Aus der Werkstatt des Theologen

Themen des Neuen Testaments
closs
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#781 Re: Aus der Werkstatt des Theologen

Beitrag von closs » So 10. Nov 2019, 15:16

1Johannes4 hat geschrieben:
So 10. Nov 2019, 12:14
und woher sollte die Theologie wissen, was „unterm Strich gemeint ist“?
"Wissen" kann man das nicht - deshalb heißt es "Glaube". - Die Theologie kann unter spirituellen Voraussetzungen systematisch erforschen, was "unterm Strich gemeint ist" - mehr nicht.
1Johannes4 hat geschrieben:
So 10. Nov 2019, 12:14
Auch mittels einer wissenschaftlichen Herangehensweise bleibt es aber dennoch alles nur Wahrnehmung und kann nie eine gesichert wahre Aussage darüber gemacht werden, was wirklich ist (so ja auch dem Wesen nach Deine eigene Aussage in verschiedenen Threads).
Absolut d'accord.
1Johannes4 hat geschrieben:
So 10. Nov 2019, 12:14
Eine Aussage kann dennoch wahr sein, selbst wenn man die Wirklichkeit nicht kennt, da die Aussage selbst korrekt aus anderen Aussagen gefolgert wurde. Dergleichen könnte man auch als subjektive und objektive Wahrheit unterscheiden - die eine abhängig von Aussagen, die als wahr gesetzt werden, und die andere an sich wahr, weil es der Wirklichkeit entspricht, was allerdings niemand wirklich wissen kann.
Von der Substanz her würde ich Dir zustimmen. - Wie Du siehst, kann man "wahr" sehr unterschiedlich herleiten - genau das versuche ich seit längerem zu vermitteln.


 

closs
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#782 Re: Aus der Werkstatt des Theologen

Beitrag von closs » So 10. Nov 2019, 16:07

Helmuth hat geschrieben:
So 10. Nov 2019, 13:00
Wie subjektiv man dabei vorgeht erkennen sie erst gar nicht. Dazu passt deine Sichtweise bzgl. "Vorannahmen".
Das hat nach meinem Verständnis mit einem längst eingefädelten Trend zu tun, folgendermaßen vorzugehen:
1) Wahr ist nur, was nachweisbar ist.
2) Also ist es objektiv, wenn man nur NAchweisbares präsentiert.
3) Alle anderen sind subjektiv, also sind nur wir "Wissenschaft".
Das Problem liegt in 1): Man setzt etwas, was genauso falsch sein kann, und baut sich dann darauf logisch seine Häuschen.
Helmuth hat geschrieben:
So 10. Nov 2019, 13:00
Diese gelten dann als Maßstab der Beurteilung.
Richtig - deshalb hat im Wissen dieses Umstands die Päpstliche Kommisssion 1993 einen Text zur Bibel-Interpretation geschrieben, der hier klare Grenzen zeiht, was HKM in der Theologie kann und was nicht. - Das Problem (das ist in einem anderen Thread zu sehen): Dieser Kommisssions-Text wird dann so definiert, dass das, was er sagt, derart entschärft und umgedeutet wird, dass man ihn sogar als Beleg für die eigene Meinung interpretiert. - Und damit verfehlt dieser Text seine Wirkung bei denen, denen er eigentlich gewidmet ist. :D
Helmuth hat geschrieben:
So 10. Nov 2019, 13:00
Ich kenne keinen Mülhaufen, der immer größer und größer wird, um dann auf einmal ein Nutzland zu werden. So ist es mit dem angehäuften Wissen vieler Theologen und Wissenschaflter, die ohne Gott forschen.
Spirituell stimme ich Dir zu, möchte aber betonen, dass nicht die Wissenschaft daran schuld ist, sondern diejenigen, die Wissenschaft so definieren, dass sie zum Problem wird.


 

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Andreas
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#783 Re: Aus der Werkstatt des Theologen

Beitrag von Andreas » So 10. Nov 2019, 16:33

Helmuth hat geschrieben:
So 10. Nov 2019, 13:00
Ich kenne keinen Mülhaufen, der immer größer und größer wird, um dann auf einmal ein Nutzland zu werden.
Schau mal in den Spiegel.

Gottes Schöpfung des Lebens ist ein Nahrungskreislauf. Du atmest den Müll der Pflanzen. Das Nutzland, welches wir bewirtschaften, der Erdboden, die adamah, ist nichts anderes als der Müll lebender Organismen, welcher sich angesammelt hat. Als das Leben noch ausschließlich im Meer beheimatet war, gab es an Land noch kein einziges Gramm Erdboden.

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#784 Re: Aus der Werkstatt des Theologen

Beitrag von Helmuth » So 10. Nov 2019, 16:41

closs hat geschrieben:
So 10. Nov 2019, 16:07
Spirituell stimme ich Dir zu, möchte aber betonen, dass nicht die Wissenschaft daran schuld ist, sondern diejenigen, die Wissenschaft so definieren, dass sie zum Problem wird.
In dem Sinne prangerte ich nicht "die Wissenschaft" an, mit der Gott uns gemäß 1 Mose 1,28 sogar beauftragt hatte, sondern was "die Wissenschaftler", daraus machen, die den Auftrag ohne Gott erfüllen.

- Aus er Werkstatt des Nichttheologen - ;)
Der Herr steht zu mir, deshalb fürchte ich mich nicht. Was kann ein Mensch mir anhaben?
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Münek
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#785 Re: Aus der Werkstatt des Theologen

Beitrag von Münek » Sa 23. Nov 2019, 21:06

closs hat geschrieben:
So 10. Nov 2019, 10:53
R.F. hat geschrieben:
So 10. Nov 2019, 10:37
Meinst Du nun Wissenschaften oder "Wissenschaften"?
Ich meine es schon echt. - Es gibt einige Wissenschaften, zu denen die historisch-kritische Exegese AUCH gehört, aus denen man Erkenntnisse ziehen kann - man darf sie nur nicht zum Maßstab machen.
Aus historischer Warte darf man das schon. Es sei denn, jemand kann mit einem plausibleren Maßstab aufwarten, der der Realität näher kommt. Fantasie- und Glaubensmaßstäbe zähle ich allerdings NICHT unbedingt dazu.

Wer so etwas favorisiert, befindet sich (bewusst oder unbewusst) im Wunder- und Glaubensland der schönen Wünsche, Hoffnungen und der Beliebigkeit.

closs
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#786 Re: Aus der Werkstatt des Theologen

Beitrag von closs » Sa 23. Nov 2019, 21:14

Münek hat geschrieben:
Sa 23. Nov 2019, 21:06
Aus historischer Warte darf man das schon.
Da sprich mal mit Anton.

Historische Forschung wird hier so dargestellt, dass man zum ERgebnis kommen MUSS, dass im Ernstfall kerygmatische Aussagen näher an dem sein können, was damals wirklich der Fall war. - Ehrlich: Das hatte ich zu Beginn nicht erwartet.

SilverBullet
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#787 Re: Aus der Werkstatt des Theologen

Beitrag von SilverBullet » Sa 23. Nov 2019, 22:30

Die Wahrheit ist: es handelt sich nicht um historische Forschung

Das, was hier als „Forschung“ bezeichnet wird, ist wie bei allen „Gläubigen“, der Versuch die bisherig entworfene Erzählgeschichte derart zu begründen, dass ein Erwachsener möglichst wenig Rückfragen stellt.

Man kann das exemplarisch an der Situation der „Paulusbriefe“ festmachen:

Die Erzählgeschichte lautet, dass es einen „Paulus“ gegeben haben soll, der (neben Reisen) über das Medium „Brief“ eine Religion verbreitet haben soll und diese „Briefe“ sollen aus der damaligen Zeit überliefert sein, so dass der „ursprüngliche Entwurf“ auch heute noch nachgelesen werden können soll.
Man spricht sogar von einem „Briefschreibezeitraum von 6 bis 10 Jahren“.

Tatsächlich gibt es keinerlei Informationen, woher die Texte stammen.
Es wird einfach nur versucht, sie unter der Erzählidee „der Abstammung von einer Person bzw. der Abstammung aus dem Umkreis einer Person“ zu verwalten – mehr ist das nicht.

„Paulus“ ist quasi nirgendwo das Ergebnis einer Forschung, sondern die Situation ist gigantisch katastrophal.
Hier ist ein Text von einem Jemand, der wohl die Lage (kurz vor seinem eigenen Sprung ins „Erzählbecken“) noch einmal genauer unter die Lupe genommen hat:
Die fortgesetzte Suche nach einem �koh�renten Zentrum� ist zur entscheidenden Aufgabe der heutigen Paulusforschung geworden, weil die Unterschiede zwischen und innerhalb der paulinischen Schriften ein fundamentales Problem des normativen Paradigmas darstellen. Verweise auf die Koh�renz der paulinischen �Theologie� verdunkeln die Tatsache, dass das eigentliche Problem die Koh�renz der paulinischen Schriften selber ist, einzeln und als Sammlung. Alle Thesen hinsichtlich eines koh�renten Zentrums der paulinischen Theologie finden irgendwo R�ckhalt in den Briefen, aber gew�hnlich an verschiedenen Stellen. Selten, wenn �berhaupt, basieren verschiedene Thesen auf verschiedenen Interpretationen ein und derselben Stelle. Das eigentliche Problem hat mit der Identifikation des paulinischen Materials als solchem zu tun. Es macht keinen Unterschied, ob wir diese Koh�renz in der Begrifflichkeit theologischer Lehre, zugrundeliegender �berzeugungen oder als bestimmte Weise, auf die Kontingenz unterschiedlicher historischer Situation einzugehen, verstehen: Solange wir nicht das charakteristische Element des paulinischen Denkens identifizieren k�nnen, k�nnen wir auch nicht identifizieren, was von dem verschiedenartigen Material in den paulinischen Schriften in der Tat paulinisch ist und was nicht. Ebensowenig k�nnen wir sagen, warum wir eine bestimmte Schrift als authentisch betrachten und eine andere nicht � oder was wir meinen, wenn wir sagen, dass eine Schrift �paulinisch� sein soll. Das gegenw�rtige Paradigma gestattet uns nicht die Annahme, dass diese Schriften ein Konglomerat verschiedener Traditionen bilden, die �ber einen langen Zeitraum in verschiedener Weise und aus unterschiedlichen Gr�nden mit Paulus verkn�pft wurden.

Es gibt also in der „Forschung“ eine Situation, in der die Texte eigentlich vollständig auseinanderfallen, aber weil es gegen die Erzählgeschichte ist darf dies nicht als Forschungssituation akzeptiert werden.

Die Texte selbst sind nicht die Einheit, sondern die Erzählgeschichte zur Sammlung der Texte behauptet „die Einheit“, sozusagen die Legende „warum die Zettel zusammengeheftet wurden“.

Das eigentliche Forschungsergebnis wäre eher das vollständige Verschwinden der Texte, samt der Erzählgeschichte, in der Dunkelheit der vergangenen Jahrtausende und das Durcheinander in den heute erreichbaren Texten.

Den Erwachsenen müsste gesagt werden, dass es keine Grundlage für "Paulus sagt..." und "Jesus sagt..." gibt - aber das wäre ja dann ein Forschungsergebnis :-)

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sven23
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#788 Re: Aus der Werkstatt des Theologen

Beitrag von sven23 » So 24. Nov 2019, 07:26

closs hat geschrieben:
Sa 23. Nov 2019, 21:14
Münek hat geschrieben:
Sa 23. Nov 2019, 21:06
Aus historischer Warte darf man das schon.
Da sprich mal mit Anton.

Historische Forschung wird hier so dargestellt, dass man zum ERgebnis kommen MUSS, dass im Ernstfall kerygmatische Aussagen näher an dem sein können, was damals wirklich der Fall war. - Ehrlich: Das hatte ich zu Beginn nicht erwartet.

 Wie kommt der closs denn auf so einen Unsinn?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#789 Re: Aus der Werkstatt des Theologen

Beitrag von closs » So 24. Nov 2019, 11:30

sven23 hat geschrieben:
So 24. Nov 2019, 07:26
Wie kommt der closs denn auf so einen Unsinn?
Denn Sinn dieser Aussage erkänntest Du, wenn Du bisher gelesen und verstanden hättest, was ich geschrieben habe.

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Münek
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#790 Re: Aus der Werkstatt des Theologen

Beitrag von Münek » So 24. Nov 2019, 19:50

closs hat geschrieben:
Sa 23. Nov 2019, 21:14
Münek hat geschrieben:
Sa 23. Nov 2019, 21:06
Aus historischer Warte darf man das schon.
Da sprich mal mit Anton.
Warum sollte ich das tun?

Dass man wissenschaftliche Erkenntnisse zu Maßstab macht, ist solange o.k., bis man mit einem plausibleren Maßstab aufwarten kann,
der der Realität näher ist. Fantasie- und Glaubensmaßstäbe gehören allerdings nicht dazu.

closs hat geschrieben:Historische Forschung wird hier so dargestellt, dass man zum ERgebnis kommen MUSS, dass im Ernstfall kerygmatische Aussagen näher an dem sein können, was damals wirklich der Fall war.
So wird historische Forschung natürlich NICHT dargestellt, Du Scherzkeks.

Nein - der "kerygmatische Christus" (= der geglaubte und verkündete Sohn Gottes) ist keinesfalls Gegenstand der historisch-kritischen Jesus-Forschung.

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