Die wissenschaftlichen Tatsachen über das Sehen sind wichtig, will man erklären, wie Sehen physikalisch-optisch, biologisch und neurologisch funktioniert. Keine dieser Erklärungen erklärt freilich die individuelle Empfindungsqualität der Farbe Gelb. Genau das ist ja das Rätsel. "Gelb" ist ein phänomenaler, qualitativer Bewusstseinsinhalt, eben ein Quale.
JackSparrow versucht das Problem dadurch zu umgehen, dass er vorgibt, nicht zu verstehen, was gemeint ist. Aber das ist keine besonders erfolgversprechende Strategie, denn tatächlich weiß jeder ganz genau, was gemeint ist (da jeder Mensch Empfindungen hat und darum weiß, wovon gesprochen wird). JackSparrows Leugnung des Problems ist deshalb durch und durch kontraintuitiv. Kontraintuitiviät ist nun zwar kein Garant für Falschheit (bzw. ist subjektive Intuition kein Garant für Wahrheit), aber da die Identitätssetzung von Qualia mit physikalischen und/oder neurologischen Prozessen eindeutig als falsch erwiesen werden kann, bleibt JackSparrow eben nur die Leugnung: und das ist argumentativ quasi aussichtslos.
Das ist richtig, das kann ich nicht. Ich muss es aber auch gar nicht können.Andreas hat geschrieben: ↑Fr 30. Aug 2019, 12:27 Mir ist keine Möglichkeit bekannt, festzustellen, dass deine Farbempfindung die du "Gelb" nennst, dieselbe ist, wie meine Farbempfindung die ich "Gelb" nenne. Woher willst du wissen, dass ich bei meiner Farbempfindung, die ich "Gelb" nenne, nicht dieselbe Farbempfindung habe, die du "Blau" nennst?
Unser Sehvermögen ist ganz sicher evolutionär entstanden und funktioniert physikalisch, biologisch, optisch, neuronal usw. so und so (du und Claymore schreiben oben ja sehr fachkundig darüber) ... Auch, dass wir Farbempfindungen haben können ist evolutionär entstanden (wie sonst?).
Fest steht aber, dass ich mich mit anderen Menschen über meine subjektiven Farbempfindungen austauschen kann und - oh Wunder - kann ich mich mit anderen offensichtlich darüber verständigen, dass Ampeln die Farbskala rot-gelb-grün haben und darüber, was die einzelnen Farben bedeuten sollten. Damit weiß ich natürlich immer noch nicht, ob andere rot-gelb-grün genau so Farbempfinden wie ich. Das scheint aber auch gar nicht nötig zu sein bzw. gibt es sogar gute evolutionäre Gründe dafür anzunehmen, dass sie diese Farben qualitativ so wahrnehmen wie ich (weil wir uns sonst vermutlich gar nicht auf die Ampelfarben einigen könnten).
Ich glaube, dass Wittgensteins und dein Fehler in einer Übergeneralisierung liegt. Es ist richtig, wenn Wittgenstein hinsichtlich der Schmerzempfindung feststellt:
Die Übergeneralisierung liegt darin, dass zwar die Möglichkeit besteht, dass in der Tat gar kein "Käfer in der Schachtel" sein könnte oder bei jedem ein anderes Insekt oder sich dieses Etwas in der Schachtel fortwährend verändern könnte;Nun, ein Jeder sagt es mir von sich, er wisse nur von sich selbst, was Schmerzen seien! - Angenommen, es hätte Jeder eine Schachtel, darin wäre etwas, was wir ”Käfer” nennen. Niemand kann je in die Schachtel des Andern schaun; und Jeder sagt, er wisse nur vom Anblick seines Käfers, was ein Käfer ist. - Da könnte es ja sein, dass jeder ein anderes Ding in seiner Schachtel hätte. Ja, man könnte sich vorstellen, dass sich ein solches Ding fortwährend veränderte. Aber wenn nun das Wort ”Käfer” dieser Leute doch einen Gebrauch hätte? - So wäre er nicht der der Bezeichnung eines Dings. Das Ding in der Schachtel gehört überhaupt nicht zum Sprachspiel; auch nicht einmal als ein Etwas: denn die Schachtel könnte auch leer sein. - Nein, durch dieses Ding in der Schachtel kann gekürzt werden; es hebt sich weg, was immer es ist. (Ludwig Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen, S.293)
Aber dass da kein Käfer sein KÖNNTE heißt eben nicht, dass da tatsächlich kein Käfer ist! Darin liegt der übergeneralisierende Fehlschluss.
Es könnte eben doch ein Käfer in der Schachtel sein und bei jedem ein gleicher Käfer. Und darum kann man sich über den Käfer auch unterhalten und feststellen, wie er aussieht und alle also einen mindestens sehr ähnlichen Käfer erkennen und meinen. Evolutionär ist dieses Szenario eigentlich viel wahrscheinlicher, als dass da kein Käfer ist oder bei jedem ein anderes Insekt.
Ich halte es auch für einen Fundamentalirrtum zu glauben, Wissenschaft könne betrieben werden und sei objektiv, wenn der Mensch als Forschender dabei eigentlich keine Bedeutung habe. Ich glaube im Gegenteil, dass erst die Empfindungen (Qualia) sind und dann erst die wissenschaftliche Beschreibung. Unsere Festlegung der Wellenbereiche des Lichtes sind im Grunde der Beweis genau hierfür! Wesen ohne Augen und damit ohne Farbempfindungen hätten mindestens eine andere Aufteilung der Wellenbereiche des Lichts als wir (wenn sie denn überhaupt eine hätten!!!).