Naqual hat geschrieben: ↑Mo 5. Jul 2021, 17:46
Vor ewigen Zeiten, ich machte meinen Führerschein, hatte ich einen Riesenbammel vor der praktischen Fahrprüfung. Ich betete zu Gott und um Antwort, ob ich es schaffe. Also nahm ich ein Messer und eine Bibel, und ließ das Messer in die Bibel gleiten. Dort schlug ich dann das Buch auf. Da stand an der Stelle auf die ich zuerst schaute: "Fürchte Dich nicht, der Herr wird vor Dir herfahren". Ich war begeistert. Gott hatte geantwortet. Mit welcher Wahrscheinlichkeit kommt der Begriff "fahren" bei der Frage um die Fahrprüfung vor? Doch fast bei Null. Ein lang ersehntes Wunder! - Nur: bei der Prüfung einen oder zwei Tage drauf bin ich dann durchgefallen. Seufz. Das hatte mich lange beschäftigt. Die Situation war eine Überforderung von meinem Glauben. Gut, vielleicht habe ich es auch gebraucht (insofern Gottes Wirken). Diese "rituelll-okkulte Art des Glaubens" von damals als Spätjugendlicher kann ich heute auch nicht mehr teilen.
Etwas Ähnliches habe ich auch erlebt, dass ich eine Antwort suchte, und sogar doppelt bekam ... aber letztendlich das Ganze ganz anders ausging, als ich glaubte, die Antwort verstanden zu haben.
Das war auch für mich der Abschied von dem Glauben, dass Antworten von Gott immer so ausfallen, dass ich genau weiß, wo es lang geht. Immerhin hatte er das aber vorher eine längere Zeit so getan. Das hat mein Vertrauen in dieser Zeit gestärkt. Natürlich hat es eine Zeit lang gedauert, bis ich diesen Fehlschlag verarbeitet habe .... bis ich an den Punkt kam, zu sagen: Gott, ich verstehe dich nicht ... aber ich vertraue dir.
Jetzt geht es bei mir eher meistens in die Richtung, dass ich erst im Nachhinein auf mehrere "Stationen" meiner Wege zurückblicke, und darin ein Muster erkennen kann. Meine Kommunikation mit Gott läuft aber eher immer so, dass ich Gott sage, was mich bewegt, ihm auch Fragen stelle ... und dann tue, was ich für richtig halte, was ich glaube, verstanden zu haben... im Vertrauen darauf, dass er mich nicht im Regen stehen lässt, oder gar in einen Abgrund laufen lässt, wenn ich ihm vertraue.. Das läuft oft nicht auf meine Wünsche und Vorstellungen hinaus, aber wie ich schon sagte: im Rückblick kann ich oft erkennen, dass alles, was so ganz anders lief, als ich gedacht habe, genau die Punkte waren, die mich in die Richtung geführt haben, wo ich gerade stehe.
Das Ganze ist natürlich viel komplexer, als ich jetzt so erzählen kann und will. Aber das ist genau der Punkt, warum ich immer mal über das Verhältnis "Gott und die Zeit" nachdenke. Ich denke, Gott "sieht", was in der Welt geschieht, und lenkt in der Zeit die Geschicke der Menschen, dass es passt. Ich erkenne viele Dinge erst im Rückblick, gehe manchmal eher "blind" einen Weg, den ich mir eigentlich nicht ausgesucht habe.... und kann dann letztendlich einen Zusammenhang zwischen den einzelnen "Stationen" feststellen. Und das passiert nicht, weil Gott mich zwingt, Wege zu gehen, sondern weil er die "Zeitfenster" meines Lebens so anpasst, dass ich sie gehen will.
Als ich noch jung war, wurde mal gesagt, man könne auch für jemand beten, wenn das, wofür man betet, schon in der Vergangenheit
liegt. Gestützt wurde das auf das Bibelwort:
Jesaja 65,24
Ehe sie rufen, will ich antworten; wenn sie noch reden, will ich hören.
Das war auch ein Punkt, an dem ich über die Zeit nachgedacht habe. Und so gab es schon etliche Punkte, wo ich den Eindruck hatte, dass es bei Gott keine Zeitfenster gibt, sondern diese Fenster für die Menschen gibt, damit sie immer mal wieder, wenn sie irgendwo gescheitert sind, nicht verzweifeln, sondern (im neuen Fenster) neu anfangen können.