Gefahr von falschen Lehrern...

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closs
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#51 Re: Gefahr von falschen Lehrern...

Beitrag von closs » So 22. Dez 2013, 15:34

Naqual hat geschrieben:Vor der Reinkarnation als "Gefahr von falschen Lehrern" könnte ich jetzt nicht warnen.
Ich schon - weil es die unverwechselbare Individualität des Menschen in Frage stellt ("Ich rufe Dich bei DeineM (und nicht DeineN - Plural) Namen") UND das Motiv des "Abarbeitens" in den Vordergrund stellt.

Mir scheint es eher eine "pädagogische" Sache zu sein: "Du kommst nicht raus, weil Du es dann im nächsten Leben machen musst". - Fügung menschlich erklärbar gemacht.

Was ist eigentlich der spirituelle Gedanke bei Reinkarantion? - Man könnte doch auch den Menschen so lange leben lassen, bis er alles erledigt hat. - Dazu braucht man doch keine Reinkarnation.

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Demian
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#52 Re: Gefahr von falschen Lehrern...

Beitrag von Demian » So 22. Dez 2013, 15:35

Lena hat geschrieben: Die Wahrheit ist und bleibt die Wahrheit, weil Gott die Wahrheit ist. Sein Geist spricht durch das Wort, die Bibel, durch Menschen heute, wortlos durch die Schöpfung, empfindbar im Herzen. Doch niemals widerspricht das was der Mensch von Gott empfängt, dem bereits offenbarten Wort der Bibel.

Einverstanden - allerdings unter einer Voraussetzung: die Bibel gebraucht Worte, Bilder und Gleichnisse, um eine spirituelle Botschaft zu vermitteln. Die Sprache selbst kann gar nicht absolut sein, denn das widerspricht dem Wesen der Sprache. Sprache ist endlicher Ausdruck. Eine chinesische Bibel wird vieles ganz anders darstellen, als die griechische Septuaginta oder sogar das hebräische "Original". Schon Übersetzungen innerhalb des indogermanischen Sprachraums führen zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Das kannst du jeden Übersetzer fragen.
Davon abgesehen kann ich nicht allen Worten der Bibel uneingeschränkt zustimmen und ihnen eine absolute Richtigkeit geben, eben weil sie kulturell bedingt sind - außerdem ist es sehr unvernünftig davon auszugehen, dass die Verfasser der Bibel perfekte Menschen waren, also frei von irgendwelchen Neurosen, die an manchen Stellen in die Bibel eingeflossen sind. Es ist eine übliche literaturwissenschaftliche Herangehensweise, die Texte aus der seelischen Verfassung des Autors herzuleiten. Beispielsweise hat man bei Charles Baudelaire und Paul Celan von einem traumatophilen Charakter gesprochen. Bei "heiligen/besonderen" Texten, scheint mir das noch sehr viel nötiger zu sein, damit man damit keinen Unsinn anstellt.

"Traumadeutung handelt vom ersten und letzten Dichter der Moderne: von Charles Baudelaire, der als erster den traumatischen Schock als Signatur der Moderne identifizierte, und von Paul Celan, dessen Werk Zeugnis von der Katastrophe ablegt, die das Ende der modernen Traditionen markiert. Beide Autoren bemühen sich in ihren Gedichten um die Darstellung von Erfahrungen, die unabhängig vom Willen oder Bewußtsein als unverarbeitet, schockierend und traumatisch im Gedächtnis haften. Mittels der Analyse von je drei Gedichten Baudelaires und Celans zeigt Ulrich Baer, daß die Beschäftigung mit den ästhetischen Eigengesetzlichkeiten des Gedichts ein Modell für die Mitteilbarkeit von traumatischen Erfahrungen darstellen kann.
Dieses »außergewöhnlich luzide Buch« (Harold Bloom) bietet nicht nur einen neuen Zugang zu Baudelaire und Celan, sondern erhellt auch die Beziehung zwischen Literatur, Trauma und Geschichte: wie wir Wirklichkeit wahrnehmen, wie wir unsere Erinnerung sprachlich vergegenwärtigen und wie wir vergessen.
" Quelle
Zuletzt geändert von Demian am So 22. Dez 2013, 16:25, insgesamt 1-mal geändert.

Pluto
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#53 Re: Gefahr von falschen Lehrern...

Beitrag von Pluto » So 22. Dez 2013, 15:48

Demian hat geschrieben:
Lena hat geschrieben: Die Wahrheit ist und bleibt die Wahrheit, weil Gott die Wahrheit ist. Sein Geist spricht durch das Wort, die Bibel, durch Menschen heute, wortlos durch die Schöpfung, empfindbar im Herzen. Doch niemals widerspricht das was der Mensch von Gott empfängt, dem bereits offenbarten Wort der Bibel.
Einverstanden -
Die größte Gefahr kommt IMO von der Meinung, dass jedes Glaubensbekenntnis im Besitz der einzigen Wahrheit ist.
Da es auf der Welt an die 10 000 Glaubensrichtungen gibt, gibt es demzufolge auch 10 000 Wahrheiten. Welche ist die richtige?
Oder ist am Ende keine die Richtige, weil Warhheit immer realtiv zum Begriff selbst ist?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Vitella
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#54 Re: Gefahr von falschen Lehrern...

Beitrag von Vitella » So 22. Dez 2013, 15:49

Lena hat geschrieben: Sein Geist spricht durch das Wort, die Bibel, durch Menschen heute, wortlos durch die Schöpfung, empfindbar im Herzen. Doch niemals widerspricht das was der Mensch von Gott empfängt, dem bereits offenbarten Wort der Bibel.

klingt auswendig gelernt, ich denke, das Wort Gottes ist Klang, nicht Worte in einem Buch.
  Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus,
der wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, aufrichten, stärken, kräftigen, gründen.
1 Petrus 5:10

 

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#55 Re: Gefahr von falschen Lehrern...

Beitrag von closs » So 22. Dez 2013, 15:53

Demian hat geschrieben:Bei "heiligen" ( wortwörtlich: besonderen ) Texten, scheint mir das noch sehr viel nötiger zu sein, damit man damit keinen Unsinn anstellt.
Inhaltlich absolut einverstanden. - Kleine Korrektur:

"Heilig" kommt von "holon" (das Ganze), was sich im Englischen niederschlägt in "whole". - Das "Heil" ist somit das zum Ganzen ("Alles in Einem") Führende - also zu Gott Führende. - Das Gegenteil ist "dia-bollein" - das Getrennte. - Oder das "Scheit-anische" - das trennt ("Scheit Holz"/"Scheitel"/"ge-scheit (die analytische "Weisheit" des Menschen). - Dia-Lektik ist die Spielwiese des Dia-Bolus. :geek:

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#56 Re: Gefahr von falschen Lehrern...

Beitrag von closs » So 22. Dez 2013, 15:56

Pluto hat geschrieben:Die größte Gefahr kommt IMO von der Meinung, dass jedes Glaubensbekenntnis im Besitz der einzigen Wahrheit ist.
"Besitz" geht nicht - es geht nur Annäherung ("ontologische Differenz" zwischen göttlichem Sein und menschlichem Dasein). - Wer meint, Wahrheit zu besitzen, hat sie schon verloren.

Die Kunst besteht darin, einerseits einzusehen, nicht die Wahrheit zu besitzen, und andererseits trotzdem nicht willkürlich zu sein.

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Demian
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#57 Re: Gefahr von falschen Lehrern...

Beitrag von Demian » So 22. Dez 2013, 15:59

Rembremerding hat geschrieben:@Demian
Die Reinkarnationslehre führt zu einer gewissen "Vernachlässigung" des momentanen Lebens. Da ist schnell mal der Arme selbst Schuld, dass er arm ist, weil er in früheren Leben sündigte oder das Leben an sich nicht so viel wert, denn es wartet ja eine neue Runde auf das Ego, die Seele etc. Deshalb mussten Christen die neugeborenen, ungewollten Kinder aus den Mülltonnen Mumbais oder Kalkuttas holen und es waren nicht Hinduisten oder Buddhisten.
So wird halt diese Lehre in der Praxis von den Menschen umgesetzt, dass die Lehren des Buddhismus dies so nicht propagieren, ist natürlich klar.
Deshalb stelle ich aufgrund dieser Feinheiten das Christentum "über" den Buddhismus, zumal es den heruntergekommenen (im zweifachen Wortsinn) Gott hat, der die Hand reicht, der ein für alle mal, ohne ständige "Ehrenrunden" in der Welt, zu sich emporrettet.

Da kommen einige Missverständnisse zusammen. Zentral ist für Buddha die Achtsamkeit, die Verbundenheit aller Lebewesen, die spirituelle Liebe, wie sie auch Jesus zum Kern seiner Lehre macht. Trotz der völlig unterschiedlichen kulturellen und zeitlichen Bedingungen, haben sie überraschend viele Schnittmengen. Jesus kritisierte radikal den jerusalemer Tempelkult, während Buddha das brahmanistische Kastensystem ablehnte. Für Jesus sind alle Menschen Kinder Gottes. Für Buddha tragen alle Menschen die Buddhanatur in sich.
Jesus sprach von Gnade, vom Reich Gottes und von der Auferstehung. Buddha sprach vom Erwachen und vom Nirwana, die Überwindung des leidvollen Kreislaufs von Werden und Vergehen. Beide hatten einen Kreis von Schülern und Freunden, die ihnen folgten. Beide setzten sich über die einseitig patriarchale Unterordnung der Frauen hinweg - und in beiden Fällen hat die organisierte Religion den Frauen wieder einen geringeren Platz eingeräumt. Beide begründeten eine Weltreligion, die sich über den ursprünglichen kulturellen Zaun hinaus ausgebreitet hat - bis in die heutige Zeit weltweit. Darum gebe ich zweierlei zu bedenken: zwei unterschiedliche Religion kann man nicht einfach gleichsetzen und dann einander unter- oder überordnen, aber man kann versuchen positive und negative Inhalte zu differenzieren und sie zueinander schöpferisch in Beziehung setzen.

Welchen Sinn macht es den Auferstehungsglauben und den Reinkarnationsglauben einander als völlig unterschiedliche Ideen gegenüberzustellen? Beides ist Glaube mit einem transzendenten Bezug. Beides kann nicht bewiesen werden. Im Reinkarnationsglauben gibt es außerdem verschiedene Reinkarnationsmythen (!), also nicht nur ein einziges, sondern viele Konzepte. Der Buddhismus ist sich überhaupt nicht einig in der Frage, was zum Beispiel die Seele ist und inwiefern eine Seele "Kontinuität" besitzt. Von einem "Ego" das irgendwie wiedergeboren werden könnte, geht der Buddhist jedenfalls nicht aus... auch von keinem "sündhaften Ich", da das Ich aus buddhistischer Sicht soetwas wie ein Konglomerat von Vorstellungen ist, aber nichts von Dauer. Es gibt aber den Begriff der Verblendung ( Avidyā ), der psychologisch dem christlichen Bild des Sündenfalls entspricht.
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#58 Re: Gefahr von falschen Lehrern...

Beitrag von Pluto » So 22. Dez 2013, 15:59

closs hat geschrieben:Wer meint, Wahrheit zu besitzen, hat sie schon verloren.
Wenn du das so siehst, um so besser. Leider sind aber die Mehrzahl der Gläubigen dieser Welt, der Meinung, sie seien im Besitz der "einzigen" Warhheit. Und dieser Umstand ist der Grund, dass es immer wieder zu glaubensbedingten Auseinandersetzungen kommt.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#59 Re: Gefahr von falschen Lehrern...

Beitrag von Demian » So 22. Dez 2013, 16:04

Dazu eine Buchempfehlung. Ewiges Leben oder Wiedergeburt? Michael von Brück. Von Brück ist ein großer Kenner der westöstlichen Spiritualität und selbst Christ - evangelischer Pastor - und Zen- und Yogalehrer. Er hat unteranderem Sanskrit studiert und die Bhagavad Gita ins Deutsche übersetzt. Seine Werke gehören inzwischen schon zu den Standardwerken auf dem Gebiet. ;)

"Ist mit dem Tode alles aus? Oder reicht die menschliche Bestimmung über den Tod hinaus? Dies ist die Kernfrage der menschlichen Existenz. Alle Religionen geben darauf Antwort. Die Vorstellungen von Tod und Todesüberwindung nach dem Glauben im christlich-europäischen Raum bilden einen deutlichen Kontrast zur hinduistisch-buddhistischen Lehre von Seelenwanderung, Wiedergeburt und Nirwana oder zu den Vorstellungen von der Seele und dem Tod in der chinesischen Welt. Der bekannte Religionswissenschaftler gibt einen souveränen Überblick über die verschiedenen Weltbilder und Glaubensgebäude, aber auch über Riten und Kulte, mit deren Hilfe sich Menschen mit dem Phänomen Tod und Sterblichkeit auseinander gesetzt haben. Eine faszinierende Gesamtschau der Jenseitsvorstellungen der Religionen."

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#60 Re: Gefahr von falschen Lehrern...

Beitrag von Demian » So 22. Dez 2013, 16:20

Pluto hat geschrieben:Die größte Gefahr kommt IMO von der Meinung, dass jedes Glaubensbekenntnis im Besitz der einzigen Wahrheit ist.
Da es auf der Welt an die 10 000 Glaubensrichtungen gibt, gibt es demzufolge auch 10 000 Wahrheiten. Welche ist die richtige?
Oder ist am Ende keine die Richtige, weil Warhheit immer realtiv zum Begriff selbst ist?

Da kommt wieder die Geisteshaltung ins Spiel. Ein Glaubensbekenntnis ist ein Credo, keine absolute Wahrheit.
Eine Religion ist nicht absolut, aber sie verweist auf das Absolute, versucht eine Beziehung zwischen Natur, Mensch und "Gott" aufzuzeigen und spürbar zu machen ... eine spirituelle Wahrheit ist keine "intellektuelle", der wissenschaftlichen Wahrheit vergleichbare Wahrheit ... spirituelle Wahrheit ist existenzielle Wahrheit. In Indien spricht man vom "Satsang". "Satsang (Sanskrit, m., सत्सङ्ग, satsaá¹…ga, Hindi, m., सत्संग , satsaá¹…g, von sat = wahr, sanga = Umgang, oder im Kontext: „gemeinsame Wahrheit“) bezeichnet in der indischen Philosophie und in den daraus abgeleiteten spirituellen Lehren ein Zusammensein von Menschen, die durch gemeinsames Hören, Reden, Nachdenken und Versenkung in die Lehre nach der höchsten Einsicht streben. Speziell im Advaita Vedanta gilt es als notwendig, dass man die als Wahrheit bezeichnete Lehre hört und sie reflektiert." Quelle

Entsprechend kann ich sagen, dass ich in der Wahrheit bin ... aber nicht, dass ich die Wahrheit besitze.

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