Naqual hat geschrieben: ↑Fr 20. Mai 2022, 20:29
Gerade im Bereich der "Mystik", ist es so, dass das spezifisches Erleben einen noch viel mehr Fragezeichen schenkt, man bemüht es zu erklären, weil es einen auch intellektuell nicht loslässt (außer es ist genug Zeit vergangen). Ich bin aber optimistisch, dass man gute Versuche haben kann, die zumindest die Richtung zeigen, ohne alles zu klären.
Ich bin ja auch unter strengem christlichen Regime aufgewachsen. Begab mich schon als Kind oft bewusst in eine "Traumwelt", um der harten Realität zu entfliehen. Es war für mich ganz natürlich, diese "Welten" zu trennen, und trotzdem am Leben teilzunehmen, ohne beide zu vermischen.
Ich sehe da einen gewissen Zusammenhang zu mystischen Erfahrungen, dass man sie überhaupt wahrnehmen kann.
Als ich dann älter wurde, gab es eine Phase, wo ich glaubte, bewusstes Träumen sei eine Sünde, weil man damit der Realität, in die Gott uns hineingestellt hat, entflieht. Vielleicht war das in dem Moment auch nötig für mich, damit die Grenzen mir bewusst bleiben. Irgendwann viel später, als Erwachsene, habe ich entdeckt, dass diese Form für mich auch beide "Welten" öffnen kann, weil das Unsichtbare für mich nicht bedrohlich war, in der Form, dass man darinnen "versinken" könnte.
Im Laufe der Zeit habe ich dann auch etliche Gotteserfahrungen dadurch gemacht, indem ich es einfach zuließ, auch die außerirdischen/innerlichen Impulse wahrzunehmen und zu deuten. Ich denke heute, dass es auch eine "Gabe von Gott" sein kann, mystische Dinge ganz natürlich im eigenen Leben auch zuzulassen und selbst zu kontrollieren. Gerade auch deshalb, weil so viele Gläubige regelrecht Angst davor haben, sich mit dieser Art zu denken und fühlen und leben auseinanderzusetzen... also scheinbar nicht fähig sind, außersinnliche Impulse wahrzunehmen.
Naqual hat geschrieben: ↑Fr 20. Mai 2022, 20:29
Eine andere Denkrichtung (die mich fasziniert, der ich intellektuell und emotional nahe stehe) geht von dem EINEN (Gott) aus. Also konsequenterweise wird alles auf den Ursprung (das EINE) zurückgeführt. Und da ist man bei Deinem Licht braucht Dunkelheit (ein schönes wenn auch extrem kurzes Gleichnis).
Ja, diese Art, Gott zu definieren oder verstehen, ist für mich auch im Moment noch die, welche mir am meisten plausibel zu sein scheint.
Naqual hat geschrieben: ↑Fr 20. Mai 2022, 20:29
In Gott im Ursprung ist alles eins und harmonisch. Wie das Zentrum einer rotierenden Drehscheibe. In der MItte ist alles "ruhig", keine widerstreitenden Kräfte wie z.B. die Zentrifugalkraft oder Fliehkraft nach außen. Das umfassende Allbewusstsein "erweitert sich nun" in die dabei geschaffene Welt des Vergänglichen hinein.
Ich habe mal in einer Predigt den Vergleich von einem Fahrrad und den Speichen gehört, in dem sich alles um die Mitte dreht, die Speichen dicht am Mittelpunkt harmonischer miteinander verbunden sind, und sich von dort aus weiter voneinander entfernen. Alles dreht sich um Gott, das Miteinander ist harmonischer, je näher man Gott ist. Nur miteinander "läuft es rund".... kann man beliebig weiterspinnen.
Naqual hat geschrieben: ↑Fr 20. Mai 2022, 20:29
Meister Eckhart nimmt jetzt die Bibel her und erläutert diese (ohne jetzt nachzuschlagen) in etwa mit "Gott gebiert sich im Menschensohn immer wieder selbst". Wobei Jesus dann der Idealtypus ist für den Vorgang (zum Beispiel die "Rückkehr" zum Vater, erhält eine neue Bedeutung).
Der "Menschensohn" - wobei ich da gerade an "Jesus" denke - ist für mich immer noch eines der ungelösten Fragen ... wodurch ja auch die Frage in meinem Eingangspost entstanden ist. So allgemein die Menschen in der Verbindung zu Gott ist für mich die am ehesten naheliegende Version zur Frage, in welchem Verhältnis Gott zu den Menschen steht und umgekehrt. Jesus ist (zumindest nach den biblischen Berichten) herausragend anders aufgetreten. Seine Botschaft scheint die Nähe zu Gott (nur durch Jesus) eher einzugrenzen, als aufzulösen. Auch wenn man davon ausgeht, dass die biblischen Geschichten und deren Auslegung sehr stark durch die jeweiligen Autoren und der nachträglichen Übersetzungen und Verbesserungen geprägt (und vielleicht auch teilweise verfälscht) ist, scheint Jesus eine Stellung zugeordnet zu sein, die alle anderen überragt.
Naqual hat geschrieben: ↑Fr 20. Mai 2022, 20:29Ruth hat geschrieben:Fr 20. Mai 2022, 20:29
Rein menschlich gesehen wirkt "Ewigkeit" ohne Gegensätze, die miteinander in verschiedener Form kombiniert/verbunden/überwunden werden können, langweilig. Es gibt nichts, was anregt, zu Bewegung, zur Veränderung .... zu fühlen und einfach leben.
Diesen Gedankengang habe ich nicht verstanden.
In der Vorstellung, wie es oft von Christen beschrieben wird, dass es nichts mehr gibt, was das eigene Handeln herausfordert, sondern einfach nur das Leben so dahinplätschern würde... klingt es für mich und für viele andere Menschen, mit denen ich schon gesprochen habe, langweilig.
Naqual hat geschrieben: ↑Fr 20. Mai 2022, 20:29
Spontan würde ich den Spiegel eher im Verhältnis Mensch -Mensch sehen. Man kann sich selbst im anderen finden (auch Gott) und sei es ein mongoloides Kind.
Wenn man es nicht verkehrt versteht, stimmt Dein Satz aber natürlich. Allerdings (und hier klingt es provokativ) Gott findet von sich auch in Dir. Notwendigerweise.
Das ist dann wohl das "Bildnis Gottes", als Vorlage für die Erschaffung des Menschen ... der Ursprung alles Seins.