Im Prinzip ist das korrekt, wobei man in der Philosophie nicht zwangsläufig nur mit den Werkzeugen der strengen, formalisierten Logik arbeiten darf. (Aber Philosophiestudenten müssen in der Tat eine Prüfung in formaler Logik ablegen. Bestehen sie die wiederholt nicht, müssen sie etwas anderes studieren.)Anton B. hat geschrieben: ↑Fr 8. Nov 2019, 17:33Auf den Punkt gebracht! Die wissenschaftliche Philosophie untersucht mit vornehmlich logischen Mitteln die Welt, den Menschen und Beziehungen zwischen Mensch und Welt. Das beinhaltet, Darstellungen auf logische Konsistenz zu untersuchen, die innewohnenden Eigenschaften von Darstellungen als auch, was sich an logischen Konsequenzen nach Außen daraus ergibt, zu erkennen.Thaddaeus hat geschrieben: ↑Fr 8. Nov 2019, 08:19
Closs hat alles, was er behauptet, in wunderbarer und völlig einleuchtender Weise höchstselbst negiert.
Closs schreibt, dass Wahrheit grundsätzlich nicht feststellbar ist (da man nicht wissen kann, ob man das richtige Vorverständnis hat). Also ist auch die Wahrheit von ALLEM, was closs behauptet grundsätzlich nicht feststellbar. Nicht für dich und nicht für ihn selbst.
DAS, lieber lovetrail, bedeutet philosophisch zu Denken.
Unabdingbar für die Philosophie ist jedoch, dass man argumentiert und das beinhaltet, mit rationalen Mitteln zu argumentieren, sonst argumentiert man eben nicht (sondern schwatzt einfach daher).
Ich habe oben gegenüber closs keine besonderen Feinheiten formalisierter Logik angewendet, sondern ganz elementare Logik, die wir alle tagtäglich in unserer Alltagskommunikation verwenden.
Wenn man jemanden fragt, wie das Wetter bei ihm ist und der antwortet: "Oh, sehr schön sonnig bei 28° C, aber leider schneit es gerade", dann wissen wir, dass da irgendetwas nicht stimmen kann. Dazu muss man kein Logikseminar besucht haben. Das ist elementare Logik, ohne die auch Alltagskommunikation überhaupt nicht möglich ist. Es geht dann nur noch darum, was genau nicht stimmt: ob etwas mit dem Freund nicht stimmt, er unter Halluzinationen leidet, geistesverwirrt ist, betrunken oder eben vielleicht eine außergewöhnliche, kuriose Wetterlage vorliegt etc.
Eine Anforderung an die Philosophie (im Gegensatz zur Theologie) ist, dass jedes ihrer Argumente prinzipiell von ALLEN Menschen verstanden werden können muss. Damit sind jede Art von persönlich offenbarten Wahrheiten nicht erlaubt. Gläubigen gesteht man zu, persönliche Glaubenswahrheiten empfinden zu dürfen; die sind in der Philosophie aber streng verboten. Beruft man sich auf Einsichten, die einem persönlich offenbart wurden, verlässt man die Philosophie und wird zum Gläubigen.
Philosophie kann sehr kompliziert werden, so dass nicht jeder Mensch den manchmal sehr komplexen Argumenten, oftmals auch noch in Fachsprache verfasst, folgen kann, - aber diesen Fall haben wir in der Mathematik und den Naturwissenschaften oder der Medizin auch vorliegen. Grundsätzlich muss aber jeder Mensch Kant oder Heidegger, Nietzsche oder Wittgenstein verstehen können oder Gödels formallogischen Unvollständigkeitsbeweis nachvollziehen. Das ist der Anspruch, den die Philosophie an sich selbst stellt: sie MUSS rational sein.
Wenn in einem philosophischen Text oder einer philosophischen Haltung also ein offenkundiger Widerspruch auftaucht, dann sind sie entweder falsch, oder es muss rational erklärt werden können, warum es sich in Wahrheit um keinen Widerspruch handelt oder warum dieser Widerspruch keine Rolle spielt für die Wahrheit des Textes bzw. der philosophischen Haltung.
Closs verkündet seinen radikalen Skeptizismus ausschließlich deshalb, um seine persönlichen Glaubensinhalte jederzeit als allen gegenläufigen, wissenschaftlichen Einsichten gleichberechtigt gegenüber stellen zu können: "Da man grundsätzlich nichts wissen kann, sind meine persönlichen Glaubensansichten exakt so berechtigt und wissenschaftlich wie jedes dagegen sprechende wissenschaftliche Ergebnis."Anton B. hat geschrieben: ↑Fr 8. Nov 2019, 17:33Die generell skeptische Ausrichtung der closs'schen Denkgebäudes ist identifiziert. Jetzt käme es auf eine Ausweitung der Analyse auf die pseudo-skeptischen und post-modernen Aspekte an.
Denn bei closs endet es ja nicht beim Skeptizismus: Stichwort "potentialis". Für closs ergibt sich aus seinem Skeptizismus ja nicht, "Nichts kann sein", sondern "Alles kann sein!" Damit ist inkludiert: "Es kann sein, was der closs meint, wie es sei". Niemand solle ihm sagen können, er habe etwa mit seiner speziellen Vorstellung der Ausprägung der Welt womöglich "unrecht".
Selbstverständlich ist er aber gar kein radikaler Skeptizist, denn er will ja nur, dass seine Glaubensansichten als gleichberechtigt erscheinen sollen!
Deshalb die absurde ontologische Konstruktion, dass die Wahrheit ja stets das sein könnte, was prinzipiell der Fall sein KÖNNTE. Aber was der Fall sein KÖNNTE ist deshalb eben noch lange nicht der Fall. Herauszufinden, was der Fall ist, ist gerade die Aufgabe der sich historisch entwickelt habenden Fachwissenschaften, die dies mit ihren je spezifischen Methoden leisten sollen.