Servus naqual
naqual hat geschrieben:Der gefährlichste Mechanismus im Christentum ist aus meiner Sicht der Zwang zu Stellvertretern. Jesus mach mal, hilf mir! - Statt selbst zu werkeln.
Ja, Du hast Recht, man kann die Pflicht, sich menschlich zu verhalten, nicht auf Jesus abwälzen. Aber dazu ist man auch nicht aufgefordert, im Gegenteil:
Siehe dazu: Jakobus 1, 22: "Seid aber Täter des Wortes und nicht bloß Hörer, die sich selbst betrügen." Ferner:
Jakobus 2, 17-20 hat geschrieben:So ist es auch mit dem Glauben: Wenn er keine Werke hat, so ist er an und für sich tot.
18 Da wird dann einer sagen: »Du hast Glauben, und ich habe Werke. Beweise mir doch deinen Glauben aus deinen Werken, und ich werde dir aus meinen Werken meinen Glauben beweisen!«6
19 Du glaubst, daß es nur einen Gott gibt? Du tust wohl daran! Auch die Dämonen glauben es — und zittern!
20 Willst du aber erkennen, du nichtiger Mensch, daß der Glaube ohne die Werke tot ist?
naqual hat geschrieben:Ich sehe alles als Entwicklung in eine Richtung, zu Gott hin. Aber fernab der Perfektion oder der nennenswerter Dauer.
Das ist einfach die Realität. Und da unterscheiden sich Christen wie Nichtchristen herzlich wenig.
Stimme überein. Glaube, Religion sind für mich geistliche Übungen, die man macht wie Gymnastik. Darin kann man besser und besser werden. Oder schlechter.
naqual hat geschrieben:dagegen hat geschrieben:Seelisch gesund zu sein - denn um eine solche Gesundheit geht es hier - geht nur, wenn man sich nicht zum Sklaven der Welt macht. Das ist ja der eigentliche Kern jeden echten Glaubens: dem Misstrauen in die Heilsmächtigkeit der Welt. Die Menschen misstrauen der Welt um sie herum nicht, daher setzen sie ihre Hoffnung fatalerweise in weltliche Erlöser: angefangen beim Aufrührer Jesus Bar-Abbas über Adolf Hitler und Mao bis hin zu Barack Obama. So unterschiedlich diese Figuren und ihre Absichten auch sein mögen: gemeinsam ist ihnen das falsche Vertrauen, das ihnen entgegengebracht wurde. Um daher nicht irrtümlicherweise dennoch am Ende einer weltlichen Ideologie aufzusitzen, führt kein Weg an dem Sohn Gottes vorbei. Ansonsten kommen die bösen Geisteshaltungen (bei den Alten: Geister) zurück und treiben es ärger als zuvor (Matthäus 12,45)
Beschreibe mal den konkreten "Mechanismus" mit dem der Sohn Gottes den Menschen vor den genannten Dingen bewahrt.
Versuche das z.B. mal psychologisch zu begründen. Also wie schafft es im Menschen Liebe zu anderen, wenn er an Jesus glaubt (an was konkret eigentlich? Daran dass er nicht bestraft wird, obwohl Sünder wie die anderen?) ...
Ich glaube nicht, dass wir einen einfachen Mechanismus erwarten dürfen, im Sinne von: wie macht es Jesus denn nun? Die Sohn-Gottes-Vorstellung ist eine theologische Vorstellung. Sie versucht, klarer zu fassen und zu formulieren, was man sich unter "Gemeinschaft mit Gott" vorstellen kann. Sie fasst das Verhältnis von GOTT und WELT neu. Sie vermeidet die Schwierigkeit des Pantheismus, auf die ich weiter oben hingewiesen habe. Sie vermeidet aber auch, dass WELT und GOTT zu sehr auseinanderfallen, wie es im Deismus der Fall ist, wo die Welt ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten gehorcht und Gott lediglich dazu da ist, gelegentlich in den Weltverlauf einzugreifen, was man dann geneigt ist, als
Wunder im Sinne eines
Durchbrechen der Naturgesetze zu bezeichnen.
Aber zurück zu deiner Frage: "Wie schafft es im Menschen Liebe zu anderen, wenn er an Jesus glaubt?" Der Mensch glaubt nicht an Jesus, sondern an
Gott und zwar genauer an das Wort, die Zusicherung Gottes, dass
Gott da ist. Wahre Menschenliebe hat ihre Voraussetzung in der Erkenntnis, dass die Liebe Gottes an nichts Weltlichem ihr Maß hat, also nicht mit unseren Taten mehr oder weniger wird. Gott hat also an Bill Gates nicht mehr Gefallen als an mir, nur weil Gates einen Großteil seines Vermögens gespendet hat und diese Spende als gute Tat gesehen wird, was sie ohne Zweifel im ethischen Sinn auch ist. Nur im "Sterben" für die Verführungen der Welt (in Eckharts Redeweise: im
Loslassen,
ohne Eigenschaften) können wir wahrhaftiger lieben und so die Liebe Gottes
hinweisend erkennen. Ich sage bewusst
wahrhaftiger, weil es niemandem gelingt, sich vollständig zu lassen.
Dass Gott eine Gemeinschaft, einen Bund mit den Menschen mit den Menschen geschlossen hat, ihnen sein Wort gegeben hat, findet sich schon im AT. Wer an dieses Wort, also an Gott glaubt, der lebt im Sinne von "seelisch gesund". Daher lebten auch Abraham und Noah. Denn beide glaubten an Gott, nämlich seinem Wort. Insofern würde ich deine folgende Bemerkung anders interpretieren:
naqual hat geschrieben:Natürlich gibt es einen Weg zu Gott ohne Jesus. Bestes Beispiel ist Abraham, oder Noah, usw.
Was wäre das übrigens für ein Gott der Liebe, der jemanden verdammt, weil er in einer moslimischen Kultur groß geworden ist und mit Jesus schlicht nichts am Hut hat? Manchmal auch deswegen, weil gerade christliche geprägte Gesellschaften ihre soziale Situation mit verschärft haben aber von Liebe predigen.
Jesus ist das menschgewordene (martialischer: Fleischgewordene) Wort Gottes. In ihm ist die Zusage, die Gott Noah und Abraham gegeben hat, materiell geworden. Vorher war das Wort bei Gott, wie der Evangelist Johannes sagt. Warum war es bei Gott und nicht bei uns? Weil wir es nicht in der Hand haben, eine Gemeinschaft mit Gott einfach zu behaupten. Nebenbei: Das ist übrigens auch der Grund, warum der Prophet Mohammed das Wort Gottes durch den Engel Gabriel bekommt; auch im Islam denkt sich der Mensch die Gemeinschaft mit Gott nicht einfach aus. Das wichtige ist also nicht Jesus, sondern das Heilsversprechen Gottes, nämlich
sein Wort. Insofern hast du recht. Aber die theologische Figur der Dreifaltigkeit ist in meinen Augen der überzeugendste Versuch darzustellen, was man überhaupt unter Offenbarung, unter Gott verstehen kann. Wie gesagt: alles Glauben ist Übung, Meditation.
liebe Grüsse, dagegen