closs hat geschrieben: ↑Do 7. Nov 2019, 21:43
Weshalb QM-ler oft sagen, dass sie im Grunde nur spektulieren. --- Du bringst jetzt wieder eine Bemerkung, die vom Verständnis-Kern wegführen sollen, so dass am Ende wieder alles ein Brei ist (machst Du oft). - Sprache ist der Versuch, Verständnis und Erkenntnis zu erwecken, und nicht, um diese zu stangulieren.
Du kombinierst Nebel mit extrem holzschnittartigem Denken. Da kann schon sein, dass das, was in der Mitte dieser Extreme liegt, für dich wie Brei wirkt – dein Problem.
Mit irgendwas wie einer seltsamen Interpretation der QM hat mein Einwand nichts zu tun. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass in vielen ganz gewöhnlichen Naturwissenschaften, wie der Paläoontologie, der Geologie, der Astronomie, etc. Experimente keine Rolle spielen.
Ein Verständnis kann man auf einer so irreführenden Behauptung wie
closs hat geschrieben:nur "oft", weil die naturwissenschaftlichen Annäherungen - abgesehen von harten radikal-skeptischen ERwägungen - per experimenteller Überprüfung in ihrer Annäherung nachgewiesen werden können
eben
nicht aufbauen.
Dass es
Stegodonten gab, ist nicht experimentell überprüfbar. Und bei jeder vernünftigen Auseinandersetzung zum Thema Naturwissenschaft muss man wenigstens auf einem solchen Minimum an “Präzision” beharren.
closs hat geschrieben: ↑Do 7. Nov 2019, 21:43
Viel einfacher (und mehrfach geschehen): "Ontisch" bezieht sich aufs Objekt, "methodisch"/"systemisch" aufs Subjekt. - Es sind also kategorial unterschiedliche Begriffe - mehr nicht, also extrem einfach und auch so einfach gemeint.
Roter Hering. Deine tolle Definition kennen wir. Darum ging es hier nicht. Sondern um die Spielchen, die du damit treibst. Insbesondere, dass du auf einmal mit “Was man als ‘ontisch’ … bezeichnet ist immer eine Vereinbarung” (Zitat!) ankommst.
closs hat geschrieben: ↑Do 7. Nov 2019, 21:43
Da ging es um etwas anderes, nämlich: Ist die Aussage "Ich habe etwas gefunden" die selbe Qualität von Nachweis/Widerlegung wie "Ich habe etwas NICHT gefunden"? - Nur darum ging es.
Du hast aber diesen Unterschied mit methodisch/ontisch gleichgesetzt:
closs hat geschrieben:2) Es reicht nicht, durchaus berechtigt von Wirkungslosigkeit aus Sicht der Wissenschaft zu sprechen, wenn die Wirklichkeit gleichzeitig weiter geht. - Hier wird die Differenz zwischen methodischer Wirklichkeit ("Wir haben überall gesucht und nichts gefunden") und ontischer Wirklichkeit ("Was ist wirklich der Fall?") relevant.
closs hat geschrieben: ↑Do 7. Nov 2019, 21:43
Auch das ist längst passiert. - Der Radikal-Skeptizismus ist erledigt, sobald man einen Glaubens-Entscheid/"Nachweis" voransetzt, durch den der Radikal-Skeptizismus pulverisiert wird.
Das ist zwar eine Antwort, und in der Tat eine hinlänglich bekannte, aber eben keine
zufriedenstellende Antwort. Und darum ging es:
Claymore hat geschrieben: ↑Do 7. Nov 2019, 20:40
Die erste Frage ist, warum man, deine eigenen Kriterien angewendet, denn den Radikalskeptizismus verwerfen sollte. Aber da kommt eh keine
zufriedenstellende Antwort…
Die Antwort “Glaubensentscheid” ist aus zweierlei Gründen nicht zufriedenstellend.
Erstens, weil nicht geklärt ist, warum der methodische Zweifel sich nicht auf die Existenz Gottes beziehen soll. Die Antwort,die Descartes selbst versucht hat darauf zu geben (Gottesbeweis), siehst du ja als fehlerhaft an und ersetzt sie lapidar mit deinem “Glaubensenscheid”.
Bei der Gelegenheit möchte ich noch mal auf die simple Tatsache hinweisen, dass weite Teile der Weltbevölkerung nicht an den üblichen monotheistischen Gott glaubt, entweder weil sie areligiös (säkular, atheistisch, agnostisch, etc.) sind oder polytheistischen bzw. nicht-theistischen Religionen anhängen (Hinduismus, Buddhismus, Taoismus, Shintoismus, Naturreligionen, etc.).
Wir können doch nicht mit der Weltsicht eines wackeren Inquisitors im Mittelalter operieren: der Nicht-monotheistisch-Gottgläubige als ein seltsames Kuriosum, eine
Abnormalität. Entweder ein vereinzelter Heide, intellektuell auf der Stufe des Tieres, stumpf-dumpf Thor oder Svarog verehrend, den man erst auf die rechte Zivilisationsstufe heben muss; oder ein arrogantes, verzogenes Patriziersöhnchen aus einer Sündenbabel-Stadt, der Papis Geld bei Hübschlerinnen lässt, dummerweise an Epikurs Schriften gelangte, und nun aus purem Willen zur Sünde die Existenz Gottes leugnet; ja, die “normale” Bevölkerung (90% leben auf dem Land) glaubt dagegen brav an Gott und besucht jeden Sonntag die Messe. Amen. Nein, das war schon immer Unsinn und im 21. Jahrhundert weiß man genug, dass es offensichtlicher Unsinn ist.
Eine Antwort, die für mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung prinzipiell keine Antwort darstellt, ist nicht zufriedenstellend. Das kann doch nicht so schwer zu verstehen sein.
Es mag ja sein, dass du so aus der Zeit gefallen bist, dass du jeden Atheisten in Westen als einen dekadenten Sartre-lesenden Bohémien oder autistischen, klotzmaterialistischen Fachidioten-Naturwissenschaftler ansiehst. Da ist es einleuchtend, wenn du für die ein Schildchen “Wir müssen draußen bleiben” aufstellst – verbannt aus dem closs’schen Paradies der ontischen Einsicht.
Ein Blick über den Tellerrand zeigt aber eben: selbst der Dalai Lama kann
PRINZIPIELL nichts mit deiner Antwort anfangen. Es handelt sich also nicht mal um eine Antwort auf die Frage, ob eine materialistische Weltanschauung unter internen Problemen und Inkonsistenzen leidet, von denen eine spirituelle Weltanschauung frei ist.
Wenn ich deine Antwort “Glaubensentscheid” so positiv wie nur möglich interpretieren will, ist sie eine Art Beitrag zum ‘Kulturkampf’ “Klassischer Monotheismus vs. alles andere”.
Was deine Antwort definitiv nicht ist: ein ernsthafter Versuch das epistemologische Dilemma aufzulösen. Ja, selbst für monotheistisch Gläubige ist nicht klar, warum sie denn nicht auch Gott ihrem methodischen Zweifel unterziehen sollten. Es bräuchte schon einen sehr speziellen Theisten, so durchdrungen vom Glauben, dass er die Nichtexistenz Gottes nicht mal nur als bloße Möglichkeit erwägen kann, andererseits aber die radikalskeptizistischen Szenarien Descartes’s für wert hält, genau durchdacht zu werden.
Zweitens: Jetzt hast du ja endlich mal den Fragenkatalog so einigermaßen beantwortet und wir können nun sehen, was du zum harten Radikal-Skeptizismus zählst und was “normale”, “weiche” oder salon-fähige Skepsis ist (d. h. Skeptizismus, der in deiner Theorie den ominösen “Glaubensentscheid” überlebt).
Für mich wirkt deine Einteilung völlig beliebig und ad hoc. Es lässt sich kein roter Faden erkennen, eben keine sauber getrennten Kategorien (die Descartes’s dagegen mit seinem “clare et distincte” durchaus einigermaßen darzulegen versuchte). Manchmal zweifelst du die Wahrnehmung an, manchmal die Vernunft.
Nehmen wir noch mal folgendes:
closs hat geschrieben: ↑Do 7. Nov 2019, 21:43
Claymore hat geschrieben: ↑Do 7. Nov 2019, 20:40
M. Elementare Induktion: Du beobachtest wie Sonne jeden Tag im Osten aufgeht. Du schließt: “Morgen wird die Sonne im Osten aufgehen.”
Hart.
Dies widerspricht amüsanterweise der christlichen Lehre. An mehreren Stellen in der Bibel ist davon die Rede, wie Gott die Sonne verdunkeln lässt (vgl. Kreuzigung Jesu) oder
in ihren Lauf eingreift. Ein einigermaßen bibeltreuer Christ sollte sich durch seinen Glaubensentscheid eben nicht darin versichert sehen, dass die Sonne morgen im Osten aufgeht, nur weil sie sonst auch immer im Osten aufgegangen ist.
Oder sind das bloß mystische Bilder der Bibel, wie Gott den natürlichen Lauf der Sonne verändert?
Aber Wunder soll es doch geben (ich erinnere an den Geistleib). Vielleicht ist es ein “zu großes Wunder”, dass Gott die Sonne nicht aufgehen lässt? Oder im Westen aufgehen lässt?
Oder muss man den “Glaubensentscheid” mit einer weiteren Einschränkung verstehen, dass er sich nur auf Erkenntnis im Sinne des naturwissenschaftlichen Alltagsgeschäft bezieht?
Fragen über Fragen.
Und ich bin mir sicher, du wirst wieder Antworten unterster Schublade geben.
closs hat geschrieben: ↑Do 7. Nov 2019, 21:43
Claymore hat geschrieben: ↑Do 7. Nov 2019, 20:40
Du hast viel über positive und negative Ergebnisse geschrieben, aber wie wir gesehen haben ist es sowas von irrelevant,
Ist es nicht. - Die Aussage "Die Pyramide ist an ihrer Oberfläche ist NICHT lila" hat eine andere Qualität als "HK ist NICHT wirksam" - einfach deshalb, weil es im ersten Fall um ein Begrenztes und im zweiten Fall um ein Unbegrenztes geht. - Gleiche Qualität hätte es, wenn Zweiteres hieße: "HK ist nicht wirksam IM RAHMEN UNSERER UNTERSUCHUNGEN". - Das ist etwas GANZ anderes.
Ich habe doch explizit in dem Teil, den du unterschlagen hast, geschrieben, dass es um verallgemeinernd vs. nicht-verallgemeinernd geht und nicht um positiv/negativ:
Claymore hat geschrieben: ↑Do 7. Nov 2019, 20:40
Du hast viel über positive und negative Ergebnisse geschrieben, aber wie wir gesehen haben ist es sowas von irrelevant, ob irgendwo das Wörtchen “nicht” oder “kein” in einem Satz auftaucht. “Alle Schwäne sind weiß” oder “Es gibt
KEINE schwarzen Schwäne” sind jeweils eine positive und eine negative Aussage, aber
beide sind verallgemeinernd. “Die Pyramide von Gizeh ist gerade jetzt an der Stelle, wo ich hinschaue,
NICHT lila” ist negativ aber nicht bzw. so gut wie gar nicht verallgemeinernd. Positiv/negativ ist eine Ablenkung vom wesentlichen: der Skepsis gegenüber der Verallgemeinerung oder allem, was über Wissen gerechtfertigt durch konkrete, direkte Sinnes-Beobachtungen hinausgeht.
Können wir also nun endlich die Kategorisierung in positiv/negativ ad acta legen?
Dann können wir uns der Frage zuwenden welche Skepsis gegenüber Verallgemeinerung hart radikalskeptizistisch ist und welche nicht, ja?
Claymore hat geschrieben: ↑Do 7. Nov 2019, 20:40
Die Naturwissenschaft verallgemeinert das, was man durch Beobachtungen überprüft hat. Verallgemeinerung ist die
conditio sine qua non, ansonsten kommt man nicht zu einer naturwissenschaftlichen Theorie.
Das ist die pragmatische Ebene. - Und wie Du weißt, kann eine Theorie falsch sein, wenn ein Schwarzer Schwan dann doch gefunden wird.
Natürlich kann eine wissenschaftliche Theorie falsifiziert werden. Ich sehe nur keinerlei Sinn / Rechtfertigung für deine Einteilung in die Ebene “bloß pragmatisch akzeptabel” und die Ebene, die einzig durch harten Radikalskeptizismus bezweifelt werden kann.
Nun hast du bei den Beispielen mit der Sonne und den Myons den Skeptizismus als hart bezeichnet (d. h. die Art Radikalskeptizismus, der durch deinen “Glaubensentscheid” “pulverisiert” wird).
Die spezielle Relativitätstheorie könnte aber falsifiziert werden – oder nicht? – und dann stimmt das mit der Geschwindigkeit der Myons auch nicht mehr. Ich würde das natürlich als unwahrscheinlicher ansehen, als irgendein Tier in einer bestimmten Farbe zu finden, dass man vorher nie in dieser Farbe gefunden hat (lila Katze). Aber einen kategorialen Unterschied sehe ich nicht.
Und dass die Sonne morgen nicht im Osten aufgeht, halte ich natürlich für sehr, sehr extrem weit hergeholt. Aber ich sehe auch hier deinen kategorialen Unterschied zu den weißen Schwänen nicht. “Jeder Schwan war bisher weiß. Der nächste Schwan wird auch weiß sein.” hat das gleiche Schema wie “Jeden Morgen bisher ging die Sonne im Osten auf. Sie wird auch den nächsten Morgen im Osten aufgehen.”.