Ich erlaube mir mal, selbst auf meine Fragen einzugehen ... so wie ich es verstehe. Vielleicht kann da noch mancher etwas zufügen.
Ruth hat geschrieben: ↑So 31. Mai 2020, 14:22
Ich denke, in dem ganzen werkeln der Menschen ist es wichtig, regelmäßig auch mal von seinen Werken Abstand zu nehmen – um sich um sich selbst zu kümmern. Auch, wenn es löblich ist, wenn man überzeugt verantwortungsvoll und unermüdlich seine Arbeit tut. Aber es wird schwierig, wenn man sich selbst nur noch als Urheber seiner eigenen Werke sieht. Sich quasi nur noch durch die eigenen Werke definiert. Und wenn diese Werke misslingen, ist es gleich so, als wenn die Welt einstürzt – als wenn der Mensch nur noch ein Niemand oder bestenfalls ein Versager wäre.
Was macht den Menschen aus – wodurch sollten Menschen sich definieren?
Wodurch definierst DU dich – und welchen Einfluss hat das Gelingen, sowie das Misslingen von den eigenen Werken, Einfluss auf dein Selbstbewusstsein?
Die meisten Religionen animieren ihre "Mitglieder" dazu, sich über ihre Taten zu definieren.
Auch das Christentum setzt darauf, auch wenn viele behaupten, dass "Werksgerechtigkeit" nicht selig macht. Es gibt eine Regelkatalog, der an der Bibel festgeschrieben worden sein soll. Der wird zwar unterschiedlich ausgelegt, aber jede Gemeinschaft von "Gläubigen" hat so ihre Hauptregeln, die nicht übertreten werden sollten, wenn man in der Gemeinschaft willkommen bleiben will.
Die ganze Welt ist im Grunde inzwischen in ein "System" eingefügt (anstatt im Gegenteil, das System unterstützt). Man nennt das "Zivilisation".
Das führt dazu, dass Menschen, die nicht erfolgreich, oder gar Versager sind, ihren Wert (oder Nichtwert) darüber definieren, und an ihrem eigenen Versagen scheitern.
Ich persönlich glaube, dass Gott genau gegen dieses Denken und Streben wirkt. Ich glaube das nicht, weil es "geschrieben steht", sondern, weil Gott mir in meinem Leben diese Art zu leben zeigt, und für mein Verständnis bestätigt. Dabei geht es weniger um "haben", als viel mehr um "sein". "Ich bin der ich bin", so stellt sich Gott in der Geschichte der Bibel dem Mose vor, wie Mose Gott dem Volk vorstellen solle.
Ich denke, auch hier wird Gott als derjenige vorgestellt, der das Leben sozusagen vorlebt ... und den Menschen anbietet, sich Gott anzuschließen, um für sich selbst zu erfahren, wer "ich bin" ist.
Es gibt einen Slogan, den viele Menschen unterstützen: Man möchte "Einfach leben".
Wobei einige (oft die Älteren) die Betonung auf "Einfach" setzen, während andere (meist Jüngere) die Betonung auf "leben" setzen.
Ältere Menschen haben oft schon viel Leben hinter sich. Viele strebten fortwährend nach mehr, als man hatte. Solange man Erfolg hatte, blieb die Steigerung im Fokus. Mit zunehmendem Alter stellt man fest, dass das stopfen von Löchern im Leben zwar viele Löcher verschwinden lässt. Aber gleichermaßen neue Löcher entstehen ... welche immer größer werden. Das Gefühl, nicht mehr genug Wert zu haben, macht sich breit.
Jüngere werden erzogen, dass man für den Wert seines Lebens arbeiten muss. Man muss das Leben "verdienen". Durch die Verplanung durch die Eltern, bereits im Grundschulalter sind viele Jugendliche schon ausgepowert. Manche haben auch schon Geld angesammelt, und haben hochfliegende Pläne... nach mehr. Also muss man weiter malochen... manchmal bis zum umfallen. Dann hat man vielleicht Geld genug, aber kaum noch Kraft, das Leben zu genießen.