Pluto hat geschrieben: ↑Do 30. Jan 2020, 13:37
Naqual hat geschrieben: ↑Do 30. Jan 2020, 10:57
Die Früchte sind die Werke und ihre Folgen. Nun hat jemand gute Werke. Dann muss man eigentlich schlussfolgern: derjenige ist ein guter Mensch vor Gott, wenn er es aus freien Stücken tut (und nicht etwa der Belohnung willen).
Einverstanden.
Allerdings kann kaum Jemand dem Versprechen "ewiges Leben" als Belohnung widerstehen.
Das ist m.E. auch ein "strukturelles" Problem von vielen Religionen. Das Christentum ist da keine Ausnahme. Rein psychologisch ergibt sich folgendes Problem:
genutzt werden alle Mechanismen zur Befriedigung des Egos.
Da wird unendliche Belohnung versprochen, Straffreiheit, eigentlich alles was dem einzelnen selbst nützt. Das Problem sehe ich darin, dass es in den MITTELPUNKT gestellt wird. Als Grund z.B. Christ zu sein. Damit wird missioniert. Und schon ist die pschologische Falle zugeschnappt. Selbst bei gutem und lobenswerten Ansinnen wirkt hier etwas Ungünstiges mit.
Der Gläubige pflegt seine eigenen spirituellen Hochstimmungen, seine Gemeinschaft mit Gleichgesinnten, Lösung seiner eigenen Probleme, Befriedigung seiner eigenen Bedürfnisse (Trost von höherer Stelle, Selbstbestätigung, Selbstliebe, etc.) Sicher geht es bei Gläubigen auch anders (und es gibt Beispiele von Personen, wo man den Hut vor Hochachtung ziehen muss). Aber der beschriebene Umstand ist zentral von Anfang an.
Spontan fällt mir hier der Satz Jesu ein "Selig sind die geistlich Armen". Also nicht die Dummen, sondern die religiös armen. Diese Aussage hatte mich immer wieder verwundert. Auf den ersten Blick scheint es wie eine Kirchenkritik (bzw. Hohepriester-Kritik), also ein Plus für die Nicht-Theologen (bzw. für die Nicht-Schriftgelehrten). Ich stelle hier mal die Theorie auf: Jesus fand, dass die Religiösen gar nicht so religös sein müssten. Im Mittelpunkt steht das Innere Sein (in der Liebe zu Gott und den Nächsten), das sich in Werken für andere äußert. Dafür braucht man kein Schriftgelehrter sein (und er empfahl bekanntlich kein Buch namens "Bibel" und hat ein solches nie ewähnt).
An anderer Stelle hatte ich schon einmal provozierend (und übertreibend) geäußert: Bei einem Atheisten der lieb zu mir ist, weiß ich wenigstens, er tut es, weil er mir gerne Gutes tut. Bei einem Gläubigen kann ich mir da nicht so sicher sein: will er Pluspunkte sammeln vor Gott, oder will er seine Kirchengemeinde stärken (und das nicht nur über Worte von der Kanzel, sondern über die gute Tat).
Jesus war extrem radikal: auf die Frage wie man in den Himmel kommt, legte er keine Theorie dar mit klarem Rechtsanspruch auf einen Platz im Himmel (z.B. glaube an Gott, der Rest wird dir geschenkt ohne Gegenleistung). Über die Antwort waren die Jünger total geschockt: "wer kann dann überhaupt....". Jesus stellte klar, man kann hier auf Erden sich den Himmel nicht verdienen und da war der Glaube schon vorausgesetzt zu den Werken. Gleichzeitig machte er aber Hoffnung am Ende seiner Ausführungen. Also zumindest die problematische Sache von weiter oben kann hier nicht mehr auftauchen (eine Motivation die letztlich auf die Befriedung des Egos zielt, egal wie toll es außen nach Altruismus aussieht).
Was man bei allen Religionen wieder honorieren muss: Ihre Intention, dass der einzelne nicht einfach "Wolf" ist (homo homini lupus - der Mensch ist dem Menschen ein Wolf), sondern ein soziales Wesen, das sich in Gemeinschaften um andere kümmert, die es brauchen. Beim Studieren der religiösen Schrift stellt man fest, dass hier tiefgründige Überlegungen existieren, den einzelnen betreffend. Hier ist der Punkt, da wird Glaube nützlich. Aber: wehe es geht um die Religion selbst, besser um die Institutionen und Macht, dann beginnt mit ganz irdischen Zielen gruppenegoistische Motivationen dominant zu werden, die letztlich sogar die Werte die sie vertreten relativieren oder partiell außer Kraft setzen für das eigene möglichst gute Überleben. Dies kann man sogar in der Bibel selbst schon feststellen: Jesus setzt hier am Individuum an, er ist so etwas wie ein Religionspsychologe. im AT setzt man am Volk Israel an und wird schnell politisch gruppenegoistisch. Und das nimmt sehr krasse Ausmaße an, die mit der Liebe zum Nächsten (geschweige der Feindesliebe) gar nichts mehr zu tun haben. Da werden die konkurrierenden Araber vom Stammvater her im Suff gezeugt dargestellt und eine Ortschaft, die einen anderen Gott anbetet, da metzelt man mal eben alle entwaffneten Kriegsgefangenen (einschließlich Frauen und Kinder) nieder. Trotz des Gebots "Du sollst nicht töten/morden".
Ups, länger geworden wie beabsichtigt. Fast eine Predigt daraus geworden. So anders wie der gute Erich bin ich manchmal gar nicht. Nur eben ohne die lange Kette von Bibelstellen.
