Scrypton hat geschrieben: ↑Mi 30. Nov 2022, 11:13
Es wird immer einzelne offene Fragen geben, die erst zukünftig gelöst werden müssen. So wie das rückblickend betrachtet bei vielen evolutionstechnischen Fragen war (das Auge z.B., oder das Flagellum, das Immunsystem usw...), die heute geklärt sind.
Naja, geklärt heißt in dem Kontext, dass man eine Erklärung konstruiert hat, die in das Schema der Theorie passt. Üblicherweise gibt's davon aber nicht nur eine, sondern mehrere - und man geht dann nach dem Motto vor: irgendeine wird davon schon stimmen - welche? Keine Ahnung.
Wirkliche Klärung sieht für mich so aus, dass die Theorie es einem auch ermöglicht, eine Erklärung als die
korrekte zu identifizieren.
Scrypton hat geschrieben: ↑Mi 30. Nov 2022, 11:13
Wie der Übergang von Eierlegenden Tieren hin zu Beuteltieren weiter zum Austragen direkt im Mutterleib evolutionär ablief ist noch offen - wenn auch es dahingehend schon länger erste
Ansätze gibt. Aufgrund der schier erdrückenden "Beweislage" ist das aber kein Grund, an der Evolutionstheorie als solche zu zweifeln.
Ja, man sollte auch nicht an der ET zweifeln, weil die Substanz zum zweifeln fehlt. Man sollte aber enttäuscht sein. Die Theorie kann keine Vorhersagen treffen. Grundsätzlich nicht. Und damit meine ich nicht evolutionäre Zeiträume wo die Überprüfung offensichtlich Probleme macht. Auch bei dem was sich in Monaten und Jahren abspielt, wie der Evolution eines Mikroorganismus, hilft sie einem nicht.
Sie kann auch nicht die korrekte Erklärung unter verschiedenen möglichen Erklärungsansätzen identifizieren.
Mal abgesehen vom Gradualismus (was schon Aristoteles wusste, Die Natur macht keine Sprünge), gibt es praktisch nichts, was in ihr ausgeschlossen wäre. Selbst bei der Verbreitung eines schädlichen Gens, was ja eigentlich nicht möglich sein sollte, gibt's die Hintertür
: bei welchem Grad der Verbreitung wird es schädlich? Wie eben das 50000x besprochene Gen für Sichelzellanämie wo in (Malaria-Gebieten) die Rolle bei größerer Verbreitung auf einmal von "überlebensförderlich" zu "schädlich" (weil zu viele Homozygote auftauchen) wechselt.
Also ich finde die ET total gehyped und overrated. Im Endeffekt ist sie fast komplett nutzlos (es sagt schon alles aus, dass die Verteidigung Nr. 1 davon ist "Du hältst Mikrobiologie für nutzlos? Weißt du nicht..." = Strohmann).
Ich bin hier vor Jahren ausgestiegen als mein Beitrag verschwand aber erinnere mich noch dunkel: alle lustigen Beispiele, die hier kamen und als "eindeutig" geklärt präsentiert wurden, entpuppten sich am Ende als überhaupt nicht klar. Und teilweise drehte sich die Interpretation um 180°.
Derartige Überraschungen betrafen hier vielleicht "Details". Aber prinzipiell können sie sehr extrem sein: z. B. als man heraus fand, dass unser Auge Gene mit dem von Insekten
teilt - obwohl über Jahrzehnte behauptet wurde, das Auge wäre mehrfach völlig unabhängig voneinander entstanden. Wieso ist die Theorie so dermaßen schwach, dass solche extremen Fehler in dieser Häufung möglich sind?
Wenn man wissen will, wann in der Antike Sonnenfinsternisse stattfanden, dann
- studiert man die Einzelfälle (also hier: die Aufzeichnungen der damaligen Geschichtsschreiber) oder
- man bemüht die Theorie (hier: führt die entsprechenden astronomischen Berechnungen durch).
Was ist einfacher und präziser? Natürlich (b).
Bei all den Fragen bzgl. Evolution jedoch ist es umgekehrt: man geht standardmäßig gemäß (a) vor, über Analyse der Einzelfälle, also der konkreten Fossilien, Gene, etc. - Naturgeschichte und evolutionäre Entwicklungsbiologie. Da kommt 99,9% des Wissens her. Während ein Ansatz nach (b), über Anwendung der Theorie, praktisch nie funktioniert.