Die Zensur der Meinungsfreiheit

Politik und Weltgeschehen
Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#111 Re: Die Zensur der Meinungsfreiheit

Beitrag von sven23 » So 8. Sep 2019, 09:57

SamuelB hat geschrieben:
So 8. Sep 2019, 09:00
sven23 hat geschrieben:
So 8. Sep 2019, 06:20
Yep, closs meinte, er hätte für sich eine Rolle bei der Inquistion als ein "Mann des Wortes" vorstellen können.
Nun wissen wir ja, dass alle großen Verbrechen stets mit Worten vorbereitet werden. Daraus kann man ableiten, dass closs mit der Inquistion einverstanden war, ebenso wie der User catholic, der meinte, er sei froh, dass es die Inquisition gegeben habe.
Vllt ändern sie ihre Meinung, wenn sie sich mit den Bamberger Hexenprozessen beschäftigen.
Ich denke nicht, denn die Gräuel der Inquisition sind ja eigentlich hinlänglich bekannt. Closs meint dann immer relativierend, wir würden ja schließlich im Fürstentum der Welt leben und da seien solche Dinge "normal". Und schließlich sei die Inquisition gar nicht so schlimm gewesen, wie immer behauptet wird. Es seien ja "nur" 30000 Tote in Europa gewesen.

SamuelB hat geschrieben:
So 8. Sep 2019, 09:00
Zum Thema Rehabilitierung der Opfer, das wenigste!, hatte ich vor einiger Zeit einen Thread eröffnet. Am Ende wurde sich noch lustig gemacht. Da fällt mir nichts zu ein.
Ich bin auch immer wieder erstaunt, oder genauer gesagt erschüttert, dass vielen die christliche Emphatie völlig abgeht.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
SamuelB
Beiträge: 3740
Registriert: Sa 30. Sep 2017, 17:02

#112 Re: Die Zensur der Meinungsfreiheit

Beitrag von SamuelB » So 8. Sep 2019, 20:42

closs hat geschrieben:
So 8. Sep 2019, 09:09
Das ist doch bekannt. - Aber es muss doch vermittelbar sein, dass sowohl das Verfassungsgericht in KArlsruhe als auch Roland Freisler "Judikative" betreiben/ betrieben haben UND das NICHT dasselbe ist - obwohl beides "Rechtssprechung" ist/war. - So groß sollte man sich die Unterschiede bei der Inquisition ebenfalls vorstellen.
Ich habe da ein ungutes Gefühl. Welche Rolle hättest du dir denn für dich vorstellen können?
Oder berichtest du von Erinnerungsfetzen an ein früheres Leben?

SamuelB hat geschrieben:
So 8. Sep 2019, 09:00
Also fühlst du dich dem ausgehenden 19. Jahrhundert näher, als unserer Zeit?
Kulturell/sprirituell/geistig/literarisch/philosophisch/musikalisch ja - medizinisch und technisch lebe ich lieber in meiner Zeit.
Ja, interessant. :thumbup:
Vllt wäre Steampunk was für dich? Da wird das 19. Jh allgemein + die Industrialisierung im Speziellen modisch aufgegriffen. Mit der Digitalisierung erleben wir zzt wieder einen Wandel.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#113 Re: Die Zensur der Meinungsfreiheit

Beitrag von closs » So 8. Sep 2019, 23:49

SamuelB hat geschrieben:
So 8. Sep 2019, 20:42
Ich habe da ein ungutes Gefühl. Welche Rolle hättest du dir denn für dich vorstellen können?
Davon abgesehen, dass ich das wahrscheinlich gar nicht so gesagt habe, kann ich mir natürlich vorstellen, in einer für die Zeit normalen Judikative zu arbeiten.

Wir dürfen nicht alles aus dem Ohrensessel heutiger Empörungs-Kultur beurteilen und sollten zudem nicht einfach schwarzen Legenden glauben, sondern uns Sachen genauer anschauen - dazu eine spontan gefunde Quelle:

"Jenseits der schwarzen Legende
Sie gilt als der Inbegriff des „dunklen Mittelalters“, als blutgierige Terrororganisation. Dabei war die Inquisition keineswegs immer so übermächtig, wie ihr Mythos es will. Und ihre Erfolge verdanken sich eher den subtilen Verhörtechniken und der Datensammelwut der Inquisitoren als brutaler Gewalt. ... Neuere Forschungen haben demgegenüber grundlegende Korrekturen am gängigen Bild der Inquisition vorgenommen"
(damals.de)

Die Inquisition war in unterschiedlichen Gebieten und über Jahrhunderte eine für die Zeit (!) normale Gerichtsbarkeit. - Das, was vulgärerweise heute als "die" Inqusition bezeichnet wird, war ein später zeitlicher Abschnitt davon. Aber differenziertes Denken ist in einer Meinungs-Gesellschaft nicht gefragt. :thumbdown:

SamuelB hat geschrieben:
So 8. Sep 2019, 20:42
Vllt wäre Steampunk was für dich?
:lol: - Da muss ich mal Frau und Kinder fragen.

Mehr interessiert mich das Verlorene, das es damals im Denkhorizont noch gab. - Ist Dir eigentlich bewusst, dass unser zeitgenössisches Denken vom Rahmen her verengt ist? In diesem Rahmen ist zwar viel los, aber der Rahmen ist klein - der war im 19. Jh. weit größer.

Benutzeravatar
SamuelB
Beiträge: 3740
Registriert: Sa 30. Sep 2017, 17:02

#114 Re: Die Zensur der Meinungsfreiheit

Beitrag von SamuelB » Mo 9. Sep 2019, 15:56

closs hat geschrieben:
So 8. Sep 2019, 23:49
Davon abgesehen, dass ich das wahrscheinlich gar nicht so gesagt habe, kann ich mir natürlich vorstellen, in einer für die Zeit normalen Judikative zu arbeiten.
Ja, ok, ich finde es schwierig, darüber Aussagen zu machen. Die Sozialisation wäre ganz anders und vllt andere persönliche Eigenschaftten in Vordergrund getreten.

Wir dürfen nicht alles aus dem Ohrensessel heutiger Empörungs-Kultur beurteilen und sollten zudem nicht einfach schwarzen Legenden glauben, sondern uns Sachen genauer anschauen
Dennoch geht es - nach außen hin - um die Verfolgung von Glaubensansichten, die nicht genehm waren, also um Meinungen. Bei den Hexenprozessen um noch andere Sachen. Wie soll ich das beurteilen, wenn nicht aus meiner Sicht? Ich bin nicht vor 400 Jahren geboren, als das normal war, sondern muss daraus jetzt für mein Leben und meinen Umgang mit anderen Menschen Lehren ziehen. Was kritisierst du? ^^

Mehr interessiert mich das Verlorene, das es damals im Denkhorizont noch gab. - Ist Dir eigentlich bewusst, dass unser zeitgenössisches Denken vom Rahmen her verengt ist? In diesem Rahmen ist zwar viel los, aber der Rahmen ist klein - der war im 19. Jh. weit größer.
Mein Denkrahmen bestimmt. :mrgreen:
Was meinst du mit größer?

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#115 Re: Die Zensur der Meinungsfreiheit

Beitrag von closs » Mo 9. Sep 2019, 16:15

SamuelB hat geschrieben:
Mo 9. Sep 2019, 15:56
Wie soll ich das beurteilen, wenn nicht aus meiner Sicht? Ich bin nicht vor 400 Jahren geboren, als das normal war, sondern muss daraus jetzt für mein Leben und meinen Umgang mit anderen Menschen Lehren ziehen. Was kritisierst du? ^^
"Urteil" ist doch nicht nur Freiheit, sondern auch Verantwortung. - Was wollen wir beurteilen? Wie wir es HEUTE sehen? Langweilig. - Wenn man der Geschichte gerecht werden will, muss man doch Grundlagen schaffen, beurteilen zu können, wie es war, als es stattfand.

SamuelB hat geschrieben:
Mo 9. Sep 2019, 15:56
Was meinst du mit größer?
Nach dem, was ich in den letzten Jahren gelesen habe und hier im Forum höre, geht es heute ausschließlich um die Erklärung der Welt im Rahmen eines materialistischen/naturalistischen Grundkonsenses. - Das ist sicherlich NICHT langweilig, findet aber statt, NAChDEM die Hauptfrage, woher die menschliche Existenz eigentlich PRIMÄR herkommt (aus Geist oder aus Materie), geflissentlich NICHT thematisiert wird. --- Damit verengt die Philosophie/das Denken unserer Zeit ihren Horizont auf "Innerbetriebliches" - das ist wiederum wieder langweilig.

Benutzeravatar
SamuelB
Beiträge: 3740
Registriert: Sa 30. Sep 2017, 17:02

#116 Re: Die Zensur der Meinungsfreiheit

Beitrag von SamuelB » Mo 9. Sep 2019, 20:13

closs hat geschrieben:
Mo 9. Sep 2019, 16:15
"Urteil" ist doch nicht nur Freiheit, sondern auch Verantwortung.
Und beschränkend.

- Was wollen wir beurteilen? Wie wir es HEUTE sehen? Langweilig.
:mrgreen:

Wenn man der Geschichte gerecht werden will, muss man doch Grundlagen schaffen, beurteilen zu können, wie es war, als es stattfand.
Die kann ich nicht schaffen, ich habe meine Kindheit in den 90er Jahren des 20. Jh verbracht, nicht des 16. Wäre es so, kann gut sein, dass ich voll hinter dem Wirken der Inquisition gestanden hätte. Vllt hätte ich es tatsächlich für ein schreckliches Verbrechen gehalten, Sonderlehren abseits der Kirche zu verbreiten. Wegen dem! kommen andere nicht in den Himmel!... In Wahrheit ging es um Alleinherrschaftsanspruch, hätte ich damals wohl nicht gemerkt. Das werden Spekulationen, Hauptsache nicht langweilig. Wichtiger: Wer ruft heute unter welchem Vorwand zu wie auch immer gearteter Verfolgung auf? Wie weit darf ich gehen, um meinen Willen durchzusetzen? Da sind wir wieder bei Verantwortung, siehe oben. Bspw Sieglinde Baumert vs Öffentlich-Rechtliche...
Ich mach' mir doch schon Gedanken. :wave:

Das ist sicherlich NICHT langweilig, findet aber statt, NAChDEM die Hauptfrage, woher die menschliche Existenz eigentlich PRIMÄR herkommt (aus Geist oder aus Materie), geflissentlich NICHT thematisiert wird.
Bis zum Erbrechen wird es hier im Forum thematisiert. Sowas lese ich schon gar nicht mehr.
Habe aber verstanden, was du meinst.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#117 Re: Die Zensur der Meinungsfreiheit

Beitrag von closs » Mo 9. Sep 2019, 22:29

SamuelB hat geschrieben:
Mo 9. Sep 2019, 20:13
Wenn man der Geschichte gerecht werden will, muss man doch Grundlagen schaffen, beurteilen zu können, wie es war, als es stattfand.


Die kann ich nicht schaffen, ich habe meine Kindheit in den 90er Jahren des 20. Jh verbracht, nicht des 16. Wäre es so, kann gut sein, dass ich voll hinter dem Wirken der Inquisition gestanden hätte. Vllt hätte ich es tatsächlich für ein schreckliches Verbrechen gehalten, Sonderlehren abseits der Kirche zu verbreiten. Wegen dem! kommen andere nicht in den Himmel!... In Wahrheit ging es um Alleinherrschaftsanspruch, hätte ich damals wohl nicht gemerkt.
Du erweckst den Eindruck, als wären wir heute schlauer als damals - als würden wir deren Zeit besser verstehen als die Leute damals. Bist Du da sicher? Dein Satz " In Wahrheit ging es um Alleinherrschaftsanspruch, hätte ich damals wohl nicht gemerkt" klingt so, als wüssten wir es heute besser.

Nun behaupte ich nicht, dass es damals NICHT um Alleinherrschaftsanspruch ging - aber woher nehmen wir die Chuzpe zu glauben, dass WIR aus HEUTIGER Sicht richtig urteilen, wenn wir sagen "In Wahrheit war es 'so' - wir wissen das heute" ----???

Könnte es nicht AUCH sein, dass es gar nicht primär um Alleinherrschaftsanspruch ging, sondern um ein damals als ein Handeln Verstandenes, das nach bestem Wissen und Gewissen stattfand? - Kann es nicht sein, dass sich damals Agierenden gegen Häretiker ähnlich verstanden haben wie heute für die ERlaubnis von Schwangerschaftsabbruch Handelnde: Es gibt zwar Tote, aber man ist mit sich im Reinen ---- ???

Wie gesagt: Ich weiß es nicht. - WENN ich es aber genau wissen wollte, würde ich nicht nach UNSEREM heutigen Urteil fragen, sondern nach dem, was damals der Fall Fall - auch innerlich der Fall war.

SamuelB hat geschrieben:
Mo 9. Sep 2019, 20:13
Wer ruft heute unter welchem Vorwand zu wie auch immer gearteter Verfolgung auf? Wie weit darf ich gehen, um meinen Willen durchzusetzen? Da sind wir wieder bei Verantwortung, siehe oben. Bspw Sieglinde Baumert vs Öffentlich-Rechtliche...
Ich mach' mir doch schon Gedanken.
Das glaube ich Dir. --- Glaubst Du, dass man heutiger Verantwortung gerecht wird, wenn man Geschichte nach heutigen Maßstäben "frisiert"?

SamuelB hat geschrieben:
Mo 9. Sep 2019, 20:13
Bis zum Erbrechen wird es hier im Forum thematisiert.
Meistens von mir. --- Es wird meistens NICHT angenommen, weil es den Korridor vorherrschender Denk-Systeme verlässt.

Benutzeravatar
SamuelB
Beiträge: 3740
Registriert: Sa 30. Sep 2017, 17:02

#118 Re: Die Zensur der Meinungsfreiheit

Beitrag von SamuelB » Di 10. Sep 2019, 06:43

closs hat geschrieben:
Mo 9. Sep 2019, 22:29
Du erweckst den Eindruck, als wären wir heute schlauer als damals - als würden wir deren Zeit besser verstehen als die Leute damals. Bist Du da sicher? Dein Satz " In Wahrheit ging es um Alleinherrschaftsanspruch, hätte ich damals wohl nicht gemerkt" klingt so, als wüssten wir es heute besser.
Entschuldigung. Das ist mein persönlicher Eindruck. Vllt frage ich Ruth, ob ich ihre Signatur kopieren darf. :D

Könnte es nicht AUCH sein, dass es gar nicht primär um Alleinherrschaftsanspruch ging, sondern um ein damals als ein Handeln Verstandenes, das nach bestem Wissen und Gewissen stattfand?
Fand bestimmt nach bestem Wissen und - vor allem - Gewissen statt. Man ging davon aus - so wie viele Christen heute - dass es eine einzig richtige Schriftauslegung gebe und wollte vor Irrlehren schützen. Der Anspruch wurde teilweise ohne jede Rücksicht durchgesetzt.
Im kleineren Verhältnis findet man sowas heute bspw in christlichen Foren.

Glaubst Du, dass man heutiger Verantwortung gerecht wird, wenn man Geschichte nach heutigen Maßstäben "frisiert"?
Ich vergleiche.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#119 Re: Die Zensur der Meinungsfreiheit

Beitrag von closs » Di 10. Sep 2019, 09:05

SamuelB hat geschrieben:
Di 10. Sep 2019, 06:43
Entschuldigung. Das ist mein persönlicher Eindruck.
Dafür musst Du Dich doch nicht entschuldigen. - Meine Frage dazu war: "Bist Du da sicher?"

SamuelB hat geschrieben:
Di 10. Sep 2019, 06:43
Glaubst Du, dass man heutiger Verantwortung gerecht wird, wenn man Geschichte nach heutigen Maßstäben "frisiert"?

Ich vergleiche.
Und wie wertest Du dann? Nach damaligem oder heutigem Standard?

Benutzeravatar
SamuelB
Beiträge: 3740
Registriert: Sa 30. Sep 2017, 17:02

#120 Re: Die Zensur der Meinungsfreiheit

Beitrag von SamuelB » Di 10. Sep 2019, 15:46

closs hat geschrieben:
Di 10. Sep 2019, 09:05
Dafür musst Du Dich doch nicht entschuldigen. - Meine Frage dazu war: "Bist Du da sicher?"
Ja! Es wurde ohne Nachweiserbringung - fehlt bis heute - beansprucht, im Besitz der allein richtigen Schriftauslegung zu sein. Auf dieser wackligen 'Grundlage' wurden Menschenleben vernichtet. Das bedeutet mMn Alleinherrschaftsanspruch - egal wie sie das gerechtfertigt haben.

Und wie wertest Du dann? Nach damaligem oder heutigem Standard?
Nach meinem jetzigen Rechtsverständnis und persönlichen Werten.

Antworten