Wenn Du DEINE Definition mit dem vergleichst, was in der modernen Gesellschaft unter "freien Willen" und "selbstverantwortliche Entscheidung" gemeint wird: Wo siehst Du da Übereinstimmungen?

Rembremerding hat geschrieben:In Christus Jesus, er ist der Autobauer, der Treibstoffproduzent, derjenige, der den Schlüssel rumdreht und Leben schenkt.
Aus sehr umfassend darstellbaren ontologischen Gründen komme ich zum selben Ergebnis. - Aber das versteht keiner außerhalb eines inneren Zirkels. - Warum? - Weil das Wort "Jesus" auch Chiffre ist für Inhalte - man kann also nicht einfach sagen: "Das ist der Problemlöser für alles - daran glaube ich". - Dieser Satz ist aber kein Inhalt, sondern eine Gaubenssatz - man könnte auch sagen: "Ich tippe beim Lotto immer folgende Zahlenreihe". - Also zuwenig, um Substanz zu erklären.

Rembremerding hat geschrieben:Wie der freie Wille sich für gut oder böse entscheiden kann, sollte jetzt noch nicht das Thema sein
Das wäre auch ein zu schwieriges Thema zum jetzigen Zeitpunkt.

Rembremerding hat geschrieben: ich eher als eigentliche Kraft, die eine Sehnsucht nach Erkenntnis erzeugt.
Hätte ich kein Problem (man kann ja Definitionen ändern, wenn es ratsam erscheint), wenn klar wäre, wer für diese "eigentliche Kraft" verantwortlich ist - denn:

a) Entweder diese Kraft ist bei jedem da: Dann müsste jeder Mensch diese Kraft wissentlich und willentlich neutralisieren - oder
b) Diese Kraft ist NICHT bei jedem da: Dann müsst man fragen, warum der eine Mensch zur Erkenntnis ausersehen wäre und der andere nicht.

Rein praktisch sagt mir meine Lebenserfahrung, dass diese Kraft zur Sehnsucht nach (geistiger) Erkenntnis eher NICHT im Menschen vorhanden ist - weil die Menschen ganz einfach schon anders formatiert sind, bis sie sich bewusst dieser Kraft bedienen könnten. - Mit anderen Worten:

Eine bestehende Kraft zu postulieren, die geistige Erkenntnis sucht, halte ich für extrem unrealistisch - vielmehr klingt es danach, dass man etwas setzen muss, damit die Schlussfolgerungen daraus nicht flöten gehen.

Hemul
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#90 Re: "Freier Wille" und "freie Entscheidung" - was ist das?

Beitrag von Hemul » Di 7. Jan 2014, 22:35

kamille hat geschrieben: Meine Selbstbeobachtungen haben ergeben, dass nicht alles übers Gehirn läuft. Im Herzbereich finde ich das, was man Gewissen nennt.

Da würde ich aber sehr auf der Hut sein:
Jeremia 17:9+10,
Abgründig ist das menschliche Herz, / beispiellos und unverbesserlich. / Wer kann es durchschauen? 10 Ich, Jahwe, sehe bis auf den Grund. / Ich prüfe die geheimsten Wünsche, / um jedem zu geben, was er verdient, / und zwar aufgrund seiner Taten.
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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