Hallo Al,
AlTheKingBundy hat geschrieben: ↑Sa 28. Mär 2020, 10:17
sven23 hat geschrieben: ↑Sa 28. Mär 2020, 10:05
Weil diese Toten in einem "verträglichen" Zeitmaß anfallen, der das Gesundheitssystem nicht kollabieren läßt.
Man will natürlich Bilder wie aus Italien oder Spanien unbedingt vermeiden. Das würde auch als Total-Versagen der aktuellen Regierung interpretiert werden.
Naja, aus welcher Entscheidung geht mehr Schaden hervor?
Ich bezweifle, dass unser System einfach so weitermachen könnte als ob es keine Corona-Infektionen, schwere Lungenentzündungen und zahlreiche Tote gäbe. Selbstverständlich kann man immer behaupten, dass wenn man sich anders entscheiden würde, würde der "Schaden" niedriger ausfallen.
AlTheKingBundy hat geschrieben: ↑Sa 28. Mär 2020, 10:17Nimm mal die Summe der jährlich geduldeten Todes- und Krankheitsfälle im Sinne "muss man in Kauf nehmen, damit der Rubel rollt", da kommt schon gewaltig was zusammen.
Natürlich kann man während einer Pandemie auch über Verkehrstote, Herz- und Kreislauferkrankungen und alle möglichen Krebserkrankungen reden ... nur hat das Eine absolut nichts mit dem Anderen zu tun.
AlTheKingBundy hat geschrieben: ↑Sa 28. Mär 2020, 10:17Und, wie groß ist der Schaden, wenn es so weiter geht? Selbstmordraten steigen, Gewalt, andere sterben, weil der Behandlungsfokus auf Corona liegt....
"Was wäre, wenn es keine Corona-Infektion gäbe?"
Mich würde ja mal interessieren, woher Du wissen willst, wieviel niedriger die Selbstmordrate, die Gewalt und der Tod durch andere Krankheiten wäre, wenn es keinen Lockdown zur Verlangsamung gäbe? Einfach nur die Zahlen von vor einem Jahr zu nehmen, wo es noch keine Corona-Infektion gab, wäre eine klassische Milchmädchenrechnung. Wie würde sich denn ein Vorgehen ohne Lockdown und somit ungehemmter Epidemie auf die Selbstmordrate auswirken? Wie gut könnten andere Krankheiten behandelt werden, wenn beispielsweise auf 25.000 Beatmungsgeräte 250.000 Leute mit schweren Corona-Krankheitsverläufen kämen?
AlTheKingBundy hat geschrieben: ↑Sa 28. Mär 2020, 10:17Es handelt sich um eine Gleichung mit vielen Parametern. Man sollte auch berücksichtigen, dass eine Durchseuchung sowieso stattfindet, Fast jeder wird sich infizieren. Mich würde interessieren, wieviele Patienten durch künstliche Beatmung gerettet werden und welche Auswirkung das auf die Bindung von Fachpersonal hat, welches an anderer Stelle nicht eingesetzt werden kann und somit auch Todesfälle produziert. Und warum reguliert man die Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen nicht auf 130 runter oder schreibt Wegfahrsperren bei Alkoholkonsum vor oder verbietet das Rauchen komplett und rette so mal auch viele 1000 Leben im Jahr?
Derzeit wendet sich die Politik an Virologen um einen Expertenrat zu erhalten. Bei medizinischen Erwägungen werden im Normalfall immer Kosten und Risiken einerseits dem Nutzen für die Betroffenen andererseits gegenübergestellt. Wenn man es schafft, dass es nicht gleichzeitig mehr Beatmungspflichtige als Beatmungsgeräte (einschl. dem erforderlichen Fachpersonal) geben wird, werden nur so viele Leute sterben, wie es infolge der Epidemie in jedem Fall gewesen sein werden. Wenn also beispielsweise regelmäßig 20.000 Beatmungsgeräte benutzt werden, blieben in Deutschland z.B. 5.000 solcher Geräte für Corona-Patienten übrig. Durch Verschieben mancher Eingriffe lässt sich diese Zahl vielleicht bis auf 15.000 steigern. Unklar ist aber, wieviel Prozent der Infizierten beatmungspflichtig werden. Je nach Dunkelziffer könnte das ungefähr bei 0,5 bis 5 % der Infizierten liegen. Für ein Rechenbeispiel nehmen wir mal 2 % an, die im Schnitt dann vielleicht 10 Tage beatmet werden müssten. Oder anders ausgedrückt, würden dann im Verlauf jeden 10. Tag wieder Beatmungsgeräte frei, also bei unserem Beispiel 1.500 am Tag. Bei 2 % Beatmungspflichtige bedeutet das eine absolute (unrealistisch gute) Maximalkapazität des Gesundheitssystems von 75.000 Neuinfektionen pro Tag. "Unrealistisch" ist das, weil es z.B. auch sehr große regionale Unterschiede bei der Infektionsrate gibt. Wenn beispielsweise im Schnitt 0,2 % der Infizierten in jedem Fall sterben, wären das in diesem Beispiel 10 % der Beatmeten. Angenommen es gäbe 500.000 Neuinfektionen pro Tag, würden täglich 10.000 beatmungspflichtig, wovon aber trotzdem nur 1.500 beatmet werden könnten. Es würden also dann 8.500 Leute mangels Beatmungsgerät täglich sterben von denen aber 7.650 überleben könnten, wenn es genug Möglichkeiten zur Beatmung gäbe. Im Worst-Case würden 5 Prozent beatmungspflichtig, also 25.000 täglich, von denen trotzdem nur 1.500 beatmet werden könnten, also 23.500 würden dann täglich direkt ersticken.
Diese Rechnungen dienen nur zur Illustration dessen wie schwierig es ist bei nicht besonders guter Datenlage gut überlegte Entscheidungen zu treffen. Auch wenn eine "Durchseuchung" in jedem Fall stattfinden würde, gibt es dennoch große Unterschiede bei den Auswirkungen, also insbesondere wieviele Leute mangels geeigneter Intensivtherapie sterben müssten. Im Nachhinein wird man natürlich alles besser wissen, aber entscheidend für die derzeitigen Entscheidungen ist eben der heutige Kenntnisstand und der macht deutlich, dass eine weitgehend ungebremste Epidemie weder mit irgendwelchen Selbstmordraten, noch mit Verkehrstoten oder sonstigen Erkrankungen sinnvoll verglichen werden kann. Und schon garnicht kann man aktuell beziffern, was sich wie genau auswirken würde - weder beim gewählten Vorgehen noch bei etwaigen Alternativen.
Grüße,
Daniel.