Rembremerding hat geschrieben:@Demian
Die Reinkarnationslehre führt zu einer gewissen "Vernachlässigung" des momentanen Lebens. Da ist schnell mal der Arme selbst Schuld, dass er arm ist, weil er in früheren Leben sündigte oder das Leben an sich nicht so viel wert, denn es wartet ja eine neue Runde auf das Ego, die Seele etc. Deshalb mussten Christen die neugeborenen, ungewollten Kinder aus den Mülltonnen Mumbais oder Kalkuttas holen und es waren nicht Hinduisten oder Buddhisten.
So wird halt diese Lehre in der Praxis von den Menschen umgesetzt, dass die Lehren des Buddhismus dies so nicht propagieren, ist natürlich klar.
Deshalb stelle ich aufgrund dieser Feinheiten das Christentum "über" den Buddhismus, zumal es den heruntergekommenen (im zweifachen Wortsinn) Gott hat, der die Hand reicht, der ein für alle mal, ohne ständige "Ehrenrunden" in der Welt, zu sich emporrettet.
Da kommen einige Missverständnisse zusammen. Zentral ist für Buddha die Achtsamkeit, die Verbundenheit aller Lebewesen, die spirituelle Liebe, wie sie auch Jesus zum Kern seiner Lehre macht. Trotz der völlig unterschiedlichen kulturellen und zeitlichen Bedingungen, haben sie überraschend viele Schnittmengen. Jesus kritisierte radikal den jerusalemer Tempelkult, während Buddha das brahmanistische Kastensystem ablehnte. Für Jesus sind alle Menschen Kinder Gottes. Für Buddha tragen alle Menschen die Buddhanatur in sich.
Jesus sprach von Gnade, vom Reich Gottes und von der Auferstehung. Buddha sprach vom Erwachen und vom Nirwana, die Überwindung des leidvollen Kreislaufs von Werden und Vergehen. Beide hatten einen Kreis von Schülern und Freunden, die ihnen folgten. Beide setzten sich über die einseitig patriarchale Unterordnung der Frauen hinweg - und in beiden Fällen hat die organisierte Religion den Frauen wieder einen geringeren Platz eingeräumt. Beide begründeten eine Weltreligion, die sich über den ursprünglichen kulturellen Zaun hinaus ausgebreitet hat - bis in die heutige Zeit weltweit. Darum gebe ich zweierlei zu bedenken: zwei unterschiedliche Religion kann man nicht einfach gleichsetzen und dann einander unter- oder überordnen, aber man kann versuchen positive und negative Inhalte zu differenzieren und sie zueinander schöpferisch in Beziehung setzen.
Welchen Sinn macht es den Auferstehungsglauben und den Reinkarnationsglauben einander als völlig unterschiedliche Ideen gegenüberzustellen? Beides ist Glaube mit einem transzendenten Bezug. Beides kann nicht bewiesen werden. Im Reinkarnationsglauben gibt es außerdem verschiedene Reinkarnationsmythen (!), also nicht nur ein einziges, sondern viele Konzepte. Der Buddhismus ist sich überhaupt nicht einig in der Frage, was zum Beispiel die Seele ist und inwiefern eine Seele "Kontinuität" besitzt. Von einem "Ego" das irgendwie wiedergeboren werden könnte, geht der Buddhist jedenfalls nicht aus... auch von keinem "sündhaften Ich", da das Ich aus buddhistischer Sicht soetwas wie ein Konglomerat von Vorstellungen ist, aber nichts von Dauer. Es gibt aber den Begriff der Verblendung ( AvidyÄ ), der psychologisch dem christlichen Bild des Sündenfalls entspricht.