Ich glaube überhaupt nicht (mehr), dass man nur über Religionszugehörigkeit mit Gott kommunizieren und leben kann. Weil ich auch Menschen aus anderen Religionen (und solchen, die ihre eigene Religion hinterfragen) begegnet bin, an denen ich zu erkennen glaube, dass sie tatsächlich auch mit Gott leben und ähnliche Erfahrungen machen wie ich selbst.
So habe ich mich selbst mal gefragt, wieso ich überhaupt noch Merkmale aus dem Christentum (Texte aus der Bibel) benutze (?)
Meine Antwort dazu lautet: Weil ich in den biblischen Geschichten und Predigten genau diese Freiheit erkenne, Texte hinterfragen zu dürfen und die eigene Blickrichtung verändern zu lassen.
Dabei kam mir dann der typische Kritikpunkt in Diskussionen zwischen Christen untereinander, sowie mit Nichtchristen in Erinnerung: die sogenannte „Bergpredigt“ von Jesus.
Nachzulesen in Matthäus, die Kapitel 5-7
Dieser Text wird von den meisten Christen als Verschärfung der Gebote Gottes verstanden.
Von den Nichtchristen wird er darum auch gerne als Beweis gegen das Liebesgebot, zB aus Markus 12, 28-31, benutzt.
Die Texte der Bergpredigt weisen aber viel mehr darauf hin, dass es nicht in erster Linie darauf ankommt, festzustellen, ab wann das Handeln eines Menschen zur „Sünde“ erklärt werden soll … wie es hauptsächlich von Gläubigen eingeordnet wird. Sondern sie zeigen auf, dass der Ursprung zu sündigen, im Menschen selbst liegt. Dabei gilt es dann eher darum, Wege zu finden, wie man mit den Gedanken sinnvoll umgehen kann.
Ich verstehe inzwischen alle Gebote, die (angeblich) ihren Ursprung in Gott haben, sowie den Text der Bergpredigt viel mehr, von genau diesen festzementierten Mauern (Dogmen) der Geboten Abstand zu nehmen, und stattdessen den Blick auf sich selbst zu lenken…. in sich zu gehen, und darüber nachdenken, wie man sie wirksam, zum Guten hin, steuern kann.
Die Botschaft der Bergpredigt hat damit eine Schlüsselbotschaft, die in der ganzen Bibel zu finden ist:
Römer 12, 21
Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.
Die Texte der Bergpredigt zeigen auf, dass es nicht in erster Linie darauf ankommt, festzustellen, ab wann das Handeln eines Menschen zur „Sünde“ erklärt werden soll … wie es hauptsächlich von Gläubigen eingeordnet wird.
Genau dieses Denken haben die Pharisäer und Obersten des Volkes als Hauptsache deklariert und nach diesem .Muster Urteile über andere Menschen gesprochen ... während sie sich selbst gerne als rein und makellos darstellten.
Jesus weist hier aber darauf hin, dass der Ausgangspunkt der Taten in den Menschen selbst liegt. In dem Moment, wo ein Mensch darüber nachdenkt, dem anderen Böses zu tun (oder auch nur zu wünschen) ist das Böse geboren. Der Mensch muss dann entscheiden, ob dieser Gedanke Wurzeln schlagen kann und weiterwächst, oder ob man ihn vernichtet. Wobei das vernichten keine einmalige Angelegenheit ist, sondern immer wieder neu angeregt werden muss, um zu einem guten Ergebnis zu kommen. „Überwinden“ ist da das Schlüsselwort, nicht verdrängen und vergessen.
Christen setzen besonders auf das Opfer Jesu, indem sie die eigenen Sünden auf Jesus abwälzen. Sie verdrängen im Grunde nur die Gedanken, packen diese in eine Schublade, und legen immer wieder neue oben drauf … ohne sich den eigenen Gedanken zu stellen und sie bewusst zu überwinden. Es besteht dann die Gefahr, dass diese Munition irgendwann explodiert, und dann mehr Schaden anrichtet.
Die Pharisäer damals haben ihre eigenen Fehltritte gut vor den Blicken Außenstehender verborgen. Nach Außen waren sie fromm .. was dann einfach auch als gottesfürchtig dargestellt werden sollte. Sie haben die Funktion der Richter übernommen, wonach eine Sünde (so wie sie selbst es einordneten) als Sünde behandelt und bestraft werden sollte.
Genau gegen dieses Denken hat Jesus in der Bergpredigt gepredigt.
Wenn man dieses In-sich-schauen mal eine Weile praktiziert, kann man schnell merken, das man selbst im Grunde zu allem Bösen fähig ist … zumindest vom Ansatz aus.
Angestoßen zu diesen Gedanken wurde ich persönlich u.a. auch durch ein kleines Buch, mit dem Titel: Ich bin ein Mörder“, von Jan Overduin
Ich behaupte also: Die Bergpredigt stellt nicht die Sünden in den Vordergrund, sondern regt an, den Ursprung in sich selbst zu finden und zu überwinden. Kann das jemand hier so nachvollziehen?
Ist es für dich wert, darüber mal auf diese Weise nachzudenken und anzuwenden?
Wie verstehst du die Bergpredigt? Gibt es noch eine andere Version, wie sie zu verstehen ist, als einerseits darum, den Begriff "Sünden" und dessen Folgen zu verschärfen - sowie die, dass man den Ursprung in sich selbst findet und versucht zu überwinden ?
Und noch eine Grundsatzfrage: Was zieht dich speziell zum Christentum hin ... oder was lehnst du am Christentum ab ?
Nachsatz:
Ich persönlich finde es auch wichtig, dass man alles das, was man tut, weil man denkt, dass Gott dies fordert, mit Gott bespricht und ihn bittet, den persönlichen guten Weg zum Ziel zu zeigen. Das bedeutet für mich "mit Gott leben". Und für mich hat sich das in allen Bereichen meines Lebens immer als sinnvoll und "gut" bewiesen.