Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

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Andreas
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#1611 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Andreas » Sa 12. Okt 2019, 18:44

closs hat geschrieben:
Sa 12. Okt 2019, 15:56
Andreas hat geschrieben:
Sa 12. Okt 2019, 15:36
Es gibt halt Leute - andere als du - die nur von einer Wirklichkeit ausgehen und nicht von mehreren.
Das ist vollkommen falsch interpretiert: Natürlich gehe ich von EINER Wirklichkeit aus - aber ich weiß, dass ich nicht wissen kann, was die EINE Wirklichkeit ist, sondern dass es nur unterschiedliche hermeneutische Annäherungen geben kann, die in sich sogar widersprüchlich sein können.
closs hat geschrieben:
Sa 12. Okt 2019, 16:25
"Wirklichkeit" ist das, was zu jeder Zeit der Fall war. - Du sprichst von der Wirklichkeit unserer Gegenwart, ich von der Wirklichkeit vor 2000 jahren.
Ja und dann gibt's auch noch die Wirklichkeit der Heilsgeschichte, und die Wirklichkeit der Überzeitlichkeit Gottes, halt all das, was du so alles meinst, was der Fall ist.
Mach doch mal eine Grafik oder ein Organigramm zu dieser unüberblickbaren Fülle von Wirklichkeiten, die du in deinem Kopf hast.

Ehrlich, ich hab da noch nie durchgeblickt, was in deinem Schädel vor sich geht, falls es in deinem Schädel vor sich geht, und nicht irgendwo anders in der Wirklichkeit eines bösen Dämons oder so, der sich das alles nur selbst vortäuscht.

Keine Panik. Wir schaffen das.

closs
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#1612 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » Sa 12. Okt 2019, 19:59

Andreas hat geschrieben:
Sa 12. Okt 2019, 16:29
Das sagst ausgerechnet du, dem es allein auf die Wirkung ankommt und nicht auf die Inhalte.
Auch das ist ein Glaubensentscheid.
Andreas hat geschrieben:
Sa 12. Okt 2019, 16:34
Hilf mir doch mal suchen, bitte. Wo steht da das Wort "ontisch" und was es bedeuten soll?
Ontisch bedeutet je nach Philosophie-Schule inzwischen ganz Unterschiedliches. - Meine Verwendung versteht sich als Adjektiv zu Ontologie in zitierter Bedeutung.
Andreas hat geschrieben:
Sa 12. Okt 2019, 16:55
Kann es sein, dass du in der von dir ausgedachten Überzeitlichkeit Gottes abgesoffen bist, in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft aufgehoben sind?
Nee - das ist eine ganz andere Diskussion. Hier geht es darum, dass es zu jeder Zeit eine Gegenwart gibt, in der etwas der Fall war, was wir ermitteln wollen.
Andreas hat geschrieben:
Sa 12. Okt 2019, 16:55
Du willst dich also über die Wirklichkeit Jesu unterhalten. Zählt da auch seine Wiederkunft dazu, also das, was der Fall sein wird?
Geschichtlich insofern, dass diese Zukunft in der Geschichte vorhergesagt wird.
Andreas hat geschrieben:
Sa 12. Okt 2019, 16:55
Was man mit Sprache alles machen kann! Faszinierend.
Da gibt es bessere Beispiele - das hier bewegt sich wirklich im Normal-Bereich.
Andreas hat geschrieben:
Sa 12. Okt 2019, 17:06
closs hat geschrieben: ↑
Sa 12. Okt 2019, 16:25
Was ist aus metaphysischer Warte das, was (nach hermeneutischem Ansatz x oder y) das, was damals "wirklich" war?

Ich wollte grad mal aus der metaphysischen Warte nachgucken oder wenigstens mal nachfragen
Metaphysik thematisiert das "hinter der sinnlich erfahrbaren, natürlichen Welt Liegende <und> die letzten Gründe und Zusammenhänge des Seins" - meint mit meiner Zustimmung wik. - Man beachtes das Wort "Sein".
 
Andreas hat geschrieben:
Sa 12. Okt 2019, 18:44
Ja und dann gibt's auch noch die Wirklichkeit der Heilsgeschichte, und die Wirklichkeit der Überzeitlichkeit Gottes
Wenn es sie gibt, ist das so.
Andreas hat geschrieben:
Sa 12. Okt 2019, 18:44
halt all das, was du so alles meinst, was der Fall ist.
Falls mein Glaube und philosophische Schlüsse authentisch dazu sind - ja.

 

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Andreas
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#1613 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Andreas » Sa 12. Okt 2019, 20:11

"Authentizität" zu etwas, was niemand kennen kann. Den Unsinn haben wir auch schon zigmal diskutiert. Ich übergebe wieder an deine Kollegen.

Bild
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#1614 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Claymore » Sa 12. Okt 2019, 20:22

Andreas hat geschrieben:
Sa 12. Okt 2019, 15:55
Andreas hat geschrieben:
Sa 12. Okt 2019, 15:36
Thaddäus hat gelegentlich behauptet, dass sichere HKM-ERgebnisse gleichzusetzen seien mit "Faktum". - Hast Du auch Leute wie sie unter "super-Athie" subsummiert?
Außerdem traue ich deinen Zitaten aus deinem Gedächtnis keinen Milimeter weit. Du bist halt wiedermal zu faul das Original rauszusuchen. So wie du das hier rüberbringst ist meine Antwort darauf aber richtig. Denn die ERGEBNISSE der Forschung (HKM ist der übliche Quatsch) sind Fakten, also das, was der Fall ist in Bezug zum rekonstruierten Jesus der Leben-Jesu-Forschung (was nicht die HKM ist) - während du Faktum in deiner Birne auf den Jesus beziehst, der vor 2000 Jahren lebte, und das ist, was der Fall war, aber nicht ist.
Also bitte. Wir wissen nach closs eigenen Standards nur methodisch, jedoch nicht ontisch, dass Jesus überhaupt existierte.

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#1615 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Claymore » Sa 12. Okt 2019, 20:34

Andreas hat geschrieben:
Sa 12. Okt 2019, 20:11
"Authentizität" zu etwas, was niemand kennen kann.
Das ist aber kein Problem, weil man nach closs nicht mal wissen kann, was “authentisch” ist:
closs hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 16:19
Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 15:38
Und deine Definition von “spirituell” ist aberwitzig. Woher willst du denn wissen, dass man nicht authentisch zu Gott sein wollte
GAR NICHT, Du Hirn. ---- Es ist doch schon eine anthropozentristische Auffassung zu meinen, dass Authentizität nur dann da wäre, wenn man es weiß. - Das kann man nur erschließen, spüren, hoffen. - Es ist für einen Analytischen Philosophen nicht greifbar und deshalb als Option unbeliebt.

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#1616 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Andreas » Sa 12. Okt 2019, 21:11

Ja, leider hast du Recht. Was bleibt uns noch zu tun, mit unseren bescheidenen Mitteln?

Wir sollten vielleicht diesem unbesiegbaren Philosophen, der als erster und einziger zu Ende dachte, zur Unzeit geboren, um weder Dichter und Denker der Vergangenheit noch das kontaminierte und falsch formatierte 21. Jahrhundert zu prägen, ein Denkmal stiften, dass sich stilrichtig dadurch auszeichnet, dass es unabhängig von der anthropozentrischen Wahrnehmung des Menschen dort aufgestellt IST, wo niemals jemand hinsehen kann.

Kostet uns höchstens ein müdes Lächeln.

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#1617 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » Sa 12. Okt 2019, 21:34

Claymore hat geschrieben:
Sa 12. Okt 2019, 20:34
Das ist aber kein Problem, weil man nach closs nicht mal wissen kann, was “authentisch” ist
Richtig. - Man kann hoffen und glauben, dass der eigene Ansatz des Erkennens authentisch zur Wahrheit ist und dies mit Argumenten unterstreichen - aber eine Garantie ist das nicht. - Das seid Ihr elenden Anthropozentristen nicht gewohnt - wahrscheinlich erschreckt es Euch sogar.
Andreas hat geschrieben:
Sa 12. Okt 2019, 21:11
Was bleibt uns noch zu tun, mit unseren bescheidenen Mitteln?
"Es gibt kein Unrecht als den Widerspruch mit sich selbst" (Schiller) - insofern muss man nur dem treu bleiben, was man in seiner Erkenntnis ist.

 

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Andreas
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#1618 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Andreas » Sa 12. Okt 2019, 22:07

closs hat geschrieben:
Sa 12. Okt 2019, 21:34
"Es gibt kein Unrecht als den Widerspruch mit sich selbst" (Schiller)
Pfui. Das ist ja Anthropozentrismus pur!

Zur Einweihung deines Denkmals hier die angemessene Laudatio.



Kann geringe Spuren Anthropozentrismus enthalten.

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#1619 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » Sa 12. Okt 2019, 22:43

Andreas hat geschrieben:
Sa 12. Okt 2019, 22:07
Pfui. Das ist ja Anthropozentrismus pur!
Das war doch eine Ermutigung für DICH. - Das ist dann doch kein Schimpfwort.
 

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#1620 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Claymore » So 13. Okt 2019, 01:04

closs hat geschrieben:
Sa 12. Okt 2019, 21:34
Richtig. - Man kann hoffen und glauben, dass der eigene Ansatz des Erkennens authentisch zur Wahrheit ist und dies mit Argumenten unterstreichen - aber eine Garantie ist das nicht. - Das seid Ihr elenden Anthropozentristen nicht gewohnt - wahrscheinlich erschreckt es Euch sogar.
Ja ne. Wenn man einer extremen philosophischen Überzeugung anhängt, und diese nicht selektiv anwendet, dann wird man entweder zum Heiligen, Verrückten oder Pragmatiker. Wenn man sie dagegen selektiv anwendet, dann ist das intellektueller Schindluder der übelsten Sorte. Und genau letzteres ist bei dir das Problem. Wobei mich das nicht erschreckt und ich es sogar gewohnt bin.

Denn das “authentisch” kam ja ursprünglich nur als dein Ersatz-Kriterium für “nachgewiesen” oder “wahr”; also in dem Sinne, dass du ja irgendein Qualitätskriterium doch schon haben wolltest um unterschiedliche Argumentationen zu bewerten. Die Preisschrift Schopenhauers Ueber die Freiheit des menschlichen Willens (wo er gegen den freien Willen argumentiert) muss man irgendwie abgrenzen von einer hingerotzten 1-Satz “Erörterung” eines vorlauten Schülers:

“Es gibt doch freien Willen weil wenn ich den Arm heb, dann kann ich das machen.”

Ist sich nicht jeder darüber einig, auch jeder Verfechter des freien Willens, dass Schopenhauers Schrift in irgendeiner Form dem 1-Satz “Erörterung” überlegen ist? Das wirkt erst mal plausibel und es ermöglicht einem unabhängig von der tatsächlichen Wahrheit dieser hoch-vertrackten philosophischen These, ob denn nun Schopenhauer oder der Schüler recht hat, Schopenhauer als einen großen Philosophen zu feiern und dem Schüler die wohlverdiente 6 zu geben.

Ansonsten würde es sich doch mit allen Bereichen so verhalten wie mit man es (vielleicht) von der Kunst halten könnte: Es ist sicher ein wenig extrem zu behaupten, dass Thomas Kinkade unter keinem Aspekt ein besserer oder schlechterer Künstler ist als Albrecht Dürer. Aber insgesamt ist es ok, das kann man schlucken.

Bei der Wissenschaft hast du die praktische (technische) Anwendbarkeit Ersatz-Kriterium geliefert. Denn die Meinung, dass die Chemie der Alchemie unter KEINEM Aspekt objektiv überlegen ist, das ist so dermaßen absurd, das schluckt nun wirklich niemand mehr.

Das Problem ist: der Radikalskeptizismus ist so zersetzend, dass er auch die Ersatz-Kriterien zersetzt. Denn es könnte Einbildung sein, dass eine Lithium-Batterie tatsächlich funktioniert und Einbildung, dass die Alchemisten kein Blei in Gold verwandeln können. Es könnte bloße Voreingenommenheit sein zu meinen, dass Schopenhauer tiefer denkt und besser argumentiert als der vorlaute Schüler, welcher hier vielleicht genial eine tiefe Einsicht in einen einzigen brillanten Satz packt.

Aber hey: It’s not a bug, it’s a feature!

Das lustige Spiel mit den Ersatz-Kriterien, den Ersatz-Ersatz-Kriterien, den Ersatz-Ersatz-Ersatz-Kriterien etc. – genau das ist der intellektuelle Schindluder, den du andauernd treibst. Letztlich lässt sich jede deiner Argumentationen darauf zurückführen. Von “wahr” zu “methodisch wahr” zu (denn auch in der Alchemie könnte was methodisch wahr sein) “praktisch anwendbar” oder zu “authentisch”, usw.

Das “richtige” Ersatz-Ersatz-…-Kriterium legst du dir je nach Argumentation passend zurecht. Mal so, mal so. Mal ist es das Ersatz-Kriterium, mal willst du davon nichts mehr wissen und verwendest das Ersatz-Ersatz-Kriterium. Wie es gerade passt, um die Debatte auf die Meta-Ebene zu ziehen, wo du den Leuten das Gehirn aus dem Schädel quatschen kannst – wobei du natürlich immer schön versuchst, nicht offensichtlich absurd zu wirken.

Vernebeln, vernebeln, vernebeln … damit bloß keiner merkt, dass, dein System zu Ende gedacht, sich Millionen von groteskesten und unappetitlichsten Folgerungen ergeben: Der Holocaust-Leugner sagt unter KEINEM objektiven Aspekt etwas, das hinter der Aussage eines Holocaust-Überlebenden zurücksteht.

Ja, lustig. Aber auch irgendwie traurig.

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