Vor 66 Millionen Jahren?

Evolution vs. Schöpfung Debatte, Alter der Erde
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closs
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#61 Re: Vor 66 Millionen Jahren?

Beitrag von closs » Sa 16. Nov 2019, 12:50

Scrypton hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 10:30
Es geht um >deine< Glaubensbehauptungen darüber, wie du meinst, dass die Wirklichkeit wäre/"sein könnte".
Das ist ein unvermeidbare Behauptung, da wir gerade bei geisteswissenschaftlichen Fragen oft nicht wissen, welche Vorannahme das richtige ist - das wird auch so bleiben. - Die Behauptung, irgendwas müsse nur methodisch wahrgenommen werden und schon wäre das, was dabei rauskommt, dasselbe wie "was der Fall ist", geht ganz gut bei den Naturwissenschaften in Verbindung mit experimenteller Überprüfung - aber in der Regel nicht in den Geisteswissenschaften. - Alles andere ist naiv.
sven23 hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 10:37
Wahrnehmung klingt mir in diesem Kontext zu sehr nach subjektivem Empfinden
Wissenschaft ist Aktivität des Subjekts und nicht des Objekts.
sven23 hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 10:37
In der Wissenschaft kann man sich nicht auf Wahrnehmung verlassen, da müssen Belege her.
Wissenschaft IST Gegenstand der Wahrnehmung - natürlich eine andere Art als nur mit den Sinnen.
sven23 hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 10:37
Also auch hier plädiere ich für eine saubere Unterscheidung der Begrifflichkeiten.
Endlich mal was, in dem wir uns einig sind.
Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 10:38
Man darf closs diesen sophistischen Taschenspielertrick nicht durchgehen lassen!

Was wirklich IST, ist in seiner ontologischen Gedankenkonstruktion nämlich eine reine Fiktion und eben gerade nicht etwas, das IST.
Das, was DU hier machst, ist ein Taschenspielertrick - nicht das, was ICH sage. Dein Satz ist ein logischer Widerspruch ("Es regnet und es regnet gleichzeitig nicht"). --- Durchlassen und sogar gutheißen könnte man Deinen Satz in der Formulierung: "Das, was wir für wahr halten, was ist, ist nicht das, was wirklich der Fall ist. --- Hast Du es SO gemeint? - Falls ja: Das war meine Aussage in meinen Post vorher.
Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 10:38
Closs behauptet nicht etwa, dass etwas (ganz bestimmtes) ontisch der Fall IST, sondern lediglich das etwas (ganz bestimmtes) ontisch der Fall SEIN KÖNNTE. (Mehr kann er nämlich nicht behaupten).
Korrekt. - Es gibt Gründe dafür, dass etwas "so" ist, aber es ist nicht nachweisbar.
Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 10:38
Closs räumt durch sein obiges "Irrelevant" ein, dass er nicht WISSEN KANN, was ontisch wirklich der Fall IST
Richtig - da geht es mir so wie Dir.
Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 10:38
da er keinen exklusiven epistemischen Zugang dazu hat
Das ist die falsche Begründung. - Den dazu hinreichenden Zugang hat man nur dann, wenn Subjekt und Objekt verschmelzen, wenn man also im Licht der absoluten Erkenntnis steht. - Das gibt es "in der Welt" nicht.
Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 10:38
Was auch immer also ontisch wirklich der Fall IST, bleibt dies für closs, wie für jedes andere, erkennende Subjekt, zunächst eine bloße Möglichkeit und damit Fiktion.
Das ist bei Dir dasselbe, wenn man "Fiktion" so verwendet. Pragmatisch lösen kann man dieses Problem einzig durch Vereinbarungen ("Wir nennen das 'Tatsache', was im Rahmen unserer Wahrnehmung folgende ... Kriterien erfüllt").
Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 10:38
Den epistemischen Zugang zu dem, was ontisch wirklich der Fall IST, eröffnen die Wissenschaften mit ihren Methoden zur Ermittlung dessen, was ontisch wirklich der Fall IST.
Grundsätzlich NEIN, weil die kategegoriale Schwelle zwischen Wahrnehmung/Wissenschaft und "das, was der Fall ist" ("ontisch") nicht per Wissenschaft überwunden werden kann. --- Pragmatisch oft JA, weil die Bewährung einer wissenschaftlichen Aussage samt experimenteller Bestätigung pragmatisch gleichgesetzt werden kann mit "es IST so". - Wobei hier die erheblichen Unterschiede zwischen Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften zu beachten sind.
Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 10:38
Zur Verdeutlichung kann man closs' Lieblingsbeispiel der Naherwartung des Johannes, Jesu und Pauli heranziehen.
Das ist für Dein Postulat "Den epistemischen Zugang zu dem, was ontisch wirklich der Fall IST, eröffnen die Wissenschaften mit ihren Methoden zur Ermittlung dessen, was ontisch wirklich der Fall IST" eher das schlechteste Beispiel.

Denn Deine Begründungen fußen auf hammerharte Vorverständnisse:
1) Was sagt es aus, dass Johannes & Co. eine Naherwartung in Deinem Verständnis hatten?
2) Wie definierst Du "Wissen"?
3) Warum sollte epistemischer Zugang die Lösung dafür sein, was der Fall ist?

Nun ergänzen sich diese Vorverständnisse wunderbar und machen gemeinsam durchaus einen Sinn - aber das war's dann auch schon. - Es ist damit überhaupt nicht geklärt, ob diese Sinnbildung ausreichend ist, um das zu ermitteln, was WIRKLICH der Fall war, zumal es genug Argumente dafür gibt, dass es leicht ganz anders gewesen sein könnte.
Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 10:38
Es sind die Wissenschaften (alle) mit ihren wissenschaftlichen Methoden, die hier Klarheit schaffen.
Urban Legend - naiv - nein. --- Sie schaffen ihre inner-systemische Klarheit (im besten Fall) - und es lohnt sich immer, darauf zu hören, weil die Wahrheitsfindung sehr gut strukturiert ist. - Aber in theologischen Fragen wie hier reicht das überhaupt nicht.















 

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Thaddaeus
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#62 Re: Vor 66 Millionen Jahren?

Beitrag von Thaddaeus » Sa 16. Nov 2019, 13:19

sven23 hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 12:39
Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 10:38
Den epistemischen Zugang zu dem, was ontisch wirklich der Fall IST, eröffnen die Wissenschaften mit ihren Methoden zur Ermittlung dessen, was ontisch wirklich der Fall IST.
Genau, aber für closs sind selbst Messungen nur "Wahrnehmung" und eine Falsifikation sage nichts darüber aus, ob etwas wirklich (ontisch) widerlegt sei.
Nimmt man dann noch seine Behauptung, eine Aussage könne gleichzeitig wahr und falsch sein, hinzu, dann ergibt sich ein ziemlich konfuses Wissenschaftsverständnis.
Dann bestreitet closs einfach die Erkennbarkeit der Welt. Wenn er aber die Erkennbarkeit der Welt bestreitet, kann er auch nicht erkennen, dass die Welt nicht erkennbar ist und das irgendetwas der Fall IST.
Die Position ist widersprüchlich und hebt sich selbst auf. Closs hat also nicht nur ein konfuses Wissenschaftsverständnis. Er hat überhaupt kein Verständnis von irgendwas. Was er sprachlich vorträgt ist ohne Sinn, also buchstäblich sinn-los.
Deshalb ist es ja ein Taschenspielertrick. Seine Aussagen scheinen nur so, als ergäben sie Sinn. Das tun sie aber nicht, wie man beweisen kann.

sven23 hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 12:39
Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 10:38
Zur Verdeutlichung kann man closs' Lieblingsbeispiel der Naherwartung des Johannes, Jesu und Pauli heranziehen.
Die historische-kritische Wissenschaft ermittelt BEGRÜNDET, dass Johannes, Jesus und Paulus sowie die frühen Christen in unmittelbarer Erwartung des Gottesreiches waren. Closs kann nun lediglich ontologisch behaupten, dass auch etwas anderes der Fall sein KÖNNTE (und zwar nur etwas ganz und gar unbestimmtes Anderes). Er kann aber gerade nicht mit dem Anspruch des WISSENS behaupten, dass etwas ganz bestimmtes anderes ontisch wirklich der Fall IST, z.B., dass Johannes, Jesus und Paulus sowie die frühen Christen keine Naherwartung hatten, sondern eine Erwartung des Himmelreiches in unbestimmter Zukunft. Denn dafür müsste er einen epistemischen Zugang zu dem haben, was ontisch wirklich der Fall IST - und das bedeutet, er muss plausible Gründe hierfür angeben können und Methoden angeben, wie er zu seinem WISSEN gelangt.
Genau da liegt sein Problem. Seine "Methode" besteht einfach in der Behauptung, es könne doch auch ganz anders gewesen sein. Dazu muss er aber gegen die Quellen interpretieren, die laut Theißen nun mal das Maß der Dinge sind, weil wir nichts anderes vorliegen haben.
Man muss verstehen, dass closs zwar behaupten kann, etwas anderes KÖNNTE ontisch der Fall sein, aber er kann eben gerade nicht behaupten, dass etwas anderes ontisch wirklich der Fall IST. Da ALLES logisch Mögliche ontisch wirklich der Fall sein KÖNNTE, kann er unter diesem ganzen MÖGLICHEN keinen einzelnen Sachverhalt herausgreifen, der als Alternative zu einem anderen Sachverhalt tatsächlich ontisch IST. Denn dazu müsste er einen epistemischen Zugang zu dem haben, was ontisch tatsächlich der Fall IST.

Closs könnte nun zwar einwenden, sein epistemischer Zugang sind Offenbarungen von Gott oder sein epistemischer Zugang sind Träume oder das Lesen in Kaffeesätzen, die ihm zeigen, was ontisch tatsächlich der Fall IST. Aber in diesem Falle treten diese epistemischen Zugänge einfach nur in Konkurrenz zu den sich in der Geschichte der Wissenschaften herauskristallisiert habenden wissenschaftlichen Methoden. Niemand bestreitet, dass manche Gläubige an die Erschaffung der Welt in 7 Tagen glauben, weil sie annehmen, dies sei ihnen von Gott so offenbart worden. Und mehr kann auch closs nicht für sich beanspruchen. Unter gar keinen Umständen jedenfalls irgendeine Art wissenschaftlicher (bzw. philosophischer) Relevanz.

sven23 hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 12:39
Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 10:38
Es sind die Wissenschaften (alle) mit ihren wissenschaftlichen Methoden, die hier Klarheit schaffen.
Richtig, auch für die Geisteswissenschaften gibt es keine Sonderregelungen, solange sie beanspruchen, Wissenschaft zu betreiben.
Closs meint damit sicher die Theologie, die meiner Meinung nach einen Sonderstatus hat. Teils arbeitet sie wissenschaftlich, was die historisch-kritische Forschung betrifft, aber in großen Teilen ist sie nach wie vor unwissenschaftlich unterwegs.
Die Theologie ist überall dort unwissenschaftlich, wo sie sich auf exklusives Offenbarungswissen beruft, gleichgültig, wie diese Offenbarungen zustande kommen. Wenn die so gewonnenen Einsichten, das so gewonnene Wissen, nicht prinzipiell auch für andere jederzeit rational nachvollziehbar und erkennbar ist, dann ist es unwissenschaftlich. Das gilt für sämtliche Disziplinen inklusive der Philosophie.

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#63 Re: Vor 66 Millionen Jahren?

Beitrag von Tree of life » Sa 16. Nov 2019, 13:31

Sven hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 13:19
Richtig, auch für die Geisteswissenschaften gibt es keine Sonderregelungen, solange sie beanspruchen, Wissenschaft zu betreiben.
Closs betreibt halt auch seine eigene "Wissenschaft", wer will es ihm verwehren?
Solange er nicht darauf beharrt, sie sei die einzig wahre Erkenntnis (weil er erkennt, wie er erkannt wurde) kann er das doch raus posaunen, wie ihm grad lustig ist.
Tun doch andere auch...
Nur muss er damit rechnen, daß es irgendwann langweilig wird, immer das selbe zu lesen(hören)

Edit: falsch zitiert, nicht Thaddi sondern Sven hat gesagt:

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Thaddaeus
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#64 Re: Vor 66 Millionen Jahren?

Beitrag von Thaddaeus » Sa 16. Nov 2019, 14:17

Tree of life hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 13:31
Sven hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 13:19
Richtig, auch für die Geisteswissenschaften gibt es keine Sonderregelungen, solange sie beanspruchen, Wissenschaft zu betreiben.
Closs betreibt halt auch seine eigene "Wissenschaft", wer will es ihm verwehren?
Die, die wirklich Wissenschaft betreiben, verwehren es ihm! Was auch immer closs da zu tun glaubt: mit Wissenschaft hat es nichts zu tun.
Dies bedeutet übrigens nicht, dass aller Segen von den Wissenschaften kommt oder kommen wird; oder das die Wissenschaften die Welt adäquat und vollständig beschreiben würden. Die wissenschaftlichen Methoden sind nur das beste Mittel, herauszufinden, was ontisch wirklich der Fall IST: von der Naherwartung bis zum Klimawandel.

Tree of life hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 13:31
Solange er nicht darauf beharrt, sie sei die einzig wahre Erkenntnis (weil er erkennt, wie er erkannt wurde) kann er das doch raus posaunen, wie ihm grad lustig ist.
Tun doch andere auch...
Nur muss er damit rechnen, daß es irgendwann langweilig wird, immer das selbe zu lesen(hören)
Ich sehe das nicht so fatalistisch bzw. locker wie du. Ich bin der Überzeugung, dass Falsches, das geäußert wird, richtig gestellt werden sollte. Weil nur die Wahrheit - und die gibt es - die Welt bzw. Ausschnitte aus der Welt korrekt beschreibt und eben nicht die Un-Wahrheit. Wenn wir wissen wollen, in welcher Welt wir leben und wie die funktioniert, muss man nach der Wahrheit streben, soweit diese erkennbar ist.
Zuletzt geändert von Thaddaeus am Sa 16. Nov 2019, 14:27, insgesamt 1-mal geändert.

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#65 Re: Vor 66 Millionen Jahren?

Beitrag von Tree of life » Sa 16. Nov 2019, 14:26

Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 14:17
Was auch immer closs da zu tun glaubt: mit Wissenschaft hat es nichts zu tun.
Du hast Recht! Asche über mein Haupt :hypocrite:
Könnten wir uns auf "Glaubensschaft" einigen? :)

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#66 Re: Vor 66 Millionen Jahren?

Beitrag von Tree of life » Sa 16. Nov 2019, 14:38

Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 14:17
Ich bin der Überzeugung, dass Falsches, das geäußert wird, richtig gestellt werden sollte.
Klar, damit habe ich kein Problem, aber wir wollen ihm ja kein Posaunenverbot erteilen ;)
Öhm, liebe Thaddi, gibt es Gott oder gibt es keinen Gott?

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#67 Re: Vor 66 Millionen Jahren?

Beitrag von closs » Sa 16. Nov 2019, 15:34

Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 13:19
Dann bestreitet closs einfach die Erkennbarkeit der Welt.
Das ist missverständlich. - Ich bestreite, dass Wissenschaft in Deiner Definition der einzige Weg des Erkennens ist. - UND ich weise darauf hin, dass Wissenschaft in Deinem Sinne zu Erkennen führen kann, dass in Bezug auf das, was der Fall ist, falsch ist.
Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 13:19
Die Position ist widersprüchlich und hebt sich selbst auf.
So, wie Du sie Dir formal herrichtest, ist das so - aber damit ist das Problem nicht gelöst. - Du versuchst ständig, Wahrnehmungs-Verfahren über das zu stellen, was der Fall ist.
Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 13:19
Unter gar keinen Umständen jedenfalls irgendeine Art wissenschaftlicher (bzw. philosophischer) Relevanz.
Spirituelles Herangehen an Erkenntnis hat sicherlich nichts mit Wissenschaft in Deiner Definition zu tun, aber sehr wohl mit Philosophie. - Die Systematische Theologie ist beispielsweise ein hoch-intellektueller Komplex, der selbstverständlich nicht naturwissenschaftliche Ansprüche erhebt - aber sicherlich geisteswissenschaftliche Ansprüche (es sei denn, man definiert so an den Begriffen rum, dass es anders ist - aber damit ist kein Problem gelöst).
Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 13:19
Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 13:19
Die Theologie ist überall dort unwissenschaftlich, wo sie sich auf exklusives Offenbarungswissen beruft, gleichgültig, wie diese Offenbarungen zustande kommen. Wenn die so gewonnenen Einsichten, das so gewonnene Wissen, nicht prinzipiell auch für andere jederzeit rational nachvollziehbar und erkennbar ist, dann ist es unwissenschaftlich. Das gilt für sämtliche Disziplinen inklusive der Philosophie.
Das ist ein programmatischer Satz mit dogmatischem Anspruch - sonst nichts - zumal Du hier einiges durcheinander wirfst. --- Wenn ein theologischer Systematiker oder kanonischer Exeget arbeitet, dann tut er dies nicht mit Hilfe von "Offenbarungswissen", sondern er tut es methodisch/analytisch/logisch/systematisch - wie sich das halt gehört. - Der Unterschied ist, dass er auf Basis eines anderen Vorverständnisses arbeitet, als Du es programmatisch vorsiehst. - Welches Vorverständnis Du hast, habe ich an drei Beispielen im vorigen Posting gezeigt. --- Das macht nichts, aber es muss einem klar sein.

Mit anderen Worten: Es ist reine Geschmacksfrage, ob man ein methodisch/analytisch/logisch/systematisch vorgetragenes Arbeiten bei Vorverständnis A wissenschaftlich nennt und bei Vorverständnis B NICHT. - Das wäre ein wissenschafts-philosophisches Thema, das auch Metaphysik nicht außen vorlässt.
Tree of life hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 13:31
Closs betreibt halt auch seine eigene "Wissenschaft", wer will es ihm verwehren?
Nee - nicht mal. - Ich weise nur darauf hin, dass der Begriff "Wissenschaft" entweder mehr bedeutet als das, was Thaddäus darstellt, oder dass Geistes"wissenschaften" in substantiellen Bereichen nicht mehr wissenschaftlich besetzt werden können, wenn Thaddäus' Definition alternativlos ist. - Damit wäre es ein Rückfall für die Zielsetzung, dass Wissenschaft alles, was der Fall sein kann, wissenschaftlich behandelbar ist.

Thaddäus muss sich also entscheiden, ob sie eine exklusive Wissenschaft haben will, die nur einen Teil dessen, was ist, behandeln kann, oder ob sie eine universale Wissenschaft haben will, die so ausgelegt ist, dass alles, was ist, per Wissenschaft behandelt werden kann. - Beides gleichzeitg geht nicht.
 
Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 14:17
Die, die wirklich Wissenschaft betreiben, verwehren es ihm! Was auch immer closs da zu tun glaubt: mit Wissenschaft hat es nichts zu tun.
Siehe oben. - Es ist irrelevant, ob Erkenntnis wissenschaftlich oder nicht wissenschaftlich bezeichnet wird. - Und wenn Du es magst, kannst Du bspw. die Systematische Theologie als NICHT wissenschaftlich bezeichnen - es ändert nichts dran, dass dort Erkenntnisse erzielt werden. - Das sind Wortspiele.
Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 14:17
Die wissenschaftlichen Methoden sind nur das beste Mittel, herauszufinden, was ontisch wirklich der Fall IST: von der Naherwartung bis zum Klimawandel.
"Klimawandel" ist Naturwissenschaft, "Naherwartung" ist Geisteswissenschaft - großer Unterschied. --- Übereinstimmung besteht zwischen uns darin, dass Wissenschaft in Deinem Verständnis das beste Mittel ist, wenn es das geeigneteste Mittel ist - das hängt von der Fragestellung ab.
Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 14:17
Ich bin der Überzeugung, dass Falsches, das geäußert wird, richtig gestellt werden sollte. Weil nur die Wahrheit - und die gibt es - die Welt bzw. Ausschnitte aus der Welt korrekt beschreibt und eben nicht die Un-Wahrheit. Wenn wir wissen wollen, in welcher Welt wir leben und wie die funktioniert, muss man nach der Wahrheit streben, soweit diese erkennbar ist.
Dieser Satz wiederum könnte vollumfänglich von mir sein - tja. --- Bei Dir kritisiere ich, dass Du Wahrnehmungs-Verfahren im Zweifelsfall über Wahrheit ("das, was der Fall ist") stellst.








 

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#68 Re: Vor 66 Millionen Jahren?

Beitrag von sven23 » Sa 16. Nov 2019, 17:18

closs hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 15:34
Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 13:19
Die Theologie ist überall dort unwissenschaftlich, wo sie sich auf exklusives Offenbarungswissen beruft, gleichgültig, wie diese Offenbarungen zustande kommen. Wenn die so gewonnenen Einsichten, das so gewonnene Wissen, nicht prinzipiell auch für andere jederzeit rational nachvollziehbar und erkennbar ist, dann ist es unwissenschaftlich. Das gilt für sämtliche Disziplinen inklusive der Philosophie.

Das ist ein programmatischer Satz mit dogmatischem Anspruch - sonst nichts - zumal Du hier einiges durcheinander wirfst. --- Wenn ein theologischer Systematiker oder kanonischer Exeget arbeitet, dann tut er dies nicht mit Hilfe von "Offenbarungswissen", sondern er tut es methodisch/analytisch/logisch/systematisch - wie sich das halt gehört. - Der Unterschied ist, dass er auf Basis eines anderen Vorverständnisses arbeitet, als Du es programmatisch vorsiehst.
Eben, das "Vorverständnis" besteht aus nichts anderem als aus Glaubenbekenntnissen, die ihrerseits auf Offenbarungswissen beruhen. So schließt sich wieder mal der Kreis.



closs hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 15:34
Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 14:17
Die wissenschaftlichen Methoden sind nur das beste Mittel, herauszufinden, was ontisch wirklich der Fall IST: von der Naherwartung bis zum Klimawandel.
"Klimawandel" ist Naturwissenschaft, "Naherwartung" ist Geisteswissenschaft - großer Unterschied.
Es gibt aber keine Sonderregelung für Geisteswissenschaften, wenn sie wissenschaftlichen Anspruch erheben.















 
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#69 Re: Vor 66 Millionen Jahren?

Beitrag von closs » Sa 16. Nov 2019, 17:55

sven23 hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 17:18
das "Vorverständnis" besteht aus nichts anderem als aus Glaubenbekenntnissen, die ihrerseits auf Offenbarungswissen beruhen.
Also ist es irrelevant, wenn jemand methodisch/analytisch/logisch/systematisch arbeitet? - Wenn dem so ist, unterscheidet man also Wissenschaft danach, ob Vorverständnisse spiritueller oder anthropozentrischer Natur sind. - Ist das nicht etwas weit hergeholt?

Sven: Es gibt aber keine Sonderregelung für Geisteswissenschaften, wenn sie wissenschaftlichen Anspruch erheben.

Wenn man Wissenschaft so definiert, dass nur anthropozentrische Vorverständnisse möglich sind, stimmt das. - Aber das führt unweigerlich dazu, dass eine SOLCHE WIssenschaft in Geisteswissenschaften nicht weit kommt. - Insofern ist mir die Bezeichnung "wissenschaftlich" nicht wichtig, sehr wohl aber die Erkenntnis, was es bedeutet.

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#70 Re: Vor 66 Millionen Jahren?

Beitrag von Andreas » Sa 16. Nov 2019, 19:57

closs hat geschrieben:
Sa 16. Nov 2019, 15:34
Es ist irrelevant, ob Erkenntnis wissenschaftlich oder nicht wissenschaftlich bezeichnet wird. - Und wenn Du es magst, kannst Du bspw. die Systematische Theologie als NICHT wissenschaftlich bezeichnen - es ändert nichts dran, dass dort Erkenntnisse erzielt werden. - Das sind Wortspiele.
Welche Erkenntnisse werden in der systematischen Theologie erzielt - wenn es Gott nicht gibt? Noch nicht mal Glaubenswahrheiten, denn wenn diese dort erst erzielt werden, waren sie davor ja schließlich noch keine Glaubenswahrheiten die erkannt werden konnten. Erst im Nachgang können diese dem Glauben hinzugefügt werden und dann erst kann man von Glaubenswahrheiten sprechen. Das ist selbst dann so, wenn es Gott tatsächlich gibt.

Bestes Beispiel dafür ist die Trinitätstheologie. Bedenke, was du ständig predigst: das, was der Fall ist schert sich nicht darum, was irgendwer meint. Wenn Gott kein trinitarischer Gott ist, war das halt ein Griff ins Klo - aber keine Erkenntnis. Das wäre nicht ja nicht so schlimm, wenn die Kirchen im Gegensatz zur Wissenschaft nicht vorgeben würden die Wahrheit zu verkündigen.

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