Was wollte Descartes?

Philosophisches zum Nachdenken
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Andreas
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#31 Re: Was wollte Descartes?

Beitrag von Andreas » So 6. Okt 2019, 12:45

Thaddaeus hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 09:30
Andreas hat geschrieben:
Sa 5. Okt 2019, 14:43
[...]
Der böse Dämon muss Descartes nicht mal erschaffen, weil Descartes nur in der Vorstellung des bösen Dämons existieren könnte, und dieser sich selbst den Descartes nur aus-denkt, so wie Descartes sich den bösen Dämon aus-denkt oder sich Gott aus-denkt.
Dann würde er ihn ebenfalls erschaffen!
Wieso denn das? Der Dämon und Gott die sich Descartes lediglich aus-denkt sind doch auch keine Subjekte, die sagen könnten "Ich zweifle, also bin ich." Descartes denkt sich das Sein als ein dualistisches Sein, welches einerseits das denkende Sein und andererseits das ausgedehnte Sein sein soll.

Sein Ziel dabei ist doch, dem ausgedehnten Sein Vertrauen schenken zu können. Alles andere denkende Sein, sei es andere Menschen, Dämonen oder Gott, ist ihm nur durch die Wahrnehmung ausgedehnten Seins bekannt - selbst sein eigenes Denken, sein Ich kann er sich nur so erdacht haben, dass er sich als ein anderes ausgedehntes Sein (Person) als andere ausgedehnte Seins wahrgenommen hat. Diese Denkleistung aufgrund von Wahrnehmung (Lernen) hat jedes kleine Kind erbracht, wenn kapiert hat, dass es Ich ist.

Die Theory of Mind beruht ja genau darauf, dass sich ein ausgedehntes Sein darüber bewusst ist, dass sich in einem anderen ausgedehnten Sein, ein Gleiches denkendes Sein abspielt, wie in ihm selbst. Das aber ist, bei nur vorgestellten denkenden Seins wie Dämonen und Göttern nicht der Fall, und auch nicht umgekehrt, wenn der Dämon sich einen Descartes aus-denkt, der nur angeblich "Ich zweifle, also bin ich" denkt und nicht wirklich, weil es dann der Dämon ist der "für" einen Descartes denkt, den es gar nicht gibt. Sowenig der Dämon oder Gott denken "Ich denke, also bin ich" nur weil wir uns Gott aus-denken. Dass Descartes sich andere denkende Seis aus-denkt, erschafft doch noch lange kein Sein und aus-gedachtes Sein kann auch kein Sein erschaffen.

In dem internen denkenden Sein funktioniert dieser "Beweis" selbst-verständlich, dass das denkende Sein ein Sein ist - aber es funktioniert nicht, um andere denkende Seins zu beweisen, oder das ausgedehnte Sein, anzuzweifeln, weil dieses immer untrennbar mit dem denkenden Sein verbunden ist, da es dessen Voraussetzung darstellt, und das "Ich" nichts anderes ist, als eine wahrgenommene Unterschiedlichkeit ausgedehnten Seins. Damit muss die Prämisse logisch falsch sein und kann nichts Vernünftiges nach sich ziehen.

Thaddaeus hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 09:30
Es geht ja nicht anders! Um ein Subjekt vollständig täuschen zu können, muss ein Subjekt vorhanden sein, welches zu zweifeln vermag.
Ein aus-gedachtes Subjekt hat doch kein Sein, ist doch kein anderes cogitans. Es ist höchstens ein gedankliches Objekt dessen, der sich das aus-denkt. Dieses Aus-gedachte kann gar nicht "Ich zweifle, also bin ich denken" weil es gar nicht existiert, weder der Kategorie ausgedehntes Sein noch denkendes Sein angehört. Ein Aus-gedachtes Sein wie der Dämon oder Gott können auch kein anderes Sein erschaffen, weder ein denkendes noch ein ausgedehntes, weil auch mein Denken das nicht kann.

Aus diesen Gründen ist auch das Mist, was closs dauernd behauptet, nämlich, dass das Sein von der Wahrnehmung unabhängig sei, weil alles Sein das wir kennen, ein schon einmal wahrgenommenes Sein ist. Alles andere sind Luftschlösser.
Zuletzt geändert von Andreas am So 6. Okt 2019, 12:53, insgesamt 1-mal geändert.

JackSparrow
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#32 Re: Was wollte Descartes?

Beitrag von JackSparrow » So 6. Okt 2019, 12:52

closs hat geschrieben:
Sa 5. Okt 2019, 22:51
Ist eigentlich schon mal jemand draufgekommen, dass Descartes von "bösem Geist" deshalb spricht, weil er nicht "böser Gott" sagen will, weil dies für die damalige Zeit zu blasphemisch klänge?
Wenn jemand dem Herrn Descartes eine Welt vorspielt, in der er erfolgreich überleben kann und wo man ihn für einen berühmten Philosophen hält, ist das wohl kaum "böse". Was hätte sich Descartes von einem Gott noch wünschen können? 72 Jungfrauen?


Thaddaeus hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 09:30
In meinen Augen ist die Logik des Descarteschen Beweises des Cogito elementar simpel: Ich zweifle radikal an allem ist mein unabweisbarer, phänomenaler Bewusstseinsinhalt als zweifelndes Denken.
Dieser sogenannte "Bewusstseinsinhalt" ist ein Produkt des Denkens. Ergo folgerst du die Existenz eines Produktes des Denkens aus der Existenz eines weiteren Produktes des Denkens.

Claymore
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#33 Re: Was wollte Descartes?

Beitrag von Claymore » So 6. Okt 2019, 13:10

closs hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 01:20
Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 00:21
Die Einzelzitate bringe ich als Belege, damit du mal nachdenkst ob das, was du dir über Descartes zusammengereimt hast, korrekt ist.
Diese Position hast Du nicht. - Ich möchte zu Deinen Gunsten annehmen, dass Du nicht verstehst, was ich sage - das nehme ich teilweise auf mich.
Es kann mittlerweile sein, dass ich deine Posts nicht mehr so genau durchlese, weil du in die Top 5 der schlimmsten Fälle von Dunning-Kruger und Psycho-Manipulation, die mir je begegnet sind, kommst.
Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 00:21
Wobei, wenn ich Einzelzitate nicht gebracht hätte, dann würdest du immer noch meinen, dass sich Descartes nie Gedanken darüber gemacht hat, dass auch die Logik oder die Mathematik bezweifelbar sind. Und wüsstest nichts von Descartes’s Gottesbeweis.
1) Descartes hat ALLES außer dem "Cogito" in seinem METHODISCHEN (!!!!) Radikal-Skeptizismus angezweifelt.
2) Der "Gottesbeweis" ist in Wirklichkeit eine glaubens-hermeneutische Folge ("Voraussetzung - Behauptung - Beweis). - Deshalb habe ich immer von "Glaube" gesprochen.
Du musst nicht dem zustimmen, was ich sage, aber Du solltest es wenigstens verstanden haben, bevor Du es scheinbar-überlegen in eine Dir genehme Ecke stellst. --- Missverstehe meine ritterliche Zurückhaltung nicht als Schwäche.
Deine formale Höflichkeit, bei gleichzeitig kompletter Respektlosigkeit, ist Teil deines Spiels durch Zermürbung hier den “Sieg” davon zu tragen.

Am Anfang wusstest du davon nix vom Bezweifeln der Logik/Mathematik und dem Gottesbeweis Descartes’s, Punkt 1) und 2) hast du dir danach ausgedacht um doch recht behalten zu können. Die Zitate suche ich dir jetzt nicht zusammen, weil es eh nichts bringt.
Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 00:21
Er war wider Willen der “Aufgeklärte dagegen”, da ihn die Kirche auf den Index setzte und seine Bücher in Frankreich verboten wurden. Natürlich hat er alles versucht, eine Synthese zwischen Rationalismus und Christentum zu schaffen.
Das war bei Hegel ähnlich. --- Meine Aussage war, dass er heute gerne in dieser Funktion "Aufgeklärter dagegen" rezipiert wird, mithin seine eigentliche christliche Grundhaltung ignoriert wird.
Ich weiß nicht wer ihn so interpretiert. Die einzigen Belege sind deine höchstwahrscheinlich erfunden Schwänke.
Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 00:21
Benno’s Glaubensentscheid
Von Benno habe ich nicht gesprochen.
Jetzt nicht, aber vorher die ganze Zeit. In dem KI-Thread verwirrst du die Leute nun mit der Doppeldeutigkeit des Begriffs “Naturrecht”, wo das katholische auf dem Gedanken der aristotelisch-thomistischen Teleologie basiert, im Gegensatz zum Naturrecht der Aufklärung, ein Produkt der menschlichen Vernunft.
Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 00:21
Die Aufklärung war sicherlich nicht in ihrer Gesamtheit anti-christlich, jedoch eindeutig anti-katholisch, von Anfang an!
Das war insofern kein Kunststück, dass die Kirche damals eine konservative weltliche Macht war und in ihrem Auftreten ganz sicher nicht spirituell sauber war - da wäre ich auch "anti" gewesen.
Anstatt einmal nachzudenken, warum sich die Kirche damals nicht mit Descartes arrangieren konnte, warum der grundsätzlich ihren Dogmen widersprach!
Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 00:21
Es wäre nur 1% so absurd und nur 0,1% so lächerlich, wenn du hier protestantisches Christentum und Aufklärung zusammenbringen wolltest
Wie kommst Du auf eine Diskussion "katholisch - evangelisch". - Ich meine, die ganze Zeit von "christlich" gesprochen zu haben. --- Mir geht es um philosophische Grundfragen.
Mannomann. Weil du es sonst immer zusammenbringen wolltest. Ich sage nur: Glaubensentscheid.
Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 00:21
Das ist der Härtegrad deiner anachronistischen Denkweisen – wo man Katholizismus mit der Aufklärung zusammenbringen kann.
Siehst Du: Das ist wieder mal ein "gutes" Beispiel für Deine Unredlichkeit: Du bringst hier ein neues Thema rein, das mit mir überhaupt nichts zu tun hat, und ziehst mich da rein. --- Vollkommen daneben.
“Glaubensentscheid” :!:
Ich spreche die ganze Zeit davon, dass Descartes die Notwendigkeit erkannt hat, dem, was man heute "Naturwissenschaft" nennt, eine spirituelle Grundlage zu geben - und habe dies mit heute verglichen, wo diese Notwendigkeit nicht mehr erkannt wird, weil man da aufhört zu denken, wo das Physikalische aufhört. - Damit verbunden ist die Frage: Wer ist/war philosophisch weiter/tiefer?
Das ist unverständliches Geschwurbel. Offensichtlich kann auch ein Atheist Naturwissenschaft betreiben. Und wenn der von radikalem Zweifel überfallen wird, dann kann ihm Descartes nicht helfen, da nach deiner Behauptung sein Gottesbeweis auch wieder bezweifelbare Vorannahmen braucht.

Wenn du damit meinst: Descartes wollte scheinbare Grundlagen der Naturwissenschaft schaffen (scheinbar, weil er damit seine selbst gestellten Fragen und Probleme gar nicht wirklich lösen konnte) und ein abstrakter Gott kommt darin vor …… ja, wenn man es so versteht, dann hat Descartes der Naturwissenschaft eine “spirituelle Grundlage” gegeben.
Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 00:21
Aber dennoch hat er eine Trennung zwischen der eigentlichen Religion, die ja nur durch göttliche Offenbarung über einen rein philosophischen Theismus hinausgeht, und seinem rationalistischem System gezogen.
Natürlich - eben deswegen, weil er auf Grund seines "Beweises"/Postulats/Glaubens eines "wohlwollenden Gottes" Vertrauen in solche rationalistische Systeme haben konnte. - Er konnte sich somit sozusagen auf sich und sein Denken verlassen, das zur Errichtung solcher Systeme fähig war.
Es ist mir einfach unklar, wie man das “spirituell” nennen kann. Du setzt die Messlatte so dermaßen tief legt, dass man sagt “Gott kommt vor / man beruft sich auf Gott = spirituell!”. Dann ist aber ein 1-Dollar-Schein schon spirituell und du darfst nun daherlabern, dass die amerikanische Zentralbank hier dem Geldsystem eine spirituelle Grundlage geben wollte.

Es ist mir genauso komplett unklar, wieso ein System, das sich die Welt als materialistisch-mechanistisches Uhrwerk vorstellt, spirituell sein soll. Und dass Descartes das so sieht folgt notwendig aus dem Rest seiner Philosophie, auch wenn du das nicht kapierst.
Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 00:21
Philosophisch an den abstrakten Gott zu glauben, das ist reine Vernunft-Sache.
Auch das sieht man heute anders - heute gälte so etwas als unvernünftig. - Heute deutet man solche Gott-Affinitäten seitens Decartes unter dem Aspekt der Nachsicht - schließlich könne man von einem Menschen nicht gleich ALLE Aufklärung erwarten.
Und wer sagt das? Wieder jemand aus deinen Schwänken? Welcher Philosophie-Historiker meint denn, dass der unbedingte Glaube an die menschliche Vernunft in der Aufklärung nicht in einem engen Zusammenhang mit einem philosophischen Theismus stand?

Es wäre natürlich schön zu wissen, ob Descartes zu den exakt gleichen Schlüssen gekommen wäre, wenn es in seiner Zeit mehr Meinungsfreiheit gegeben hätte. Wer heute aus dem Konsens ausschert wird von seinen Kollegen beschimpft, aber seine Bücher werden nicht verboten.
Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 00:21
Warum seiner Zeit? Er schreibt doch klar: Vedanta.
Du meinst also, wenn er schreibt "Die neuere Philosophie, als eine erkenntnistheoretische Skepsis, ist, versteckt oder offen, antichristlich: obschon, für feinere Ohren gesagt, keineswegs antireligiös", könne man meine Frage "WELCHE neuere Philosophie?" mit "Vedanta" beantworten?
Dann nimm das andere Ende des Abschnitts: Kant (und Vorläufer). Also: Idealismus.

closs
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#34 Re: Was wollte Descartes?

Beitrag von closs » So 6. Okt 2019, 14:01

JackSparrow hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 12:52
Dieser sogenannte "Bewusstseinsinhalt" ist ein Produkt des Denkens.
Oder ein Erkennen des Denkens. - Das ist nicht dasselbe.

Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 13:10
Es kann mittlerweile sein, dass ich deine Posts nicht mehr so genau durchlese, weil du in die Top 5 der schlimmsten Fälle von Dunning-Kruger und Psycho-Manipulation, die mir je begegnet sind, kommst.
Hohoho :) . - Was man nicht alles tut, wenn man nicht zurecht kommt ...

Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 13:10
Punkt 1) und 2) hast du dir danach ausgedacht um doch recht behalten zu können.
Nee, nicht ganz. ---- Darüber haben wir eigentlich schon vorher gesprochen und da habe ich sicherlich substantiell nichts anderes gesagt.

Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 13:10
In dem KI-Thread verwirrst du die Leute nun mit der Doppeldeutigkeit des Begriffs “Naturrecht”, wo das katholische auf dem Gedanken der aristotelisch-thomistischen Teleologie basiert, im Gegensatz zum Naturrecht der Aufklärung, ein Produkt der menschlichen Vernunft.
Wieso verwirren? - Ist das nicht Aufklärung?

Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 13:10
Anstatt einmal nachzudenken, warum sich die Kirche damals nicht mit Descartes arrangieren konnte, warum der grundsätzlich ihren Dogmen widersprach!
Da bin ich jetzt konkret nicht fit: Hat Descartes expressis verbis den Dogmen widersprochen?

Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 13:10
Weil du es sonst immer zusammenbringen wolltest. Ich sage nur: Glaubensentscheid.
Da geht irgendwas durcheinander - ist mir jetzt zu anstrengend.

Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 13:10
Offensichtlich kann auch ein Atheist Naturwissenschaft betreiben.
Ähm - natürlich kann er das. - Naturwissenschaft muss sogar methodisch atheistisch vorgehen. --- Bei Descartes geht es um die Grundlagen der Naturwissenschaft, also das Vorher. - Das Vorher ist nicht Gegenstand der Naturwissenschaft selbst.

Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 13:10
Und wenn der von radikalem Zweifel überfallen wird, dann kann ihm Descartes nicht helfen
Ein Naturwissenschaftler kann in dieser Eigenschaft überhaupt nicht von radikalen Zweifeln überfallen werden - das ist eine spirituelle Sache, die in der Naturwissenschaft nichts zu suchen hat.

Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 13:10
Descartes wollte scheinbare Grundlagen der Naturwissenschaft schaffen (scheinbar, weil er damit seine selbst gestellten Fragen und Probleme gar nicht wirklich lösen konnte)
Per Beweis ging das wirklich nicht - deswegen sage ich doch von Anfang an, dass er diese Frage per Glauben gelöst hat.

Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 13:10
Das ist unverständliches Geschwurbel.
Wäre aber wichtig.

Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 13:10
Welcher Philosophie-Historiker meint denn, dass der unbedingte Glaube an die menschliche Vernunft in der Aufklärung nicht in einem engen Zusammenhang mit einem philosophischen Theismus stand?
Anders: Man sagt, dass die Aufklärung sich nach und nach entwickelte und sich somit nicht mit einem Schlag vom philosophischen Theismus lösen könnte - dahinter steht: Als man diese Fesseln komplett abgestreift hat, war man GANZ aufgeklärt. --- Kennst Du andere Auffassungen der letzten 50 Jahre?

Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 13:10
Es ist mir einfach unklar, wie man das “spirituell” nennen kann. Du setzt die Messlatte so dermaßen tief legt, dass man sagt “Gott kommt vor / man beruft sich auf Gott = spirituell!”. Dann ist aber ein 1-Dollar-Schein schon spirituell und du darfst nun daherlabern, dass die amerikanische Zentralbank hier dem Geldsystem eine spirituelle Grundlage geben wollte.
Bravo. :lol: --- Nein, spirituell ist, wenn man authentisch zu Gott sein will. - Wenn die Dortmunder im Stadion gerufen haben "Kohler ist ein Fußball-Gott", ist das NICHT spirituell.

Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 13:10
Es ist mir genauso komplett unklar, wieso ein System, das sich die Welt als materialistisch-mechanistisches Uhrwerk vorstellt, spirituell sein soll.
Das ist aber wichtig zu verstehen. - Der Uhrwerkgedanke entsteht doch gerade daraus, dass hinter ihm ein geistiger Wille steht, der es autonom laufen lässt. - Das Uhrwerk selber ist natürlich nicht spirituell, aber der Grund für seine Existenz ist spiritueller Natur - dachte nach meinem Verständnis Descartes - und ebenfalls Hume & Co. ---- Das sieht man heute anders.

Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 13:10
Es wäre natürlich schön zu wissen, ob Descartes zu den exakt gleichen Schlüssen gekommen wäre, wenn es in seiner Zeit mehr Meinungsfreiheit gegeben hätte.
Wissen wir nicht. - Ich denke, dass so grundlegende philosophische Fragen nicht viel anders beantwortet werden können, nur weil es Meinungsfreiheit gibt.

Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 13:10
Wer heute aus dem Konsens ausschert wird von seinen Kollegen beschimpft, aber seine Bücher werden nicht verboten.
Stimmt - das geht heute anders. - Da findet man halt keinen Verleger, wenn man nicht viel Eigenmittel hat. ;)

Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 13:10
Dann nimm das andere Ende des Abschnitts: Kant (und Vorläufer). Also: Idealismus.
Wenn Nietzsche mit "neuerer Philosophie" Kant meint (und keine zeitgenössische) kann ich ihm folgen - es war Kant, der in seinem Spätwerk sinngemäß gesagt hat, dass er die Vernuft an ihr Ende treiben musste, um Platz für den Glauben zu haben.

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Andreas
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#35 Re: Was wollte Descartes?

Beitrag von Andreas » So 6. Okt 2019, 14:21

Was ich mit Theory of Mind ganz konkret meine, kann man hier https://youtu.be/OIzWc90fZrQ?t=2651 gut dargestellt an dem Beispiel "Schimpansenschach" nachvollziehen, welches nicht ohne vorausgegangene Wahrnehmung des ausgedehnten Seins möglich ist. Und erst danach, kann man überhaupt auf ein Konzept des cogitans, des denkenden Seins kommen.

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Thaddaeus
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#36 Re: Was wollte Descartes?

Beitrag von Thaddaeus » So 6. Okt 2019, 15:23

Andreas hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 12:45
Wieso denn das?
Versuche einmal alles, was du über Descartes, über res extensa und cogitans und theory of mind u.ä. weißt, zu vergessen. Das ist zwar nicht möglich, aber mach es trotzdem und lasse dich auf Descartes Gedankenexperiment ein.

Du sitzt also in einem Lehnstuhl vor einem behaglichen Feuer am Kamin und überlegst dir, was eigentlich dabei herauskommt, wenn du versuchst, an allem zu zweifeln.
Dazu gibt es berechtigten Anlass, denn du erinnerst dich, wie du schon manches Mal durch deine Sinne getäuscht wurdest, wie du dachtest und dir fast sicher warst, dies oder das zu sehen oder zu hören, - aber so war es gar nicht. Und du erinnerst dich, wie du im Traum dachtest, es sei ganz genau so, wie geträumt, und im Traum kam es dir real vor, doch am Ende musstest du feststellen, es war nur ein Traum.
Und so kommst du zu dem Schluss, dass alles, was du über deine Sinne von der Außenwelt und über sie weißt, - falsch sein könnte. Und das es überhaupt so sein könnte, dass du beständig träumst.

Doch wie sieht es mit anderem Wissen, mit anderen Ideen aus, von denen du immer dachtest, sie seien unbezweifelbar wahr, da diese Wahrheit dir doch klar und deutlich vor Augen steht? Wie sieht es aus mit den Wahrheiten der Mathematik, den wahren Lehrsätzen der Geometrie und den Berechnungen in der Arithmetik? Könnte die Innenwinkelsumme des Dreiecks auch anders als 180° sein und könnte bei der Addition von 5+7 auch etwas anderes das Ergebnis sein als 12? Dem ersten Anschein nach sieht es so aus, als könne ich mich zumindest über diese klaren und deutlichen Wahrheiten nicht täuschen.

Aber was, wenn es einen Dämon gäbe, der dir nur vorgaukelte, die Addition von 5+7 sei 12 und die Innenwinkelsumme im Dreieck 180°?
Und so kommst du zu dem Schluss, dass dich ein bösartiger Dämon selbst darüber täuschen könnte, was dir so klar und deutlich und vermeintlich unbezweifelbar vor Augen steht, wie die mathematischen Wahrheiten.

Wenn der Dämon dich über alles, was du sicher zu glauben meintest täuschen kann, kann er dich dann auch darüber täuschen, dass DU es bist, der sich gerade diese Frage stellt? Da auch dein Körper eine ausgedehnte Sache ist und du über sein Aussehen nur über deine Sinne weißt, kannst du dich hierüber jederzeit täuschen - und du könntest ein ganz anderes Aussehen haben, als es dir der Spiegel zeigt.
Aber kannst du dich darüber täuschen, dass es genau dieser Gedanke ist, den du grade denkst?

Könnte dich ein bösartiger Dämon also darüber täuschen, dass du genau in diesem Augenblick den Gedanken denkst - ob dir ein bösartiger Dämon den Gedanken nur vorgaukelt, dass ein bösartiger Dämon dich in diesem Augenblick gerade täuscht?

Nein!
Über diesen radikalsten aller zweifelnden Gedanken kann dich kein Dämon im Augenblick seines Gedachtwerdens - und sei der Dämon noch so bösartig - täuschen! Im Augenblick des Denkens dieses Gedankens musst DU als Denkendes existieren (denn existiertest du nicht, könntest du es nicht denken und wissen, dass du es denkst).

Genau diese "denkende Sache" ist die res cogitans und die braucht (nach Descartes) keinen Körper und sie ist auch nicht ausgedehnt (wie die res extensa).


Und jetzt gehen wir noch einen radikalisierenden Schritt über Descartes hinaus.

Was könnte ein böser Dämon versuchen, um mich auch noch über: "Ich denke den radikalen Zweifel, also muss ich als Denkendes dieses Zweifelns existieren" täuschen zu können?
Er könnte sich mich als Denkendes lediglich vorgestellt haben. Er könnte sich mich in seiner bloßen Vorstellung erschaffen haben. Aber er muss mich dabei erschaffen in einer Weise, in der ich den Zweifel denken kann (er muss mich erschaffen als Denkenden des Zweifels, den er täuschen kann!).

Er müsste sich mich dabei als ein Denkendes vorstellen und dabei (irgendwie) erschaffen, das den radikalen Zweifel SELBST zu denken vermag.
In meiner Existenz hänge ich vollständig von dem Dämon ab, und wenn der Dämon aufhört, sich mich als ein Denkendes in seiner Vorstellung zu erschaffen, höre ich auf zu existieren.

Aber in dem Augenblick, in dem ich vom Dämon als den Zweifel denken Könnendes den obigen (rot gesetzten) radikalen Zweifel denke und mir gleichzeitig darüber bewusst bin, dass ich ihn denke, EXISTIERE ICH als diesen Gedanken denkendes Seiendes. Und bin nicht ICH es, täuscht der Dämon sich in diesem Szenario lediglich SELBST.

Claymore
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#37 Re: Was wollte Descartes?

Beitrag von Claymore » So 6. Okt 2019, 15:38

closs hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 14:01
Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 13:10
Es kann mittlerweile sein, dass ich deine Posts nicht mehr so genau durchlese, weil du in die Top 5 der schlimmsten Fälle von Dunning-Kruger und Psycho-Manipulation, die mir je begegnet sind, kommst.
Hohoho :) . - Was man nicht alles tut, wenn man nicht zurecht kommt ...
Wer kommt denn mit dir zurecht? Nur irgendwelche Gestalten aus deinen Schwänken.
Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 13:10
Anstatt einmal nachzudenken, warum sich die Kirche damals nicht mit Descartes arrangieren konnte, warum der grundsätzlich ihren Dogmen widersprach!
Da bin ich jetzt konkret nicht fit: Hat Descartes expressis verbis den Dogmen widersprochen?
Ja, hat er. Weil er den ganzen Scholastischen Unterbau abgelehnt hat.

Lustig, die englische Wikipedia:
Wikipedia: “René Descartes” hat geschrieben:In shifting the debate from "what is true" to "of what can I be certain?," Descartes arguably shifted the authoritative guarantor of truth from God to humanity (even though Descartes himself claimed he received his visions from God)—while the traditional concept of "truth" implies an external authority, "certainty" instead relies on the judgment of the individual.

In an anthropocentric revolution, the human being is now raised to the level of a subject, an agent, an emancipated being equipped with autonomous reason. This was a revolutionary step that established the basis of modernity, the repercussions of which are still being felt: the emancipation of humanity from Christian revelational truth and Church doctrine; humanity making its own law and taking its own stand
Descartes = anthropozentrische Revolution. Na sowas.
Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 13:10
Offensichtlich kann auch ein Atheist Naturwissenschaft betreiben.
Ähm - natürlich kann er das. - Naturwissenschaft muss sogar methodisch atheistisch vorgehen. --- Bei Descartes geht es um die Grundlagen der Naturwissenschaft, also das Vorher. - Das Vorher ist nicht Gegenstand der Naturwissenschaft selbst.

Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 13:10
Und wenn der von radikalem Zweifel überfallen wird, dann kann ihm Descartes nicht helfen
Ein Naturwissenschaftler kann in dieser Eigenschaft überhaupt nicht von radikalen Zweifeln überfallen werden - das ist eine spirituelle Sache, die in der Naturwissenschaft nichts zu suchen hat.
Häh? Ein Atheist kann von radikalen Zweifeln überfallen werden. Darum ging es.
Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 13:10
Descartes wollte scheinbare Grundlagen der Naturwissenschaft schaffen (scheinbar, weil er damit seine selbst gestellten Fragen und Probleme gar nicht wirklich lösen konnte)
Per Beweis ging das wirklich nicht - deswegen sage ich doch von Anfang an, dass er diese Frage per Glauben gelöst hat.
Muss ich denn in jeden Halbsatz “deiner Meinung nach” einfügen?

Nochmal:
  1. Descartes hat einen Gottesbeweis verfasst.
  2. Dieser ist deiner Meinung nach fehlerhaft in folgendem Sinne: er beruht auf Vorannahmen, die selbst wieder bezweifelbar sind.

    Obwohl Descartes das explizit nicht so gesehen hat.
  3. Daher irrte Descartes (unter deinen Voraussetzungen).
  4. Diesen Irrtum beschreibst du mit: “Er hat diese Frage mit Glauben gelöst”.

Ich akzeptiere nicht, dass man mit einem Irrtum eine Frage durch Glauben löst. Ist denn das so schwer zu verstehen?
Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 13:10
Welcher Philosophie-Historiker meint denn, dass der unbedingte Glaube an die menschliche Vernunft in der Aufklärung nicht in einem engen Zusammenhang mit einem philosophischen Theismus stand?
Anders: Man sagt, dass die Aufklärung sich nach und nach entwickelte und sich somit nicht mit einem Schlag vom philosophischen Theismus lösen könnte - dahinter steht: Als man diese Fesseln komplett abgestreift hat, war man GANZ aufgeklärt. --- Kennst Du andere Auffassungen der letzten 50 Jahre?
Ich kenne deine Auffassung überhaupt nicht. Ich habe sie noch nie von einem Profi gehört. Die Auffassung, die ich kenne ist, dass zwar der Atheismus zum ersten mal in der Epoche der Aufklärung vereinzelt auftritt und damit gewisse Popularität erreicht (Hume, d'Holbach, de Sade). Aber dass der Atheismus wirklich erst zum breiten Phänomen wurde, als die Epoche der Aufklärung rum ist; als sich bereits wieder Skepsis gegenüber der menschlichen Vernunft breit macht. Feuerbach, Comte, Marx, Nietzsche, Stirner, Russell, Freud, Sartre usw. die gehören alle mit Garantie nicht zur Epoche der Aufklärung.
Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 13:10
Es ist mir einfach unklar, wie man das “spirituell” nennen kann. Du setzt die Messlatte so dermaßen tief legt, dass man sagt “Gott kommt vor / man beruft sich auf Gott = spirituell!”. Dann ist aber ein 1-Dollar-Schein schon spirituell und du darfst nun daherlabern, dass die amerikanische Zentralbank hier dem Geldsystem eine spirituelle Grundlage geben wollte.
Bravo. :lol: --- Nein, spirituell ist, wenn man authentisch zu Gott sein will. - Wenn die Dortmunder im Stadion gerufen haben "Kohler ist ein Fußball-Gott", ist das NICHT spirituell.
Es ging mir schon um das Konzept des theistischen Gottes, als allmächtig-allwissend-allgütigem Schöpfer des Universums, nicht um das bloße Wort “Gott”.

Bei “Fußball-Gott” kommt nur das Wort “Gott” vor.

Deine Manipulationstaktiken nerven!

Und deine Definition von “spirituell” ist aberwitzig. Woher willst du denn wissen, dass man nicht authentisch zu Gott sein wollte, als man “In God we trust” auf die 1-Dollar-Note druckte?

Mannomannomann.
Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 13:10
Es ist mir genauso komplett unklar, wieso ein System, das sich die Welt als materialistisch-mechanistisches Uhrwerk vorstellt, spirituell sein soll.
Das ist aber wichtig zu verstehen. - Der Uhrwerkgedanke entsteht doch gerade daraus, dass hinter ihm ein geistiger Wille steht, der es autonom laufen lässt. - Das Uhrwerk selber ist natürlich nicht spirituell, aber der Grund für seine Existenz ist spiritueller Natur - dachte nach meinem Verständnis Descartes - und ebenfalls Hume & Co. ---- Das sieht man heute anders.
Nein, daran hat Hume sicherlich nicht geglaubt, der war Atheist oder Agnostiker. Aber von dir ist man ja schon einiges gewohnt.

Und das Problem am Uhrwerk ist, dass es in Richtung Deismus (typisch für die Aufklärung) geht. Es widerspricht dem klassischen Gedanken, dass Gott die Welt in jedem Moment erhält.
Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 13:10
Es wäre natürlich schön zu wissen, ob Descartes zu den exakt gleichen Schlüssen gekommen wäre, wenn es in seiner Zeit mehr Meinungsfreiheit gegeben hätte.
Wissen wir nicht. - Ich denke, dass so grundlegende philosophische Fragen nicht viel anders beantwortet werden können, nur weil es Meinungsfreiheit gibt.
Ja, wir wissen es nicht. Habe ich ja geschrieben. Deine Meinung bleibt Mutmaßung, man kann auch das Gegenteil annehmen.
Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 13:10
Wer heute aus dem Konsens ausschert wird von seinen Kollegen beschimpft, aber seine Bücher werden nicht verboten.
Stimmt - das geht heute anders. - Da findet man halt keinen Verleger, wenn man nicht viel Eigenmittel hat. ;)
Eine Zensur, die von privaten Akteuren ausgeht, so problematisch sie auch ist, erreicht sicherlich niemals das Damoklesschwert des staatlichen Totalverbots.
Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 13:10
Dann nimm das andere Ende des Abschnitts: Kant (und Vorläufer). Also: Idealismus.
Wenn Nietzsche mit "neuerer Philosophie" Kant meint (und keine zeitgenössische) kann ich ihm folgen - es war Kant, der in seinem Spätwerk sinngemäß gesagt hat, dass er die Vernuft an ihr Ende treiben musste, um Platz für den Glauben zu haben.
“Ich mußte das Wissen aufheben, um zum Glauben Platz zu bekommen.”. Das ist das korrekte Zitat. Wenn Descartes schon einfach nur geglaubt hätte, wie du es behauptest, dann ergibt das keinerlei Sinn.

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Andreas
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#38 Re: Was wollte Descartes?

Beitrag von Andreas » So 6. Okt 2019, 15:55

Thaddaeus hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 15:23
Aber in dem Augenblick, in dem ich vom Dämon als den Zweifel denken Könnendes den obigen (rot gesetzten) radikalen Zweifel denke und mir gleichzeitig darüber bewusst bin, dass ich ihn denke, EXISTIERE ICH als diesen Gedanken denkendes Seiendes. Und bin nicht ICH es, täuscht der Dämon sich in diesem Szenario lediglich SELBST.
Der logische Fehler dabei ist, dass der von mir nur aus-gedachte Dämon doch gar nicht existiert, weil er nur ein Objekt meiner Gedanken ist, also kein "echtes" Subjekt. Wie kann er sich dann selbst täuschen? Wenn dem aber doch so wäre, dann hätte ich, der sich diesen Dämon nur aus-gedacht hat, niemals existiert. Das eine denkende Sein annuliert so also das andere denkende Sein mit der logischen Folge, dass es gar kein Sein gäbe, was nicht sein kann.

Thaddaeus hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 09:30
Man braucht auch keine Modallogik. In der kann man allenfalls eindrucksvoll modallogisch formulieren, dass das Cogito sum notwendig wahr ist, weil es in allen möglichen Welten wahr ist, selbst in einer, in der der Zweifelnde nur als Vorstellung im Kopfe eines bösen Dämons existiert für genau die Zeit, die das vorgestellte zweifelnde Subjekt benötigt, um zu erkennen, dass wenn es an allen zweifelt, etwas Zweifelndes da sein muss, an dem man nicht zweifeln kann.
"Alle möglichen Welten" haben aber nicht die Qualität des SEINS, sind keine Tatsachen, keine Fakten sondern nur aus-gedachte Welten, die ledigliche in der Qualität des wörtlich Ausgesprochenen bzw. wörtlich Gedachten ihre Existenz besitzen. Hier bei Descartes sollte aber geklärt werden, was das absolute Sein ist. Bei ihm: A) denkendes Sein und B) ausgedehntes Sein - nicht aber alles mögliche nur aus-gedachte Sein, das kein Sein ist, sondern Ausgedachtes, was weder Kategorie A noch B angehört. Hier fehlt einfach der Faktencheck bei der ganzen Sache. Mögliche Welten, die sich gegenseitig ausschließen, sind keine möglichen Welten, weil eine davon unmöglich sein muss.

Das "echte" Sein zu erkennen, ist es doch, worum es Descartes im Kern geht.

closs
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#39 Re: Was wollte Descartes?

Beitrag von closs » So 6. Okt 2019, 16:19

Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 15:38
Und das Problem am Uhrwerk ist, dass es in Richtung Deismus (typisch für die Aufklärung) geht. Es widerspricht dem klassischen Gedanken, dass Gott die Welt in jedem Moment erhält.
Richtig - deswegen "Uhrwerk". - Aber das Uhrwerk muss irgendwo herkommen.

Hume hat übrigens die "Dialoge über natürliche Religion" geschrieben (am Ende seines Lebens) - da lässt er sehr viel offen. - Atheistisch ist er da gewiss nicht - agnostisch im Sinne von "Ich weiß, dass ich nichts weiß" sicherlich schon (aber für wen gilt das nicht?). - Nee - da urteilst Du zu holterdipolter.

Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 15:38
Wer kommt denn mit dir zurecht?
Leute, die sowohohl philosophisch als auch spirituell gebildet sind (gibt es tatsächlich) - und Leute, die geistigen Instinkt haben, so dass man nicht intellektuell diskutieren muss.

Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 15:38
Ja, hat er. Weil er den ganzen Scholastischen Unterbau abgelehnt hat.
Das ist ja verständlich, aber das nimmt ihm doch nichts von seinem spirituellen Bewusstsein.

Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 15:38
Ein Atheist kann von radikalen Zweifeln überfallen werden. Darum ging es.
Ja, das geht. - Denn auch ein Atheist ist vom Wesen her jemand, der über das Atheistische hinaus angelegt ist. - Das meldet sich halt dann gelegentlich.

Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 15:38
Diesen Irrtum beschreibst du mit: “Er hat diese Frage mit Glauben gelöst”.
Aus heutiger Sicht - ja. - Dass er gemeint hat, er wüsste es, bleibt doch bestehen. ----- Und wie bereits anfangs gesagt: Es ist egal, ob er per "Beweis" von Gott oder per Glauben an Gott arbeitet: Er arbeitet auf Basis Gott. - Auf diese Idee würde eine heutiger "Aufgeklärter" gar nicht mehr kommen, weil sich das Anthropozentrische komplett vom Theozentrischen gelöst hat.

Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 15:38
Feuerbach, Comte, Marx, Nietzsche, Stirner, Russell, Freud, Sartre usw. die gehören alle mit Garantie nicht zur Epoche der Aufklärung.
Moment: Aber die meisten der Genannten (sie einzeln durchzugehen, wäre ein Seminar) fühlen sich in der Tradition der Aufklärung, weil sie den Anthropozentrismus immer weiter treiben. - Feuerbach sagt doch nicht: "Ich vertrete eine Gegenrichtung zur Aufklärung, weshalb ich postulieren, dass Gott eine Einbildung des Menschen ist". - Und Materialismus und Existentialismus sind doch Folgeerscheinungen oder Erscheinungen einer völlig anthropozentrierten Aufklärung und nicht einer spirituellen Sichtweise der Welt - oder siehst Du das anders?

Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 15:38
Und deine Definition von “spirituell” ist aberwitzig. Woher willst du denn wissen, dass man nicht authentisch zu Gott sein wollte
GAR NICHT, Du Hirn. ---- Es ist doch schon eine anthropozentristische Auffassung zu meinen, dass Authentizität nur dann da wäre, wenn man es weiß. - Das kann man nur erschließen, spüren, hoffen. - Es ist für einen Analytischen Philosophen nicht greifbar und deshalb als Option unbeliebt.

Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 15:38
Deine Meinung bleibt Mutmaßung, man kann auch das Gegenteil annehmen.
Das ist wieder ein hermeneutisches Problem ("Verschmelzen von Subjekt- und Objekt-Horizonten" - Gadamer) - da kommt niemand raus (auch Du nicht).

Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 15:38
Eine Zensur, die von privaten Akteuren ausgeht, so problematisch sie auch ist, erreicht sicherlich niemals das Damoklesschwert des staatlichen Totalverbots.
Klar - es gibt da Unterschiede. - Die Motivation ist diesselbe, die Macht dazu unterschiedlich.

Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 15:38
“Ich mußte das Wissen aufheben, um zum Glauben Platz zu bekommen.”. Das ist das korrekte Zitat.
Ja - vielen Dank. - "Aufheben" übrigens dialektisch gemeint, also nicht nur "wegwerfen".

Claymore hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 15:38
Wenn Descartes schon einfach nur geglaubt hätte, wie du es behauptest, dann ergibt das keinerlei Sinn.
1) Hier ging es um das Verständnis einer Nietzsche-Aussage.
2) Der Bezug zu Descartes ist mir auf Anhieb auch nicht geläufig.

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Andreas
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#40 Re: Was wollte Descartes?

Beitrag von Andreas » So 6. Okt 2019, 16:42

Andreas hat geschrieben:
So 6. Okt 2019, 15:55
Hier bei Descartes sollte aber geklärt werden, was das absolute Sein ist. Bei ihm: A) denkendes Sein und B) ausgedehntes Sein - nicht aber alles mögliche nur aus-gedachte Sein, das kein Sein ist, sondern Ausgedachtes, was weder Kategorie A noch B angehört.
Deswegen habe ich doch closs diese Aufgabe gestellt.
Andreas hat geschrieben:
Do 19. Sep 2019, 08:31
Ordne du doch mal den Protagonisten und "Existenzen" in den cartesianischen Meditationen

Allgütiger Gott
Böser Geist
Ich
Mond (als Beispiel für das Ausgedehnte)

diese Begriffe

Subjekt
Objekt
res cogitans
res extensa
echt
nicht echt (nur Vorstellung von wem eigentlich?)

mal ganz konkret und ohne mordsmäßige Begründung zu.


Mir ist nämlich nie klar, was du mit Subjekt vs. Objekt bzw. res cogitans und res extensa meinst? Ist "Ich" Objekt des Subjektes Gottes und des Bösen Geistes? Sind Gott und der Böse Geist aus der subjektiven Sicht des "Ich" Objekt und res extensa? Oder gibt es in deinem Denken einen objektiven Standpunkt, von dem aus betrachtet sich das alles relativiert - mal so oder so?
Zugegeben eine dilletantische Falltabelle "aller möglichen Welten", aber diese "auszufüllen" dürfte das Problem, das ich hier sehe, ans Tageslicht bringen. Deshalb hat der sture Gaul closs auch vor diesem Hinderniss, den Sprung durch Ignorieren verweigert, und meint dadurch sei die Sache vom Tisch.

Der Threadtitel lautet: Was wollte Descartes?
Descartes wollte doch nicht auf diese Binse "Ich zweifle, also bin ich" hinaus, sondern auf das Sein. Diese Binse ist doch nur ein Zwischenschritt dahin aber nicht der wesentliche Inhalt, das, worauf Descartes eigentlich hinauswollte - das Sein an sich, und nicht nur das eigene Sein.

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