Scrypton hat geschrieben: ↑Fr 28. Feb 2020, 22:05
Dass diese Mechanismen für die Evolution notwendig sind weiß ich natürlich; die zweite Frage an dich war: Was wird deiner Meinung nach konkret nicht hinreichend erklärt? Beispiele?
Erneut solltest du dir vor Augen führen: Viele kleine Veränderungen führen/summieren sich nach großen Zeiträumen zwangsläufig zu großen Veränderungen.
Aufgrund der starken tautologischen Tendenz der Theorie (Fitness wird implizit mit “höherer Reproduktionserfolg” gleichgesetzt) kann sie natürlich
im Nachhinein, wenn man bereits weiß was richtig ist, alles irgendwie “erklären”. Die Frage ist, ob sie auch
Vorhersagen machen kann. Darin zeigt sich immer echter Erklärungsgehalt.
Wirkliche zeitliche Vorhersagen der Zukunft evolutionärer Prozesse sind natürlich nur extrem isoliert möglich. Aber es gäbe die Möglichkeit Entdeckungen aus der genetischen Analyse u. ä. von Spezies zuvorzukommen. So wie die Existenz von Helium durch Spektralanalyse der Sonnenstrahlen vorhergesagt werden konnte auch wenn das Element auf der Erde noch nicht gefunden worden war.
Es gibt wohl kein präzises Kriterium, was eine Theorie in dieser Hinsicht vorhersagen
sollte. Aber generell zeichnet sich die Theorie von Mutation und Selektion durch enorm viele Überraschungen aus, die man so aus anderen etablierten wissenschaftlichen Theorien nicht kennt. Wobei die Überraschungen selbst nicht das Problem sind, sondern dass im Nachhinein die Theorie immer verdächtig als “wunderbar damit kompatibel” dargestellt werden kann.
Niemand konnte die Tiefenhomologie vorhersagen. Also dass es Gene gibt, die aus der Tiefe der Zeit stammen und in allen Lebensformen mit der gleichen Struktur zu finden sind. Ist Pax-6 mutiert, dann ist das Auge in seiner Makrostruktur massiv deformiert, egal ob Karpfen, Maus, Fruchtfliege oder Mensch. Obwohl doch auf feinerer Ebene die Augen von Mensch (Linsenauge) und Fruchtfliege (Facettenauge) nicht unterschiedlicher sein könnten.
Vorher meinten Evolutionsbiologen, dass das Auge viele dutzende Male unabhängig voneinander von verschieden Spezies ausgebildet wurde. D. h. die Existenz von Tiefenhomologie war absolut jenseits aller denkbaren Möglichkeiten. In dem Moment wo es aber gefunden wurde, wurde es als Bestätigung der Theorie interpretiert. Tja.